ADB:Camphausen, Wilhelm

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Artikel „Camphausen, Wilhelm“ von Eduard Daelen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 431–433, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Camphausen,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 11:39 Uhr UTC)
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Camphausen: Wilhelm C., bedeutender Schlachtenmaler, wurde am 8. Februar 1818 zu Düsseldorf geboren. Durch die anregende Umgebung der Kunststadt gefördert, kam sein Talent schon früh zur Entwicklung. Bei dem hervorragendsten Künstler jener Zeit, dem genialen Alfred Rethel, erhielt er den ersten Zeichenunterricht und bei dem lebhaften Erfassen des Knaben blieb dieser günstige Umstand nicht ohne nachhaltigen Einfluß auf den Werdegang des Schülers. Nach einem seit 1834 begonnenen vierjährigen Studium auf der königlichen Kunstakademie erhielt er eine neue fesselnde Anregung, als er seiner Militärpflicht bei den Husaren genügte, indem er hier sich seiner besonderen Liebhaberei für Roß und Reiter immer klarer bewußt wurde. Er war nicht nur Soldat, sondern er erkannte nun auch seinen Beruf, den Soldaten malerisch zu verwerthen.

Mit frischem Jugendmuth betrat er den Weg zu dem vorgesteckten Ziel, wie dies sich in seinen ersten Bildern, der „Retirade österreichischer Kürassiere“ (1839), „Tilly auf der Flucht bei Breitenfeld“ (1841), „Prinz Eugen bei Belgrad“ (1842) und den Compositionen zu dem Volksliede „Morgenroth“ bekundete. Der Richtung der damaligen Düsseldorfer Schule entsprechend versuchte er sich 1845 auch in einem figurenreichen Historienbilde „Gottfried von Bouillon in der Schlacht bei Askalon“, ohne damit eine ausreichende Begabung zur Lösung einer solchen Aufgabe romantischen Stils zu erkennen zu geben. Er ließ es deshalb auch bei diesem ersten Versuch bewenden und warf sich nun auf ein Stoffgebiet, das seinem Talent entschieden besser entsprach. Mit regem Eifer das Kostümbild pflegend, fand er hierfür das ergiebigste Feld in den Episoden des dreißigjährigen Krieges und in den Kämpfen der Puritaner mit den Soldaten Karl’s I. Man steckte eben noch tief in dem Glauben, das Geschichtsbild müsse einer möglichst entfernten Zeitepoche entnommen sein. Kostüm und Historie schienen unzertrennliche Begriffe zu sein; an modernes Kostüm wurde dabei nicht gedacht. Der Romantik war dies ein malerisch werthloses Unding.

So entstanden in den nächsten Jahren die Bilder „Cromwellsche Reiter, den herannahenden Feind beobachtend“ (1846, Berliner Nationalgalerie), „Graf Heinrich zu Solms in der Schlacht bei Neerwinden“, „Puritaner, Gefangene transportirend“ (1847), „Scene auf einem von Cromwellschen Soldaten erstürmten Schloßhofe“ (1848), „Karl II. auf der Flucht aus der Schlacht bei Worcester“ (1849), „Karl I. in der Schlacht bei Naseby“ (1851), „Gustav Adolfs Dankgebet nach dem Siege bei Breitenfeld“ (1851), „Puritaner auf der Morgenandacht“ (Kunsthalle in Hamburg, 1852). Glücklicher Weise blieb [432] der strebsame Künstler in diesen dem lebhaften Empfinden schon ziemlich fernliegenden Darstellungen nicht stecken. Die ernsten Zeitereignisse waren nicht ohne Eindruck auf ihn geblieben; das mächtige Verlangen einer nationalen Einigung Deutschlands drängte auch die glühende Künstlerseele, auf die Strömung in fördernder Richtung einzuwirken. Nur erst wenigen starken Geistern war die Erkenntniß aufgegangen, daß aus der Erziehung zum Pflichtbewußtsein und zur Tüchtigkeit, aus der straffen Disciplin und dem schroffen Militarismus des preußischen Staates das Heil für Deutschland erwachsen würde. Diese erwachende Erkenntniß gab auch wol C. die ersten Impulse, als er, für seine Kunst einen nationalen Inhalt suchend, die Helden und Ereignisse aus der Zeit Friedrich’s des Großen und der Befreiungskriege zur Darstellung brachte.

Mit dieser zunehmenden Klarheit seiner Anschauung hob sich auch die Reife seiner Vortragsweise; seine Technik wurde markiger und männlicher. So entstanden die Bilder „Friedrich II. und das Dragonerregiment Baireuth bei Hohenfriedberg“, „Parade vor Friedrich II. bei Potsdam“ (1863), „Friedrich II. am Sarge Schwerins“, „Choral preußischer Grenadiere nach der Schlacht bei Leuthen“, „Blüchers Rheinübergang bei Caub“ (1860), „Blüchers Begegnung mit Wellington bei Belle-Alliance“ (Museum in Königsberg 1862) und ferner die Reiterbildnisse von Seydlitz, Zieten, Schwerin, Prinz Heinrich, Fürst Leopold von Dessau, Blücher und Gneisenau (1859), die zumeist aus dem Hintergrunde einer noch tobenden oder eben zur Entscheidung gebrachten Schlacht hervortreten.

Noch näher rückte er seinem Ziele zur Verwirklichung einer nationalen Kunst, als ihm nun selbst die Gegenwart den Stoff zu wirklichen Historienbildern bot, als der Schlachtenmaler dazu nicht mehr nach der Vergangenheit auszuschauen brauchte. Der langgehegte Traum der Deutschen von einem einigen Vaterland sollte unter schweren Kämpfen endlich zur Wirklichkeit werden; der dänische Krieg 1864 bildete gewissermaßen den ersten Act oder das Vorspiel zu diesem welthistorischen Drama; C. machte ihn als malerischer Berichterstatter im Gefolge des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern mit. Seine folgenden Bilder, die nun der eigenen Anschauung entsprangen, zeigten diesen Vortheil in günstigster Weise und errangen durch ihre lebhafte Auffassung der erregten Vorgänge eine große Popularität; es waren vor allem die figurenreichen Gemälde „Erstürmung der Düppeler Schanze Nr. 2“, „Düppel nach dem Sturm“ (Begegnung des Kronprinzen mit dem Prinzen Friedrich Karl; Berliner Nationalgalerie, 1867) und „Uebergang nach Alsen“ (1866, Kunsthalle in Bremen). Eine gleich freundliche Aufnahme fand eine Probe seiner schriftstellerischen Begabung, das von ihm verfaßte und illustrirte Buch „Der Maler auf dem Kriegsfeld“, worin er seine Erinnerungen und Erfahrungen vom Feldzuge niederlegte.

Noch war er so mit der Ausbeutung der gesammelten Studien beschäftigt, als schon der folgende Act begann, der deutsch-österreichische Krieg ausbrach, der den eifrigen Künstler wiederum ins Feld führte. Diesmal machte er den Feldzug im Hauptquartier des Kronprinzen mit und fand somit Gelegenheit, den bedeutsamsten Momenten des großartigen Dramas als Augenzeuge beizuwohnen. So sind die danach entstandenen Bilder, besonders die bekanntesten wie „Die Eroberung einer österreichischen Standarte durch das schlesische Dragonerregiment Nr. 8 bei Nachod“ (1869), „Die Begegnung des Kronprinzen mit dem Prinzen Friedrich Karl auf der Höhe von Chlum“ und „König Wilhelm bei Königgrätz dem Kronprinzen den Orden pour le mérite verleihend“ getreue Documente der Zeitereignisse geworden. Dem letzten Acte, [433] der die höchste Spannung der Krisis und auch die Lösung des Knotens brachte, dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, konnte er nicht persönlich als Begleiter folgen und so haben die Bilder, die er diesem hochwichtigen Zeitraum entnahm, wie „Die Begegnung des Grafen Bismarck mit Napoleon III.“ und „Die Fahrt Napoleons zu König Wilhelm nach der Schlacht bei Sedan“ nicht dieselbe überzeugende Wirkungskraft wie die vorhergegangenen. Den Abschluß dieses Stoffkreises bildete das 1875 entstandene Bild „Einzug der siegreichen Truppen in die Reichshauptstadt“. Außerdem setzte er jetzt auch die mit so vielem Erfolg begonnene Reihe der Reiterbildnisse der hervorragenden Kriegshelden fort und malte in colossalen Dimensionen den Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm I., Friedrich den Großen und Kaiser Wilhelm I. Diese in monumentalem Stile ausgeführten Gemälde bilden einen bedeutenden Wandschmuck im königlichen Schlosse zu Berlin. Als Seitenstück zu den Feldherren des Siebenjährigen Krieges können die ähnlich componirten Reiterporträts des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und des Prinzen Friedrich Karl, Bismarck’s und Moltke’s und der Generale v. Goeben und v. Werder gelten, die durch Lithographien von Süßnapp, Engelbach u. A. weite Verbreitung fanden. Ferner gehört in diese Reihe „Kaiser Wilhelm mit Roon, Bismarck und Moltke“ im Kölner Museum.

Seine letzten größeren Arbeiten waren das in der Herrscherhalle des Berliner Zeughauses in Wachsfarben ausgeführte Wandgemälde „Die Huldigung der schlesischen Stände vor Friedrich II. in Breslau“ (1882) und die aus dem Dombaufest in Köln hervorgegangene, für den Gürzenich bestimmte Composition „Der Kölner Festzug mit der Huldigung vor dem Denkmal Friedrich Wilhelms IV.“ Eine weitere Bedeutung seiner künstlerischen Individualität liegt in den zahlreichen Illustrationen, die er zu verschiedenen Werken geschaffen; so zu Immermann’s „Tristan und Isolde“ und zu Uhland’s Gedichten, sowie humoristischen Genres für die „Düsseldorfer Monatshefte“ und für die Chronik des Künstlervereins Malkasten, die von ihm in altem Chronistenstil verfaßt unter dem Titel „Chronica de rebus Malcastaniensibus“ herauskam. Als langjähriger Vorsitzender dieses Vereins erwarb er sich auch hohe Verdienste namentlich als Anordner und Leiter der glänzenden Künstlerfeste, wobei seine vielseitige Begabung sich im besten Lichte zeigte. Er starb in Düsseldorf am 18. Juni 1885.