Zum Inhalt springen

ADB:Möller, Johann Heinrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Möller, Johann Heinrich“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 147–149, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6ller,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 20:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 22 (1885), S. 147–149 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Heinrich Möller in der Wikipedia
Johann Heinrich Möller in Wikidata
GND-Nummer 104255714
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|147|149|Möller, Johann Heinrich|Albert Schumann|ADB:Möller, Johann Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104255714}}    

Möller: Johann Heinrich M., Orientalist, Historiker und Geograph, geb. den 14. Februar 1792 zu Fröttstedt (Sachsen-Gotha), wo sein Vater, später Cantor in Sundhausen, damals die Stelle eines Schullehrersubstituten bekleidete, erhielt den ersten wissenschaftlichen Unterricht vom Ortspfarrer und besuchte seit 1804 das von Fr. W. Döring geleitete Gymnasium in Gotha, an welchem zu jener Zeit mehrere ausgezeichnete Lehrer, wie Fr. Jacobs und Fr. A. Ukert, wirkten. Zugleich nöthigten ihn die beschränkten Vermögensverhältnisse seiner Eltern in den Schülerchor einzutreten und einen Theil seines Unterhaltes durch Singen vor den Häusern wohlhabender Leute zu verdienen. Seit 1813 studirte er in Jena unter Gabler, Schott u. A. Theologie, besuchte daneben die Vorlesungen Eichstädt’s und Luden’s, schloß sich aber vornehmlich an G. W. Lorsbach (A. D. B. Bd. XIX S. 203) an, bei welchem er Privatissima über syrische und arabische Sprache hörte und den er auch in den Sommerferien von 1815 nach Gotha begleitete, wo derselbe im Auftrage des Herzogs August (A. D. B. Bd. I S. 681 ff.) die von dem bekannten Reisenden U. J. Seetzen seit 1804 eingesandten zahlreichen orientalischen Handschriften untersuchen und ordnen sollte. Nachdem M. bei diesem Geschäfte Hilfe geleistet hatte, begab er sich zu Anfang des Wintersemesters nach Göttingen, um dort unter Planck, Pott, Stäudlin, Tychsen und Bouterweck seine akademischen Studien fortzusetzen. Als Lorsbach im folgenden Jahre ernstlich erkrankte, eilte er nach Jena, um seinen Lehrer noch einmal zu sehen und brachte nach dessen Tode (29./30. März 1816) die noch ausstehenden orientalischen Handschriften nach Gotha zurück, wozu ihn der Herzog auf Antrag des Oberbibliothekars Fr. Jacobs bevollmächtigt hatte. Ein von dem Letzteren in dieser Angelegenheit verfaßter Bericht machte den Herzog auf M. aufmerksam: er ließ sich denselben vorstellen und forderte ihn auf, sich von nun an den orientalischen Studien ausschließlich zu widmen. Dieser war dazu bereit und kehrte dann, durch ein Stipendium des Herzogs unterstützt, nach Göttingen zurück, wo er Privatunterricht im Arabischen bei Tychsen nahm und sich im Lesen der Handschriften übte. Nach der Berufung des Bibliothekars August Arnold (A. D. B. Bd. I S. 584) an das Gymnasium in Bromberg erhielt er die Stelle eines Amanuensis an der herzoglichen Bibliothek in Gotha (30. Mai 1817) und wurde im nächsten Jahre zum Bibliothekssecretär und zum Gehilfen am Münzcabinet ernannt. 1820 reiste er mit Unterstützung des Herzogs nach Paris, um sich dort in seiner Wissenschaft noch weiter auszubilden. Er hörte bei Silvestre de Sacy, Langlès und Chezy Arabisch, Persisch und Sanskrit, benutzte daneben fleißig die königliche Bibliothek und erweiterte seine Kenntnisse in der Münzkunde mit dem Beistande Oberlin’s, eines Sohnes des berühmten Straßburger Philologen. Gegen Ende 1821 kehrte er nach Gotha zurück und erlebte hier bald hernach den vorzeitigen Tod seines großmüthigen Gönners, des Herzogs August (17. Mai 1822), ohne daß aber dieses Ereigniß irgendwelchen Einfluß auf seine amtliche Stellung ausübte. 1830 zum Director des Kunst- und Naturaliencabinets auf dem Friedenstein befördert, machte er sich [148] als solcher durch eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Neuordnung um diese Sammlung verdient. Nachdem er dann 1838 die Aufsicht über das herzogliche Haus- und Staatsarchiv (das sogenannte Geheimarchiv) mit dem Titel eines Archivsecretärs erhalten hatte, wogegen er die seit 1822 von ihm bekleidete Lehrerstelle für deutsche Sprache und Geographie an der Innungshalle (Handelsschule) aufgeben mußte, wurde er 1842 unter Erhebung zum Archivrathe und zweiten Bibliothekar von der Verwaltung des Geheimarchives entbunden, so daß er fortan bis zu seinem am 12. März 1867 unerwartet schnell erfolgten Tode nur noch auf der Bibliothek beschäftigt blieb. – Möller’s wissenschaftliche Verdienste hatten nicht nur daheim, sondern auch im Auslande Anerkennung gefunden. Zweimal ergingen an ihn Berufungen für eine orientalische Professur, von Göttingen und Charkow in Rußland; er war correspondirendes Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, Mitglied der asiatischen Gesellschaft zu Paris, sowie der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig und Ehrenmitglied der Gesellschaft für deutsche Alterthümer zu Halle und der naturhistorischen Gesellschaft des Osterlandes. Seine schriftstellerische Laufbahn begann er auf dem orientalischen Gebiete, indem er bald nach seiner ersten Anstellung in Gotha als eine Frucht seiner amtlichen Thätigkeit herausgab: „De numis orientalibus in numophylacio Gothano asservatis Commentatio I., numos Chalifarum et Sassanidarum cuficos exhibens“ (1818), eine Abhandlung, die er später in einer „Commentatio II., numos dynastiarum recentiores exhibens“ (1831) zum Abschluß brachte. Dann folgten auf dem gleichen Gebiete der „Catalogus librorum tam manuscriptorum quam impressorum qui jussu divi Augusti Ducis Saxo-Gothani a beato Seetzenio in Oriente emti in bibliotheca Gothana asservantur. Partic. I. et II.“ (1821 und 1826), eine Ausgabe des „Liber climatum auctore Scheicho Abu-Ishako el-Faresi vulgo el-Isstachri“ (1839) nach der gothaischen Handschrift und mit einer vorangehenden „Dissertatio de libri climatum indole, auctore et aetate“, ferner eine der Engelhard-Reyher’schen Buchdruckerei zu deren 200jähriger Jubelfeier gewidmete Schrift „Ueber den Syrischen Nomenclator des Thomas a Novaria“ (1840) und die „Paläographischen Beiträge aus den Herzoglichen Sammlungen in Gotha. Orientalische Paläographie. Heft I“ (1842, mit neuem Titel 1844), ungerechnet die Artikel in Ersch und Gruber’s „Allgemeiner Encyklopädie“ (1. Sect. Bd. V–VIII, 2. Sect. Bd. IV–IX, XI, XV und XIX). – Neben seiner Fachwissenschaft pflegte er Geographie und Geschichte mit besonderem Eifer. Die von ihm über die Hauptstadt Frankreichs gemachten Beobachtungen und Studien enthält sein Buch „Paris und seine Bewohner, eine Nachweisung für diejenigen, welche die Hauptstadt Frankreichs kennen lernen wollen, wie sie ist“ (1823); sodann vollendete er das durch den Tod seines Verfassers, des Predigtamtscandidaten Fr. H. Th. Bischoff († am 21. September 1827), unterbrochene „Vergleichende Wörterbuch der alten, mittleren und neuen Geographie“ (1829, eigentlich 1828) von dem Buchstaden N an (S. 772–1016); er lieferte den erläuternden Text zur 12. bis 23. Auflage des „Orbis terrarum antiquus. Schul-Atlas der alten Welt, nach d’Anville, Mannert, Ukert u. A. bearbeitet“ (1838–53) und verfaßte ein lange vorbereitetes, gegen 30,000 Artikel enthaltendes „Geographisch-statistisches Handwörterbuch über alle Theile der Erde mit besonderer Berücksichtigung des Stieler’schen Hand-Atlasses“ (2 Bde., 1840–46), sowie eine „Ethnographische Uebersicht des chinesischen Reichs. Als Wegweiser durch das chinesische Cabinet auf dem Friedenstein zu Gotha“ (1850). – Auf dem historischen Gebiete versuchte er sich zuerst und zwar gemeinsam mit J. C. Hahn in der Herausgabe der unter J. G. A. Galletti’s Leitung begonnenen „Cabinets-Bib1iothek der Geschichte, oder Geschichte der merkwürdigsten Staaten und Völker der [149] Erde“ und lieferte für diese Sammlung eine „Geschichte von Frankreich“ (5 Bdchn. 1829, 2. Aufl. 1832) und eine „Geschichte von Griechenland“ (2 Bdchn., 1829, 2. Aufl. 1831), deren geographische Abtheilung als „Schilderung Griechenlands und seiner jetzigen Bewohner, nebst einer geographisch-statistischen Uebersicht des türkischen Reichs“ (1830, mit einer Karte) in einem besonderen Abdrucke wiederholt wurde. Dann folgten: „Leben der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen aus dem Hause Hohenzollern. Mit 13 Bildnissen dieser Fürsten“ (1836); „Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn“ (1843); „Historisch-biographisches Handwörterbuch nach den neuesten und besten Hülfsmitteln“, 1. Bd. (1848); „Gotha Herzogthum und Stadt in den Jahren 1756–1763. Ein Beitrag zur Geschichte des siebenjährigen Krieges“ (1854), die Geschichte des Kreuzklosters, des Augustinerklosters, des Stiftes in Gotha und des Klosters Volkenrode (Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterthumskunde. Bd. IV–VI, Jena 1860–65), sowie eine Anzahl von Registerbänden zu Heeren und Ukert’s Sammlung der europäischen Staatengeschichte. – Von sonstigen litterarischen Arbeiten Möller’s sind noch zu nennen: eine „Uebersicht des Herzoglichen Kunst- und Naturaliencabinets“ (1834) und die theilweise von ihm besorgte Uebersetzung von Walter Scott’s „Leben Napoleon Bonaparte’s“ in den Bänden 11–19 und 34–43 der von Jos. Meyer herausgegebenen „sämmtlichen Werke“ dieses Schriftstellers (57 Bde., Gotha 1826–34).

Gothaische Zeitung, 176. Jahrg., Nr. 63 vom 15. März 1867, S. 3b.– Fr. Jacobs u. Fr. A. Ukert, Beiträge zur älteren Litteratur, 1. Bd., Leipzig 1835, S. 56 f. – Vgl. auch Meusel, G. T. – Außerdem private Nachrichten. – Die bibliographischen Angaben nach eigenen Sammlungen.