Die Gartenlaube (1880)/Heft 10
[153]
No. 10. | 1880. | |
Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Wöchentlich 1½ bis 2 Bogen. Vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig.
Die Baronin hatte die Hände vor's Gesicht geschlagen; ein Sturm wogte in ihrem Innern.
Ja, er sprach die Wahrheit. Sie hatte von der Welt genug gesehen in diesen beiden Jahren: ihre Ehe war nicht die einzige dieser Art, wo Mann und Frau kälter und innerlich fremder neben einander dahinziehen als die nächstbesten Reisegefährten, die eine zufällige Fahrt im Eisenbahncoupé zusammenwürfelt. War es ihr zu verargen, wenn sie nach Rettung aus diesem ihrem verfehlten Dasein verlangte? Ein Druck, und die Pforten sprangen auf, der helle Tag lag vor ihr.
Wer erlitt dadurch eine Beeinträchtigung? Nicht einmal der Gatte, den sie verließ, um einem Andern zu folgen. Konnte jenem doch alles unverkürzt bleiben, was er im Ehecontracte zugesprochen erhalten und von dem sie ihm ja doch nur die zufällige und gleichgültige Trägerin war. Die Verbesserung seines Besitzthums wurde nicht rückgängig gemacht durch eine Scheidung, seine politische Laufbahn nicht in Frage gestellt, sein Erfolg nicht gehindert; der „Tausch“ blieb ungestört aufrecht – nur sie gewann ein ganzes Leben hinzu.
Und dennoch empfand sie mitten in den heftig wogenden Gedanken und Empfindungen eine seltsame Beängstigung, die ihre Brust zusammenschnürte und sie des Wortes beraubte. Der eben laut gewordene Spott über ihre Ehe hatte ihr ein unangenehmes Gefühl erregt; die Sicherheit, mit der man derselben das Glück absprach, verursachte ihr Pein, ohne daß sie sich einen Grund hierfür anzugeben wußte. In diesem Momente hätte sie Schätze dafür geben mögen, dem zuversichtlichen Fragesteller mit einem ehrlichen: „Ja, ich bin glücklich“ antworten und dieses Bewußtsein thatsächlich als stählernen Schild dem spöttischen Lächeln, dem Flammenblitz seines Auges entgegenhalten zu können.
„Sie antworten nicht, Elise, Sie sprechen nicht? Was hindert Sie?“ sagte in diesem Augenblicke seine drängende Stimme.
„Ich habe mein Wort gegeben,“ erwiderte sie beklommen.
„Ein Wort, das zurückgenommen werden kann, ein Versprechen, das sich lösen läßt,“ fiel er pathetisch ein. „Sie haben kein Kind, das Sie an den Vater fesseln könnte. Wollen Sie dem Glücke die Pflicht entgegenstellen, eine Pflicht, deren getreue Erfüllung vielleicht nicht einmal gewürdigt wird? Versteht denn dieser Mann Ihre Aufopferung? Weiß er auch nur, welchen Schatz er besitzt? In dem Ausdrucke Ihres Blickes, wie er gestern dem seinigen begegnete, habe ich es gelesen, wie ferne Sie Beide einander stehen. Nicht einmal danken wird er Ihnen dieses Opfer Ihrer selbst. Man kennt ja diese Männer, welche unter der Maske der Menschenfreunde, der Vorkämpfer für ihre Gesinnungsgenossen, der Staatsretter, nur sich selbst im Auge haben, ihren Ehrgeiz, ihren Vortheil. Jawohl, ihren Vortheil – dafür giebt's Beweise. Eine hohe Mitgift ist wohl des Trauungsactes werth, und die Sicherung liegt für diese Männer der Paragraphen nicht im Herzen, sondern im Gesetzbuche; sie pochen auf ihr brutales Recht und verurtheilen die Frau in ihrem politischen Hochmuthe zu häuslicher Sclaverei, während sie sich selbst die unbeschränkteste Freiheit bewahren wollen. Mit solchen Intriguanten und leeren Phrasenhelden ...“
„Halten Sie inne!“ fiel ihm hier die Baronin abwehrend in's Wort, indem sie eine Anstrengung machte, sich zu erheben. „Ich kann es nicht dulden, daß Sie einem Manne Unrecht thun, der Ihnen keinen Anlaß dazu gab.“
„Keinen Anlaß? Ist er nicht persönlich – mein Gegner? Uebrigens will ja diese Zunft die ganze Welt reformiren. Wir Soldaten haben keinen Grund, ihnen besonders grün zu sein.“
„Ich glaube, es fehlt Ihnen die rechte Würdigung für die edle und schöne Thätigkeit eines Volksvertreters,“ entgegnete die Baronin mit steigender Wärme. „Sie ahnen kaum, welche Entsagungen, Aufopferungen, welche Studien und Arbeiten solche Thätigkeit erfordert, welchen Muth diese Männer, die Sie Phrasenhelden nennen, beweisen müssen, welche Ehre und Selbstachtung in ihnen leben muß, wenn sie den mannigfachen Angriffen, den offenen und geheimen Verlockungen widerstehen sollen, denen sie ausgesetzt sind. Fürwahr, es giebt noch ein Höheres, als seine körperliche Kraft in kühnen Husarenstückchen einzusetzen. Den Geist mit allem Aufgebote des Willens, ja bis zur Erschöpfung seinem hohen uneigennützigen Ziele zu widmen, ist unendlich mehr, und die Achtung, Anerkennung, ja Bewunderung, die solches Streben in den weitesten Kreisen genießt, ist wohlverdient.“
„Bei Ihnen genießt?“
Erröthend schwieg die junge Frau, erschrocken über das, was sie gesagt. Wen hatte sie vertheidigt? Wie war so plötzlich und überwältigend der Vergleich, den sie zwischen den beiden Männern aufgestellt, über sie gekommen?
Verletzt schwieg auch Steinweg einen Augenblick.
„Sie setzen der geistigen Macht das 'Husarenstückchen' entgegen,“ sagte er dann mit unverkennbarer Ironie. „Wohl denn, ich gestehe aufrichtig, ich bin nichts weiter als ein simpler Soldat, ein Mann, der nur seine 'körperliche Kraft' einsetzt für die ihm [154] gestellte Aufgabe. Jeder giebt eben, was er hat. Der Eine läßt seine geistreichen Worte fließen, der Andere sein Blut. Es thut mir leid, wenn Sie dieses geringer schätzen als jenes. Da werden Sie es freilich als kein beachtenswerthes Verdienst ansehen, daß ich bereit war, mein Leben für Sie hinzugeben. – Sie lieben also Herrn von Lomeda?“
Es blieb still im Gemach. Einer Lüge war die Baronin nicht fähig.
Die bei Steinweg eingetretene Erkältung machte einem wärmeren Tone Platz, als er wieder näher an die Schweigende herantrat.
„Nein nein! Ich lese es auf Ihren gesenkten Lidern, auf Ihren erblaßten Wangen. Sie wehren sich vergeblich gegen Ihr eigenes Herz – es ist noch immer mein, Elise.“
„Sie rechnen – auf eine 'frische Attake'?“ ... sagte sie, langsam und mit eindringlich prüfendem Blick ihr Auge zu ihm erhebend.
„Und wenn?“ rief er, wieder einen heiteren Ton anschlagend. „Warum mißfällt Ihnen denn Husarenart so sehr? Eine Attake!“
„Es giebt auch mißlungene, Herr – Rittmeister.“
„Weiß wohl,“ gestand er leicht nickend und mit komischem Mißmuth in seinem hübschen Gesichte. „Dann müssen wir eben die Arbeiten des Geniecorps übernehmen und in eine ordentliche Belagerung übergehen. Glauben Sie denn, meine Versetzung nach Moorstädtel sei ganz und gar Zufall gewesen? Nicht so ganz, meine Gnädige. Eine Versetzung war mit meiner Beförderung allerdings verbunden, daß sie mich aber gerade hierher führte, habe ich der rechtzeitigen Verwendung eines Freundes zu verdanken, der im Kriegsministerium sitzt, wenngleich nur in scheinbar einflußloser Stellung. Ich lag also schon länger im Hinterhalte und ritt nur, weil die Zeit mir beim Warten etwas lang wurde, auf Recognoscirung aus. Schlagen Sie mich zurück, so lege ich mich wieder ruhig in die Parallelen – eine kleine Meile von Riefling. Sie werden doch den Sommer über hinaus kommen?“
„Nein, das werde ich nicht,“ entgegnete sie leise, aber bestimmt. Diese leichtherzige Weise, eine ernste Sache zu behandeln, eine Angelegenheit, die über das ganze Leben entscheiden sollte, war nicht die ihre. Große, schwerwiegende, tiefeinschneidende Entschlüsse waren ihr mit einem Lächeln zugemuthet, als ob es ein Kinderspiel gälte. Eine Regung der Bitterkeit wallte in ihr auf. Halb geschlossenen Auges hatte sie sich wieder zurückgelehnt, und um ihren Mund grub sich ein schmerzlicher Zug.
Sie fühlte eine leise Berührung ihres Haares; Steinweg hatte sich auf sie herabgebeugt und ihren Scheitel geküßt. Sie wußte es, ohne es zu empfinden; der Hauch seines Mundes hatte sie durch das dichte Haargewelle getroffen. In jähem Schreck fuhr sie erglühend von ihrem Sitze empor.
„Auch das nur ein Traum, ein Rausch, ein Wirbel?“ sagte sie mit tiefer Verwirrung und trat wie im Entfliehen einen Schritt zur Seite, ohne jedoch ihre Hand, die er erhascht, seinem festen Griffe entziehen zu können.
Die eigenen Worte, von ihrem Munde wiederholt, beschämten und beirrten den Uebermüthigen nicht.
„Gieb diesem Rausche die Dauer des Lebens!“ rief er flammenden Auges.
Wie zu einem Marmorbilde erstarrt, stand sie, einer Ohnmacht nahe, vor dem Manne, der sie von den verhaßten Fesseln einer Ehe ohne Liebe erlösen wollte. War er werth, daß sie um seinetwillen das verhängnißvolle „Ja“ sprach? Würde ihr bebendes, stockendes Herz an seiner Seite das selige Genügen finden, das sie in der Oede ihres jetzigen Daseins ersehnte?
Sie rang angstvoll nach einer Antwort, während Frip, der bei dem plötzlichen Aufspringen seiner Herrin unsanft zu Boden geglitten war und, die Scene gänzlich mißverstehend, den vermeintlichen Feind seiner Herrin erst angeknurrt hatte, denselben jetzt mit leidenschaftlichem Gekläffe angriff. Eine Secunde später that sich die Thür auf, und mit fröhlichem Lachen sprang ein kleines Mädchen herein. In der weißen Winterumhüllung selbst einem Schneeball gleich, lief das etwa vierjährige Kind auf die Baronin zu.
„Mama, liebe Mama, da bin ich,“ rief es jubelnd, breitete die Aermchen aus, ließ sich emporheben und drückte das vor Kälte strahlende und frischgeröthete Gesichtchen an die sanfte, jählings wieder blutwarm gewordene Wange, die ihm entgegenkam.
Rittmeister Steinweg kaute an dem Schnurrbarte und gab sich dann den Anschein, als wolle er mit munterer Neckerei den drolligen Kampf annehmen, welchen ihm Frip, der Ritterliche, der sich nun hinter die Kleidfalten seiner Dame zurückzog, angeboten.
In der geöffnet gebliebenen Thür war auch die Kammerjungfer erschienen und suchte sich, auf der Schwelle stehen bleibend, zu entschuldigen:
„Verzeihen Frau Baronin, aber Gretchen ist mir entwischt und wollte sich durchaus nicht zurückhalten lassen. Ich kann wahrhaftig nichts dafür.“
Lisa erröthete so heftig, daß sie sich abwenden mußte. Klang nur ihr diese Rechtfertigung wie eine Dreistigkeit, oder hatte sie recht bemerkt, daß diese schlau und schadenfroh forschenden Augen die schüchterne Haltung und den demüthigen Ton der neugierigen, spionirenden Zofe Lügen strafte? War sie in ihrem eigenen Hause überwacht?
Hochfahrender, als es sonst in ihrer Weise lag, obwohl mit gedämpfter Stimme, gab sie der Zudringlichen den Bescheid, sie könne gehe, Gretchen bleibe hier.
„Ach, Mama, es war so schön. Die Bäume hatten alle Glaskleider an und glitzerten in der Sonne. Nicht wahr, es ist kein Eis, es ist Glas? Manon sagt, es ist nur Eis ...“ So plauderte die Kleine, während die Baronin, die sich wieder gesetzt hatte, sie von Hut und Schleier, Mantel und Gamaschen befreite. Sie ließ das Kind nicht mehr von ihrer Seite.
Steinweg, dem es nur einige scheue Blicke schenkte, fühlte die Absicht.
„Ein reizendes Kind!“ sagte er endlich mit einem kaum merkbaren Anflug von Gereiztheit. „Ich wollte, es übertrüge nur einen ganz kleinen Theil dieser Liebkosungen, die ihm werden und die es doch nicht zu würdigen weiß, auf einen, den sie glücklich machen würden.“
Die Baronin strafte seine Rede mit einem ernsten Blicke, den er sehr wohl verstand. Ohne sich auf eine weitere Bemerkung einzulassen, für die ihm der günstige Moment vorläufig vorüber zu sein schien, sah er auf die Uhr und griff nach seiner Mütze.
„Ich habe die übliche Besuchszeit weit überschritten, fürchte ich,“ sagte er.
Sie hielt ihn nicht zurück.
Auf seine Frage, wann er wiederkommen dürfe, entgegnete sie ausweichend: das hänge von ihm selber ab. Sich in die Lippen beißend, verbeugte er sich ohne ein Wort des Abschieds.
„Bah!“ murmelte er, während er den Salon durchschritt, in sich hinein. „Und nun erst recht!“
Drinnen aber hielt Gretchen die Arme um Mamas Hals geschlungen.
„Der Soldat gefällt mir gar nicht,“ bekannte sie aufrichtig. „Da ist mir Onkel Richard viel lieber. Rufe ihn nicht mehr. Mama!“
Lisa drückte das kleine Köpfchen an sich; Thränen entflossen ihren Augen.
„Mama, bist Du böse auf mich?“ fragte der kleine, sich schon zum Mitweinen verziehende Mund. „Ich habe ja Mama folgen wollen und auf mein Zimmer gehen, aber Manon hat mich hereingeschickt. Bitte, sei nicht böse! Ich habe mich so gefreut, zu Dir zu kommen, liebe Mama! Bitte, hab' mich lieb!“
„Engel!“ flüsterte Lisa und preßte das Kind schluchzend an's Herz.
Auch diese Nacht war für Lisa eine unruhige und schlaflose gewesen; mit weit offenen, glanzlosen Augen starrte sie auf ihre Kammerjungfer, als dieselbe jetzt, am Morgen, mit der Meldung herantrat, daß der Herr Baron soeben angekommen sei und mit der gnädigen Frau gemeinsam das Frühstück einzunehmen wünsche, wenn es ihr genehm sei.
Nicht oft geschah es, daß man sich in diesem Hause schon so frühzeitig am Tage im Speisezimmer zusammenfand; denn Witold's Beschäftigung gestattete ihm in den seltensten Fällen, so lange zu warten, bis es seiner Frau gefiel, sich zu erheben. Es war daher begreiflich, daß sich in der Stimme der Kammerjungfer eine gewisse schnippische Verwunderung über den ihr gewordenen Auftrag verrieth. Ueberhaupt hatte die ganze Art ihres Betragens [155] in kaum mehr als vierundzwanzig Stunden einen merklichen Umschlag erlitten. Schon bei der Entgegennahme der Rüge, welche ihr gestern noch für ihr Verhalten während der Anwesenheit eines Besuches zu Theil geworden, hatte sich diese Veränderung in der spöttischen Sicherheit gezeigt, mit der sie erklärte, sie habe nicht wissen können, daß sie zur Unzeit komme, und sie sei dafür nicht verantwortlich.
„Wohl aber für die Lüge, und nur allein für diese habe ich Sie verantwortlich gemacht,“ hatte Lisa sie zurecht gewiesen, indem sie fest und stolz dem kecken Blicke begegnete. Hinterher erröthete sie aber doch über die Anzüglichkeit, welche in den Worten des Mädchens gelegen. „So beträgt sich eine Dienerin nur dann gegen ihre Herrin,“ sagte sie sich, „wenn sie dieselbe in der Hand zu haben glaubt, wenn sie auf ihre Unentbehrlichkeit pocht und weiß, daß nur noch auf ihr Schweigen, nicht auf ihre Achtung gezählt wird.“
Ueber all die Eindrücke dieser Tage hatte Lisa die Abwesenheit ihres Gatten und den Grund derselben beinahe vergessen; und sie nahm jetzt auch die Anzeige seiner Rückkehr fast gleichgültig auf. Noch stand sie zu sehr unter dem Einflusse der Erinnerung; ungedämpft war der Aufruhr in ihrem Innern, und ihre Natur lag mit sich selbst im Zwiespalte. Alles Andere hatte neben diesem Seelenkampfe an Wichtigkeit verloren. Hin und her geworfen zwischen den Gegensätzen, fühlte sie sich zerschlagen, müde und elend.
Und jetzt ließ ihr Gatte sie zu sich bescheiden. War sie denn nicht von ihm selbst frei gegeben mit dem Geständnisse, daß er Derjenigen kein Herz zu schenken habe, die nur den Namen seiner Gattin tragen sollte? Sein Herz behielt er sich vor – er hatte kein Anrecht an das ihrige, und wozu blieb diese Scheinehe dann aufrecht erhalten?
Trotz und Bitterkeit regten sich noch in ihr, als sie nach einer Weile in's Speisezimmer trat. Sie hatte nicht lange auf sich warten lassen, gleichwohl aber sich vollkommen angekleidet. Auch nicht einmal ihr Anzug sollte an die bequeme, nachlässige Vertraulichkeit des ehelichen Lebens erinnern – jetzt weniger denn je. Es war das eine Regung keuscher Sprödigkeit des Mädchengemüths, welche sie sich nicht einmal zu erklären bemühte – wenn sie sich derselben überhaupt bewußt war.
Ruhig, wohlwollend, ja fast mitleidsvoll richteten sich die Augen des Barons auf sie, während er sein Kind im Spiel emporhob, das unter Lachen und Jubeln jedes Mal, wenn es wieder herunterkam, sein unwiderstehliches: „Bitte, Papa, mehr!“ ertönen ließ.
„Jetzt ist es genug, Du unersättliche kleine Bettlerin; Mama ist hier!“ lautete endlich der väterliche Bescheid.
Gretchen, welche bis jetzt den Eintritt Lisa's nicht bemerkt hatte, wendete sich so rasch auf dem Fensterbrette, wo sie stand, um, daß sie beinahe den Händen des Vaters entschlüpft wäre.
„Mama, Mama!“ rief sie lebhaft und streckte dabei die Aermchen so verlangend nach Lisa aus, daß diese näher herzutrat, um sie in die Arme zu nehmen und ihr den Morgenkuß zu geben. Die Kleine plauderte dabei aber schon lustig weiter. „Wir gehen nach Riefling; dort bekomme ich einen Schneemann und später auch Blumen; Papa hat's versprochen – und Papa geht auch mit zu Großmama.“
Lisa streifte mit einem fragenden Blick ihren Gatten, doch ohne sonderlich überrascht zu sein; Witold war ja noch jedes Jahr ein- oder zweimal mit seinem Töchterchen für kurze Zeit zu Besuch auf sein Gut gegangen, während sie seit jenem ersten flüchtigen Aufenthalt daselbst sich nicht mehr bewogen gefunden hatte, ihn auf diesem Ausfluge zu begleiten. Nur schien ihr die Jahreszeit für einen solchen gegenwärtig nicht besonders geeignet.
Sie hatte das Kind unter den Armen gefaßt, um es von seinem hohen Standpunkte herabzuheben. Die Kleine aber schlang in einer Eingebung des Uebermuthes das eine Aermchen um Papa, von dem sie nicht lassen wollte, und legte jetzt das andere rasch um Mamas Hals, die unwillkürlich noch einen Schritt vortreten mußte, wenn das Kind nicht in Gefahr zu fallen kommen sollte. Und nun drückte der kleine Schelm mit vergnügtem Lachen über den geglückten Staatsstreich, von dessen diplomatischer Tragweite er freilich keine Ahnung hatte, Kuß um Kuß bald auf Mamas, bald auf Papas Lippen.
Doch schon dem zweiten wich Lisa unwillig erröthend aus.
„Du bist unartig!“ rief sie heftiger, als es wohl von der Gelegenheit gerechtfertigt wurde.
Auch Witold's Stirn verfinsterte sich jetzt, er widersprach aber nicht, sondern hob das verdutzte Kind, das nicht wußte, was es denn eigentlich Unartiges gethan habe, herab; er küßte es noch einmal mit besonderer Zärtlichkeit auf die Stirn und setzte es dann auf den Boden.
„So, und jetzt geh zur Mama und sei – wieder artig!“ sagte er weich, aber mit so ernst bestimmtem Tone, daß Gretchen ohne jede Einwendung zu gehorchen sich anschickte, und nur einen scheuen Blick aus den mit plötzlichen Thränen erfüllten großen Augen nach Mama hinüberwarf.
Längst aber hatte Lisa die Aufwallung bereut, unter der das unschuldige Kind hatte leiden müssen, und dessen furchtsame Miene erschien ihr wie ein unerträglicher Vorwurf. Einer Regung ihres Herzens folgend, kauerte sie sich plötzlich neben die Kleine nieder auf das Parquet, nahm sie an ihre Brust und küßte sie mit Innigkeit und Rührung.
Aller Schmerz war mit einem Hauch aus der Kinderseele verschwunden. Gretchen jubelte wieder.
„Gute Mama, liebe Mama! Kommst Du auch mit nach Riefling? Gretchen wird sehr artig sein,“ bat und verhieß sie unter Liebkosungen.
„Vielleicht, vielleicht!“ tröstete sie Lisa, aber das genügte der Kleinen noch nicht, und es war schwer, die Beiden zu trennen; erst als Gretchen mit etwas Backwerk vom Speisetische versehen war, gehorchte sie einem wiederholten gütigen Befehle ihres Vaters, dessen wehmüthiger Blick und zuckende Lippe eine tiefgehende, nur mit Mühe bemeisterte Bewegung verriethen.
Der Diener hatte Eier und kaltes Fleisch auf den Tisch gestellt; Witold griff schweigsam zu, während Lisa sich ihm gegenüber mit Einschenken des Kaffees zu schaffen machte. Als der Diener endlich verschwunden war, richtete der Baron einen Blick der Besorgniß auf seine Frau. Die schlecht verbrachte Nacht hatte einen bläulichen Schatten um ihre Augen zurückgelassen.
Die Frage, ob sie sich unwohl fühle, verneinte sie. Der Ton der Theilnahme hatte sie überrascht, doch mehr belästigt, als erfreut. Was kümmerte er sich wohl um ihre Gesundheit?
„Wie trafst Du die Dinge in Sternberg?“ begann sie gleichgültig; an der Antwort war ja nichts gelegen.
„Traurig!“ entgegnete er.
Verwundert sah sie von der Tasse auf.
„Ja,“ fuhr er, seinen Teller zur Seite schiebend, mit ruhigem Ernste fort, „die Sachen stehen schlimmer, als ich selbst gefürchtet hatte. Als ich auf dem hiesigen Bahnhof Banquier Altstein und Doctor Milka erblickte und zufällig hörte, wohin letzterer Billete begehrte, da wußte ich, daß ein harter Schlag gefallen war.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Altstein ist einer der bedeutendsten Mitinteressenten an den Mühlenwerken, Doctor Milka sein Rechtsbeistand, und das Ziel, das sie mit der Bahn erreichen wollten, war, wie das meine, Sternberg; sie hatten also wohl ebenfalls telegraphische Nachrichten empfangen. Ich vermied absichtlich mit ihnen das gleiche Coupé zu benutzen; denn noch im Unklaren über das in Sternberg Vorgefallene, wünschte ich kein Gespräch mit ihnen. Aus gleichem Grunde beeilte ich mich, auf der Station angekommen, so rasch wie möglich aus dem Coupé zu gelangen; Heinrich hatte mir den Wagen entgegengeschickt; ich warf mich sofort hinein und ließ eiligst davonfahren, im Augenblicke, da ich den Advocaten meinen Namen rufen hörte. Die beiden Herren folgten unmittelbar; sie hatten wohl telegraphisch ein Fuhrwerk bestellt; aber sie fuhren mit Landgäulen, und ich kam um eine halbe Stunde vor ihnen an.“
Mit wachsender Aufmerksamkeit hatte Lisa die Erzählung angehört; die frühere Gleichgültigkeit gegen die Vorgänge in Sternberg wich einer wachsenden Beklemmung, die sie indeß noch einmal mit einem ironischen Scherzworte von der Brust zu wälzen suchte.
„Das klingt ja wie eine Scene aus einem Sensationsroman,“ sagte sie, „Capitelüberschrift etwa: 'Die Jagd um das Glück'.“
Der Schein eines Lächelns glitt über seine Züge, die darunter aber nicht den Ausdruck schweren Ernstes verloren.
„Um die Ehre,“ verbesserte er leise und ohne jedes [156] Pathos, dennoch ließ der bedeutungsvolle Nachdruck auf dem Wörtchen ihr Herz erzittern. In seinem Munde war es keine bloße Floskel – das wußte sie; ihm wog es schwerer als das Leben.
Den Muth, noch weiter zu scherzen, hatte sie verloren. Stumm hing sie an seinen Lippen. Er erhob sich indeß, bevor er weiter sprach, und öffnete beide Thüren, um sich zu überzeugen, daß sie unbelauscht waren. Seine Besorgniß war grundlos.
„Es ist ein Unglück, daß es so weit gekommen ist,“ sagte er, auf seinen Platz zurückkehrend, mit gedämpfter Stimme, „aber es könnte ein noch größeres Unglück daraus werden. Bis jetzt ist nur erst das Geld verloren.“
„Doch nicht alles?“ rief Lisa bestürzt.
„Und darüber.“
„Aber wie ist das nur möglich?“ Unwillkürlich hatte auch sie ihre Stimme zum Flüstern gemäßigt.
„Wie es gekommen, Dir einzeln aus einander zu setzen, fehlt mir selbst die genauere Einsicht, und Dir würde dadurch die Thatsache um nichts begreiflicher werden. Du mußt mir vorderhand auf’s Wort glauben.“
„Diese blühenden Unternehmungen! Dieses große Vermögen!“
„Wir haben unsere Zeit weit größere Opfer fordern sehen.“
Sie dachte an Richard. Hatte der leichtsinnige junge Mensch ihr nicht Aehnliches, wenn auch mit anderen Worten, gesagt? Und doch war es ihr beinahe unmöglich, an diese Kunde zu glauben. In Reichthum aufgewachsen, hatte sie sich das Bewußtsein unwandelbaren, festgegründeten Besitzes so tief eingeprägt, daß Niemand als Lomeda es zu erschüttern vermocht hätte. Sie war so fassungslos, daß sie nur immer die eine Frage zu wiederholen wußte, wie es denn möglich sei.
„Wie es möglich ist?“ versetzte Witold weniger ungeduldig als in schmerzlicher Bitterkeit. „Als ob es so schwierig wäre, sich zu Grunde zu richten!“
„Bei Hilma’s an Geiz grenzender Sparsamkeit!“
„Geiz gegen Andere,“ ergänzte Witold. „Wo es ihre eigenen Launen und die Repräsentirung ihres Hauses gilt, kennt sie keine Schranken; man braucht nur in Anschlag zu bringen, was, ganz abgesehen von ihren Reisen, in den letzten Jahren für Neubauten in Sternberg – nicht etwa am Etablissement, sondern am Schlosse – verausgabt wurde. Doch ich will keine Vorwürfe auf sie häufen. Sie ist geschlagen genug, und der Quell alles Uebels liegt doch anderswo: in Heinrich’s Indolenz. Und auch ihm mache ich keinen Vorwurf, denn der Fehler beruht in seiner Natur, die er nicht zu ändern vermag. Dein Vater hätte ihn darum nicht zu seinem Nachfolger machen sollen. Er hat die Gefahr solcher Nachfolgerschaft übrigens sehr wohl erkannt und sie durch die Beigabe eines Berathers und Helfers, auf den er große Stücke hielt, abzuwenden gesucht; nur ist er in der Wahl dieses Berathers unglücklich gewesen. Rainach war kein schlechter Mensch; wäre das der Fall gewesen, er hätte für sich selbst gesorgt und nicht schließlich sein eigenes Leben vernichtet; er war aber etwas, das ebenso gefährlich werden kann: ein Sanguiniker. Mißrathene Combinationen, die zum Theil noch in Deines Vaters Zeit zurückdatiren, schlechter Geschäftsgang, den man verheimlichte, unselige Speculationen, wildes Börsenspiel, um die Ausfälle zu decken, zuletzt gefälschte Bilanzen, Wechselreiterei und Creditmißbrauch, wozu er Heinrich zu bereden wußte – das sind so die Factoren, die in großen Umrissen den rapiden Niedergang erklären mögen. Als alle Hoffnungen, einen Ausweg aus dem Labyrinth zu finden, geschwunden waren, da zerriß der unglückselige Mensch in der Verzweiflung das Schuldbuch seines eigenen Daseins, wie Leute seines Schlages zu thun pflegen, weil ihnen vor den Folgen graut und sie dieselben lieber Anderen aufbürden. Es bleibt ihnen ja doch immer noch die billige Phrase von der Sühne, die sie bieten, und irgend eine rührende Bitte um Verzeihung für die tief bereuten Verirrungen. Mag der Zurückbleibende zusehen, wie er mit seiner zerstörten Existenz fertig wird!“
Der in scharfer Bitterkeit gesprochene Schluß dieser Worte sollte nach der Art, wie der Baron ihn betonte, noch eine besondere Spitze haben. Die Zuhörende empfand das und hatte einen Augenblick das Gefühl, als ob dieselbe gegen sie gerichtet sei; aber sie beruhigte sich sofort – Witold hatte die in ihm aufschießende Hitze rasch bemeistert, und in nahezu geschäftlichem Tone nahm er wieder das Wort.
„Der Mann hätte wenigstens vor seiner That genau Rechenschaft ablegen, eine Orientirung möglich machen und die Verschuldung in bestimmter Umgrenzung auf seine eigenen Schultern nehmen sollen, um so Heinrich zum Theile wenigstens zu entlasten. Er hat dies zu schwerer Schädigung der Sache unterlassen; denn die unbeglaubigten Aussagen Heinrich’s werden, wenn auch nicht von mir, so doch von dem Gerichte nur als leichtbegreifliche Versuche, dem Todten Alles in die Schuhe zu schieben, aufgenommen werden. Außer dem Briefe, in welchem er sich nur in ganz allgemeinen Ausdrücken anklagt, ist nichts vorgefunden worden, als leere Cassen, drängende Verbindlichkeiten und – ein großes Deficit.“
Noch im vorigen Jahrhundert trat der Luchs, dieser starke, mordsüchtige und zugleich durch Schönheit ausgezeichnete Großräuber aus dem Katzengeschlechte, in den baierischen Alpen, in Thüringen, im Harz, in den westfälischen Gebirgswaldungen als eine nicht seltene Erscheinung auf. Der Cultur des neunzehnten Jahrhunderts mußte er aber nach und nach in Deutschland fast ganz weichen, sodaß er heute nur noch vereinzelt in den deutschösterreichischen Ländern und in den an Rußland grenzenden preußischen Provinzen vorkommt – ohne Zweifel eine Folge der immer weiter greifenden Waldcultur, welche dem Luchs mehr und mehr die Lebensbedingungen entzieht. Sein eigensinniger Hang zur urwaldlichen Umgebung, der so ganz mit seinem in sich gekehrten, der Geselligkeit abgeneigten Wesen übereinstimmt, läßt ihn zurücktreten vor der lichtschaffenden Axt und der berechnenden Ordnung der eingreifenden Waldwirthschaft, daher gegenwärtig als seine eigentliche Heimath nur die Karpathen und Rußland nördlich und östlich derselben, sowie Ostsibirien und Scandinavien anzusehen sind.
Im Allgemeinen dürfen wir unsere Wildkatze als den Luchs im Kleinen bezeichnen, obwohl in der äußern Erscheinung, wie in Wandel und Wesen unterscheidende Merkmale auftreten.
Die Gestalt des Luchses ist gedrungener und derber als diejenige der Wildkatze, der langbehaarte Schwanz oder die Ruthe viel kürzer und breiter, nur zwanzig bis fünfundzwanzig Centimeter lang; seine Läufe sind dagegen länger. Die großen Augen des dicken Kopfes leuchten in wilder Gluth, und die Ohren sind mit fünf Centimeter langen, schwarzen, steifen Haarbüscheln, die Wangen mit langem, zugespitztem Barte geschmückt. Der Sommerpelz des Oberkörpers trägt fuchsartiges Gelbbraun, welcher individuell veränderlichen Grundfarbe im Winter ein weiß und grauer Ueberhauch beigemischt ist. Die braunen und schwarzen Flecken und die ringförmigen undeutlichen Zeichen sind öfters von verschiedenem, in’s Hellere oder Dunklere ziehendem Tone. Das weiche Pelzhaar ist im Winter am dichtesten und längsten; seine Spitzen sind abwechselnd weiß und schwarz gefärbt. Auffällig hebt sich die gelblich-weiße Färbung der Kehle wie des Bauches und der Innenseiten der Läufe ab. Die undeutlich geringelte Ruthe endigt in schwarzer Spitze, der sogenannten Blume. Unstreitig rührt die häufig vorkommende Abwandlung der Färbung von den Einflüssen der Jahreszeit nicht blos, sondern auch vom Alter und Geschlecht des Thieres, sowie von der Oertlichkeit her. Entsprechend dem Wildkater im Verhältniß zur weiblichen Katze, zeichnet sich der Luchskater vor seinem Weibchen durch Größe, Stärke und Wildheit aus. Sein Gewicht beträgt fünfundzwanzig bis dreißig, in außerordentlichen Fällen sogar bis fünfundvierzig Kilogramm; seine Höhe erreicht ein bis ein und drei Zehntel
[157][158] Meter, das Maß derselben am Widerriste bis fünfundsiebenzig Centimeter.
In den Schnurrhaaren besitzt der Luchs, wie alle Katzen, ein feines Tastvermögen. Unter den übrigen Sinnen ragen Gehör und Gesicht durch Feinheit und Schärfe weit vor dem schwachen Geruch hervor, was die Ursache ist, daß der Meister im Schleichen und Springen auf seinen Raubzügen fast nur von jenen sich lenken läßt. Geschmeidigkeit des Körpers und Elasticität der Glieder bei aller Derbheit der Anlage verbinden sich eng mit glühender, zum Angriff spornender Leidenschaft, die durch den Sieg der lauernden Geduld oft erstaunlich lange zurückgehalten wird, bis die Gunst des Augenblicks sie wie eine gespannte Feder mit jäher Triebkraft losschnellt.
Trotz der Plumpheit der äußern Erscheinung vermag der Luchs doch unhörbar aufzutreten und mit außerordentlicher Gewandtheit und Sicherheit mit der Vordertatze den Schlag nach der fliehenden Beute auszuführen. Sei letztere auch noch so klein, eine Ratte, ein Vogel von Spatzengröße, die derbe Tatze weiß sie zu treffen, ungeahnt, urplötzlich, aus gedecktem Hinterhalte unten auf dem Erdboden oder oben auf dem Baume, mit dessen dicken Aesten das Thier sich durch Andrücken wie zu einer Masse zu verbinden weiß. An scharfer Kralle hängt wie am Spieße das Opfer, und hastig führt es die Tatze zum Gebiß, mit dem es gewürgt, aber oft erst, trotz des treibenden Hungers, nach vollbrachtem Spiel und wohlgefälligem Beschauen zerfleischt wird.
Anders verfährt der furchtbare Springer beim Erwürgen großer Thiere. Die Auerhenne, das Birkhuhn oder andere Vögel von ähnlicher Größe werden mit der einen Tatze geschlagen und sogleich mit der zu Hülfe kommenden andern gleichfalls festgehalten, worauf sich das eingreifende Gebiß bei niedergedrücktem Vordertheil zum Würgen anschickt.
Größeren Säugethieren, wie zu bewältigenden Hirschen und Rehen, springt er von überhängenden Baumästen oder Felsvorsprüngen als scharfsinniger Kenner ihrer Wechsel in den Nacken und gräbt seine Mordwaffen zuweilen so tief in denselben ein, daß er sich nur mit Anstrengung wieder frei zu machen im Stande ist. Auf dem Wildschweine muß er manchmal einen kühnen Ritt durch das Dickicht unternehmen, wo er an Dornen und Aesten Risse und Schindwunden davontragen und von starken Thieren sicherlich nicht selten abgestreift werden mag. Unaufhörlich beeinträchtigt er die Wildbahn, stets von Neuem angeeifert durch die unersättliche Raub- und Mordgier. Dabei bezeigt er sich überall als Feinschmecker, der sich seine Lieblingsstücke aus dem Fleische herausschneidet und das andere liegen läßt, nie den Magen sich überladend, sondern immer in den Schranken der Mäßigkeit sich haltend. Wo ihm Gelegenheit gegeben ist, mordet er massenhaft, so unter Ziegen- und Schafheerden, in die er einbricht als Bestürzung und Schrecken bringender Feind der Hirten, deren Schlaf und Sorglosigkeit er benutzt. Ein Stück wird nach dem anderen „gerissen“, hier nur verwundet, dort halb oder völlig getödtet. Endlich leckt er mit Wohlbehagen das Blut der Opfer.
Stets sind seine Angriffe jähe, unter schwierigen Verhältnissen wahrhaft verzweifelte zu nennen. Dem Fehlsprunge auf der Erde nach dem Hasen folgt rasch der zweite, dritte und so fort, es wird selbst von neun schließlich zum Ziele führenden derartigen Sprüngen zu durchschnittlich je dreieinviertel Meter Länge berichtet, ja im ersten Bogensatz soll die Schnellkraft den Luchs oft zwanzig Schritte weit tragen. Unsere Illustration stellt einen Luchs im Sprunge auf der Verfolgung eines Schnee- oder Alpenhasen dar, jenes in der Schneeregion des Nordens wie in der des Hochgebirges weilenden Lampe, welcher zu seinem Schutze dort für immer und hier zur Winterszeit im weißen Pelz einhergeht. Zur Befriedigung des Beschauers ist der Sprung ersichtlichermaßen ein verfehlter, und wir wollen annehmen, daß die Macht des Räubers nicht weit in die Steinkluft hinein reicht, in welche der geängstigte Lampe verschwindet.
So gewaltige Sätze, wie die eben näher bezeichneten, unternimmt er auch für seine eigne Sicherheit bei seinem Eingehen in die Dickung, wenn er am Morgen von den oft sehr ausgedehnten Streifzügen zurückkehrt. Er sucht dann in Dachsbauen oder im Felsgeklüfte den Ruheplatz auf, wo aber selbst im Zustande tiefen Schlafes in den Morgen- und ersten Mittagsstunden sein Gehör das leiseste verdachterweckende Geräusch vernimmt; solche Wahrnehmung hat ein augenblickliches Emporrichten des Kopfes und eine Wendung des Blickes nach der verdächtigen Gegend hin zur Folge.
Eine merkwürdige Erscheinung im schleichenden Raubwandel dieses Nachtthieres ist die seiner Klugheit und mißtrauischen Vorsicht entsprechende Thatsache, daß bei gemeinschaftlichen Raubzügen mehrerer Luchse alle nachfolgenden in die Spur des vordersten mit solcher Genauigkeit treten, daß man nur einem einzigen Luchs im Schnee zu folgen wähnt. Frauenfeld berichtet eine solche Beobachtung und giebt weiter an, daß an Stellen, wo Umschau und Raubversuche unternommen wurden, die Spur von vier Luchsen plötzlich sichtbar war, aber nachher wieder in einer einzigen sich fortsetzte.
Nach Nolcken, der nebst Frauenfeld dankenswerthe Berichte über das Leben und Hausen des Luchses gegeben hat, dienen alte Dachsbaue und tiefe, unzugängliche Stellen morastiger Urwälder zur Geburtsstätte der Nachkommenschaft des geheimnißvollen Thieres. Die im Januar oder Februar eintretende Ranzzeit giebt Anlaß zu erbosten Kämpfen zwischen den eifersüchtigen Luchskatern.
Nach zehnwöchentlicher Tragzeit wirft das Luchsweibchen, wie erwähnt, in Dachsbauen oder in tiefen Höhlen unter Felsen zwei bis drei Junge, die wohl unter ähnlicher Pflege, Wartung und Führung heranwachsen werden, wie die jungen Wildkatzen, und früh ihre wilde, boshafte und grausame Natur offenbaren.
Um des gefährlichen Feindes der Jagdbestände wie der Ziegen- und Schafheerden habhaft zu werden, bedient sich der Jäger nach Kobell des Tellereisens, welches dem Luchs oft nur die Vorderpranke packt und den wuthschnaubenden festhält, bis er von dem herzukommenden Luchsfänger getödtet wird, oder man benutzt die Rehreize, deren Ruf das Raubthier dem gedeckt stehenden Schützen in die Schußnähe lockt.
Die Schilderungen Nolcken’s von den Luchstreibjagden heben gewisse öfters eintretende Schwierigkeiten beim Einkreisen des Thieres hervor, welches vorsichtig und schlau auf stark zertretenen Hasenwechseln und befahrenen Wegen schleicht, wo seine Spur leicht verloren geht und von wo aus er in weiten Sätzen sich in das Dickicht wirft. Während der Treibjagd sucht er sich durch Ausweichen auf Schleichwegen, stilles Niederducken und hartnäckiges Verharren im Dickicht trotz der unmittelbaren Nähe der Treiber zu retten.
Vor den Hunden dagegen bedient er sich des sogenannten Hakenschlagens, er wird aber mit Hülfe derselben leichter erbeutet, zumal wenn er seine Zuflucht vor dem rasch seiner Fährte folgenden Hunde auf dem Baume sucht, wo sein „lautgebender“ Dränger dem herbeieilenden Schützen alsbald den Sitz der Beute verräth, die übrigens gut getroffen sein will, um ungefährlich für die Umgebung zu Boden zu fallen.
Ein englisches Sprüchwort[WS 1] sagt, daß in jedem Hause ein Skelet verborgen ist, von dessen Dasein nur die Bewohner des Hauses unterrichtet sind und das sie sorgfältig vor jedem fremden Auge hüten. Trotzdem gelingt es aber fast niemals, dieses Skelet für immer den Blicken der Welt zu entziehen; oft, wenn man es am wenigsten vermuthet, guckt es plötzlich hervor aus seinem Versteck, zu furchtbarem Entsetzen Derjenigen, die es darin gefangen hatten.
Es kann keinen treffenderen Vergleich geben, als diesen! Seht Euch nur einmal um, liebe Freunde, Jeder in seinen vier Pfählen, und ich möchte darauf wetten, Jeder wird nur zu genau das Skelet seines Hauses kennen, nur zu genau den Ort wissen, wo es verborgen steckt.
Bei der einen Familie ist dieses Gespenst vielleicht ein dunkler Punkt im Leben der Vorfahren. Seht z. B. dort jenen besternten
[159] Staatsmann in seinem goldgestickten Hofkleide! Wie stolz schreitet er einher! Wo nur irgend das pompöse Wappen seines Hauses sich anbringen läßt, da starrt es uns entgegen: gemalt, gestickt, in Elfenbein geschnitzt, vergoldet und eingravirt – unantastbar scheint uns die Reinheit dieses Wappenschildes! Und doch giebt es alle Tage eine Stunde, in welcher das edle blaue Blut seines Besitzers in unangenehme Wallung geräth; es ist die Stunde, wo – sein Barbier eintritt. Wenn dieser Mensch mit tänzelnder Verbeugung zur Thür hereinschwebt, dann öffnet sich, allmorgendlich, leise, ganz leise eine Spalte jenes Schrankes, in dem das Skelet steckt, und hohnlachend grinsen seine weißen Knochen heraus, denn ach! – ein Großonkel des Besternten, ein leiblicher Bruder seines Großvaters, ist – Barbier gewesen. Dort steht er nun, als Skelet des Hauses, fest eingeschlossen in seinem Schranke, und so oft einer seiner Handwerksgenossen in die Stube tritt, so oft das Wort „Bartscheerer“ in seiner Nähe ausgesprochen wird, steckt er die dürre Knochenhand drohend heraus. Wehe, wehe, wenn es ihm einmal gelänge, in ganzer Figur heraus zu treten!
Ich habe eine Dame gekannt, die mit Vorliebe von: „Mon frère le cardinal“ erzählte, bis es eines Tages herauskam, daß dieser Pariser Bruder ein ehrsamer Schneidermeister sei. Zwanzig Jahre hatte er unberührt als Skelet im Schranke der vornehmen Schwester gesteckt – wer kann’s dem armen marchand tailleur verargen, daß er sich auch einmal nach Luft und Sonnenschein sehnte?
Wenn wir diese vermauerten, vergrabenen Skelete einmal alle zugleich freilassen könnten, welch eine wunderliche Versammlung müßten sie abgeben! Da würde hier ein alter graubärtiger Jude seine „achzig Pärzänt“ berechnen, dort ein Selbstmörder mit der Schlinge um den Hals stehen, und gleich daneben hüpften vielleicht reizende Ballerinen, oder – schrieen gar neugeborene Wickelkinder uns die Ohren voll. Ein Sträfling schleppt rasselnd die Kette hinter sich drein; ja sogar ein großes Hauptbuch liegt als Skelet, vermodert und zerfallen daneben, und nur ein Blatt desselben ist wohlerhalten geblieben, nur eine Zahl glänzt klar und deutlich daraus hervor, als wäre sie erst gestern geschrieben – eine gefälschte Ziffer!
Dasjenige Skelet aber, welches sich am häufigsten in den Häusern verbirgt und fast am sorgfältigsten eingemauert zu werden pflegt, ist – die Armuth.
„Die Armuth,“ sagt Douglas Jerrold, „ist das große Geheimniß, welches die eine Hälfte der Menschheit mit jeder erdenklichen Mühe vor der andern Hälfte zu verbergen strebt.“[WS 2]
Dieses fahle, hohläugige Skelet ist in gar manchem Schranke verborgen, der vergoldete Thüren hat, und guckt doch so unverschämt, wie kein anderes, zu jeder kleinsten ihrer Spalten heraus, macht sich, wie keines von den anderen Gerippen, in fataler Weise bemerklich, gerade da, wo man es am meisten fürchtet. „Zu hoch hinaus wollen“, das ist der Krebsschaden unserer Zeit; denn fast noch niemals, so lange die Welt steht, existirte ein so allgemeines Bestreben, ein so brennendes Sehnen darnach, reich zu sein oder vielmehr, reich zu scheinen, wie in unseren Tagen.
„Sehr wenige Selbstmorde werden aus wirklichem Mangel begangen,“ sagt der schon oben citirte englische Schriftsteller; „selten wird man hören, daß sich Einer umbringt aus Mangel an einem Laib Brod, oft aber geschieht es aus Mangel an einer Kutsche.“
Durch alle Schichten der Bevölkerung hat es sich ausgebreitet, dieses krankhafte Bemühen, für reicher zu gelten, als man ist, und kein Opfer scheint uns jemals zu groß, um das Skelet der Armuth allen menschlichen Blicken zu verbergen; wer ein Jahreseinkommen von 1500 Mark hat, wünscht doch mindestens, daß ihn seine Nachbarn auf einen „Mann von 2000“ taxiren, und der nur doppelte Millionär fühlt sich tief beschämt, wenn ihn nicht Jedermann für einen dreifachen hält. Keiner von ihnen Allen bedenkt aber, welch ein negativer Begriff das Wort „reich“ ist; sonst würden ja die Menschen auch wissen, daß Jedermann „reich“ sein kann, sobald er nur den festen Willen dazu hat.
Es bedarf nur eines einzigen festen Entschlusses dazu: Tritt an den Schrank, wo du, so ängstlich gehütet, das Skelet der Armuth verborgen hältst, drehe den Schlüssel um und laß es herausfallen, dieses unheimliche, grauenhafte Gerippe, das unsichtbar dich und die Deinen tyrannisirt, das jede deiner Handlungen beeinflußt, jeden freien Entschluß deiner Seele hemmt – gieb es frei, und du wirst staunend erleben, daß es dem hellen Strahle des Sonnenlichtes nicht Stand halten kann; es zerfällt in Staub und Moder, es ist urplötzlich verschwunden in dem Augenblicke, wo du aufgehört hast, dich seiner zu schämen. –
Wie viele Freuden verbittern wir uns, wie viele geschraubte, peinliche Lebensverhältnisse beschwören wir oft herauf, nur durch dieses ängstliche Hüten des Geheimnisses, daß wir – wenn auch in ganz anständigen Verhältnissen lebend – nur nicht eben reich sind!
Es giebt Familien, die großen Kunstsinn besitzen oder leidenschaftliche Musikfreunde sind. Welch ein Hochgenuß wäre es für sie, ein gutes Schauspiel, ein gediegenes Concert zu hören! Aber ihre Mittel erlauben ihnen nicht, jene ersten Plätze zu bezahlen, auf welchen sich der oder jener Verwandte im Theater einzufinden pflegt. Da giebt es also nur zwei Wege: entweder man giebt die übermäßig hohe Summe doch aus und spart sie sich dafür später an weit nöthigeren Dingen ab, wo man es ungesehen thun kann, oder man erfindet die verschiedenartigsten Lügen und Ausreden, um dem Vergnügen gänzlich fern zu bleiben. Nur den einfachen klaren Mittelweg, auf einen billigeren Platz zu gehen, schlägt man nicht ein, denn – das Skelet im Hause erlaubt es nicht.
Man hat eine Reise zu machen. Es ist im Sommer, die Tour nicht allzu weit; es wäre nicht nur gleichgültig, sondern angenehmer, in der dritten Classe zu fahren, als auf den heißen Plüschpolstern der zweiten zu sitzen, aber seufzend wird lieber die beabsichtigte Reise um ein Drittel gekürzt, seufzend wird die Actiengesellschaft, der die Bahn gehört, durch unsere sauer ersparten Groschen bereichert, denn – das Skelet im Hause erheischt es so.
Weihnachten naht heran, das Fest der Liebe und Freude. Der Freude? Das ist es leider nur für Jene, die kein Skelet im Schranke hüten müssen. Wo dieser Unhold noch sorgsam verschlossen gehalten wird, da geht seine Macht weit genug, um sogar dieses helle, wonnigste Friedensfest der ganzen Christenheit zu einer trüben, schweren Sorgenzeit umzugestalten.
Genau, bis auf den Heller, dictirt er uns ja, welchen Werth jedes der Geschenke haben muß, die wir vertheilen; denn natürlich: „Was Andere thun können, müssen auch wir leisten, wenn nicht der furchtbare Verdacht aufkommen soll, daß wir – ärmer sind als sie.“
Empfangen wir von unseren Lieben ein reicheres Geschenk, als das ist, welches wir ihnen gegeben haben, so fühlen wir uns tief beschämt und rechnen zitternd nach, wie diese Differenz auf andere Weise etwa auszugleichen sei. Scheu sehen wir uns dann um; denn das ist ja einer der Augenblicke, wo das gefangene Gespenst der Armuth so laut an die Thür seines Kerkers klopft, daß der dumpfe Schall dieses Pochens allen Weihnachtsjubel übertönt; wir sehen nur noch seinen drohenden Knochenfinger vor uns, und ausgelöscht sind durch ihn alle hundert Kerzen des Lichterbaumes.
O pfui, welch ein abscheuliches Bild!
Wie anders, wie ganz anders verläuft das Fest in einem Hause, das nicht unter solch einem unbarmherzigen Scepter steht! Gern und aus vollem Herzen giebt man da, so viel man eben hat und kann. Kommen von Anderen Geschenke von doppeltem und zehnfachem Werth als Gegengabe, nun, um so besser! Jene haben eben mehr zu geben gehabt, als wir. Die Glücklichen! Fast könnten wir ihnen die Seligkeit des Gebens neiden, wenn es nicht unsere liebsten Freunde oder Verwandten wären, denen wir doch gewiß jede Freude von Herzen gönnen, also auch die Freude, uns reich beschenkt zu haben. Es ist mir geradezu unfaßlich, wie darin ein Anlaß zu Beschämung oder Demüthigung liegen kann.
Darum nur muthig und unverzagt die Pforten gesprengt, hinter denen das Skelet der Armuth verborgen steckt, und frei die Stirn geboten dem verwunderten Anstaunen Jener, die noch immer dumm genug bleiben wollen, oder feig genug sind, sich jeden Genuß, jede Freude, jede Befriedigung durch den heimlichen Knochenmann vergällen zu lassen! Ihr Staunen wird übrigens [160] gar nicht lange dauern, denn nur das „Geheimnißvolle“ hat Reiz für alle Welt. Nach dem, was offen und sonnenklar dasteht, sehen sie nicht einmal hin, und sobald der Zweifel darüber gelöst ist, wie viel Mark du täglich zu verzehren hast, wird sich gar Niemand mehr darüber wundern, daß du eben gerade so lebst, wie es deinen Verhältnissen angemessen ist. Wer dich vorher geliebt und geachtet hat, wird dich – noch ein wenig mehr achten und lieben, wer aber deinen Umgang nur wegen Ueberschätzung deiner Verhältnisse gesucht hat, den lasse getrost laufen! Es ist nicht schade um Seinesgleichen.
So viel über das Skelet der Armuth! Ob es rathsam ist, auch alle die anderen Gerippe ihrer Haft zu entlassen? – Eine nicht ganz leicht zu lösende Frage, denn wohl kann es da zuweilen um Amt und Würden gehen, wohl könnte dabei Mancher in die Gefahr kommen, in der Rangordnung der Gesellschaft ein paar Stufen herabklimmen zu müssen.
Ich kann nur so weit urtheilen, wie meine eigenen Lebenserfahrungen reichen, und wo ich es mit angesehen habe, daß solch ein „Skelet im Hause“ freiwillig kühn an’s Tageslicht gebracht wurde, da ist es noch jedesmal in Nichts zerfallen. Es wiederholte sich allenthalben, was ich soeben von der Armuth gesagt habe: Kein Mensch interessirte sich mehr für das, was nicht mehr Geheimniß war. Jene, die muthig genug waren, vorkommenden Falles ruhig die Wahrheit einzugestehen, wurden nie wieder mit Anspielungen und Bosheiten belästigt über Verhältnisse, die unangenehm, unverschuldet und unabänderlich dastanden. So weit ich es beurtheilen kann, geht also mein treu gemeinter Rath dahin: Heraus mit allen Skeleten unserer Häuser, sie mögen verwahrt sein so tief sie wollen, heraus damit an’s Sonnenlicht, an Gottes frische Himmelsluft, in der nichts bestehen kann, was Moder und Verwesung heißt, ohne daß neues Leben daraus geboren wird!
Zu Breslau beim Spitale,
Da steht das Volk geschaart,
Und droben liegt im Saale
Ein stiller Mann gebahrt.
Ein Frühling blüht im Rund:
In Lorbeern schläft der Dichter,
Der „Sänger-Vagabund“.
Das war ein wackrer Kämpfer
Das war ein Grillendämpfer,
Das Herz voll Sonnenschein,
Erschreckt von keiner Wolke,
Gelähmt von keiner Gunst,
Ein Quell ureigner Kunst.
Er zog nicht mit dem Trosse
Bequem von Thal zu Thal:
Sein Wappen hing im Schlosse,
Und eh’ sein Haupt, das weiße,
Verträumt die letzte Kraft,
Hei! war das eine heiße,
Rastlose Wanderschaft!
Gelockt von Land zu Land:
Treu blieb er einem Sterne
Mit Sehnsucht zugewandt,
Der Heimath galt sein Lieben,
Ein Schlesier ist er blieben,
Ein Schlesier wollt’ er sein.
Und als ihm ging zu Rüste
Der trotz’ge Lebensmuth,
Wo sich’s am besten ruht:
Und könnt’ er Schlösser erben
Bei Fremden noch einmal,
Er wollte lieber sterben
Nun fährt zur Gruft der Wagen;
Das Volk zu Tausend zieht,
Dumpf tönt in seine Klagen
Des Sängers Mantellied;
Den liederfrohen Mund –
Leicht sei Dir Schlesiens Erde,
Herzlieber Vagabund!
Der internationale Arbeiterbund hat acht Jahre lang bestanden, von 1864 bis 1872. Dann zerfiel er durch innere Zwistigkeiten. Seine Geschichte ist in einer langen Reihe von Schriften, zum Theil dickleibigen Büchern, behandelt, die meist im Inhalte ebenso dürftig, wie in der Form weitschweifig sind. Auch die Protokolle seiner fünf Congresse, die 1866 zu Genf, 1867 zu Lausanne, 1868 zu Brüssel, 1869 zu Basel, 1872 im Haag stattfanden, werfen nur schwankende Lichter auf die innere Entwickelung des Bundes. Unter solchen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß die Urtheile über seine europäische Wirksamkeit weit aus einander gehen, daß die Einen seine mächtige Hand in jeder politischen Verwickelung jener Jahre zu spüren vermeinen, während die Andern ihn kaum für mehr halten, als ein müßiges Phantasiespiel, das einige heimathlose Revolutionäre in London ersannen, sich die Langeweile des Exiles zu würzen.
Ein völlig abschließendes Urtheil über das Maß von Wahrheit, das jede einzelne der zahllos durch einander schwirrenden Meinungen enthalten mag, ist heute allerdings noch nicht möglich, aber wenn man das actenmäßige Material, soweit es namentlich durch die Processe bekannt geworden ist, die in Deutschland, Frankreich und anderswo gegen Mitglieder der Internationale geführt worden sind, nicht in dem verzerrenden Lichte des Parteieifers, sondern mit ruhiger Unbefangenheit prüft, kann man das wirkliche Wesen der räthselhaften Erscheinung doch genauer erkennen, als es auf den ersten Blick möglich scheint.
Soviel steht zunächst fest: was die Internationale nach der Absicht ihrer Stifter werden sollte, ist sie niemals auch nur im Entferntesten geworden. Sie hat nie einen Anhang von Millionen, vermutlich nicht einmal von zehntausend Mitgliedern gehabt. In England zählte sie immer nur vereinzelte Anhänger und auch diese nur vorübergehend; in Deutschland ist ihr Bestand nach dem unverdächtigen Zeugnisse eines namhaften Socialdemokraten kaum auf tausend Köpfe gestiegen; in Frankreich sammelte sie während der ersten Jahre ihres Daseins nur einige hundert Arbeiter um ihre Fahne; selbst noch 1870 vermochten sogar ihre Anhänger in Paris trotz aller Bemühungen nicht einmal ein wohlfeiles Wochenblättchen zu gründen. Die übrigen Länder zählen überhaupt erst in zweiter Reihe. Und noch schlimmer, als mit dem Heere, stand es mit den Finanzen der Internationale. Die spärlichen Beiträge ihrer spärlichen Mitglieder gingen mit der äußersten Unregelmäßigkeit ein. Wenn in der That nach einem geflügelten Worte zum Kriegführen drei Dinge gehören: Geld, Geld und wiederum Geld, so war die Internationale ein sehr friedliches Wesen. Sie hat niemals Geld, sondern immer Schulden gehabt; Briefe von Marx, die bei gerichtlichen Verhandlungen verlesen wurden, geben darüber die unumwundensten Aufschlüsse. Mit einem Worte: die Internationale als geschlossener Bund, als kämpfende Organisation war so ohnmächtig wie möglich.
Ganz anders lag es dagegen mit ihrer moralisch-psychologischen Bedeutung. In dieser Beziehung hat die Internationale allerdings einen mächtigen und unheilvollen Einfluß auf die sociale Entwickelung der letzten Jahrzehnte geübt. Marx hat, unterstützt durch die ängstliche Kurzsichtigkeit liberaler und die unbegreifliche Verblendung reactionärer Socialpolitiker, allezeit mit großem Geschicke verstanden, für sich und seine Zwecke den Zug der Mythenbildung auszunutzen, der trotz aller Aufklärung des neunzehnten Jahrhunderts in den unteren Schichten des Volkes noch eine äußerst lebendige und wirksame Macht ist. Namentlich in den romanischen Ländern ist es außerordentlich geglückt, jedem unzufriedenen Arbeiter den Glauben einzuflößen, als walte die Internationale wie eine geheimnißvolle und unsichtbare Macht schützend über seinen Geschicken. Sie hat schwerlich jemals aus
[161] eigener Kraft einen Strike aus dem Boden gestampft, noch weniger jemals einen siegreich durchgeführt, aber wo sich das drohende Gewitter einer Arbeitseinstellung zusammenzog, da haben ihre Sendlinge sicher gehetzt und gewühlt, um den letzten Hoffnungsstrahl glücklicher Einigung zu verscheuchen; gleich einem giftigen Insectenschwarme pflegte sich der Bund in die offenen Schäden des modernen Gesellschaftskörpers einzunisten. So wurde er ein Banner und Symbol für die gährenden Leidenschaften der arbeitenden Classen; als solches hat er den Blättern der zeitgenössischen Geschichte untilgbare Spuren von Blut und Feuer eingeprägt. Sehr bezeichnend für diese seine Bedeutung ist es, daß er in der allgemeinen Vorstellung noch immer als fortlebend und fortwirkend gedacht wird, obgleich er seit sieben Jahren gänzlich zerstört ist und Engels wie Marx ausdrücklich auf jeden Versuch verzichtet haben, einstweilen die zerrissenen Fäden neu zu knüpfen.
Die fünf Congresse der Internationale bieten nicht viel bemerkenswerte Gesichtspunkte, so weit es sich um die einzelnen Beschlüsse handelt. Dieselben versuchen mit größerem oder geringerem Geschick, die einzelnen Arbeits- und Erwerbszweige der heutigen Volkswirthschaft dem communistischen Grundgedanken anzupassen; sie ordnen an, wie das Gemeineigentum auf Bergwerke, Steinkohlenminen, Wälder, den landwirtschaftlichen Grund und Boden, Eisenbahnen, Telegraphen, Canäle etc. anzuwenden sei. Dagegen gewähren jene Parlamente des internationalen Proletariats politisch-psychologisch eine reiche Ausbeute. Sie zeigen namentlich einerseits, wie sehr der revolutionär-socialistische Gedanke unter den arbeitenden Classen der verschiedenen Länder um sich gegriffen, wie er sich aus der verschwommenen Schwärmerei der vierziger Jahre zu drohendem, praktischem Ernste geklärt hat, aber sie zeigen auch andererseits, wie fern die Gestaltung eines internationalen Arbeiterbundes noch ihrem Ziele ist, wie fern sie ihm vielleicht für immer bleiben muß. Die nationalen Charakterunterschiede machten fort und fort ihr unveräußerliches Recht geltend; sie werden es auch in Zukunft geltend machen.
Nur sehr widerstrebend gingen die englischen Arbeiter auf die Sache ein; sie suchten die Macht des Bundes meist nur für ihre praktischen Reformbestrebungen auszunutzen. Die französischen Arbeiter zeigten sich anfangs äußerst gelassen, kühl, ja geradezu feindselig gegen die communistischen Anschauungen von Engels und Marx; dann, als sie halb wider Willen auf die revolutionäre Bahn getrieben wurden, erwachte in ihnen mit voller Wildheit jene elastische Schnellkraft des Aufstandes, die ihr Volk seit hundert Jahren in so vielen Umwälzungen bewährt hat; sie, als die ersten und bisher einzigen Vorkämpfer des Proletariats, verstanden es, unter furchtbaren Erschütterungen die politische Macht in einem mächtigen Mittelpunkte des gesitteten Völkerlebens an sich zu reißen. Die deutschen Arbeiter verfochten allezeit, der philosophische Naturanlage ihrer Nation gemäß, die äußersten Schlußfolgerungen der socialdemokratischen Grundsätze; sie in erster Reihe wurden „Communisten“ gescholten von ihren französischen Cameraden, gegen deren hartnäckigen Widerstand sie beispielsweise auf dem Congresse zu Basel die Forderung des Gemeineigenthums an allem Grund und Bode durchsetzten. Der russische Nihilismus endlich erwies sich als viehische Brutalität, als gräulicher Wahnsinn, jene letzte Ordnung und Zucht verwüstend und zerstörend, deren auch die Revolution bedarf, um überhaupt im großen Stile verwüsten und zerstören zu können.
Die Haltung, welche die Vertreter der einzelne Länder auf den Congressen der Internationale einnahmen, entsprach durchaus der Entwicklung des Bundes in diesen Ländern selbst. In England schlossen sich ihm wenige Arbeiter an, und diese Wenigen suchten durch ihn den neunstündigen Arbeitstag, höhere Löhne, geschäftliche Sicherung nothwendiger Arbeitseinstellungen, also durchweg Ziele zu erreichen, die, ob sie in den einzelnen Fällen berechtigt und möglich sind oder nicht, jedenfalls auf dem Boden der heutigen Gesellschaftsordnung sich bewegen. Auf den Vorwurf, daß sie mit solcher Haltung die Zukunft der arbeitenden Classen opferten, erwiderten diese Männer kaltblütig: „Aber wir gewinnen die Gegenwart, und in ihr leben wir.“ Im Grunde war damit schon die praktische Wirksamkeit der Internationale mitten in’s innerste Herz getroffen. Denn es ist ein von Engels und Marx unzählige Male wiederholter Satz, daß jeder ernsthafte Versuch einer socialen Revolution sich allein auf England stützen kann, als das einzige Land, wo es keine Bauern mehr giebt, wo der Capitalbesitz in wenigen Händen zusammenfließt, wo die capitalistische Form sich der ganzen Besitz- und Erwerbsordnung bemächtigt hat, wo die große Mehrheit der Bevölkerung aus Lohnarbeitern besteht, wo der Classenkampf und die Organisation der arbeitenden Classe durch die Gewerkvereine schon einen gewissen Grad der Allgemeinheit und Reife erlangt haben.
Trotz dieser ungünstigen Umstände ist jener moralische Einfluß der Internationale, der ihre gefährlichste Waffe war, auch auf britischem Boden nicht unwirksam geblieben. Der Generalrath des Bundes beeiferte sich, die zahlreiche Strikes der Gewerkvereine, sei es auch wesentlich nur mit großen Worten, zu unterstützen und sich so ihre Dankbarkeit zu sichern. Namentlich ein taktisch sehr geschickter Schachzug gewann ihm nach und nach die Herzen jener einflußreichen Arbeiterschichten. Die englischen Arbeitgeber pflegten gewöhnlich Strikes durch die Einfuhr ausländischer Arbeiter lahm zu legen, und sie erzielten damit solche Erfolge, daß die bloße Möglichkeit einer derartigen Einwanderung in vielen Fällen genügte, die Arbeiter von der Aufrechthaltung ihrer Forderungen abzuschrecken. Hiergegen erließ der Generalrath der Internationale an seine festländischen Anhänger die Weisung, überall die Arbeiter vor Engagements mit solchen englischen Unternehmern zu warnen, deren heimische Arbeiter strikten. Dieser Dienst, mochte er auch nur mehr scheinbar als wirklich sein, wurde in der That von den Gewerkvereinen dankbar anerkannt; auf ihren Congressen zu Sheffield 1866 und zu Birmingham 1869 widmete sie dem Bunde anerkennende Beschlüsse. Aber die platonische Zuneigung wandelte sich schnell in gründlichen Abscheu um, als der Generalrath der Internationale nach der Niederwerfung der Pariser Commune sich für diesen Ausstand sammt allen seinen Gräueln erklärte. Nunmehr fielen alle englischen Arbeiter fast bis auf den letzten Mann ab, und Marx mußte sich in ohnmächtiger Wuth genügen lassen, die dortigen Arbeiterführer, wie Bradlaugh und Odger, als bestochene Handlanger der Regierung zu verleumden.
Noch weit bedeutsamer zeigt sich die materiell geringe, moralisch große Wirksamkeit der Internationale in der französischen Arbeiterbewegung. Hier gestaltete sich der Bund in seinen ersten Anfängen als eine Art Mittelding von Bildungs- und Gewerkverein; glänzende Namen der politischen und wissenschaftlichen Welt – es mag nur an Henri Martin und Jules Simon erinnert werden – förderten seine Bestrebungen. Seine Mitglieder traten für das Erbrecht, die Familie, das Sondereigenthum ein, erklärten sich gegen alle atheistischen Unfläthereien, brandmarkten den Schwindel der Weiberemancipation, kurzum, sie zeigten sich als besonnene und maßvolle Männer, die ohne alle revolutionär aufregende Agitation den Arbeiterstand in geistiger, materieller und moralischer Beziehung zu heben versuchte. Es bedurfte eines merkwürdigen Zusammentreffens merkwürdiger Umstände, um diese Haltung in die Bahnen des grundsätzlichen Umsturzes einzulenken; die Art, wie es geschah, ist auch für andere Länder sehr lehrreich.
Der französische Zweig der Internationale machte es nämlich mit seinem friedlichen Wirken Niemandem recht. Abgesehen von Marx und dem Generalrathe in London, die nicht müde wurden, ihn aufzustacheln und zu verhöhnen, that er weder der Opposition noch der Regierung genug. Beide verlangten bedingungslosen Anschluß an ihre politische Schlagworte. In diesem Dilemma ließen sich die französischen Mitglieder des Bundes 1868 verleiten, ein Bündniß mit der radicalen Bourgeoisie abzuschließen; sie sollten dieser die politischen Freiheiten erringen helfen, um dann aus ihrer Hand die sociale Emancipation des Proletariats zu empfangen. Das ungesunde Bündniß zeitigte ungesunde Früchte. Sofort richtete das zweite Kaiserreich heftige Verfolgungen gegen die Pariser Führer der Internationale; dadurch geriethen dieselbe in immer tiefere Verbindung und Verwickelung mit allen aufrührerischen Elementen des Landes und namentlich der Hauptstadt. Die auch auf dieser heißen Erde immer nur erst geringen Anfänge einer festen Organisation des Bundes als einer besondern Arbeitergesellschaft zerfielen dabei vollends, allein sein Name wurde mehr und mehr das unheimliche Banner, welches die arbeitenden Classen, namentlich in den großen Mittelpunkten der französischen Industrie, in die revolutionäre Agitation riß. In allen Krakehlen und Putschen, welche die letzten Jahre der napoleonische Herrschaft erfüllten, sind seine Spuren zu finden.
[162] Trotzdem ist es grundfalsch, ihm einen maßgebenden Einfluß auf die Entstehung der Pariser Commune zuzuschreiben. Dieser Einfluß der Internationale ist vielmehr weit geringer gewesen, als die sinnlose Prahlsucht ihrer Häupter, die zeternde Angst ihrer Gegner hat glauben machen wollen. Die Ursachen des blutigen Aufstandes von 1871 können an dieser Stelle nicht entwickelt werden; man kennzeichnet ihn vielleicht am kürzesten und treffendsten, wenn man sagt, daß er gleichsam eine Generalbuße gewesen sei für die Ausschweifungen und Sünden, denen sich das französische Volk seit 1789 auf den verschiedensten Gebieten des nationalen Lebens überlassen hat.
Unzweifelhaft lief dabei auch eine stark communistische Strömung unter, aber die Agitation der Internationale rief diese Strömung nicht hervor, sondern schwamm auf ihr nur als mißfarbiger Schaum. Die kindisch lächerliche Vorstellung, als hätten die Zaubersprüche des Bundes eine Bande von Narren und Schurken wie aus einem gähnenden Abgrunde der Hölle emporgerufen, nun mit Petroleum und Pulver den strahlenden Leuchtthurm des Jahrhunderts zu zerstören, ist zumeist hervorgerufen durch das Rundschreiben vom 16. Juni 1871, das Jules Favre an die französischen Gesandten bei den europäischen Höfen richtete. Nun wohl, am 23. Juni desselben Jahres sagte derselbe Jules Favre vor einer parlamentarischen Untersuchungscommission amtlich aus, daß die communistische Agitation an der Entstehung der Pariser Commune so viel Antheil gehabt hätte, wie ein Päckchen von Pulver, das man in eine lodernde Feuersbrunst wirft. Diese Auffassung ist durchaus richtig; sie wird völlig unwiderleglich erwiesen durch die reiche Fülle gerade der Actenstücke, welche die Regierung selbst über die einschlägigen Vorgänge veröffentlicht hat.
Sogar als die französische Hauptstadt am 18. März sich schon erhoben hatte, blieb der Pariser Bundesrath der Internationale vollkommen neutral. Einzelne seiner Mitglieder, wie namentlich Varlin, hatten sich zwar am Aufstande betheiligt, aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalte, daß sie den Bund als solchen dadurch in keiner Weise verpflichteten, während andere seiner Mitglieder, darunter die Stifter des französischen Zweiges, wie Heligon, Murat, Tolain, dem Aufstande entgegentraten und zwar mit einer Festigkeit und Unerschrockenheit, welche selbst Gegnern der Internationale die größte Anerkennung abgerungen hat. Erst als der Bruch zwischen Paris und Versailles unheilbar geworden war und die Wahlen für die revolutionäre Commune ausgeschrieben wurden, forderte ein Aufruf der Internationale ihre Anhänger auf, sich an diesen Wahlen zu betheiligen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist ein Befehl dazu vom Generalrathe in London eingetroffen; hatte es Marx doch schon im communistischen Manifeste von 1848 als Pflicht des internationalen Communismus bezeichnet, sich an jeder aufständischen Bewegung, gleichviel welchen Charakters, zu betheiligen, um dabei so oder so im Trüben zu fischen.
Unter denn etwa achtzig Mitgliedern der Commune befanden sich ungefähr zwanzig Mitglieder der Internationale. Sie bildeten eine maßvollere und verständigere Minderheit gegenüber der jacobinischen Club- und Straßendemagogie, die in der seltsamen Körperschaft das große Wort führte. Während diese einen sinnlosen Abklatsch des Schreckensregiments von 1793 anstrebte und durchsetzte, versuchte jene die Commune zu einem socialen Gebilde, zur Urzelle gleichsam des socialistischen Zukunftsstaates zu gestalten. Diese Versuche scheiterten schon an ihrer eigenen Unklarheit und Unreife; sie vermochten nicht einmal zu den ersten ernsthaften Anfängen zu gedeihen, denn die Abschaffung der Nachtarbeit in den Bäckereien, das Verbot von Geldstrafen in Fabrikordnungen, die Confiscation der von ihre Besitzern verlassenen Fabriken und Werkstätten und ihre Ueberlassung an Arbeitergenossenschaften – mehr ist beim besten Willen im amtlichen Blatte der Commune nicht zu entdecken – können doch als socialistische Reformen selbst vom Standpunkte der Weltumstürzler aus nicht gut ernsthaft genommen werden.
Aber selbst wenn von der Minderheit der Commune bessere und reifere Versuche vorgeschlagen worden wären, würden sie an der so viel größeren Zahl der Mehrheit und an dem Hasse gescheitert sein, welcher die einflußreichsten Führer dieser Mehrheit, wie Delescluze und Raoul Rigault, gegen die Internationale beseelte. Als diese Nachäffer der Marat und Robespierre endlich in der Einsetzung eines Wohlfahrtsausschusses ihr Ziel erreichten, zogen sich die Mitglieder des Arbeiterbundes mehr und mehr von den Beratungen des Stadthauses zurück. Erst bei der Erstürmung der Stadt kämpften sie dann wieder auf den Barricaden mit einem Muthe, wie er glänzender nicht leicht einer schlechteren Sache geweiht werde konnte.
An den Schandthaten der Commune sind die Mitglieder der Internationale wesentlich unschuldig. Sie haben sie meist nicht nur nicht befördert, sondern nach ihren beste Kräften zu hindern gesucht. Unter ihnen waren nur einzelne brutalere Naturen, wie Dereure und Johannard; ein gemeiner Verbrecher wurde nur der Tischler Pindy, der den militärischen Befehl über das Stadthaus führte und das prächtige Gebäude einäscherte. Immerhin zeugt selbst diese furchtbare, mitten im Blutdurste einer siebentägigen Straßenschlacht begangenen That eines wahnsinnigen Fanatismus noch nicht von einer so niedrigen Verworfenheit, wie die feigen und niederträchtigen Meuchelmorde, in denen die Ferré und Rigault schwelgten. Sonst haben die Mitglieder der Internationale in der Commune, wenn auch nichts Gutes gestiftet, so doch viel Böses verhindert, namentlich in manchem Zweige der Verwaltung leidlich Ordnung gehalten. Die Rettung der Bank von Frankreich und ihrer drei Milliarden, deren gewaltsame Beschlagnahme die unabsehbarsten Folgen gehabt haben würde, war der persönlichen Rechtschaffenheit dreier Mitglieder der Commune zu danken, von denen zwei, Beslay und Varlin der Internationale angehörten, während der dritte, Jourde, ein naher Vertrauter des Bundes war. Dem großen Geiselnmorde in der Straße Haxo warf sich Varlin unter eigener Lebensgefahr entgegen. Nicht am wenigsten bezeichnend ist, daß einzelnen dieser Männer, wie Beslay, Malon, Theiß, nach Niederwerfung der Commune die heimliche Entfernung aus Frankreich von der Regierung selbst gestattet wurde trotz des furchtbaren Strafgerichts, das sich sonst über alle Anhänger und Theilnehmer des Aufstandes entlud.
Diese Andeutungen sollen keineswegs das Schuldregister der Commune oder der Internationale beschönigen. Nichts weniger als das. Aber die revolutionären Vorgänge in Frankreich haben sich so oft als typisch für das übrige Europa gezeigt, daß es sich wohl genauer, als bisher geschehen ist, zu untersuchen verlohnt, wie die Internationale speciell in jenem Lande entstand, was sie war und wie sie endete.
Die dämonischen Kräfte, die in der heutigen Arbeiterbewegung walten, lassen sich nun einmal so wenig durch Blei und Pulver wie durch den ehrlichsten Abscheu sittlicher Entrüstung vernichten. Und die Thatsache, daß Männer, wie jene Beslay, Varlin, Theiß, Malon, Avrial, Clemence und wie sie sonst heißen mögen, Männer, die sich meist aus dem niedrigsten und schmutzigsten Proletariat durch eiserne Kraft zu einer verhältnißmäßig hohen Stufe von Bildung und Wohlstand emporgearbeitet hatten, Männer, welche selbst die kaiserliche Procuratoren in den gegen die Internationale gerichteten Processen als „einsichtige, ehrenwerthe und fleißige Arbeiter“ zu kennzeichnen pflegten, daß solche Männer, gleichviel für wie falsche Ideale immer, freiwillig alle Schrecken der Vernichtung entgegen gingen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, ist doch wohl würdiger eines unbefangenen Urtheils, als einer unbesehenen Verurtheilung.
Marx aber und der Generalrath in London verzichteten freiwillig auf alle mildernden Umstände, die etwa der Haltung der einzelnen Mitglieder des Bundes in der Commune zugebilligt werden könnten. In einem berüchtigten Pamphlete übernahmen sie ganz und voll die Verantwortung für alle Thaten der Commune. Wie in jenes sagenhafte Drachenblut, das einst Siegfried’s Körper gegen jede Verletzung feite und schirmte, tauchten sie ihre Schöpfung von Fuß bis zum Scheitel in den Strom von Blut und Thränen, der zwischen den arbeitenden und besitzenden Classen der französischen Gesellschaft floß. Aber sie hatte dabei doch die geistige und sittliche Verwilderung weit überschätzt, die ihnen im europäischen Proletariate anzurichten gelungen war. Voll unüberwindlichen Ekels wandten sich alle besseren Elemente der Arbeiterwelt von dem Bunde ab; in seinen spärlichen Ueberbleibseln wucherten Neid, Mißtrauen, Zwietracht übermächtig empor.
Auf eine so willkommene Gelegenheit harrte seit Jahren Michel Bakunin. Dieser russische Nihilist unterschied sich im System von Marx eigentlich nur dadurch, daß er jede wissenschaftliche [163] Methode als die letzte unwürdige Fessel der Menschheit abstreifte. Sonst wollte auch er den gewaltsamen Umsturz der gegenwärtigen Ordnung, die Durchführung des Gemeineigenthums als Grundlage der menschlichen Gesellschaft; nur daß er nicht zu harren gedachte, bis die großen Massen der Völker von der Nothwendigkeit einer derartigen Umwälzung durchdrungen sind, sondern vielmehr durch unaufhörliche Attentate und Putsche allmählich die Zukunftsarmee drillen wollte. Ferner sollte ein Zukunftsreich jeder gesellschaftlichen und staatlichen Verfassung entbehren, der vollkommensten „Anarchie“ sich erfreuen; die Menschen sollten auf dem gemeinsamen Boden hausen, wie die Thiere des Waldes. Die nähere Ausführung dieser Gedanken ist so cynisch und schmutzig, daß sie sich nicht einmal andeuten läßt in einem Blatte, welches auch von Frauen gelesen wird.
Mehr als die sachlichen Unterschiede ihrer Systeme, trennte Bakunin und Marx jener echte, unverfälschte, unversöhnliche Haß, mit dem sich die Höflinge und Schmeichler der Massen gegenseitig zu beehren pflegen. Jeder hat den Andern öffentlich Soldschreiber, Spion, Verräter gescholten. Von den ersten Tagen der Internationale begannen die Zettelungen Bakunin’s; auch an Versuchen zu Gegenbünden ließ er es nicht fehlen. Lange konnte er gegen die geistige Ueberlegenheit der Gegner nicht aufkommen. Erst die Niederlage der Pariser Commune gab dem Russen einen plumpen Trumpf in die Hand, welcher das geistreiche Spiel des Deutschen stach. Mit der ganzen Findigkeit und Geschmeidigkeit seiner slavischen Natur wußte Bakunin in den revolutionären Schichten, namentlich der romanischen Völker, die Anschauung zu verbreiten, als sei der französische Aufstand in seinem aussichtslosen Beginnen und in seinem kläglich-schrecklichen Mißlingen ein verrätherischer Streich gewesen, den Marx der Arbeitersache gespielt habe.
Dieser unterschätzte die Gefahr nicht; 1871 ließ er gar keinen Congreß des Bundes abhalten; als dann im Herbste von 1872 die Arbeitergesandten der verschiedenen Länder wieder im Haag zusammentraten, brachte er an deutschen Anhängern und an Mitgliedern des Generalrathes eine sichere, wohlgeschulte Garde mit. Diese Vorsicht verschaffte ihm denn auch in den Abstimmungen des Congresses den äußerlichen Sieg, aber der Haß und das Mißtrauen, die ihm fast überall außerhalb des Kreises seiner deutschen Myrmidonen entgegenstarrten, ließ ihm keinen Zweifel, daß das Werk seines Lebens zum zweiten Mal zerbrochen, daß die Internationale todt war, wie zwanzig Jahre vorher der Communistenbund. Nicht um sich selbst, sondern nur um die Welt zu täuschen, ließ er noch den Generalrath nach New-York verlegen und schloß den Congreß mit pomphaften Worten; seitdem hat Engels selbst gestanden, daß diese Manöver nothdürftig den Untergang der Internationale haben verdecken sollen.
So schied der merkwürdige Bund von der Bühne der Weltgeschichte. Traurig und wüst genug erschienen die Trümmer, die auf der Stätte seines Daseins blieben. Sein englischer Arm war immer nur verkrüppelt gewesen und dann völlig verdorrt; sein französischer Zweig wurde durch Feuer und Schwert erstickt. In den slavischen Ländern des europäischen Ostens, dann auch rings um das Becken des Mittelmeeres, in Spanien, Südfrankreich, Italien tummelte sich der wüste Bakunismus als lachender Erbe und spann seine Netze bis nach Aegypten und Griechenland. Aber in einer bedeutsamen Hinsicht unterschied sich doch das traurige Ende der Internationale von dem Untergange des Communistenbundes. Sie hinterließ wenigstens eine Erbin, eine ebenbürtige echte Tochter, Bein von ihrem Bein und Blut von ihrem Blut: die deutsche Socialdemokratie.
Frauen als Entdeckungsreisende und Geographen.
„Sind Frauen auch Menschen, das heißt vernünftige Wesen?“ ist der Titel einer Schrift, die gegen Ende des sechszehnten Jahrhunderts in dem sonst alle Zeit galanten Paris erschien. Es sollte in derselben bewiesen werden, daß die Frauen, weil Frau Eva ihren Gatten zum Sündenfall verführt hat, nicht vernünftig, nicht Menschen seien und daher auch keinen Anspruch auf die ewige Seligkeit hätten. Die Schrift war eigentlich nur eine Satire gegen die Protestanten, die Alles aus der Bibel beweisen wollten. Nichts destoweniger hat ein strammer lutherischer Geistlicher, der ehrliche Magister Simon Gedike, den geschmacklosen Scherz für baaren Ernst genommen und mit großem Aufwand pedantischer Gelehrsamkeit versucht, den satirischen Bibelritter zu widerlegen und das weibliche Geschlecht in seine Menschenrechte wieder einzusetzen.
Fast drei Jahrhunderte sind seitdem vorübergerauscht und neue Fragen, die der Frauenemancipation, sind der Gegenstand mehr oder minder lebhafter Erörterung geworden. Man streitet darüber, ob die Frauen wirklich so viel physische und geistige Kraft haben, um den Männern ebenbürtig zur Seite gestellt zu werden – ob sie das Recht haben, sich aus den Schätzen der Wissenschaft und Kunst so viel anzueignen, wie ihnen ihre Fassungskraft gestattet, ihr Gedächtniß halten und ihr Verstand verarbeiten kann – und endlich ob sie das Recht haben, dies Capital zum Gemeinwohl beliebig zu verwerthen.
Man braucht kein schwärmerischer Frauenlob zu sein, man braucht die angeblich brennende Frauenfrage nicht schüren zu wollen, wenn man behauptet, daß es Frauen giebt, deren Geist stark, deren Wille kühn, deren Charakter fest genug ist, um auch den schwierigsten Problemen wissenschaftlicher Forschung nahe zu treten und sich ihnen nachhaltig und erfolgreich zu widmen. Und ebenso gewiß ist es, daß es Frauen giebt, deren Augen scharf, deren Herzen weit, deren Köpfe hell genug sind, um die fremdartigsten Erscheinungen richtig anzuschauen und unverfälscht wiederzugeben.
Zum Beweise hierfür sei nur an eine mäßige Anzahl Frauen erinnert, die sich schon in früheren Zeiten in einzelnen Wissenschaften ruhmvoll ausgezeichnet haben, und wir nennen Frauen verschiedener Nationalität, um zugleich zu beweisen, daß ihre Geistesgaben nicht Blüthen eines einzelnen Volkes seien.
Nach dem Wiederaufblühen der Wissenschaften in Italien finden wir Maria Agnesi, die sich in der Mathematik und Philosophie in hohem Grade auszeichnete. In ihrem fünfzehnten Jahre verstand sie Französisch, Spanisch, Deutsch, Griechisch, Hebräisch; in ihrem zwanzigsten Jahre vertheidigte sie an zweihundert philosophische Thesen zu allgemeinster Bewunderung und schrieb bald darauf ein mathematisches Werk, welches so viel Aufsehen erregte, daß Papst Benedict der Vierzehnte ihr den Lehrstuhl der Mathematik an der Universität zu Bologna zuwies, wo sie geraume Zeit mit großem Beifall lehrte. Fast noch berühmter ist ihre Landsmännin und Zeitgenossin Laura Bassi. Sie erhielt 1732 zu Bologna in aller Form die Würde eines Doctors der Philosophie, ward von demselben Papst Benedict dem Vierzehnten zum Professor der Physik ernannt und hielt Vorlesungen, die zahlreich besucht wurden. Ihre wissenschaftlichen Studien wurden wenig dadurch beeinträchtigt, daß sie als Gattin des Arztes Verrati einem großen Hauswesen vorstand; sie war die glückliche Mutter von zwölf Söhnen, deren Erziehung sie keinen Miethlingen anvertrauen mochte. In Padua lehrte Helene Piscopia Philosophie und verfaßte mehrere mathematische und astronomische Werke. Ebendaselbst las Novella d'Andrea über Kirchenrecht mit großem Beifall. Nur ein Umstand mochte die Zuhörer weniger befriedigen. Da nämlich die Frau Professorin ebenso schön wie gelehrt war, so war ihr Lehrstuhl mit einem Vorhang versehen, damit die Zuhörer durch den Anblick ihrer Schönheit nicht zerstreut werden möchten.
Von Französinnen nennen wir zunächst die Marquise du Châtelet, Voltaire’s Freundin, die mit dem deutschen Philosophen Wolff in lebhaftem Briefwechsel stand. Sie machte zuerst Newton’s System in Frankreich bekannt, und ihre Abhandlung „Ueber die Natur des Feuers“ erhielt von der Akademie der Wissenschaften den Preis. Mademoiselle Sophie Germain correspondirte Jahre lang unter dem Namen Leblanc mit dem größten deutschen Astronomen, Gauß, über mathematische Gegenstände, [164] ohne daß diesem die geringste Ahnung beikam, daß sein gelehrter vermeintlicher Freund eine Dame sei. Mademoiselle Germain erhielt auch am 8. Januar 1816 den Preis, den die französische Akademie 1809 für die beste mathematische Theorie der Chladni’schen Flächenschwingungen ausgesetzt hatte, nachdem die Aufgabe zweimal wegen ungenügender Lösung von anderen Gelehrten erneuert worden war. Der Name einer schönen Blume, die im Anfang unseres Jahrhunderts aus Japan und China bei uns eingeführt wurde, erinnert an die Astronomin[WS 3] Hortense Lepaut, deren wissenschaftliche Verdienste französische Artigkeit dadurch ehrte, daß sie ihren Vornamen auf jene Blume übertrug. Sie war die treue Gehülfin der berühmten Astronomen Clairaut und Lalande bei den schwierigsten Rechnungen derselben.
Auch deutschen Frauen ist das Studium der Astronomie nicht fremd geblieben. Wie Frau Hevelke in Danzig ihren Gatten, so unterstützte Frau Eimmart in Nürnberg ihren Vater bei seinen astronomischen Arbeiten. Am berühmtesten ist indeß die Hannoveranerin Karoline Lucretia Herschel. Sie war einunddreißig Jahre alt, als sie 1781 ihrem Bruder Wilhelm, dem großen Astronomen, nach England folgte, um seine Mitarbeiterin zu werden, was sie vierzig Jahre lang gewesen ist. Ihre Schriften sind Zeugnisse, mit welchem Eifer und Erfolg sie gearbeitet. Sie erwarb sich eine so genaue Kenntniß des Sternenhimmels, daß sie Flammstädt’s Atlas des gestirnten Himmels und den Sternkatalog nach eigenen Beobachtungen wesentlich vervollständigte. Sie entdeckte selbstständig neun Kometen, unter ihnen auch den, welcher nach seinem Berechner der Encke’sche Komet heißt. Nach dem Tode des Bruders kehrte sie 1822 nach Hannover zurück. Hier war es, wo Alexander von Humboldt im Jahre 1846, als er selbst schon im siebenundsiebenzigsten Altersjahre stand, die sechsundneunzigjährige Dame besuchte, die, noch bei voller Lebenslust, sich nur darüber beklagte, daß man aufgehört habe, sie astronomische Berechnungen machen zu lassen, da sie ohne Arbeit ungern ihre Pension beziehe. Erst zwei Jahre später, im Januar 1848, verschied sie im achtundneunzigsten Lebensjahre.
In neuerer Zeit, im Jahre 1847, haben zwei Frauen, Frau Rüncker in Hamburg und Mrs. Mary Mitchel in Nordamerika, gleichzeitig den hundertzweiundachtzigsten Kometen des Olbers’schen Verzeichnisses entdeckt. Aus unsern Tagen sei noch Signora Katharina Scarpellini erwähnt. Sie war Mitglied zahlreicher gelehrter Gesellschaften, auch des geologischen Reichsinstituts in Wien, und Vorsteherin des Observatoriums der Sternwarte auf dem Capitol in Rom.
In gleicher Weise zeichneten sich Frauen auch in den Naturwissenschaften und verschiedenen Zweigen der physikalischen Geographie aus. Weil es sich in diesen Zeilen nur um eine einleitende Uebersicht für die späteren Mittheilungen handelt, nennen wir in aller Kürze in der Botanik: Mrs. Elisabeth Blackwell, die mehrere Foliobände mit Abbildungen seltener Pflanzen herausgab, und die Französin Eulalia Delisle, welche die vorzüglichen Zeichnungen von Humboldt’s Gramineen gefertigt hat, Mrs. Huthins, Madame Greville, Fräulein Libert, Hermine von Reichenbach, Wilhelmine Fritsch, Frau Kublik, Gräfin Fiorino Mazzanti und Mrs. Johnston, die Meyen’s „Pflanzengeographie“ recht wacker übersetzt und ergänzt hat. In der Zoologie haben Mrs. Jeannette Power über Meeresthiere, Mrs. Mary Anning über Sepiathiere, Donna Anna Rizzi über die Seidenraupen geschrieben. Der Archäologie hat Fräulein Mestorf, die gegenwärtig das Amt eines Custos im Kieler Museum für nordische Alterthümer verwaltet, namentlich in der nordischen Alterthumskunde anerkannt Vortreffliches geleistet. Als Schriftstellerin nennen wir Mrs. Sabine, die Gattin des Generals und Präsidenten der „Royal Society“ in London, als die vortrefflichste Uebersetzerin verschiedener Werke Alexander von Humboldt’s, der „Ansichten der Natur“ und des „Kosmos“.
Mit besonderer Auszeichnung ist Mrs. Mary Somerville zu nennen. Sie war in den mathematischen Naturwissenschaften in hohem Maße bewandert, gut unterrichtet in der altclassischen wie in der modernen Literatur, eine geschickte Zeichnerin und Malerin, und wußte sich bis in’s höchste Greisenalter eine rege Theilnahme für alles Wissenschaftliche zu bewahren. Bereits 1811 erhielt sie in Edinburg eine Preismedaille für die Lösung verschiedener mathematischer Probleme und wurde auch von der „Geographischen Gesellschaft“ in London ausgezeichnet. Sodann veröffentlichte die „königliche Gesellschaft der Wissenschaften“ in London ihre Abhandlung über „die magnetisirende Kraft der Sonnenstrahlen“ und sie selbst ihre Bearbeitung von Laplace’s „Mécanique céleste“ und das Werk über „den Zusammenhang der physikalischen Wissenschaften“, das vielfach übersetzt worden ist. Am bekanntesten wurde ihre zweibändige „Physikalische Geographie“, die wiederholt neu aufgelegt und übersetzt worden ist (deutsch: Leipzig, J. J. Weber, 1851). Endlich veröffentlichte 1869 die Neunundachtzigjährige noch ein zweibändiges Werk über „die neuesten Resultate der Mikroskopie und Chemie“. Seit 1835 war sie Mitglied der „königlichen Gesellschaft der Wissenschaften“ in London und erhielt 1869 von der Londoner „Geographischen Gesellschaft“ für ihre „Physikalische Geographie“ die große goldene Victoria-Medaille. – Und Mary Somerville, die zweiundneunzig Jahre alt geworden, war nicht blos eine Zierde der wissenschaftlichen Frauenwelt, sondern auch eine vortreffliche Gattin und Mutter.
Wenden wir uns nunmehr zu den Frauen als eigentlichen Reisenden.
Eine wahrhaft heldenmüthige Reisende ist die Französin Madame Godin des Odonais. Sie begleitete ihren Gatten, den Astronomen Godin, der mit Bouguer und La Condamine von der französischen Akademie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts nach Quito und Peru geschickt wurde, um Gradmessungen zu genauerer Bestimmung der Gestalt der Erde zu machen. Als nach fünfzehn Jahren die Heimkehr bevorstand, der Gatte aber in Cayenne an der Nordostküste Südamerikas noch Arbeiten zu vollenden hatte, wagte es die Frau, das ganze breite äquatoriale Südamerika mit seinen Cordilleren, Urwäldern, Wilden und Bestien zu durchwandern und den langen Amazonenstrom bis Oyapok hinunter zu fahren. Auf dieser sechshundert Meilen langen unwegsamen Wanderung, die, wohlbedacht! vor fast anderthalb Jahrhunderten zurückzulegen war, konnte sie nur in einigen wenigen weit aus einander liegenden Missionsansiedelungen Rast, Erholung und Hülfe hoffen. Erschöpft von Anstrengungen erreichte sie die erste Mission, das ersehnte Rendezvous zur Erholung, aber die Mission war durch die Pockenkrankheit fast ausgestorben, die noch lebenden Ansiedler waren versprengt, und die dreißig Indianer, welche Frau Godin von Peru zum Transport und Schutz begleitet hatten, verließen sie. Mit unsäglicher Mühe zimmert der kleine Rest der Begleitung ein schwaches Canoe; zwei Indianer werden gefunden, die den Weg zur nächsten, an achtzig Meilen entfernten Mission zu kennen vorgeben; sie werden gegen Vorausbezahlung als Führer gewonnen. Aber schon nach zwei Tagen verschwinden sie und lassen die Unglücklichen, verlassen in Rathlosigkeit, unter tausend Gefahren zurück. Und die wenigen Treuen erliegen, und die Noth wird stündlich größer. So streift die muthige Frau, bei dem Mangel an gewohnter Nahrung von Hunger geschwächt, kaum noch in Lumpen, welche die Walddickichte zerreißen, viele Wochen mit dem allein noch übrig gebliebenen Sohn in den Wäldern umher.
Endlich finden sich einige Indianer, welche die unglückliche, aber kühne, noch unerschütterte Frau zur Mission nach Andoas führen. Hier war sie endlich geborgen. Der Vorsteher empfing die Vielgeprüfte mit Theilnahme und Güte und stand ihr hülfreich bei. Nicht ohne neue Beschwerden, aber doch mit Beistand fuhr sie über Lagunas und Oyapok auf dem entgegengesandten Fahrzeug ihrem langersehnten Gatten zu, mit dem sie endlich glücklich heimkehrte. Auf dem schönen Landbesitze zu St. Amand in Berry beschrieb sie dann ihre Reise, die, eine Art Robinsonade, sich lange als Lieblingslectüre erhalten hat.
Ergiebiger für die Wissenschaft war der Aufenthalt der deutschen Künstlerin Sibylla Merian in dem ungesunden, übelberufenen Surinam. Geboren und unterrichtet in der deutschen berühmten Malerfamilie der Merian und in den reichen Natur- und Kunstsammlungen Hollands zu einer bewunderten Meisterschaft ausgebildet, gab sie einem unwiderstehlichen Drange nach, die buntfarbigen Blumen, Schmetterlinge und Käfer im Glanze des frischen Lebens zu studiren und nachzubilden. Im tropischen Surinam malte sie zwei volle Jahre, und ihre Blätter sind noch heute in den Cabineten Hollands, Petersburgs, im Britischen Museum hochgeschätzte Meisterwerke. Unter der großen Zahl ihrer hinterlassenen Werke, zu denen sie die Kupfer selbst gestochen hat,
[165][166] sind besonders nennenswerth „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ (zwei Bände) und „Die Metamorphose der Insecten von Surinam“.
Zu der Zahl der reisenden Frauen, die künstlerische Thätigkeit bewährt haben, gehören auch Frau Agassiz und Frau Fedtschenko. Erstere, die Gattin des berühmten Naturforschers und Ichthyologen, begleitete denselben auf seinen Forschungsreisen nach dem Amazonenstrom. Die Erlebnisse dieser ertragreichen Reise sind von Frau Agassiz veröffentlicht worden, die ebenso gut die Feder wie den Pinsel zu führen verstand. Frau Fedtschenko, eine Russin, theilte mit dem Gatten auf einer mehrjährigen, sehr beschwerlichen Forschungsreise im Altaigebiete, am Oxus, in Chokand alle Beschwerden und künstlerischen Arbeiten.
Die Völkerkunde des Orients hat Lady Mary Worthley Montagu in hohem Maße gefördert. Als Gemahlin des Lord Edward Montagu, der als Gesandter nach Constantinopel gegangen war, lernte sie die Levante und das Leben im türkischen Orient kennen, wie nie eine Frau zuvor. Mit der Sultanin eng befreundet, hatte sie Zutritt in den Harem. Ihre Reisebriefe an die Dichter Addison, Young, Pope setzten die geistreiche Welt Albions in preisende Bewunderung. Sie hat zuerst das orientalische Leben, die Sitten und Zustände des Morgenlandes in ihrer innersten Eigenthümlichkeit entschleiert. Sie war es auch, welche die Impfung der Schutzpocken in Constantinopel kennen gelernt, dieselbe an ihren eigenen Kindern selbst angewandt und zuerst, lange vor Jenner, 1721, in England eingeführt hat.
An die Wanderungen der Lady Montagu reihen sich die Reisen ihrer Landsmännin Lady Rich an. Ihr Gatte war Consul in Bagdad und einer der berühmtesten englischen Orientalisten, Alterthumsforscher und Diplomaten. Das Consulathaus desselben zu Bassora war offenes Asyl, Gasthaus, Hospital, Akademie für Sprach- und antiquarische Studien, Bibliothek und Museum. Und an der Spitze dieses Hauses waltete Lady Rich. Sie theilte mit dem Gatten seine sprachlichen, historischen, antiquarischen Studien, als er die Ruinen von Babylon erforschte und die von Niniveh bei Mosul zuerst entdeckte. Lady Rich begleitete ihn hoch zu Roß und Kameel durch ganz Vorderasien nach Constantinopel, und von da wieder zurück durch ganz Kleinasien, den Kaukasus, Armenien bis an den Tigris. Ein ganzes Jahr hindurch folgte sie ihm auf seiner Entdeckungsreise durch das damals noch unbesuchte Kurdistan, dann nach Persien, zur Untersuchung der Ruinen und Keilschriften von Persepolis. Von hier wollte Sir James Rich zu Lande nach Bombay gehen, wo er eine hohe Stellung im indischen Gouvernement antreten sollte, während Lady Rich ihm zu Schiff dorthin vorauseilte. Glücklich ist sie gelandet; Monate gehen vorüber; mit Sehnsucht erwartet sie den Gatten – da naht das persische Schiff mit der Trauerflagge und bringt Todesbotschaft von dem Ersehnten, welcher der Cholera erlegen war. Der Schrecken wirft sie zu Boden, und nach dreitägiger todesähnlicher Ohnmacht war ihr vielbewundertes, glänzendes, tiefschwarzes Haupthaar zu stumpfer, farbloser Blässe ergraut und sie selbst bis zur Unkenntlichkeit gealtert. – Die Geographie verdankt ihr mehrere classische Werke, die sie später herausgab.
Bombay erinnert an Frau Amalie Heber[WS 4], die Gemahlin des Bischofs Heber in Calcutta. Sie war 1823 mit dem Gatten nach Bengalen gekommen, durchwanderte an seiner Seite die große Diöcese, ganz Hindostan von Calcutta bis Bombay und Madras, und beschrieb nach des Gatten frühem Tode (1826) die Reisen, sein Leben und seine Wirksamkeit auf eine für die Länder- und Völkerkunde Indiens anerkannt sehr lehrreiche Weise.
Auch in die Einöden Australiens drang der Forschungstrieb einer deutschen reisemuthigen Frau. Frau Amalie Dietrich aus Siebenlehn in Sachsen bereiste von 1863 bis 1873 im Auftrag des Herrn Godefroy in Hamburg für dessen berühmtes Museum Australien, namentlich Queensland, die in unseren Tagen vielbesprochenen Samoa-, die Tonga- oder Freundschaftsinseln, um daselbst naturwissenschaftliche Sammlungen zu machen. Sie brachte eine reiche ethnologische Auslese mit, die zu den werthvollsten Schätzen in dem genannten Museum gehört. – Und eben wird aus Kopenhagen berichtet: Fräulein Therese Peturson, eine Tochter des Bischofs in Reykjavik, hat in dem letzten Sommer, 1879, mit geologischen Untersuchungen beschäftigt, den Hekla bestiegen, mannigfache Beobachtungen im Krater und auf dessen Boden über Temperatur, Schwefelgehalt etc. angestellt und Stöße, Ausbrüche vorhergesagt, die später nach Ort und Stärke genau erfolgt sind.
An hochinteressante Reisewerke von Frauen erinnern schon die bloßen Namen Lady Esther Stanhope, Frau von Staël, Frau Talvj (Therese Jacobs), Frau Ida Pfeiffer, der der jugendlichen Holländerin Fräulein Tinne. Die reiche belletristische Literatur der „Reise-Briefe“, „Reise-Schilderungen“, „Reise-Eindrücke“ etc. von Frauen kann hier füglich ganz übergangen werden.
Was bisher gesagt worden, möge genügen, um daran zu beweisen, daß die geistigen Fähigkeiten der Frauen oft überraschend reicher sind, als man gewöhnlich anzunehmen beliebt – es möge genügen als Einleitung für die folgenden zwanglosen Mittheilungen aus Reisen von Frauen, welche an den großen geographischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte verdienst- und ruhmvollen Antheil genommen haben.
Nach mehrwöchentlichem Umherwandern hatte ich wieder einmal festen Wohnsitz auf einem der zahl- und namenlosen, tief in’s Rumänenland sich erstreckenden Ausläufer der Karpathen genommen, einem gar heimlichen, erquickenden Stück Erde. Die gleich einer ruhenden Meereswoge gestaltete Bergkuppe selbst, auf welcher ich hauste, bot den anmuthigsten Wechsel von sammtgrünen Wiesenteppichen und dunkelschattigen Waldpartien, durch welche reizende Pfade neben lustig plätschernden Silberbächen führten, ringsum aber gab es prächtige Bergformen, grotesk zerklüftete Felsenwände und brausende Sturzquellen zwischen Triften mit weidenden Heerden und idyllischen Hütten. Was letztere betrifft, so wußte ich freilich aus Erfahrung, daß sich das „Idyllische“ derselben auf ihre Außenseite beschränkte, wie denn das Innere der von mir zum Aufenthalt erkorenen Hütte mir beim ersten Eintritte eher dem Gedeihen räucherungsbedürftiger Speckseiten, als demjenigen menschlicher Wesen förderlich erschien.
Als mir jedoch Margita, ein wunderhübsches Kind der Berge, das hier als rumänische Vestalin den ewigen Rauch des Herdfeuers unterhielt, frisch und rosig wie eine von der Sonne reif geküßte Aprikose entgegenlächelte, erkannte ich meinen Irrthum, rieb die brennenden Augen und blieb.
Diesen Entschluß bereute ich nicht; denn so widerwärtig das zweite weibliche Wesen in der Hütte, die Mutter Dordona war – Margita’s heiteres Walten bewirkte, daß ich das stete Rumoren der Alten schließlich gleichmüthig hinnahm.
Ueberdies hatte ich in dem Diener des Hauses, auf welchem Dordona’s Knochenhand mit voller Schwere lastete, ein wahres Muster von christlicher Ergebung vor Augen. Dem gutmüthigen Burschen, der sich trotz seines etwas einfältigen Gesichtsausdruckes als einer der tüchtigsten Führer in den Karpathen erwies, schien das Gekeife der Alten kaum störender, als dem Müller das Klappern der Mühle, und selbst wenn die Alte dem Kleingewehrfeuer scharfer Worte das grobe Geschütz von Feuerbränden oder eisernen Kesseln folgen ließ, wich er diesen mit demselben verbindlichen Lächeln aus, mit dem etwa der galante Städter einer ihm auf den Fuß tretenden Dame sein „Bitte, es war mir ein Vergnügen!“ erwidert.
An Veranlassungen zu solchen Gefechtsübungen fehlte es um so weniger, als Paulu an einer wirklich hochgradigen Vergeßlichkeit litt, deren Ueberraschungen, an und für sich nur komisch, Frau Dordona aus irgend welchem mir damals noch nicht erklärbaren Grunde stets in unbeschreibliche Wuth versetzten.
Saß der arme Bursche während der Mittagsruhe beim Herdfeuer, gedankenvoll und schweißtriefend, bis ihn Margita [167] lächelnd an den ihn ganz und gar einhüllenden Schafpelz erinnerte, so gab es schon der giftigen Scheltworte genug, vergaß er aber den Vorrathssack zur Bergfahrt oder die Axt, wenn er Brennholz bringen sollte, dann galt es gewandt zu sein, sollte ihm nicht der Sack oder gar das Beil an den Kopf fliegen.
Es war auf der Heimkehr von einer jener Bergfahrten. Wir hatten ein tüchtiges Stück Arbeit hinter uns und badeten nun nach des Tages Hitze, behaglich abwärts schlendernd, Stirn und Brust in den kühlen Lüften, welche im Hochgebirge die sich neigende Sonne begleiten.
Paulu, mein treuer Gefährte und Führer, schritt schweigend neben mir her. Er war tagsüber heiter gewesen wie immer, jetzt aber zeigten auch die stumpfsinnigen, obschon hübschen Züge des Hirten einen Ausdruck von Schwermuth, der mein Interesse erweckte.
„Du scheinst Dich eben nicht nach dem Herde der Frau Dordona zu sehnen,“ fragte ich, seine trübe Stimmung deutend.
„Doch, Herr, es geht mir nur wie dem Hunde, den die volle Schüssel erwartet, aber auch die Peitsche.“
Sonderbar, das klang keineswegs einfältig, im Gegentheile deutete der Ton der Antwort auf einen tieferen Sinn der Worte.
„Höre, Junge,“ sagte ich, das Schweigen des Burschen zu brechen, „an Deiner Stelle litt’ mich’s nicht acht Tage in Frau Dordona’s Hütte; solch flinkem Hirten stehen wohl noch andere Thüren offen.“
„Richtig, Herr! Könnte auch frei leben, wie der Fisch im Wasser, aber – ja so ist’s: wenn die Forelle nach der Fliege schnappt, muß sie sich auch den Angelhaken gefallen lassen.“
„Und die Fliege ist?“
„Margita, Herr. Ihr habt’s wohl längst bemerkt.“
„Wahrlich, nein! Ihr thut eben nicht wie Verliebte.“
„Ja nun, Herr, Frau Dordona’s Feuerbrände sind nicht von Butter; man schickt sich; ich bin der Knecht und weiter nichts bis zum Hochzeitstage – so lautet die Abrede.“
„Und der Hochzeitstag?“
„Nach dem nächsten Wurfe.“
„Nach dem nächsten Wurfe?“ wiederholte ich verwundert.
„Ja so, Ihr versteht mich nicht,“ erwiderte Paulu, dem wohl die süße Abendfeierstunde der Natur das Herz auf die Zunge legen mochte; „seht, Herr, Margita war fast noch ein Kind, als ich zum ersten Male um sie warb, denn der alte Golo, Dordona’s Eheherr, war mir gut und hätte mich gerne zum Schwiegersohn gehabt. Der alte Narr hatte aber ein Weib gefreit – na, Ihr kennt sie ja, Herr – das um dreißig Jahre jünger war, als er, und ihn vom Hochzeitstage an so kurz an der Stange hielt, wie der Fuhrmann einen blinden Sattelgaul; als er mir also als Brautwerber einen Sitz am Tische anweisen und durch Margita Eier und Milch auftragen lassen wollte, da ergriff Dordona den glühenden Feuerhaken und jagte den Hausherrn sammt seinem Gaste zur Thür hinaus, mir höhnisch nachrufend, wenn ich einmal so viel Schafe mein nenne, wie Margita zur Mitgift bekomme, dann möge ich wieder anfragen. Es war ein schlimmer Tag, Herr, aber ich dachte: guter Käse braucht Zeit, und endlich findet sich zu jeder Hacke ein Stiel.“
Es dunkelte schon ein wenig, weshalb Paulu die Heiterkeit, welche seine drastischen Vergleiche und Sprüche in Erinnerung des guten Sancho Pansa bei mir hervorriefen, nicht bemerkte und nach kurzer Pause fortfuhr:
„Nun hört, Herr, was noch selben Herbst geschah! Der alte Golo zog, wie alljährlich, mit seinen Heerden hinab in’s Türkenland, wo es im stärksten Winter noch Weide giebt, im Frühjahr aber kam statt seiner die Nachricht heim, er sei dort von Räubern erschlagen worden. Viele beklagten den guten Alten, Andere aber meinten – und ich halte es mit ihnen – er sei nur seinem bösen Weibe durchgebrannt, bei welcher es für ihn mehr Scheltworte als Speck zur Malaia (eine Art Maisbrod) gab. Na, Gott der Herr allein weiß es! Dordona aber zerriß vor Schmerz ihr bestes Hemd, als jedoch auch die Knechte mit den Schafen ausblieben, da raufte sie sich gar den halben Scheitel so kahl, wie der des Dialu Pietru (Steinberg) ist. Fällt das Holz im Walde, so ist gut Hütten bauen, dachte ich, und klopfte abermals an Dordona’s Thür. Hei, Herr, da hättet Ihr das süß-saure Gesicht der Wittwe Golo’s sehen sollen! Wahrhaftig, es glich auf ein Haar dem des hungernden Geiers, welchem statt des entgangenen fetten Hasen eine magere Maus unter die Krallen läuft. Ich sei ihr ganz willkommen, meinte sie, doch als Schwiegersohn nicht eher, als bis die Nachkommen meiner und der wenigen Schafe, die Golo daheim gelassen, die Zahl der Tage im Jahre erreichten. Was konnte ich dagegen thun, Herr? Margita’s liebes Gesicht winkte mir so appetitlich roth und weiß wie – ach, Herr, ich meine, fast wie einst der Apfel im Paradiese unserm Herrn Stammvater, Gott habe ihn selig!“ „Amen, mein Junge!“ sagte ich, nun doch herzlich auflachend. „Hoffen wir jedoch, daß Dir Margita’s Gesichtchen besser bekomme, als Adam der Apfel.“
Auch Paulu[WS 5] lachte, fiel indeß bald wieder in sein früheres trübes Schweigen, bis ihn meine weitere Frage, wie lange seine Dienstzeit bei Golo’s Wittwe währe, auf’s Neue anregte.
„Hundert Jahre, Herr,“ rief er seufzend, „denke ich an die Mutter; kaum eine Stunde, gedenke ich der Tochter, es mögen aber ihrer sieben Jahre sein, und weiß Gott, Herr, ich hätte darüber graue Haare bekommen, wäre Margita nicht; denn seht, Herr,“ fuhr er eifrig fort, „es giebt viele hübsche Mädchen hier in den Bergen, doch der Margita kommt keine gleich, und blicke ich in ihre großen schwarzen Pechaugen – dann vergesse ich Alles.“
„Auch den Pelz am Leibe, den Vorrathssack und die Axt obendrein,“ schloß ich heiter, erschrak aber im nächsten Moment über die seltsame Wirkung meiner Worte, denn Paulu war plötzlich stehen geblieben und starrte lautlos vor sich hin, während seine Hand krampfhaft in dem langen Haare wühlte.
„Herr des Himmels,“ stammelte er, „meine Tabakspfeife!“
„Nun, was ist’s mit ihr?“ fragte ich erleichtert aufathmend.
„Sie liegt auf der Spitze des Dialu Pietru.“
„Sonst nichts?“
„Doch, Herr, auch das lange hohle Ding, das ich hinauftrug und mit dem Ihr die Berge und Häuser heranzaubert,“ gestand Paulu kleinlaut.
Das war freilich schlimm, denn das Diopter-Perspectiv war ein kostspieliges Instrument, und bis zur Höhe des Pietru war ein beschwerlicher, vierstündiger Marsch zurückzulegen. Paulu jedoch wandte sich schon zum Rückwege.
„Gute Nacht, Herr!“ sagte er; „meines Vaters Pfeife soll nicht zum Spiele der Winde werden, und auch Ihr sollt bis morgen Euere Zauberröhre wieder haben.“
„Unsinn, Paulu, bedenke die Wölfe und daß Du heute schon acht Stunden marschirtest!“
„Fürchtet nichts, Herr! Das müßten dumme Wölfe sein, die nach Menschenfleisch jagten, so lange auf jeder Alpe fette Hammel weiden, was aber das Marschiren anbelangt, so sollt Ihr sehen, daß Paulu’s Füße mehr taugen als sein Kopf.“
Damit ging der Bursche leichten hurtigen Schrittes von dannen, als gäbe es für seine Muskeln weder Müdigkeit noch Abspannung, während ich, dem häuslichen Herde der Frau Dordona zuwandernd, Gedanken nachhing, welche der unerwartete Einblick in das Geistes- und Gemüthsleben eines anscheinend so stumpfen Menschen hervorgerufen.
Die natürliche Folge von Paulu’s Mittheilungen aber war meine erhöhte Theilnahme für ihn und eine Art von Protectorat, welches damit begann, daß ich denselben Abend des verliebten Burschen Vergeßlichkeit auf mich nahm und damit den Grimm seiner künftigen Schwiegermama beschwichtigte, wofür mich ein dankbarer Blick aus Margita’s großen, schwarzen „Pechaugen“ lohnte. Schon im Laufe der nächsten Tage aber erweiterte sich der Wirkungskreis dieser Protectorstelle derart, daß ich Frau Dordona’s Aufmerksamkeit während eines ganzen Abends durch die kühn erfundene Beschreibung einer mörderischen Schlacht von dem kosenden Paare abzulenken suchte; ja, so viele Todte und Verwundete gab es in jener Schlacht, daß Dordona mehr als einmal die Hände über dem Kopf zusammenschlug, während Margita die ihrigen um den Hals des glücklichen Paulu schlang und – nun, Gott Amor möge das Opfer vergelten!
Allein Tage und Wochen schwanden, und so mußte es endlich – trotz meiner wachsenden Theilnahme und Spannung auf das Resultat des von Paulu als entscheidend bezeichneten „Wurfes“ – geschieden sein.
Eines heiteren Augustmorgens verließ ich Frau Dordona’s Hütte, nachdem mich deren trübe Abschiedsmiene bei Empfang meines gemünzten Dankes lebhaft an Paulu’s Gleichniß vom
[168] Geier erinnert und Margitens schaffensharte, doch wunderhübsche kleine Hand traulich in meiner Rechten geruht hatte.
Von Paulu hatte ich schon Tags zuvor Abschied genommen, da er die Nacht über bei seiner Heerde weilte, deren Ueberwachung er jetzt nur ungern einem anderen Hüter überließ. Doch sah ich ihn auf dem Wege gegen Norden, in welcher Richtung mein neuer Wohnsitz lag, mitten unter seinen Pflegebefohlenen auf einem Felsstücke sitzen.
Die schlichte Gestalt des einfältigen Hirten erschien mir durch den Zauber der Liebe wie poetisch verklärt, und als bald darauf die Töne eines nationalen Liedchens aus Paulu’s eigenhändig angefertigter Hirtenflöte das Echo der Berge weckten, erst wehmüthig klagend, dann feurig triumphirend, wie im Vorgefühle naher Erfüllung heißer Wünsche, da sprachen diese einfachen rauhen Naturlaute – ich gestehe es offen – beredter zu meinem Herzen, als die künstlichsten Sonette Petrarca’s, die glänzendsten Liebesarien unserer Primadonnen.
Armer Junge! Und doch war ihm der verdiente Lohn seiner Treue noch keineswegs gesichert; denn Dordona war, nach verschiedenen Aeußerungen zu schließen, auch nach Erfüllung ihrer Bedingung durchaus nicht geneigt, den fleißigen, willigen Knecht zum Herrn zu erheben, und spielte mit ihm, wie Paulu sagen würde, das Spiel der Katze mit der Maus.
Selbstverständlich behielt ich diese Erkenntniß für mich – wozu auch vorzeitig das Glück zweier Liebenden stören, diesen schönsten und leider flüchtigsten Theil des flüchtigen Lebenstraumes! – –
Etwa vierzehn Tage später erhielt ich durch einen Landboten das allmonatliche Post-Aviso aus Rimnik zur Behebung der dort eingelaufenen Verpflegungsgelder, welches Geschäft ich in Ermangelung einer verläßlichen Verbindung stets persönlich besorgte. Von meinem jetzigen Aufenthalte aus mußte ich zwar – zumal mir der größere Theil des Weges neu war – zwei Tagereisen mit unterlegten Pferden rechnen, doch blieb mir keine Wahl, und so wollte ich an einem der nächsten schönen Morgen eben mit meinem Diener zu Pferde steigen, als ich auf dem schmalen Saumwege, welcher zu der von mir bewohnten Hütte führte, einen Menschen herankeuchen sah, dessen Gang und Haltung ebenso sehr höchste Eile wie äußerste Ermüdung verrieth. Fast bestürzt zog ich den Fuß wieder aus dem Steigbügel; denn der Ankömmling, der nun bleich und verstört vor mir stand, war kein Anderer als – Paulu.
Eine Frage an die Menschheit. Von dem greisen Finanzmann Isaac Pereire in Paris ist vor einigen Monaten ein Aufruf zur Wettbewerbung ausgegangen, der weithin in denkenden Kreisen mit Recht als ein Ereigniß begrüßt wurde. Wie andere verständige Kenner und Beurtheiler menschlicher Dinge, so steht auch Isaac Pereire erschüttert vor der Thatsache, daß alle Opfer des Erbarmens, alle unermeßlichen Spenden und Anstrengungen privater und öffentlicher Mildthätigkeit die menschliche Gesellschaft bisher nicht von ihrem Haupt- und Grundübel, dem Jammer der Massenarmuth und dem ihr entströmenden physischen und moralischen Pesthauch zu befreien vermochten. Was auch von dieser Seite des Wohlthuns her durch Abhülfe und Linderung im Verlaufe der Jahrtausende geleistet worden, es war nur ein verschwindender Tropfen im breiten Strome eines täglich neu sich erzeugenden Elends, das fort und fort den Frieden und die gesunde Entwickelung des Gesellschaftsorganismus stört, seinen Bestand und sein Wohlsein mehr oder minder bedrohlich in Frage stellt.
Herr Pereire, sagen wir, hat diese betrübende Thatsache erkannt, aber er gehört nicht zu jener Classe von Besitzenden, die es bequem finden, in dieser uralten Nachtseite des socialen Lebens eine unabänderliche Fügung der göttlichen Weltordnung zu sehen. Er glaubt vielmehr, daß es sich in dem sogenannten Pauperismus nur um eine durch Unachtsamkeit von Epoche zu Epoche verschleppte Krankheit handle und daß ein unermüdetes Streben zur Auffindung geeigneter und gründlicher Heilmittel der höchste Beruf und die unabweislichste Pflicht des gegenwärtigen Zeitalters sei, eine Pflicht gerade derjenigen Zeitgenossen, welche dem neuerdings so ansteckend um sich greifenden Wahn entgegen wirken wollen, als ob durch den Geist des Zornes und der Gehässigkeit, durch wüsten Umsturz und gewaltsame Zerstörung aller gewordenen und bestehenden Ordnungen der Culturwelt die Kluft ausgeglichen und ein glücklicherer Zustand herbeigeführt werden könne.
Allerdings haben die verschiedenen theoretischen und hin und wieder auch praktischen Bemühungen zu einer vernünftigen, auf einer gesetzlichen Bahn sich bewegenden Lösung des fruchtbarsten und gewaltigsten aller Probleme sich bis heute als unzulängliche, zum Theil utopische Versuche ohne durchgreifende Reformkraft herausgestellt. Daraus folgt jedoch noch nicht, daß dies auch in Zukunft so bleiben müsse. Denn in der That ist noch nichts Rechtes geschehen, um energisch den Trieb zur Erzielung günstigerer Resultate, ja auch nur zu beleuchtender Prüfung und Zusammenfassung der bereits reichlich gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen anzuspornen, geschweige, daß man zu Kundgebungen fruchtbarer Gedanken und nützlicher Vorschläge, zu erneuter Beschäftigung mit der brennendsten Menschheitsfrage die Intelligenz, die Wissenschaft und das Herz der gesammten Menschheit in die Schranken gerufen hätte.
Das sind, wenn wir ihn recht verstehen, die Gedanken des Pariser philosophischen Banquiers, und zu ihrer Verwirklichung hat er der Welt vier Fragen vorgelegt, vier Aufgaben gestellt, von denen die erste rein geschichtlichen Charakters ist, während die zweite auf die beste Organisation des öffentlichen Unterrichts aller Stufen und Arten, die dritte auf diejenige eines umfassenden Creditsystems und der Hülfscassen für die Arbeit, die vierte auf eine Reform und Vereinfachung des Steuer- und Abgabenwesens sich bezieht. Jede dieser Aufgaben, die in der That die wesentlichen Kernpunkte der ganzen socialen Frage darstellen, ist wissenschaftlich genau formulirt, und für die besten Lösungen jeder derselben hat Herr Pereire einen ersten Preis von 10,000, zwei nächste Preise von je 5000 und zwei ehrenvolle Erwähnungen mit je 2500 Franken, zusammen also 100,000 Franken aus eigenen Mitteln bestimmt.
Seitdem dieses Programm in der Pariser „Liberté“ veröffentlicht wurde, ist die Redaction dieser Zeitung, wie man uns aus Paris schreibt, mit massenhaften Anfragen, selbst aus den entferntesten Gegenden, förmlich überschüttet worden, sodaß sie in ihrer Nummer vom 2. Februar dieses Jahres einen zweiten Abdruck veranstalten mußte. Die Angelegenheit hat also, der Absicht des Urhebers entsprechend, bereits einen internationalen Charakter gewonnen, und daraus ergiebt sich eine zweite sehr wichtige Seite des Unternehmens: dasselbe kann zugleich ein Anstoß werden zur Förderung lebhafteren Ideenaustausches und wärmerer geistiger Annäherung der verschiedenen Nationen.
Gewiß würde es sehr thöricht sein, in Bezug auf eine versöhnliche Gesinnung der Franzosen gegen Deutschland sich voreiligen Hoffnungen hinzugeben. Wenn man aber vernimmt, daß in das Preisrichtercollegium zur Prüfung der eingehenden Bewerbungsschriften neben vierzehn französischen Gelehrten als einziger Ausländer ein Deutscher gewählt ist, und zwar unser Dr. Schulze-Delitzsch, so ist das unbedingt ein beachtenswerthes Symptom gemilderter Stimmung. Denn Schulze ist als Volksvertreter, wie als Gründer und Leiter des Genossenschaftswesens der echte Typus eines freisinnigen deutschen Patrioten, der bei jeder Gelegenheit die anmaßenden Uebergriffe der Franzosen in deutsche Verhältnisse mit kräftigem Wort zurückgewiesen hat. Durch Uebersetzungen ihrer Blätter sind ihnen die merk- und denkwürdigen Prophezeiungen des Briefes erinnerlich geblieben, in dem er 1867 die an ihn ergangene Einladung zu einem von französischen Freiheitsmännern nach Genf berufenen Friedenscongreß mit der Hinweisung ablehnte: es täusche sich bei uns Niemand darüber, daß wir in der nächsten Zeit einem Angriff Frankreichs zur Hinderung unserer Einigung ausgesetzt seien. In der Erwartung solcher Feindseligkeit aber könnten deutsche Männer nicht mit Franzosen für die Wehrlosmachung ihres Landes wirken. Es möchte daher bis zur Klärung der Situation Jeder in seinem Lande an die Arbeit für den Frieden gehen, ja vielleicht werde es gerade für diese Agitationen in Frankreich von Bedeutung sein, daß ein Angriff auf Deutschland und dessen führende Macht, Preußen, einen Volkskrieg bei uns entzünde, dessen Tragweite über den Gesichtskreis der Angreifer weit hinausrage.
Und als diese Voraussage politischen Scharfblicks drei Jahre später buchstäblich sich erfüllt hatte, da schrieb der demokratische Volksvertreter unter den erschütternden und erhebenden Eindrücken des großen Krieges jene berühmt gewordenen Briefe an Professor Vigano in Mailand, in denen er sich energisch gegen die wunderliche Zumuthung des Auslandes erhob, daß Deutschland nach dem Tage von Sedan sein Schwert hätte niederlegen und seine Heere aus Frankreich zurückziehen sollen. Auch diese Auslassungen Schulze’s gingen damals durch die französischen Blätter, und die Franzosen wissen sehr wohl, daß er ihnen niemals geschmeichelt und stets mit hingebender Treue zu seinem Vaterlande gestanden hat. Wenn also trotzdem dort nach dem Kriege durch Uebersetzungen von Schriften Schulze’s eine starke Agitation für sein wirthschaftliches System eröffnet wurde, und wenn er jetzt unter dem Beifall der nationalen Presse in die Pereire’sche Commission gewählt worden ist, so lassen derartige Einzelfälle allerdings den Schluß zu, daß in den gebildeten Kreisen Frankreichs die feindliche Haltung Deutschland gegenüber zu schwinden beginnt. Vergessen dürfen wir übrigens nicht, daß es nur eine Frage ist, welche der einstmalige Anhänger der Saint Simonistischen Menschenbeglückungslehren an die Zeit ergehen ließ.
Ob der Verstand, die Bildung und Weisheit der Zeit eine ermuthigende Antwort wird bieten können, das ist es, was alle Denkenden die Entscheidung mit begreiflicher Spannung erwarten läßt. Bis zum 1. April 1881 werden die Urtheile gesprochen sein. Die Jury hat sich am 31. Januar constituirt und Herrn Pereire zu ihrem Vorsitzenden gewählt. An ihn (35 Faubourg Saint Honoré in Paris) sind fortan die eingehenden Arbeiten zu adressiren. Sie müssen französisch geschrieben, oder es muß ihnen, falls sie in deutscher Sprache abgefaßt sind, ein Resumé des Gedankenganges und Vorschlages beigefügt sein, aus dem sich ersehen läßt, ob die Anfertigung einer Uebersetzung zu beschließen sei.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Das Sprichwort lautet im Original: „to have a skeleton in the closet“
- ↑ Douglas Jerrold im Original: „Poverty is the great secret, kept at any pains by one half the world from the other half; the mystery of mysteries, guarded at any cost by neighbour Brown from next door neighbour Green.“
- ↑ Vorlage: Astonomin
- ↑ i.e.: Amelia Heber, 1789–1870
- ↑ Vorlage: Paula