Zur Erinnerung an Wolfgang Müller von Königswinter

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Autor: Adolf Ebeling
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Titel: Zur Erinnerung an Wolfgang Müller von Königswinter
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 508–510
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[508]
Zur Erinnerung an Wolfgang Müller von Königswinter.
Von Adolf Ebeling.


Es war in Paris, im Frühjahre 1869, als mir eines Morgens ein kleines Postpaket gebracht wurde, das, von einem freundlichen Briefe begleitet, ein Buch und zwar eine Gedichtsammlung enthielt, unter dem Titel „Loreley, rheinisches Sagenbuch von Wolfgang Müller von Königswinter“. Diese Sendung wurde durch den Umstand erklärt, daß ich die Redaction des „Düsseldorfer Künstler-Albums“ übernommen, die früher mehrere Jahre lang in den Händen Müller’s gewesen, und daß ich mich an ihn wegen mancher nöthigen Auskunft gewendet hatte. Diese „Loreley“ war mir wie ein herzlicher Gruß aus der Heimath, welcher ich so lange Zeit, wenn auch nicht entfremdet, so doch fern gewesen, und so war es mir eine doppelt willkommene Gabe. Ich machte auf den Blättern gewissermaßen eine Rheinreise im Geiste, denn auch den Rhein kannte ich damals noch nicht, und die brillanten Pariser Boulevards und Elyseischen Felder traten auf einmal ganz in den Hintergrund gegen die romantischen Ufer des heimischen Stromes, die der Dichter so anziehend und sinnig, so echt deutsch besang.

Im Herbste desselben Jahres, wo es mir endlich vergönnt war, zum ersten Male wieder nach Deutschland zu kommen, lernte ich auch Wolfgang Müller persönlich kennen und zwar in Düsseldorf, und was mir am interessantesten war, im Atelier eines jungen ungarischen Malers. Nun ist es auch wohl Dir, lieber Leser, schon manchmal im Leben ergangen, daß man sich von irgend einem Dichter oder Schriftsteller, oder sonst von einer bedeutenden Persönlichkeit, die man bis dahin nur aus ihren Werken oder durch Briefwechsel kannte, ein bestimmtes Bild im Voraus entwirft, das aber nur selten zutrifft, denn in der Regel ist das Original ganz anders. Mir wenigstens ist es schon oft passirt. Hier aber bei Wolfgang Müller war dies nicht der Fall, denn gerade so, oder doch ganz ähnlich, hatte ich ihn mir gedacht. Eine große, stattliche Figur, ausdrucksvolle kräftige Züge, in denen aber Wohlwollen und Güte vorherrschten, und dazu ein lebhafter, geistreicher Blick, treuherzig und offen – das konnte schon recht gut der Poet sein, der, am Rheine geboren, groß geworden war an den Ufern des herrlichen Stromes, der schon als Jüngling von Berg zu Thal, von Thal zu Berg an ihm entlang gepilgert war, hinauf und hinunter, und der bereits längst, bevor die laute Welt ihn kannte, gesungen hatte: „Wo ich bin, wo ich gehe – mein Herz ist am [509] Rhein!“ Dazu kam ein überaus mildes und wohlklingendes Organ, das fast dialektfrei war oder vom rheinischen Dialekt doch nur so viel besaß, um es recht gemüthlich zu machen.

Der ebenerwähnte ungarische Maler war kein anderer, als der schon im nächsten Jahre plötzlich so berühmt gewordene Michael Munkacsy, der indeß damals noch so gut wie ganz unbekannt war, den aber Wolfgang Müller, der in allen Düsseldorfer Ateliers aus- und einging, bereits entdeckt hatte, wie er mir sagte. Ich selbst hatte Munkacsy Tags zuvor in einer Gesellschaft zufällig kennen gelernt, eine Menge Fragen, die er in Bezug auf Paris an mich richtete, gern beantwortet und schließlich eine Einladung in sein Atelier angenommen, um sein großes Bild zu sehen, das er gerade im Begriff war, für den Pariser Salon zu vollenden.[1] Müller hatte hier das unleugbare Verdienst, zuerst in der Presse auf dies außergewöhnliche Talent aufmerksam gemacht und dadurch gewissermaßen dem Künstler Bahn gebrochen zu haben.

Auch ein Besuch mit dem Dichter in der Bildergalerie des jetzt abgebrannten Düsseldorfer Akademiegebäudes und in der städtischen Gemäldesammlung hatte für mich viel Lehrreiches und Interessantes, denn mein Cicerone war nicht nur ein kunstverständiger Kenner, sondern er besaß auch die glückliche Gabe einer leicht faßlichen Erklärung, die er stets mit humoristischen Details untermischte, zumal bei den Düsseldorfer Malern, von denen er die bedeutenderen fast sämmtlich zu seinen Freunden zählte. Schließlich mußte ich ihm noch meinen Besuch versprechen, wenn ich nach Köln käme, und ich ahnte damals nicht, daß dies so bald der Fall sein würde.

Das schmähliche Ausweisungsdecret, das beim Ausbruch des Krieges alle in Paris und Frankreich ansässigen Deutschen zwang, den französischen Boden schleunigst zu verlassen, traf auch mich und ich war froh, – denn ich war bis Ende August in Paris geblieben, – daß ich, wenn auch mit Zurücklassung fast meiner sämmtlichen Habe, so doch noch mit heiler Haut aus dem modernen Babylon herauskam. Was halfen mir nun alle meine schönen Schilderungen von Paris, in denen ich vielfach die Schattenseiten verschwiegen, um nur die Lichtseiten hervorzuheben … einfach todtgeschlagen hätten sie mich, wenn ich noch länger gezögert hätte, denn sie lauerten mir drei Tage und drei Nächte lang auf und erwiesen mir noch die zweideutige Ehre, mich für einen preußischen Spion zu halten – „Espion prussien“ stand wenigstens in großen Kreidebuchstaben an meiner Hausthür.

Ich wandte mich zuerst nach Köln, und als ich Müller wiedersah und ihm von meinen Fahrten und Nöthen erzählte, lächelte er bei aller aufrichtigen Theilnahme doch ein wenig und sagte: „Nun, das wird Sie schon von Ihrer Vorliebe für die ‚Große Nation‘ curiren; bleiben Sie jetzt nur hier am Rhein! Auch bei uns ist es schön.“

Wohl hatte er Recht, der rheinische Sänger, und die mir überall zu Theil gewordene herzliche und, nach guter alter Sitte, auch so gastliche Aufnahme ließ mich schnell mein kleines Leid vergessen; ja die Freundschaft biederer, würdiger Männer, und unter diesen stelle ich unsern Dichter in erster Reihe, war mir ein reicher Ersatz für das in Paris Verlorene.

Es war damals die Zeit der Kriegslieder, und Jeder, der nur jemals im Leben einen Vers gemacht, sattelte den Pegasus, schlecht und recht, wie es eben gehen wollte, und stimmte mit ein in den allgemeinen Chorus. Bei gar Vielen wurde aus dem heiligen Flügelpferde eine lahme Rosinante, aber der gute Wille war doch da und mußte für die That gelten … Poeten von Gottes Gnaden, wie Arndt, Körner und Schenkendorf, findet man eben nicht alle Tage, vollends nicht in unserer materiellen und börsen-speculativen Zeit. Nur einige wenige, unter den alten Geibel, Freiligrath, Hoffmann und Simrock, unter den neueren Gottschall, Traeger und Rittershaus und etwa noch ein halbes Dutzend anderer wirklicher Dichter, tauchten wie Sterne aus diesem Nebel hervor, und auch hier nimmt Wolfgang Müller einen Ehrenplatz ein. Kaum Einer hat wohl den Ton des Volksliedes so glücklich getroffen, wie er in seinen Liedern „Zum heiligen Krieg!“, und als die ersten Turcos und Zuaven, die anfangs so vielgefürchteten, als Kriegsgefangene nach Köln kamen, lachten wir herzlich über die armen Teufel und fanden die Müller’schen Verse sehr zutreffend:

„Die Turcos, die Schurkos, welch putziger Spaß!
Geschminkt ist die Stirne, die Wange, die Nas’ …“

Aber seine Kriegsmuse nahm auch einen höheren Schwung, und als er einst im heiteren Kreise (so heiter, wie man überhaupt damals sein konnte) ein Blatt aus der Tasche zog und uns das später so bekannt gewordene Lied vorlas, das er wenige Stunden vorher gedichtet:

„Wie glorreich glänzt der goldne Tag:
Aus blauer Luft ein Donnerschlag –
Und einig sind wir Alle!“

da war unser begeisterter Beifall gewiß ein wohlverdienter, denn er hatte uns völlig aus dem Herzen gesprochen. Deshalb theile ich auch nicht die Ansicht Mancher, die auch mehrfach in den jüngst erschienenen Nekrologen ausgesprochen wurde, daß nämlich Wolfgang Müller, nach dem bekannten Worte von dem Propheten, der nichts in seinem Vaterlande gilt, in seiner engeren rheinischen Heimath im Ganzen nur wenig Anerkennung gefunden. Im Gegentheil, am eigentlichen Rhein, wenigstens von Köln bis Mainz, war wohl kein Dichter populärer als er, und nach dem Bädeker (dieser natürlich obenan!) hatten wohl die meisten Rheinfahrer noch die Müller’sche „Loreley“ im Reisesack. Köln selbst freilich ist eine überaus prosaische Stadt … nichts für ungut, vielwerthe Colonia, aber man kann sehr ehrenhaft und liebenswürdig und auch sonst vortrefflich sein und dabei doch sehr prosaisch … und dort mag sich auch wohl unser Poet manchmal allein und unverstanden gefühlt haben. Aber diese Leere wurde ihm reichlich durch eine glückliche Häuslichkeit ersetzt, denn ihm war das seltene Loos geworden, nicht nur ein guter Dichter, sondern auch ein sehr vermögender Mann zu sein. Durch seine glänzende Heirath war er mit den ersten Familien der reichen Metropole verschwägert, und er hatte von jeher einen Kreis gebildeter Freunde zu geistiger Anregung um sich zu versammeln gewußt. Wurde es ihm aber zu eng in der dumpfen Stadt, so zog er mit den Seinigen auf und davon und zwar zumeist nach seiner eigentlichen und wahren Heimath, dem Siebengebirge, wo er in romantischer Villeggiatur heiter und sorgenlos ganz seiner Muse lebte. Jedesmal brachte er dann irgend eine größere poetische Arbeit mit zurück, und noch vor zwei Jahren gab er mir für das Düsseldorfer Künstler-Album seinen „Reiner von Bingen“, ein sinniges, echtpoetisches Schifferidyll, das nach dem allgemeinen Urtheil zu seinen besten dichterischen Schöpfungen gehört.

In seinem schönen Hause an der Apostelkirche zu Köln – der Sänger der Burgen und Ritterschlösser hatte sich selbst eine Art gothischer Burg gebaut – brachte er dann das Winterhalbjahr zu, immer beschäftigt und nach vielen Richtungen hin thätig, und immer Jeden freundlich empfangend, wenn man ihn auch, was gewiß oft der Fall war, in seiner stillen Muße störte. Bei seiner Vorliebe für die Gothik hatte er sich auch sein Arbeitszimmer in diesem Geschmack eingerichtet; ganz mittelalterlich, wie ich manchmal scherzend bemerkte, was er sich gefallen lassen mußte, obwohl er in seinem gesammten Denken und Streben nichts weniger als mittelalterlich gesinnt war. Dort saßen wir oft in heiteren, aber auch in ernsten Gesprächen, die hin und wieder sogar den Charakter einer sehr lebhaften Discussion annahmen. Der Dichter hatte nämlich ein Steckenpferd (welcher noch so bedeutende Mann hätte es nicht!), das aber zugleich seine Achillesferse war, obwohl er selbst es natürlich nicht eingestehen wollte; das war sein dramatischer Beruf. Müller hat als rheinischer Sänger so Werthvolles und Dauerndes geleistet und sich durch seine Sagen und Legenden und übrigen poetischen Arbeiten einen so unverwelklichen Kranz erworben, daß er gar nicht nöthig hatte, sich auf ein anderes Gebiet zu wagen, das ihm fremd war und fern lag, und für das er, um ein etwas triviales, aber zutreffendes Wort zu gebrauchen, [510] das Zeug nicht hatte. Da ich hier keine Charakteristik seiner Werke, sondern nur einige persönliche Reminiscenzen liefern will, so muß man mir schon die Motivirung dieser Behauptung erlassen; übrigens hat die gesammte, auch die wohlwollendste Kritik dies von jeher bestätigt. Sein kleiner günstig aufgenommener Scherz „Sie hat ihr Herz entdeckt“, dessen Grundgedanke noch dazu aus dem Französischen entnommen war, hatte ihn verblendet und auf diese irrige Bahn geleitet. In jüngster Zeit schrieb er sogenannte Tendenzdramen, in denen die religiösen Streitigkeiten den Hintergrund bildeten, so unter Anderen „In Bann und Acht“, die aber, so viel ich weiß, nie zur Aufführung gelangten. Ich rief ihm einst bei einer solchen Lectüre die bekannten Worte zu:

„Der Dichter steht auf einer höhern Warte,
Als auf der Zinne der Partei!“

Aber er wollte sie nicht gelten lassen. Es war eben sein Steckenpferd. Seinem liebenswürdigen, gemüthvollen Wesen that diese Richtung, Gottlob! keinen Eintrag; er behielt stets dasselbe warme Interesse für alles geistige Leben und Treiben und nahm vorzüglich regen Antheil an dem Streben und Ringen jüngerer Kunstgenossen, denen er vielfach mit Rath und That an die Hand ging.

Im vorigen Jahre ward ihm aber doch noch die Freude, sich wieder auf der Bühne zu sehen und noch dazu auf derjenigen seines eigenen Wohnortes. Er hatte nämlich den Prolog zur Eröffnung des neuen Kölner Stadttheaters verfaßt, der allgemein gefiel und dem Dichter sogar einen wiederholten Hervorruf eintrug. Die romantisch-lyrische Dichtung, Müller’s eigentliches Feld, war nicht allein den kölnischen Verhältnissen und Anschauungen sehr glücklich angepaßt, sondern hat auch an sich poetischen Werth und wird hoffentlich unter seinen nachgelassenen Werken eine Stelle finden.

Im Frühling dieses Jahres begann der sonst so kräftige Mann, dem man, seinem äußern Ansehen nach, noch wenigstens ein Vierteljahrhundert zugestanden hätte, zu kränkeln, und ein früheres Leberleiden trat auf’s Neue und mit einer solchen Hartnäckigkeit auf, daß man schon damals das Schlimmste befürchtete.

Um jene Zeit gastirte gerade Clara Ziegler auf der Kölner Bühne, von deren Auftreten er sich einen so großen Genuß versprochen hatte. Sein Platz, vornan in der obern Rangloge, war leer, während er sonst jeder dramatischen Vorstellung beiwohnte, und – ich weiß nicht, als ich hinaufschaute, überkam mich unwillkürlich eine trübe Ahnung, und die ernsten, hochtragischen Worte der Iphigenie waren nicht geeignet, dieselben zu verscheuchen. Tags darauf – es war zugleich mein letzter Besuch, – erzählte ich ihm von dem außerordentlichen Erfolge der Künstlerin und wie sie namentlich in dem Gebete:

„Du hast Wolken, gnädige Retterin,
Einzuhüllen unschuldig Verfolgte, …“

das gesammte Publicum zu enthusiastischem Applaus hingerissen hatte. Der Kranke hörte mit leuchtenden Augen zu, und über die bleichen Züge flog ein begeistertes Lächeln. Er hatte gerade Goethe’s Iphigenie immer so hoch gehalten. Von da an sah ich ihn nicht wieder, denn bei der steten Verschlimmerung seiner Krankheit wurde selbst seinen nächsten und besten Freunden, und ich, als der jüngere und erst später hinzugekommene, durfte auf diesen Titel keinen Anspruch machen, der Zutritt verwehrt. Erst im Mai stellte sich eine flüchtige Besserung ein, die ich zu einer Zuschrift benutzte, um ihn an sein Versprechen wegen eines Beitrages für das diesjährige Album zu erinnern. Ein kleines, „von seinem Bette aus“ mit Bleistift geschriebenes Briefchen vertröstete mich auf „bessere Zeiten“.

Da aber bald darauf der Zustand des Kranken sich wieder zu verschlimmern drohte, so hofften die Seinigen, vielleicht mehr als er selbst, obwohl auch er sich dahin sehnte, noch ein Letztes von einer Luft- und Ortsveränderung und beschlossen eine Uebersiedelung nach Neuenahr. Der Dichter des Rheins durfte nur inmitten seiner Berge und Burgen sterben. Noch einmal ließ er sich hinausfahren nach Remagen, als fühlte er sein nahes Ende und als wollte er Abschied nehmen von dem romantischen Thale mit seinen blühenden Rebengeländen, seinen bewaldeten Höhen und seinen stolzen Ruinen, die in unwandelbarer Schönheit hinabschauen auf die Menschen unter ihnen, die kommen und gehen und für die allein in dieser herrlichen Natur keines Bleibens ist. Dann legte er sich nieder und entschlummerte sanft. Seine Leiche wurde nach Köln gebracht und unter einem Blumenschmuck, wie man selten einen ähnlichen bei einem Begräbniß gesehen, zur Gruft bestattet. Und doch – ich hätte ihn lieber dort begraben gesehen, wo er gestorben, und zwar am Fuße des Siebengebirges, in seiner Geburtsstadt Königswinter … hoch über ihm in schwindelnder Höhe der Drachenfels, gegenüber der gewaltige Rolandsbogen, zu seinen Füßen das freundliche Nonnenwerth, und hinauf und hinunter der „breite, grüngoldige Strom“. Aber gleichviel! Winde und Wogen werden schon den Namen Wolfgang Müller und die Trauerkunde von seinem frühen Hinscheiden entlang tragen an den romantischen Ufern des majestätischen Rheines, und die Loreley wird in ihrem ewigen Klageliede jetzt auch seiner gedenken, als eines ihrer besten Söhne. Und wir, die Ueberlebenden, wollen ihm ein treues und ehrendes Andenken bewahren, denn Wolfgang Müller war nicht allein ein guter Mensch, sondern auch – was vielleicht die Mitwelt in seinem ganzen Umfange noch nicht anerkannt hat, was aber die Nachwelt lauter bestätigen wird – ein bedeutender, echt deutscher Dichter.

  1. „Der Abend vor der Hinrichtung eines Verbrechers in Ungarns“, welches Bild, wie sich gewiß manche meiner Leser erinnern, so außerordentliches Aufsehen in Paris machte, daß der kaum fünfundzwanzigjährige Künstler die große goldene Medaille dafür erhielt und dadurch sofort zum berühmten Manne und auf viele Jahre hinaus mit Bestellungen überhäuft wurde. Größeren Kreisen wurde dieses Bild mittels eines großen Holzschnittes und mit erklärendem Texte von Wolfgang Müller von Königswinter zuerst durch die Gartenlaube (Nr. 30. 1870) vorgeführt. Munkacsy hat sich jetzt dauernd in Paris niedergelassen, aber die Kritik, wenigstens der Düsseldorfer Schule, ist bereits sehr getheilt, weil seine weiteren Bilder nicht den gehegten großen Erwartungen entsprochen haben sollen.