BLKÖ:Spork, Johann Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 36 (1878), ab Seite: 235. (Quelle) | |||
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Zedler[WS 1] läßt ihn einem niedersächsischen Geschlechte, Namens von Spörk, entstammen. In Wahrheit ist er ein schlichter Bauernsohn, der es mit seinem Soldatengenie zum Feldherrn und Grafen gebracht und von den Geschichtsschreibern der Nation, die er wiederholt geschlagen, „ohne Frage als der größte Reiter-General in Europa“ bezeichnet wird. Er trat in jungen Jahren in die Kriegsdienste des Kurfürsten von Bayern und wohnte bereits 1620 der Schlacht am Weißen Berge von Prag bei. Mit Johann von Werth, mit dem er in den großen Feldlagern Tilly’s und Wallenstein’s bekannt geworden, befreundete er sich bald und beide wurden „die stets bereiten Blitze des Kaiserkrieges“. Nach der Niederlage Johann von Werth’s bei Rheinfelden im Jahre 1638 unternahm S. seine Streifzüge auf eigene Faust. Bei Gera im Voigtlande nahm er einen Oberst mit vielen Officieren und 400 Reitern gefangen. Den General Königsmark, der im Herbste 1638 bei Münnerstadt in Franken mit 5000 Mann Kerntruppen lag, überfiel S. in der Nacht mit nur 80 Reitern nahm Standarten, 50 Gefangene und 300 Pferde mit. Nun wurde er Oberst. Als solcher verrichtete er eine glänzende Waffenthat um die andere. Die Generale Rosen und Königsmark, die Obersten Tauzadel und Erhard, die Oberstlieutenants Knorre und Balthasar, alle bewährte Krieger aus der Schule Gustav Adolphs und Bernhards von Weimar, fühlten in den Jahren 1641–1643 oft genug seine Faust und mehrere ihrer Regimenter wurden durch ihn aufgerieben. Bei den Belagerungen der Festungen Eichstadt, Neuburg, Treffurt, Ilmenau, Meiningen u. A. glänzt Spork’s Namen. Als er den Erfurtern eines Tages nebst einem paar Rathsherren auch noch eine Heerde Ochsen im Werthe von 30.000 Thalern wegtrieb, sagte Spork lachend zu seinen Reitern: „Jungens, wenn mein Vater selig wüßte, daß sein Sohn, der früher ein Paar Kühe hüten mußte, jetzt solch eine Viehtrift hat, er würde sich vor Freude im Grabe umdrehen.“ Ich führe diesen Ausspruch Spork’s nur deshalb an, um alle Angaben über seine Herkunft von altadeligen Eltern einfach mit seinen eigenen Worten zu widerlegen. Im November 1643 lag General Rosen mit vier Regimentern als Vorhut in Geislingen. In der Nacht überfiel ihn Spork mit seinem Regimente, machte 50 Officiere und 300 Mann zu Gefangenen und erbeutete 14 Fahnen und 800 gesattelte Pferde. Am 24. November d. J. führte er bei Tuttlingen einen großartigen Angriff aus; erst schlug er die Hauptmacht der Franzosen bei Möringen, dann den General Rosen [236] mit seinen Reitern bei Mühlen, warf bei Fürstenberg zehn Regimenter über den Haufen und zog am Morgen des 25. Novembers mit 15 Fahnen, 1200 Pferden Beute und einer großen Menge von Gefangenen siegreich daher, worauf sich die Franzosen ganz und gar auf Gnade und Ungnade ergaben. 6000 Mann Feinde waren gefangen, 3000 lagen todt auf der Wahlstatt. Hingegen war ihm in der Schlacht bei Jankau das Geschick nicht günstig; kaum entging er wiederholt der Gefangenschaft. Gefährlich verwundet, entkam er mit nur 200 Reitern ins mährische Gebirge nach Iglau, wo er, an seinen Wunden darniederliegend, in schwedische Gefangenschaft gerieth. Der Kaiser kaufte ihn aus derselben los und machte ihn zum General-Wachtmeister. Als im Jahre 1647 der Kurfürst von Bayern einen Sonderfrieden mit den Reichsfeinden abschloß, sah Spork, der das bayerische Heer immer für ein Heer des Kaisers ansah, in diesem einseitigen Friedensschlusse nur einen Verrath an Reich und Kaiser. Er nahm daher auch keinen Anstand, dem Rufe des Kaisers mit seinen bayerischen Truppen zu folgen. Der Kurfürst erklärte nun Spork für vogelfrei und setzte einen hohen Preis auf seinen Kopf. Als des Kurfürsten Boten Spork und sein Regiment erreichten und dieses zur Rückkehr aufforderten, kehrte dieses in der That auch zurück und Spork kam ohne Heer nach Böhmen. Aber der Kaiser empfing den berühmten Reiter-General auch ohne sein Regiment huldvoll und nahm ihn als General-Lieutenant in sein Heer auf. Nun diente S. im kaiserlichen Heere. In diesem kämpfte S. zunächst an Seite des berühmten Montecuculi. Im Jahre 1657 trieb er die in Polen vorgedrungenen Schweden aus Krakau und Wieliczka, und geleitete den vertriebenen Polenkönig bei seinem Einzuge in Krakau. Nun rückte S. weiter vor nach Holstein, Schleswig, nahm auf Alsen, wohin sich die Schweden geflüchtet, den größten Theil derselben mit 3000 Pferden gefangen und vollführte noch mehrere andere siegreiche Thaten. Dann machte der Friede von Oliva im Jahre 1660 dem Kriege ein Ende. Aber bald führten ihn die Ereignisse in Siebenbürgen auf einen neuen Kriegsschauplatz. Die von den Türken hartbedrängten Siebenbürger erbaten sich vom Kaiser Hilfe und dieser sendete 1661 ein Heer unter Montecuculi’s Führung nach Siebenbürgen. In diesem Heere stand Spork, der Inhaber eines Kürassier-Regiments war, das seinen Namen führte und 1673 aufgelöst wurde, als Reiter-General. Aber Hunger und Pest hatten das kaiserliche Heer stark decimirt, und auch Spork, von einem schweren Fieber befallen, wurde krank nach Szathmár gebracht. Den Trümmern des kaiserlichen Heeres folgte die Uebermacht des türkischen Heeres, welchem das kaiserliche Heer nur mehr in einer Stärke von 11.000 Mann gegenüberstand. So standen die Dinge im Jahre 1663. Die Elftausend aber waren meist Spork’sche Reiter. Was nun Spork mit diesen in der besagten Zeit geleistet, böte fast Stoff zu einer kleinen Ilias. Hammer nennt in seiner „Geschichte des osmanischen Reiches“ Spork den homerischen Ajax. Eine seiner merkwürdigsten Waffenthaten vollführte er bei Kalletschen am 28. August 1663, wo er mit 2000 auserlesenen Reitern eine Masse von 15.000 Türken siegreich und mit dem Verluste von nur wenigen seiner eigenen Leute durchbrach. Aber mit dem Wiener Hofkriegsrath stand Spork, der sich den Befehlen vom Schreibtische, die mit den Dispositionen auf offenem Felde sich nicht vereinbaren ließen, oft genug widersetzte, auf gespanntem Fuße. Einmal sogar, als es sich wegen Ungehorsams um seinen Kopf handelte, half ihm das Machtwort des Kaisers aus der Noth. Neue Lorbeern errang Spork in der denkwürdigen Schlacht bei St. Gotthard am 1. August 1664, in welcher dem zahllosen Türkenheere nur 37.000 Kaiserliche gegenüberstanden und in welcher der Kern der türkischen Macht zertrümmert worden, woran aber Spork den Hauptantheil hatte. Noch einmal, nach sechsjähriger Ruhe, zog Spork ins Feld, diesmal aber gegen die magyarischen Empörer, die Rákoczy, Frangipan, Tököly, Tattenbach, welche mit den Türken conspirirten, um Oesterreichs Einfluß im Ungarlande zu schwächen und zu untergraben. Wohl gab es eine Partei bei Hofe, welche diesen Schritt gegen die Ungarn widerrieth, aber der Kaiser stand auch dießmal über den Parteien und sah klar was noth that. Er berief Spork, der freudigst den Oberbefehl übernahm, um die übermüthigen Magnaten zu züchtigen. Mit gewohntem Ungestüm griff er 1670 die Macht der Magnaten an, eroberte ihre Schlösser und brachte in kurzer Zeit das ganze Land in die Gewalt seines [237] Kaisers. Nun hatte er fünfzig Jahre die Waffen getragen und wollte sein Jubiläum an heiliger Stätte begehen, und so ritt er 1671 über die Alpen nach Rom, wo der Papst und die Cardinäle den Türkenhelden in feierlichster Weise ehrten. Nach seiner Rückkehr aus Rom hatte er wieder Unruhen in Ungarn zu dämpfen. Damals, so geht eine Sage, hätten ihm die Magyaren nach dem Leben getrachtet und Spork wäre nur durch die Wachsamkeit seines Zwerges [siehe S. 231, V. Die Familiengruft der Grafen Spork] vor Vergiftung gerettet worden. Die nächsten Jahre stand er gegen die Franzosen unter Turenne und Condé am Rhein, im Elsaß und in den Niederlanden im Felde und aus dieser Zeit sind erwähnenswerth: sein Zug über Würzburg nach Hanau und Frankfurt am Main; sein Auftreten gegen Souches, dessen Intriguen er brach, worauf er an dessen Stelle das Ober-Commando übernahm und den Franzosen nach einander die Festungen Dinant, Graves, Chimay und Huy wegnahm. Am Oberrhein nahm er vom Soldatenleben Abschied und zog sich 1675, ein 75jähriger Greis, in die Ruhe zurück, welche er noch vier Jahre genoß. Spork war ein Reiter-General, wie die österreichische Armee nur wenige seiner Art aufzuweisen hat. Der Franzose Chavagnac bemerkt an einer Stelle seiner „Memoires“ (Besançon 1699), „die Reiter hätten mehr an Spork geglaubt, als an unseren Herrn, wenn er auf der Erde gewesen wäre“. Sonst ist S. durch und durch ein Original, dessen Heldenzüge und Privatspäße in den Volksmund übergegangen sind. Der Kaiser hatte ihn mit Diplom vom 10. October 1647 in den Reichsfreiherrn-, mit einem zweiten vom 30. Juni 1666 in den Reichsgrafenstand erhoben. Als Graf unterschrieb er sich immer „Johann Spork, Graf“. Als ihn Freunde über die wunderliche Unterschrift eines Tages befragten, entgegnete er: „Wie so denn anders, ich war eher Spork als Graf“. Sein Schlachtgebet lautete drastisch und lakonisch genug: „Allmächtiger Generalissimus dort oben, hilf uns heut, willst Du aber uns, Deinen Christen-Kindern nicht helfen, dann mein’ ich, bist Du doch neutral und Du sollst Deine Freude daran haben, wie wir die Kerle herumhauen wollen.“ Der Kaiser war dem General, der ein streng religiöser Mann war, besonders zugethan, und nahm die schlichte, derbe Weise seines Helden, wenn sie auch nicht selten gegen alle Etiquette verstieß, anstandlos, wohl auch lachend entgegen. Als nach der Schlacht bei Gotthard der Kaiser eines Tages mit Spork sprach und eben von der Schlacht die Rede war, meinte der Kaiser, zum Crucifix vor seinem Schreibtische die Hand erhebend: „Lieber Spork, wenn Der nicht geholfen hätte“. Spork aber, ohne sich weiter zu besinnen, griff an sein Schwert und erwiederte im plattdeutschen Dialekt, dessen er sich zu bedienen liebte: „Den Duivel ook, Majestät, de hett et dahn“ (Den Teufel auch, dieses [das Schwert] hat es gethan), und bei diesen Worten sei die Säbelscheide klirrend in das Fenster gefahren, daß dieses entzweisprang. Als der Kaiser den General darob groß ansah, habe dieser gleich den Beutel gezogen und wollte mit den Worten: „Was kost’s, nichts für ungut“, den Schaden vergüten. Seien die Geschichten wahr, seien sie erfunden (wir halten sie für wahr), so kennzeichnen sie ebenso den Helden, wie das Volk, das seinen Helden in seiner Eigenthümlichkeit richtig aufgefaßt und charakterisirt hat. So gibt es unzählige Geschichten, die man sich von Spork erzählt, die ihn als einen echten Haudegen voller Gemüthlichkeit und Ehrlichkeit, welchen Typus auch seine grundehrliche, offene Miene trägt, darstellen. Der Graf war zweimal verheirathet; in erster Ehe mit Anna Margaretha von Linsingen, welche ihm zwei Rittergüter bei Vach im Hessischen mitbrachte. Zum zweiten Male heirathete er, ein bereits 60jähriger Mann, Eleonora Katharina von Finecken, ein mecklenburgisches Fräulein, welches er während seines Feldzuges in Schleswig und Holstein kennen gelernt. Eine Tochter aus erster Ehe heirathete einen Koloman von Fels; aus zweiter Ehe aber stammen zwei Söhne: der berühmte Franz Anton [siehe diesen S. 219], der durch Adoption seines Schwiegersohnes und Neffen Franz Karl Rudolph von Swéerts, der Stammvater der heutigen Grafen Swéerts-Spork ist, und Graf Ferdinand Leopold, welcher das noch blühende Geschlecht der Spork fortpflanzte. Die Heirathen seiner Kinder sind aus der Stammtafel ersichtlich. Ueber den großen Besitzstand des Grafen Johann gibt nach Auszügen aus der böhmischen Landtafel eine ausführliche Darstellung das in den Quellen bezeichnete Werk: „Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen u. s. w.“ [238] S. 585 und 586. [Rosenkranz (G. J.), Graf von Spork, k. k. österreichischer General der Cavallerie. Abriß seines Lebens (Paderborn 1845, 8°., mit Porträt). – Illustrirtes Familienbuch des österreichischen Lloyd (Triest, 4°.), III. Bd., S. 268 u. f.: „Graf Johann Spork k. k. General der Cavallerie“. Von Dr. Franz Löher (gekrönte Preisschrift) [oft nachgedruckt]. – Löher (Franz), General Spork (Göttingen 1854, Georg H. Wigand, 8°.) [eine Erzählung in Reimen, in loser Form, aber voll Leben und Poesie]. – Europa. Chronik der gebildeten Welt. Redacteur F. Gustav Kühne (Leipzig, schm. 4°,) 1854, Nr. 31 und 32: „General Spork. Ein deutsches Reiterleben im Dreißigjährigen und in den Türkenkriegen“. – Schels, Oesterreichische militärische Zeitschrift (Wien, 8°.) 1820, Bd. III, S. 211. – Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen. Herausgegeben von dem Vereine für Numismatik zu Prag. Mit Abbildungen (Prag 1852, 4°.) S. 585 u. f. – Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth und Publicität (Frankfurt a. M., 4°.) 1858, Nr. 110: „Ein entflohener Klosterschüler“. – Schücking (Levin), Eine Eisenbahnfahrt durch Westphalen (Leipzig 1855, Brockhaus, 8°.) [voll ergötzlicher Einzelheiten über den berühmten General]. – Reilly (Franz Johann Joseph), Skizzirte Biographien der berühmtesten Feldherrn Oesterreichs von Maximilian I. bis auf Franz II. (Wien 1813, Kunst- und Industrie-Comptoir, gr. 4°.), S. 219 [nach diesem schon 1597 geboren und erst 1681 gestorben]. – Thaten und Charakterzüge berühmter österreichischer Feldherrn (Wien 1808, Degen, 8°.), Bd. I, 1. Abtheilung. S. 288 [mit Geburts- und Todesangaben wie bei Reilly]. – Porträte. 1) P. Aubry exc. (8°.). – 2) B. Kilian sc. 1649 (8°.). – 3) Spork mit Ludwig Ratwich Graf von Souches und Rudolph Graf von Rabatta auf einem Blatte. Langer sc. (4°.). – 4) Unterschrift: „Giovanni Conte di Spork, Signore di Lisav | Connive e Cumulat etc. del Cons.o di Guerra, e | Generale della Cavalleria di sua Mta Cesa | A. Bloem deli. Corr. Meyssens, Fe. Viennae (4°.)].
6. Johann der erste Graf Spork (geb. zu Westerlohe im Lande Delbrück in Westphalen im Jahre 1607, gest. zu Heřmanměstec in Böhmen 6. August 1679).