BLKÖ:Jeitteles, Alois

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Jeitteles, Adalbert
Band: 10 (1863), ab Seite: 117. (Quelle)
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Jeitteles, Alois (Arzt, Schriftsteller und Redacteur, geb. zu Brünn 20. Juni 1794, gest. ebenda 16. April 1858). Sohn des Gottlieb und Enkel des Jonas J. [s. d. S. 124]. Er begann den Schulbesuch in Brünn, und setzte, da er die Eltern in jungen Jahren verloren hatte, die Studien in Prag und zuletzt in Wien fort, wo er auch 1819 die medicinische Doctorwürde erwarb und sich unter V. J. von Hildenbrand [Bd. IX, S. 14] zum praktischen Arzte ausbildete. Schon damals erwachte in ihm der Drang zu schöngeistiger Thätigkeit, und der Verkehr mit Männern wie Beethoven, Castelli, Deinhardstein, Grillparzer, Lannoy, Moscheles, Schneller, Veit und mit den ersten Künstlern des Burgtheaters übte großen Einfluß auf den geistbegabten jungen Mann. Er begann mit Uebersetzungen der spanischen Dramatiker; die beliebtesten Taschenbücher jener Periode, „Selam“, „Aglaja“ u. a. brachten seine lyrischen Gedichte, welche noch durch Beethoven die Weihe unsterblicher Musik erhielten. Bevor J. in’s praktische Leben trat, unternahm er zu wissenschaftlichen Zwecken eine Reise nach Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich. Auf seiner Rückkehr besuchte er Berlin, wo er während eines längeren Aufenthaltes sich mit Tieck befreundete. Im Jahre 1821 begab sich J. in seine Vaterstadt Brünn und ließ sich daselbst als praktischer Arzt, nieder, in dieser Stellung sich sowohl durch seine Humanität wie Geschicklichkeit einen geachteten Namen erwerbend. Zur Zeit der Cholera in den Jahren 1831 und 1836 übernahm J. freiwillig die Spitals-Praxis, welche er auch in mehreren Wohlthätigkeits- und humanistischen Anstalten unentgeltlich ausübte. Im Jahre 1848 berief ihn [118] das Vertrauen seiner Mitbürger durch Wahl zu verschiedenen Ehrenämtern in der Verwaltung der Stadt. Mehrere publicistische Aufsätze, welche in jenen gewitterschwangeren Tagen aus seiner Feder geflossen waren, richteten die Aufmerksamkeit auf ihn, und in der trübsten Epoche am 1. October wurde ihm die Redaction der „Brünner Zeitung“, des amtlichen Blattes des Kronlandes, übertragen. Er versah diese Stelle, in welcher er sich als Mann von Tact, kritischem Geiste und Geschmack bewährte, neben seiner ärztlichen Praxis bis zu seinem Tode, dem bei ungeschwächter Geisteskraft ein längeres und schweres körperliches Leiden voranging. Der größere Theil seiner schriftstellerischen Arbeiten ist in Zeitschriften und Almanachen abgedruckt. Im Jahre 1818 schrieb er gemeinschaftlich mit Castelli die Parodie der damals Mode gewordenen Schicksalstragödie „Der Schicksalstrumpf“, welche auf allen deutschen Bühnen die Runde machte, dann schrieb er die auf dem Wiener Burgtheater und auf anderen Bühnen beifällig gegebenen Stücke: „Die Macht des Blutes“, nach Moreto, „Aug’ und Ohr“, „Der Liebe Wahn und Wahrheit“, „Die Hausgenossen“; bearbeitete nach Jagemann das Drama „Der Hirtenknabe von Tolosa“ und begann 1824 die Herausgabe einer deutschen Uebersetzung der Calderon’schen Dramen, von denen jedoch nur der erste Band: „Das Fegefeuer des heiligen Patricius“ (Brünn 1824), erschienen ist. Mit seinem Vetter Ignaz [s. d. S. 122] gab er 1819 das encyklopädische Wochenblatt für Israeliten „Siona“ heraus, welches aber bereits nach einem halben Jahre einging. Seidlitz bemerkt über J. als Schriftsteller, „daß er als Lyriker und Novellist nie viel geleistet, aber einige Lustspiele geschrieben habe, die wirklich etwas mehr verdienen, als sobald vergessen zu sein. Sie sind dem Spanischen nachgebildet, voll Charakteristik, Witz und Humor. Er besaß bei dem Mangel an Original-Lustspieldichtern die höchst schätzenswerthe Gabe, fremde Ideen dem deutschen Geschmack anzupassen, als wenn sie auf ihren Leib gemacht wären. J. ist ein Flickschneider wie es alle Uebersetzer sind, aber ein tüchtiger, der einmal etwas Neues schaffen sollte“. Seinem Berufe als Arzt brachte J. seine schöngeistige Production zum Opfer, und als er später Redacteur wurde, war er schon zu alt geworden, um Selbstständiges zu schaffen.

Brünner Zeitung 1858, Nr. 87: „Nekrolog“ [im Feuilleton]. – Wiener Zeitung (amtliches Blatt) 1858, Nr. 91 [gibt 1795 als sein Geburtsjahr an]. – Prager Morgenpost 1858, Nr. 108 [in der Rubrik „Mannigfaltiges“]. – Bohemia (Prager Unterhaltungsblatt) 1858, Nr. 107. – Jüdisches Athenäum. Gallerie berühmter Männer jüdischer Abstammung und jüd. Glaubens (Grimma und Leipzig 1851, Verlags-Comptoir, br. 8°.) S. 111 [nach diesem geb. im Sept. 1794]. – Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur (Leipzig 1833, F. A Brockhaus, gr. 8°.) Bd. II, S. 581 [nach diesem geb. 1795]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 29 [nach dieser geb. im September 1794]. – Presse (Wiener politisches Blatt, Fol.) 1858, Nr. 88. – Werthheimer’s Jahrbuch für Israeliten (Wien, 8°.) Jahrg. 1857/58, S. 267; Jahrg. 1858/59, S. 336. – Oesterreichisches Morgenblatt, herausgegeben von I. Gaiger (Prag, Fol.) 1858, Nr. 35 [in der Rubrik: Aus der Heimat und Fremde; gibt den 26. April als Todestag an]. – Seidlitz (Julius Dr.), Die Poesie und die Poeten in Oesterreich (Grimma 1837, J. M. Gebhardt, 8°.) Bd. II, S. 31. – Oesterreichischer Parnaß, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar (Frey-Sing [Hamburg], 8°.) S. 24 [charakterisirt ihn wie folgt: „Behagliche Gestalt, immer sehr ruhig und anständig, stiller Humor – viel Geist, ruhiges, scharfes Urtheil, praktischer Arzt, verdienstlich spanischer Uebersetzer, obwohl faul, verheirathet“].[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Jeitteles, Alois [Bd. X, S. 117].
    d’Elvert, Notizenblatt u. s. w., wie bei Jaschke, 1857, Nr. 5, S. 37: „Zur mähr.-schles. Biographie. V. Dichter Jeitteles“. [Band 28, S. 355]