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ADB:Knak, Gustav

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Artikel „Knak, Gustav Friedrich Ludwig“ von Otto von Ranke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 261–263, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knak,_Gustav&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 03:04 Uhr UTC)
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Knak: Gustav Friedrich Ludwig K., geb. in Berlin am 12. Juli 1806. Sein Vater war der Justizcommissarius Ludwig K., seine Mutter Friederike, eine Schwester des Propstes Straube in Mittenwalde. Nach dem Tode des Vaters nahm der Onkel den Knaben in sein Haus auf, um denselben mit seinem 1¼ Jahr jüngeren Sohn Karl zugleich zu erziehen. Doch kehrte Gustav nach 1½ Jahr wieder nach Berlin zurück. Bald folgte der Vetter Karl, mit dem Gustav in einer fast idealen Freundschaft das ganze Leben hindurch verbunden geblieben ist. K. trat in das königl. Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, welches er Ostern 1826 als primus omnium verließ. Mit einem glänzenden Maturitätszeugnisse bezog er die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, um Theologie zu studiren. Die eigentlichen theologischen Fächer hörte er bei Schleiermacher, Bleek, Neander, Marheineke, Hengstenberg, Strauß; doch suchte er seine Kenntnisse nach vielen anderen Seiten zu erweitern. Er hörte philosophische, philologische und historische Collegia bei Hegel, Michelet, Karl Ritter, Boeckh, Heyse, Bopp, Ranke und Raumer. Schon während der Universitätsjahre war K. zu dem lebendigen Bibelglauben gekommen, zu dem er sich sein ganzes Leben mit großer Freudigkeit bekannt hat. Hatte K. schon auf der Schule eine besondere Gabe zur Poesie bewiesen, vor allem im Verkehr mit seinem Schulkamerad Ludwig Wiese, dem späteren Geh. Rath im Cultusministerium, so stellte er nunmehr diese Gabe ganz in den Dienst seines erwachten Glaubenslebens. Bald circulirten eine Reihe seiner Gedichte abschriftlich unter den Freunden. 1829 veröffentlichte er eine Auswahl derselben durch den Druck unter dem Titel: „Simon Johanna, hast du mich lieb? Geistliche liebliche Lieder und Sonette“. Karl Straube hatte zu sechs derselben Melodien componirt, zumeist im Choralton. Während seiner Candidatenzeit übernahm K. die Leitung einer sogenannten schola collecta in Königs-Wusterhausen. Wiewol er sich die Liebe der Kinder bald zu erwerben verstand, auch die Eltern mit den Fortschritten der Kinder ganz befriedigt waren, so blieben für K. mit seinem ernsten Glaubensbekenntniß und mit dem glühenden Wunsche, Jeden, mit dem er in Berührung kam, von der Seligkeit seines Glaubensstandes zu überzeugen, in Königs-Wusterhausen allerhand ernste Conflikte mit den Eltern, dem Superintendenten, einem wohlmeinenden Rationalisten nicht aus, welche wiederholt seine Stellung gefährdeten. Da hielt 1831 die asiatische Cholera ihren ersten verheerenden Zug durch Deutschland. Auch in Wusterhausen wurden Vorkehrungen gegen dieselbe getroffen. Man errichtete ein Choleralazareth. Doch wollte sich Niemand finden, Lazarethdienste zu leisten. Da bot sich K. zu diesem schweren Dienste an. Bald brach nun wirklich auf einem Oderkahn die Cholera aus. Während die Meisten flohen, Viele sich in den Häusern verbarrikadirten, schaffte K. mit einem gleichgesinnten Stellmacher den Kranken ins Lazareth; pflegte denselben Tag und Nacht bis zu dessen Tode. Die thatkräftige Liebe gewann K. die Herzen auch der erbittertsten Gegner. Die königliche Regierung ertheilte dem Cand. K. eine öffentliche Belobigung. 1832 kehrte K. nach Berlin zurück. Hier trat er mit all den Kreisen in die engsten Beziehungen, in welchen der christliche Glaube in positivster Ausprägung seit den Befreiungskriegen eine neue Heimathsstätte gefunden. So arbeitete K. mit einem Kaufmanne (Elsner) und einem Hofbeamten des Prinzen Albrecht (Langbecker) an der Herausgabe eines Liederschatzes, welcher die schönsten Lieder alter und neuer Zeit in unveränderter Gestalt enthalten sollte. Zu diesem Werke, welches 1832 unter dem Titel: „geistlicher Liederschatz“, herauskam, schrieb Cand. K. die Vorrede. Die gewaltigsten Eindrücke für sein inneres Leben empfing K. damals neben Goßner durch den Baron v. Kottwitz, den Tholuck den Abraham der Berliner Gläubigen genannt hat. Ohne ein bestimmtes geistliches Amt gelang es K., [262] besonders nachdem er 1833 sein zweites theologisches Examen gut bestanden, in eine ausgedehnte geistliche Wirksamkeit in Berlin einzutreten. Er predigte oft; richtete an verschiedenen Stellen der Stadt Erbauungsstunden ein; vor allem suchte er durch religiöse Gespräche ebenso unter den Armen und Aermsten, wie in hohen und vornehmen Kreisen Berlins Seelen für den Heiland, den er mit glühendster Begeisterung zu preisen verstand, zu gewinnen. Durch Vermittelung des Baron v. Kottwitz erhielt K. 1834 die Pfarrstelle Wusterwitz in Hinterpommern. Hier gelang es dem eifrigen Geistlichen, welcher sich kurz zuvor mit Mathilde Wendt verheirathet hatte, die sehr verwilderte Gemeinde bald zu einem lieblichen Garten Gottes umzugestalten. Ein besonderes Mittel zur Belebung des religiösen Sinnes bildeten die Missionsfeste, welche K. alljährlich in seiner kleinen Landgemeinde feierte. Von diesen Festen, welche überaus zahlreich besucht wurden, ging die religiöse Bewegung durch ganz Pommern. Den Reisen zu den Missionsfesten, auf welchen K. bald der gesegnetste Missionsprediger geworden, verdanken die meisten geistlichen lieblichen Lieder ihre Entstehung, so z. B. das berühmteste, in fast alle Sprachen übersetzte Lied: „Laßt mich gehen“, welches K. 1843 oder 45 ursprünglich auf die Melodie: „Morgenroth, Morgenroth“ gedichtet hatte; später hat der blinde Voigtländer, der Organist der Bethlehemskirche, die jetzt meist übliche Melodie zu diesem Liede componirt. – Mußte K. schon seit der Universitätszeit zu den Pietisten gezählt werden, so wurde er nun durch seine Freunde in Pommern, besonders durch die Trieglaffer Pastoralconferenzen zum lutherischen Bekenntniß geführt. Doch während der größere Theil der Freunde bald nicht mehr in der Union bleiben zu können erklärte, ist K. stets bei treuem Festhalten des lutherischen Bekenntnisses für die Erhaltung der Landeskirche eingetreten. 1850 folgte er dem Rufe als Nachfolger Goßner’s und Jänike’s an die Bethlehemskirche in Berlin. Es gelang ihm auch hier einen großen Kreis treuer Zuhörer um seine Kanzel zu sammeln. Bildeten auch die überwiegende Zahl seiner Zuhörer Handwerker und Leute geringeren Standes, so fehlten doch in seiner Kirche auch die höchstgestellten Würdenträger, Minister, Präsidenten, Generäle u. a. m., keineswegs. In ernsten, meistens Erweckungspredigten, in treuester Seelsorge hat K. seiner Gemeinde in Berlin 27 Jahre gedient. Bekannt ist das Urtheil des Präsidenten v. Gerlach (nach Anderen hat es Herr v. Thadden-Trieglaff ausgesprochen) über Knak’s Predigten: K. habe nur eine Predigt – aber die sei gut. Doch erstreckte sich Knak’s Wirksamkeit nicht auf die kleine lutherisch-böhmische Gemeinde in Berlin mit der Filialgemeinde Rixdorf allein; vielmehr nahm er an allen kirchlichen Arbeiten und christlichen Bestrebungen, welche in den 50er und 60er Jahren die christlichen Kreise Berlins bewegten, einen hervorragenden Antheil. Eine weitere Wirksamkeit übte K. auf sämmtliche Provinzen seines Vaterlandes aus durch die vielen Missionsfestreisen, welche er gern übernahm. Es kam vor, daß während er an zwei hintereinander folgenden Sonntagen in seiner Kirche je zwei Predigten zu halten hatte, er die Tage der Woche mit sechs Missionsfestpredigten ausfüllte. Mit besonderem Eifer diente K. der Mission in China. Seinen Bemühungen gelang es, ein großartiges Findelhaus für die ausgesetzten chinesischen Mädchen in Hongkong zu errichten. Mit rücksichtslosester Schärfe trat K. in den Kampf gegen den Unglauben, den Rationalismus und den Protestantenverein auf; besonders auf der Friedrichswerder’schen Kreissynode entspannen sich die schärfsten Kämpfe, in welchen K. sich als Vorkämpfer der lutherischen Orthodoxie erwies. Ein Streit mit Prediger Lisco 1865, in welchem sich K. gegen das Kopernikanische Sonnensystem ausgesprochen, brachte Knak’s Namen in aller Mund. Jahre lang ist K. mündlich und schriftlich, in Wort und Bild um dieser Aeußerung willen, geschmäht und verspottet worden; mit [263] großer Gelassenheit ertrug er den polemischen Zorn seiner Zeitgenossen. Doch trat er seitdem in den kirchlichen Parteikämpfen mehr zurück. Ein Schriftsteller im eigentlichen Sinne ist K. nicht gewesen. Die Predigten, die gedruckt von ihm vorhanden sind, sind den gehaltenen nachgeschrieben. (Predigten über die Evangelien: „Sie sahen Niemand als Jesum allein“, 1867; Predigten über die Episteln: „Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns erst geliebet“, 1870.) – Außer den bereits erwähnten Liedern hat K. 1848 eine neue Sammlung seiner Lieder und Sonette: „Zionsharfe“, 1850: „Liebe um Liebe“, eine geistliche Gabe zu milden Zwecken, herausgegeben. Auch gab er die Gedichte des Ministers v. Pfeil wieder heraus; ebenso das Beicht- und Abendmahlsbüchlein der Gräfin Emilie Juliane Schwarzburg-Rudolstadt, 1858. Eine besondere Freude war es ihm, zarte, sinnige Lieder einer deutschen Dame aus Rußland unter dem Namen: „Maiblumen“ herausgeben zu können (1867). Am 27. Juli 1878 ist K. ohne vorhergehende Krankheit in Dünnow in Pommern gestorben; bei dem Begräbniß, welches in Berlin von der böhmischen Kirche aus stattfand, trat die allgemeine Achtung, Liebe und Verehrung, welche dem Prediger, Dichter und Seelsorger dargebracht wurde, in seltener Weise hervor. Seine Lieder, welche in allen fünf Erdtheilens von Groß und Klein gesungen werden, sichern ihm innerhalb der evangelischen Kirche ein bleibendes Gedächtniß. – Die Pfarrstelle an der böhmischen Kirche in Berlin hat sein Sohn Johannes K. erhalten.

Dr. Wangemann, Gustav Knak; ein Prediger der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, Berlin 1879. Derselbe, Zeugnisse aus und von dem Leben des theuren Gottesmannes Gustav Knak.