Zum Inhalt springen

BLKÖ:Trois, Franz Heinrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 47 (1883), ab Seite: 232. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Franz Heinrich Trois in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Trois, Franz Heinrich|47|232|}}

Trois, Franz Heinrich (Arzt und Fachschriftsteller, geb. zu Venedig am 28. September 1780, gest. ebenda 28. April 1854). Dieser berühmte Arzt Venedigs – vielleicht der berühmteste Oberitaliens während der österreichischen Regierungsperiode – erhielt seinen ersten Unterricht in den Jesuitenschulen. Er zählte daselbst zu den besten Schülern, in einem einzigen Jahre wurde er für seine ausgezeichneten Leistungen mit drei goldenen Medaillen betheilt. Sechzehn Jahre alt, bezog er die Hochschule Padua, an welcher Männer wie Leopold Caldani [Bd. II, S. 235], Stefano Gallino [Bd. V, S. 72], Andreas Comparetti [Bd. II, S. 437] lehrten. Zwanzig Jahre alt, kam er als graduirter Arzt, er hatte am 11. Mai 1801 die Doctorwürde erlangt, in seine Vaterstadt zurück. Dem vorgeschriebenen Brauche gemäß, welchem zufolge Niemand zur öffentlichen Praxis zugelassen wurde, der nicht vorher drei Jahre bei einem älteren im Rufe stehenden Arzte gedient, stellte er sich als Hilfsarzt zunächst dem berühmten Colludrowicz [Bd. II, S. 431], aber auch einige Zeit den nicht minder ausgezeichneten Medicinern Aglietti [Bd. I, S. 6], Pezzi und Valatelli zur Verfügung. Doch bei seiner außerordentlichen Wirksamkeit erhielt er schon nach Ablauf von erst zehn Monaten von der obersten Sanitätsbehörde die Erlaubniß zur Ausübung der Praxis. Damals wütheten in Venedig neben anderen ansteckenden Krankheiten die schwarzen Blattern und der Petechialtyphus. Trois bot sofort der Bruderschaft der Armen bei San Moisé seine Dienste an, und bald danach, im März 1803, trat er, 23 Jahre alt, als Assistent im Spitale für Unheilbare ein, wo er eine so ersprießliche Thätigkeit entfaltete, daß ihm am 1. Februar 1806 die Behörde den Posten eines ständigen Arztes an dieser Anstalt verlieh. Fünf Jahre später erfolgte seine Ernennung zum Ordinarius. Als 1817 wieder der Typhus in Venedig wüthete, leistete er mit solcher Aufopferung Dienste, daß er selbst von dieser Krankheit befallen wurde. Während er sie überstand, erlag ihr sein Freund und Meister Dr. Valatelli, den er dann mehrere Jahre hindurch provisorisch im Amte des Primararztes ersetzte. Nach dem Tode des berühmten Ruffini wurde ihm 1822 im Auftrage der Parmesanischen Regierung zuerst die Lehrkanzel der medicinischen Klinik, dann jene der praktischen Medicin an der Universität zu Modena angeboten, Trois aber schlug beide aus, um seinem Vaterlande zu dienen. Nachdem er über zwanzig Jahre daselbst als öffentlicher praktischer Arzt gewirkt hatte, erhielt er die Directorstelle [233] am allgemeinen Krankenhause, welche vor ihm Aglietti und Zannini bekleideten, und wurde mit kaiserlichem Decret in diesem Amte bestätigt, welches er dann länger als zwanzig Jahre versah. Als die Cholera zum ersten Male die Lagunenstadt heimsuchte, that er sich durch seine Umsicht und Fürsorge in Bewältigung dieser Seuche so hervor, daß ihm Kaiser Ferdinand am 7. November 1835 die große goldene Civilverdienst-Medaille, „in contemplazione delle distinte benemerenze da lui aequistatesi pel publico bene“, wie es im Verleihungsdecret heißt, verlieh. Aber erschöpft durch vieljährige anstrengende Dienste und durch wiederholte schwere Krankheiten, trat er nun endlich in den Ruhestand, ward jedoch bei seinem Austritte zum berathenden Ehrendirector ernannt. Allein er konnte dieses Ehrenamt nicht mehr ausüben, denn durch einen Schlagfluß gelähmt in der Sprache und im Gebrauche der Bewegung, lebte er noch fünf Jahre in einem beklagenswerthen Zustande, bis er im Alter von 74 Jahren durch den Tod von seinen Leiden erlöst wurde. Trois war ein Arzt von ungewöhnlicher Begabung, mit welcher er großes Pflichtgefühl und eine seltene Opferwilligkeit verband. „Was ist ein Arzt, der, wenn er sein Tagewerk vollbracht, die Fälle, die ihm tagüber vorgekommen, nicht noch einmal überdächte, seine Verfügungen, welche er getroffen, nicht nochmals überprüfte und erwöge, ob er hier nicht besser das Eine unterlassen, dort das Andere angeordnet hätte“. Mit diesen seine ganze Gewissenhaftigkeit in Ausübung seines Berufes kennzeichnenden Worten eröffnete er im Jahre 1838 einen Vortrag, welchen er im Athenäum von Venedig hielt. So ausgedehnt seine Praxis war, so sehr ihn sein Beruf in Anspruch nahm, nie unterließ er es, in seiner Wissenschaft sich fortzubilden, sorgfältig die neuen Werke zu studiren, welche erschienen, und so immer auf der Höhe seiner Wissenschaft zu bleiben, deren Ergebnisse er in zahlreichen Aufsätzen, Beschreibungen von ihm behandelter Krankheitsfälle oder in Analysen wissenschaftlicher Werke seines Faches, oder aber in Uebersichten des Fortschrittes desselben im Allgemeinen in dem von Aglietti redigirten medicinischen Journal niederlegte. Die Zahl dieser Arbeiten ist zu groß, als daß wir hier eine vollständige Uebersicht derselben zu geben vermöchten, der Fachmann kann sie ja ohnedies in Dr. Nardo’s Biographie des Verewigten finden, der wichtigeren aber sei hier in Kürze gedacht. Vornehmlich waren es seine Studien und Beobachtungen über mehrere, namentlich in dem Jahre 1806, dann 1813 und 1814 epidemisch auftretende Krankheiten, wie das Puerperalfieber, die Gebärmutter- und Bauchfellentzündungen und endlich der epidemische Typhus, welch letzterer insbesondere verheerend auftrat. In den Verhandlungen der „Società italiana“ in Venedig, in den „Atti dell’Ateneo Veneto“ und im „Giornale per servire ai progressi della Patologia“ finden sich von Trois die „Osservazioni sopra casi di estraordinariamente ritardato sviluppo dell’innesto vaccino“; – „Osservazioni sulla febbre puerperale“; – „Osservazioni sulle metriti e metro-peritoniti puerperali intermittenti“; – „Sul tifo epidemico“; – „Storia di una scarlattina complicata a febbre intermittente“; – „Storia di una menstruazione dolorosa“; – „Storia di un singulto che ha durato per oltre un anno“; – „Storia di malattia nervosa e considerazioni [234] sull’influenza delle turbazioni della midolla spinale in molte malattie nervose“; – „Due storie di scarlattina e morbillo nello stesso individuo“; – „Dell’elettricità nella cura di certe stitichezze“; – „Del rhus radicans nella cura della paralisi“; – „Dell’acqua di mare contro la scrofola“; – „Osservazioni sull’opera del Dre. Medici sopra la malattia di Comacchio“; – „Memoria sopra un caso di gotta al sinistro e di eruzione erpetica al destro e sull’uomo destro e sinistro in generale“; – „Sull’Idrosudopatia“; – „Sul morbo migliare“ u. s. w. Besonders instructiv und mit seinen eigenen Beobachtungen glossirt sind seine zahlreichen Analysen wissenschaftlicher Fachschriften. Dies Alles erörtert ausführlich Dr. Nardo in der bereits erwähnten Biographie seines Collegen. Diese Verdienste um seine Wissenschaft und in seinem Verhalten als praktischer und vielgesuchter Arzt blieben in den betheiligten Kreisen nicht unbeachtet. Wie sein Kaiser dieselbe gewürdigt, wurde schon oben berichtet. Seine Heiligkeit der Papst zeichnete ihn auch mit seinem Orden aus, das Ateneo Veneto erwählte ihn zu seinem Secretär, die gelehrten Gesellschaften der Aerzte und Naturforscher in Wien, Paris, Ferrara, Udine, Treviso u. a. ernannten ihn zu ihrem correspondirenden oder Ehren-Mitgliede, die italienische hippokratische Gesellschaft berief ihn zu ihrem Präfecten und die venetianische Commission zur Bearbeitung einer einheitlichen italienischen Pharmakopöa zu ihrem Präsidenten. Zum Schlusse sei der Vollständigkeit halber und zur vollen Würdigung dieses hervorragenden Arztes noch erwähnt, daß er, wie er sich auch in seine Fachwissenschaft vertiefte, doch den schönen Wissenschaften und ihrer das Leben veredelnden Pflege sich nicht entfremdet, ja ihnen in den Stunden seiner Muße gehuldigt hatte. So veröffentlichte er auf seine Kosten Francesco Negri’s italienische Uebersetzung des „Cacciatorc dell’Eubea di Dione Grisostomo“ (Venezia 1824, Picotti, 8°.), die „Poesie inedite del Prete Zucconi Veneziano“ (ebd. 1827) und die „Vita di Alessandro Vittorio con annotazioni di Gio. Antonio Moschini (ebd. 1827). Trois war eben ein Arzt der alten Schule, der, wenn er auch geistig in seiner Wissenschaft aufging, sich offenen Blick bewahrte für alles Gute, Wahre und Schöne.

Nardo (Luigi Dre.). Della vita e degli studi di Francesco Enrico Trois Medico Veneziano. Discorso del – – letto all’Ateneo di Venezia nel di 4 maggio 1854 con annotazioni storiche... (Venezia 1855, Naratovich, 4°., 28 S.) [ein ebenso ausführlicher, als trefflicher Nekrolog eines Fachmannes]. – L’Omnibus (Venetianisches Localblatt, 4°.) 1855, fasc. XXIII, p. 182: „Trois Francesco Enrico Medico Veneziano“.
Porträt. Unterschrift: „F. E. Trois | Medico Veneziano“. G. Rebellato dis. (Venezia, Litog. Lefevre, 4°.).