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Εὐπατρίδαι. 1) Adel in Athen. Εὐπατρίδαι, Söhne edler Väter, der erste der drei Stände, ἔθνη, in welche Theseus der Sage nach die Bewohner Attikas geteilt hatte: Plut. Thes. 25. Poll. VIII 111. An diesen zwei Stellen werden neben den E. noch γεωμόροι und δημιουργοί genannt. Bei Arist.Ἀθ. πολ. c. 12 erscheinen als zweiter Stand die ἄγροικοι, vgl. auch Aristoph. nub. 47, während bei Bekker an. 257 und Etym. M.s. v. angeführt sind außer den E. γεωργοί uud ἐπιγεώμοροι. Schon der Namen zeigt, daß es ein Geburtsadel war; ursprünglich nur eingeborene, autochthone Geschlechter umfassend, wie Hesych und Moeris s. v. angeben, wurden später auch eingewanderte vornehme Geschlechter inbegriffen. Dion. Hal. II 8 εὐπατρίδας ἐκάλουν τοὺς ἐκ τῶν ἐπιφανῶν οἴκων καὶ χρήμασι δυνατούς ... Sie hatten ihren Wohnsitz seit Theseus vornehmlich in der Stadt, daher sie als ἀστοί bezeichnet werden. Etym. M. s. v. und Bekker an. 257 εὐπατρίδαι ἐκαλοῦντο οἱ αὐτὸ τὸ ἄστυ οἰκοῦντες καὶ μετέχοντες βασιλικοῦ γένους καὶ τὴν τῶν ἱερῶν ἐπιμέλειαν ποιούμενοι, vgl. Arist. nub. 47. So erscheint E. als Bezeichnung des städtischen Adelsstandes. Dieser Stand umfaßte zugleich in ältester Zeit die Vollbürger: die Eupatriden allein hatten den Kult des Ζεὺς Ἑρκεῖος und Ἀπόλλων Πατρῷος. Als Repräsentant dieses Standes ist der alte Adelsrat auf dem Areiopag anzusehen. Seit 712 v. Chr. wurden die Vorrechte auf alle Eupatriden ausgedehnt; sie stehen an der Spitze des Staates, stellen die Beamten, verwalten die Angelegenheiten des Kultes und sind die Ausleger des göttlichen und menschlichen Rechtes: so ist E. die Bezeichnung der regierenden Adelsgeschlechter. Dieser Adel, ein Geburtsadel, umfaßte zugleich die Großgrundbesitzer; durch Diakon wurde an die Stelle des Geburtsadels ein Geldadel gesetzt, der die alten Vorrechte behielt. Erst Kleisthenes beseitigte alle Vorrechte des Adels, indem er allen Athenern Anteil an dem Kulte des Ζεὺς Ἑρκεῖος und des Ἀπόλλων Πατρῷος gewährte; damit wurden alle Athener adelig, der frühere Adelsstaat zerschlagen. Damit hörte die politische Rolle der E. als eines Standes auf. Nur die φυλοβασιλεῖς, die noch in Inschriften des 4. Jhdts. v. Chr. erwähnt werden, wurden aus den E. genommen, hatten aber nur religiöse Bedeutung, Poll. VIII 111: οἱ δὲ φυλοβασιλεῖς, ἐξ εὐπατριδῶν ὄντες, μάλιστα τῶν ἱερῶν ἐπεμελοῦντο. Ebenso spielten sie eine Rolle bei der Blutsühne des Drakonischen Rechts, Demosth. XLIII 57f. αἰδεσάσθων οἱ φράτερες, ἐὰν θέλωσι, δέκα· τούτους δ' οἱ πεντήκοντα καὶ εἶς ἀριστίνδην αἱρείσθων; der Ausdruck ἀριστίνδην dient zur Bezeichnung eines eupatridischen Amtes; vgl. v. Wilamowitz-MoellendorffHerm. XXI 121. Die E. waren in allen vier ionischen Phylen vertreten, sie bildeten die γένη, ihre Kultvereinigungen sind die ὀργεῶνες.
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Näher auf die Geschichte der E. einzugehen, ist hier nicht der Ort; darüber vgl. besonders Ch. Lécrivain bei Daremberg-Saglio Dictionn. III 853–861. M. Wilbrandt Die politische u. soziale Bedeutung der attischen Geschlechter vor Solon [Philol. Suppl. VII]. L. Whibley Greek Oligarchies, their character and organisation (London 1896), Appendix B: The Athenian γένη and their importance in the early Constitution. Außerhalb Athens finden wir die Bezeichnung E. nicht: in den Städten, in denen ein Adelsregiment bestand, führten die regierenden Adelsgeschlechter einen Namen nach dem Ahnherrn des Geschlechtes oder nach ihrer Zugehörigkeit zu dem vormals königlichen Geschlechte; s. Gilbert II 272f.