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ADB:Schönborn, Gottlob Friedrich Ernst

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Artikel „Schönborn, Gottlob Friedrich Ernst“ von Max Koch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 280–281, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%B6nborn,_Gottlob_Friedrich_Ernst&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:31 Uhr UTC)
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Schönborn: Gottlob Friedrich Ernst S., geb. am 15. September 1737 zu Stolberg am Harz, wo sein Vater Martin Gottlieb S. Hofdiakonus war, † am 29. Januar 1817 auf Schloß Emkendorf und auf dem Kirchhof von Westensee begraben. Nicht durch das was er geleistet hat, sondern durch seine vielversprechende Begabung und seinen Freundeskreis hat S. sich seinen bescheidenen Platz in der Litteraturgeschichte erworben. Schon 1740 wurde der Vater Prediger zu Bordelum in Holstein. 1755 kam S., nachdem er die Schulen zu Bredstedt und Crempe besucht, nach Kloster Bergen, 1758 bezog er, um Theologie zu studiren die Universität Halle, zeigte aber als er 1761 nach Holstein zurückkehrte, keine Neigung zur geistlichen Laufbahn. Er wurde Hauslehrer auf Gut Trenthorst und schloß innige Freundschaft mit Claudius, den er 1764 nach Kopenhagen begleitete, wo der étudiant en philosophie, en belles lettres, en médécine 1768 Hofmeister im Hause des Ministers Bernstorff wurde. So gehörte er, mit Klopstock, Gerstenberg, H. P. Sturz, den Brüdern Stolberg befreundet, dem nordischen Litteraturkreise an (s. A. D. B. IX, 62), und folgte nach Bernstorff’s Sturze ihm und Klopstock nach Hamburg. Als der jüngere Bernstorff Minister geworden, ernannte er den treuen Anhänger zum dänischen Consulatssecretär in Algier. Der Anfang der Reise führte ihn nach Göttingen, wo er als Freund Klopstock’s im Haine ehrenvolle Aufnahme fand und Frankfurt, wo er in Goethe’s Vaterhause wohnte, die Freundschaft des Sohnes und der Eltern erwerbend. Von Marseille fuhr er an seinen Bestimmungsort. Von 1774–1777 blieb S. in Algier, erlebte den mißglückten Landungsversuch der Spanier und entwarf [281] Pläne, mit Hülfe der Freimaurer einen deutschen Freibeuterzug gegen Algier in Scene zu setzen. Von 1777–1802 war er unter wechselnden Gesandten Legationssecretär in London und hatte zeitenweise unter schwierigen Verhältnissen die Vertretung Dänemarks allein zu führen. Seine Liebe zu Angelika Kaufmann wurde von der Freundin Klopstock’s und Goethe’s nicht erwidert. Der Aufenthalt und Dienst in London wurde ihm mit den Jahren immer mehr verleidet, allein nach 25jähriger Thätigkeit konnte er als Legationsrath sich Hamburg als Ruhesitz auswählen. Er selbst war aber zu lange von Deutschland ferne gewesen, um nach so langer diplomatischer Arbeit wieder die alten litterarischen Pläne aufzunehmen. Fremd stand er in einer veränderten Welt. In London hatte er 1786 mit Fr. Heinr. Jacobi Freundschaft geschlossen, mit ihm verbanden ihn auch nach der Rückkehr philosophische Studien. 1806 besuchte er Graf Friedrich Reventlow, unter dem er in London gedient, auf Schloß Emkendorf, das von da an sein bleibender Aufenthalt wurde. Dort schloß er den Freundschaftsbund, nach dem Gerüchte sogar eine heimliche Ehe mit Katharina Gräfin zu Stolberg. 1815 ernannte ihn die Universität Kiel zum Ehrendoctor, der dänische Hof zum Etatsrath.

1774 versprach Klopstock den jungen Göttinger Dichtern Gerstenberg, Schönborn und Goethe dem Haine zu verbinden; Boie fand den Uebersetzer der neunten Pythischen Ode im letzten Theile der Schleswig’schen Litteraturbriefe (Deutsche Litteraturdenkmale, Heft 29, S. CXXXII) einen vielversprechenden Kopf. Einen Theil der achten Pythischen Ode, das Lied einer Bergnymphe und das Bruchstück aus einem größeren lyrischen Werke „Die Wirkungen des Schlafs“ brachte der Wandsbecker Bote; der Göttinger M. A. f. 1775 den „Feldgesang von einer Freiheitsschlacht“. Berichte Schönborn’s aus Algier brachte Boie’s Deutsches Museum. Die früheren wie noch vereinzelte spätere Gedichte verrathen keine besondere poetische Begabung. Dagegen zeigen Aufsätze und Briefe mehr als gewöhnliche Ausbildung der Prosa. Der von Rist mitgetheilte „Abriß einer Geschichte des Spinozismus“ hat ebensowenig wie die poetische Phantasie „Die Faunenhöhle“ S. zum Verfasser. Wir sind so zur Beurtheilung von S. fast ausschließlich auf die Urtheile seiner Freunde, Klopstock, Gerstenberg, Goethe, Perthes, Jacobi angewiesen, die alle sowohl seinem Charakter wie seinen Fähigkeiten hohes Lob zollen. Der spätere weltscheue Sonderling trat in der Sturm- und Drangperiode als gleichberechtigtes Genie in den Kreis der poetischen Genossen; wäre S. in Deutschland geblieben, so würde er wahrscheinlich durch philosophische Arbeiten sich bemerkbar gemacht haben; nun taucht der Correspondent Goethe’s nur als flüchtige Erscheinung im nordischen und Göttingischen Litteraturkreise auf. Die Goethe’schen Briefe und Schönborn’s Bild aufbewahrt zu haben ist das Verdienst von J. Rist: Schönborn und seine Zeitgenossen. Drei Briefe an ihn nebst einigen Zugaben aus seinem Nachlaß und einer biographischen Skizze als Einleitung. Hamburg 1836. Wieder abgedruckt in Joh. Gg. Rist’s Lebenserinnerungen III, 274. Gotha 1888. Rist’s Skizze ward berichtigt und ergänzt durch Weinhold’s Einleitung und Beigaben zu: G. F. E. Schönborn’s Aufzeichnungen über erlebtes. Kiel o. J. (Einzeldruck aus d. Zeitschrift d. Gesellsch. f. schleswig-holstein-lauenburg. Gesch. 1870. I, 129).

Lübker-Schröder, Lexikon d. schleswig-holstein-lauenburg. Schriftsteller II, 523. – Cl. Th. Perthes, Fr. Perthes’ Leben I, 138. – Redlich, Zum 29. Januar 1879. Festschrift für Gg. R. Röpe. Hamburg 1878.