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ADB:Stälin, Christoph Friedrich von

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Artikel „Stälin, Christoph Friedrich von“ von Paul Friedrich von Stälin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 417–422, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:St%C3%A4lin,_Christoph_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 00:08 Uhr UTC)
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Band 35 (1893), S. 417–422 (Quelle).
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Stälin: Christoph Friedrich v. St., geboren zu Calw am 4. August 1805, † zu Stuttgart am 12. August 1873. Er war der älteste Sohn des Kaufmanns Jakob Friedrich Stälin zu Calw und einer Tochter von Christoph Martin Dörtenbach[WS 1], dem Nachkommen einer seit lange in Calw blühenden angesehenen Kaufmannsfamilie. Auf der tüchtig geleiteten Schule seiner Vaterstadt und im Gymnasium zu Stuttgart gebildet, widmete er sich vom Herbst 1821 bis Frühjahr 1825 in Tübingen und Heidelberg, wo er besonders an Georg Friedrich Creuzer einen freundlichen Berather fand, dem Studium der Philosophie, Theologie und Philologie. Im J. 1825 wurde er bei der königlichen öffentlichen Bibliothek in Stuttgart zur Leistung freiwilliger Dienste angenommen, worauf er im folgenden Jahre die Zusicherung künftiger Anstellung und den Titel Unterbibliothekar erhielt. An diesem Institut, welches unter der obersten Leitung des als Naturforscher bedeutenden Staatsraths von Kielmeyer stand, waren zu dieser [418] Zeit u. A. angestellt: der Lyriker Matthison, der Epigrammatiker Haug, der gelehrte Lebret[WS 2]. Da dasselbe damals mit Beamten reichlicher besetzt war, als später, und St. die ersten Jahre ohne Gehalt diente, wurde seinen Wünschen gerne entsprochen, sich durch längeren Aufenthalt im Auslande, insbesondere auch Besuch weiterer fremder Universitäten und verwandter Institute auszubilden. So 1826 in Genf, den Winter 1826/27 in München. Hier leistete er zugleich Dienste auf der königlichen Universitätsbibliothek, in welcher Hinsicht eine Entschließung des Königs von Baiern vom 25. September 1828 ihm die allerhöchste Zufriedenheit mit seinen verdienstlichen Bemühungen aussprach. Seine Wohnung hatte er bei dem Vater Döllinger’s, dem berühmten Physiologen, und trat auch zu dem Sohne in nähere Beziehung; da der Letztere sehr frühe zur Messe ging, so weckte er ihn in der Regel durch Klopfen an seiner Thüre. St. hielt fortan ein freundschaftliches Verhältniß zu dem ausgezeichneten Theologen aufrecht und bekam in späteren Zeiten jeden Herbst Gelegenheit, dasselbe wieder neu zu beleben. Den Sommer 1827 verlebte er in Paris, London, Oxford, den Sommer 1828 in Göttingen, wo er an K. Fr. Eichhorn für die Dauer einen väterlichen Freund erwarb, Berlin, Dresden, Gotha, den Winter 1832/33 in Venedig, Rom, Neapel, Mailand. Auf diesen Reisen gelang es ihm, die Wissenschaft in ihren verschiedenen Zweigen möglichst umfassend sich anzueignen, die bedeutendsten Werke der Litteratur durch eigene Anschauung kennen zu lernen und durch regen Verkehr nicht nur mit den ausgezeichnetsten Gelehrten, sondern auch mit bedeutenden Buchhändlern des Auslandes für die vaterländische Anstalt, der er seine Kräfte widmete, die reichsten Früchte zu sammeln. Nachdem er inzwischen im J. 1828 wirklicher Bibliothekar geworden, rückte er im J. 1846 mit dem Titel und Rang eines Oberstudienraths zur Vorstandsstelle vor; im J. 1869 erhielt er Titel und Rang eines Directors. Von der Zeit seiner ersten Anstellung an hat er somit volle 48 Jahre lang mit vorzüglicher Befähigung und musterhafter Pflichttreue an dieser Bibliothek, einer der bedeutendsten Deutschlands, gewirkt. Für sein Amt, das ganz seiner Neigung entsprach, befähigten ihn vorzugsweise der encyklopädische, auf universelle Litteraturkenntniß gerichtete Charakter seiner Bildung, sowie seine großen Sprachkenntnisse; abgesehen von den alten Sprachen, mit welchen er auch in späteren Jahren ganz vertraut blieb, sprach er geläufig französisch, gut italienisch, auch englisch, las spanisch, holländisch, dänisch, selbst das Arabische war ihm nicht fremd, dazu kam ein großer Ordnungssinn, ein ungewöhnlich gutes Gedächtniß und ein seltenes Verständniß für die kaufmännische Seite des Bibliothekamtes.

Außer an der königlichen öffentlichen Bibliothek war St. jedoch noch in einigen anderen Aemtern thätig. Im J. 1830 erhielt er die Aufsicht über das Münz-, Medaillen- und Kunstcabinet; bei der Verwaltung dieses Amtes ordnete er namentlich die Münzsammlung, von welcher er einen neuen, durch litterarische Nachweisungen zu den einzelnen Münzen höchst werthvollen Katalog verfaßte, und sorgte mit regem Eifer für die aus dem ganzen Lande zu bewirkende Einlieferung der aufgefundenen römischen Steindenkmäler, die er in dem eigens hiefür erbauten Theile des königlichen Kunstgebäudes in einer, von dem berufensten Beurtheiler Mommsen höchst rühmend anerkannten Weise aufstellte und durch Veröffentlichung einer Beschreibung in weiteren Kreisen bekannt machte. Im J. 1831 wurde er königlicher Wappencensor, im J. 1840 ordentliches Mitglied des Vereins für Vaterlandskunde und zur Theilnahme an den Arbeiten des statistisch-topographischen Bureaus berufen. In letzterer Hinsicht hatte er das genannte Bureau in allen an dasselbe gelangenden historischen Fragen zu berathen, fertigte für dieses Institut, speciell die von demselben herausgegebenen „Württembergischen [419] Jahrbücher“, seit den dreißiger Jahren die jährliche Zusammenstellung der württembergischen Litteratur, versah auch im J. 1850 provisorisch die Leitung der Anstalt.

Diejenige Leistung aber, durch welche er sich ein bleibendes Denkmal gesetzt, sich einen Platz unter den angesehensten Geschichtsschreibern Deutschlands im 19. Jahrhundert gesichert und eine über die Grenzen seiner Heimath hinausreichende Autorität erworben hat, ist seine „Wirtembergische Geschichte“, von welcher Ranke sagt, „ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß unter allen Provinzialgeschichten, die wir in Deutschland besitzen, sie den Preis verdient“. Fast 60 Jahre waren verflossen, seit der letzte Band von Sattler’s umfassender württembergischer Geschichte erschienen war, und wenn auch dieses, im ganzen 18 Quartbände umfassende Werk namentlich durch die Fülle seiner urkundlichen Beilagen noch jetzt für die Geschichtsforscher nicht nur Württembergs sondern Deutschlands überhaupt nicht ohne Werth ist, so ist dasselbe doch infolge mangelhafter Darstellungsgabe des Verfassers schon von Anfang an fast ungenießbar und gegenüber den großartigen Fortschritten im Gebiete der Geschichtswissenschaft schon längere Zeit her vollständig veraltet. Von Stälin’s Werk, das an seine Stelle treten sollte, umfaßte der 1. Band (1841) Schwaben und Südfranken von der Urzeit bis 1080, der 2. (1847) die Hohenstaufenzeit 1080/1268, der 3. (1856) den Schluß des Mittelalters 1269–1496, der 4. (1873) die Jahre 1498–1593. Das Werk beschränkt sich übrigens nicht auf die Grenzen des jeweiligen oder auch nur des heutigen Württembergs, sondern stellt die Geschichte des aus den mannigfaltigsten dynastischen und reichsstädtischen Gebieten erwachsenen Königreichs dieses Namens stets im allgemeinen Zusammenhange dar, so daß es namentlich im 1. und im 2. Bande nicht bloß für die Geschichte Württembergs selbst, sondern ganz Südwestdeutschlands von größter Bedeutung ist, insbesondere eine ziemlich eingehende Geschichte des schwäbischen Herzogthums überhaupt gibt. Der letztgenannte Band, welcher die auf dem Boden des jetzigen Württemberg blühenden Herrengeschlechter eingehend behandelt und für die Geschichte derselben vielfach als bahnbrechend zu bezeichnen war, gilt nach fachgemäßem Urtheil als der beste des ganzen Werkes. Was die Beurtheilung dieses letzteren seitens der Kritik im einzelnen betrifft, so wird ihm von den berufensten Fachgenossen folgendes nachgerühmt: Jedem Partei- und überhaupt jedem Nebenzwecke fremd, habe der Verfasser nur die gewissenhafte Erforschung und Feststellung der Wahrheit im Auge gehabt. Ein tief und folgerichtig durchgeführter Plan habe – was bei der langen Zersplitterung des Gebietes keine leichte Aufgabe gewesen – die einzelnen Glieder unter vollständiger Beherrschung des Stoffes zu einem wohlgeordneten Ganzen verbunden, bei welchem trotz der reichen localen Entwicklung und des zum Theil an den entlegensten Orten aufgefundenen, aber stets an der richtigen Stelle verwendeten Details die allgemeinen Gesichtspunkte nie aus dem Auge verloren wurden und die Reichsgeschichte zu ihrem Rechte gelangte. Weiterhin habe der Verfasser, stets auf die mit größter Sorgfalt aufgespürten Quellen zurückgehend und mit ihnen auf das innigste vertraut, dieselben gründlich und besonnen, scharf und treffend beurtheilt und verwerthet, aber auch durch geistige Verarbeitung dieser Quellen einen ungemein reichen Schatz von Ergebnissen der Forschung ans Tageslicht treten lassen. Die rein sachliche, jeden Prunkes, auch nur eigentlich künstlerischer Gestaltung entbehrende Darstellung verzichte auf jedes eingehendere Raisonnement über Personen und Ereignisse, biete vielmehr nur kurze Andeutungen, in denen das Urtheil des Verfassers vorsichtig und zurückhaltend sich ausspreche, sei aber gedrängt, übersichtlich, klar und was ganz besonders gerühmt wurde, durchaus zuverlässig. Letztere Eigenschaft hat [420] denn auch das Buch zu einem in der allgemeinen und in der Localgeschichte sehr viel benutzten gemacht.

Stälin’s Arbeiten über die Geschichte Württembergs beschränkten sich jedoch nicht auf dieses größere Werk. Von den durch das statistisch-topographische Bureau herausgegebenen Oberamtsbeschreibungen hat eine, Geislingen, ihn ganz zum Verfasser, zu einer großen Anzahl der anderen lieferte er die geschichtlichen Theile, bis er auf seinen Wunsch im J. 1870 auf unbestimmte Zeit von der Mitwirkung bei diesen Beschreibungen enthoben wurde. Dazu kommt ferner eine beträchtliche Zahl von Aufsätzen in den von diesem Büreau herausgegebenen Jahrbüchern. Er benutzte dieselben vorzugsweise dazu, um einzelne Beiträge zur württembergischen Geschichte, welche zu sehr speciellen, localen oder persönlichen Charakter hatten, als daß die „Wirtembergische Geschichte“ sie hätte aufnehmen können, zu veröffentlichen, um über die Quellen der württembergischen Geschichte Erörterungen zu geben und einzelne kleinere aus Schwaben stammende annalistische Aufzeichnungen, sowie interessante Urkunden zur schwäbischen Geschichte herauszugeben, endlich fortlaufende Berichte über wichtigere Münz- und Alterthumsfunde zu erstatten. Zu erwähnen sind namentlich die zwei größten dieser Aufsätze „Die im Königreich Württemberg gefundenen römischen Steininschriften und Bildwerke“ (Jahrg. 1835, H. 1, S. 1–153 nebst Nachträgen im J. 1837, H. 1, S. 191–265; Jahrg. 1840, H. 2, S. 352–355 u. s. w.) und „Zur Geschichte und Beschreibung alter und neuer Büchersammlungen im Königreich Württemberg, insbesondere der königlichen öffentlichen Bibliothek in Stuttgart und der mit derselben verbundenen Münz-, Kunst- und Alterthümersammlung“ (Jahrgang 1837, H. 2, S. 293–387). Im Auftrage des genannten Bureaus führte er ferner das vom Hofrath Binder[WS 3] begonnene Werk „Württembergische Münz- und Medaillenkunde“ zu Ende.

Seine wissenschaftlichen Arbeiten verschafften dem Verfasser denn auch die allgemeinste Anerkennung. So erhielt er von zwei fremden Königen, Maximilian II. von Baiern und Georg V. von Hannover, die Aufforderung, ihre Landesgeschichte zu schreiben, welche er jedoch, seiner schwäbischen Heimath getreu, dankend ablehnte, und diese und andere Regenten verliehen ihm wiederholt Ordensauszeichnungen. Aber auch sämmtliche gelehrte deutsche Akademien wählten ihn zu ihrem Mitgliede, die Berliner (1846), die Wiener (1848), die Göttinger (1857), die Münchener (1859); im J. 1845 wurde er von der juristischen Facultät zu Tübingen honoris causa zum Doctor ernannt und im J. 1865 Ehrenmitglied der philosophischen Facultät in Wien. Außerdem war er Mitglied, namentlich Ehrenmitglied, etlicher 20 deutscher und fremder vorzugsweise geschichtsforschender Vereine, correspondirendes Mitglied des archäologischen Instituts in Rom (1843), ordentliches Mitglied der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig (1849), Ehrencorrespondent der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek in St. Petersburg (1850), Mitglied des Gelehrtenausschusses des germanischen Museums (1854). Von der im September 1846 zu Frankfurt tagenden Versammlung deutscher Geschichts-, Rechts- und Sprachforscher wurden St., Archivdirector Chmel in Wien und Geh. Archivrath Professor Stenzel in Breslau einmüthig als die tüchtigsten zu der damals beabsichtigten Herausgabe der deutschen Reichstagsacten der Bundesversammlung empfohlen. Als im J. 1858 König Maximilian II. von Baiern die historische Commission bei der Akademie der Wissenschaften in München errichtete, war St. unter den zuerst Berufenen. Die hieran sich anschließenden jährlichen Versammlungen zu München waren für ihn ein Lichtblick des ganzen Jahres; das innige Zusammensein mit den ersten Historikern Deutschlands, von ihm so hoch geschätzten und ihn so hoch schätzenden Fachgenossen ward nie getrübt. Die meisten derselben hatte er auch die Freude in seinem [421] eigenen Hause wiederholt begrüßen zu können, woselbst überhaupt jeder Fremde von wissenschaftlichem Streben ein gern gesehener Gast war. Mit Waitz in Göttingen und Häusser in Heidelberg, an dessen Stelle nach seinem Tode Wegele in Würzburg trat, besorgte er von Anfang an die Redaction der durch die Commission begründeten „Forschungen zur deutschen Geschichte“. Seine Arbeiten für diese Zeitschrift waren ganz der deutschen Kaisergeschichte gewidmet; er verfolgte darin u. a. die Aufenthaltsorte der Kaiser Maximilian I., Karl V., Ferdinand I. und zeigte hier eine ungewöhnliche Belesenheit in deutschen und außerdeutschen Geschichtswerken und Urkundenbüchern (Bd. 1, S. 347 ff.; Bd. 5, S. 563 ff.). Im J. 1864 wurde er eines der vier Mitglieder der im J. 1819 von dem Freiherrn v. Stein gegründeten Centraldirection für ältere deutsche Geschichte, konnte jedoch keine eingehendere Thätigkeit für dieselbe entwickeln. Groß wurde bei dieser weitverbreiteten Wirksamkeit die Zahl von Stälin’s Freunden und Verehrern und wenn er auch außerhalb des eigentlichen Verbandes der Hochschulen stand, so hatte er doch durch seine Werke und nicht minder durch die Bedeutung seiner persönlichen Beziehungen überall fördernd und freien Blicks einen Antheil an der geistigen Arbeit der Nation für Erforschung und Darstellung ihrer Vergangenheit, wie es eben nur solchen eigenartigen Personen in gleicher oder ähnlicher Stellung zu gewinnen möglich ist.

Neben umfassender eigener Thätigkeit unterstützte St. übrigens mit größtem Eifer die Arbeiten Anderer und öffnete freigebig die Schätze seines reichen Wissens, seiner gereiften Einsicht, seiner vielseitigen Erfahrung; auch der jüngste Forscher, wenn er nur reges Streben zeigte, wurde von dem älteren Mann freundlich wie seinesgleichen aufgenommen. Für jeden der ihm näher stehenden hatte er besondere Sammlungen angelegt, um demselben das ihn Interessirende, auf das er bei eigenen Studien gestoßen war, mitzutheilen. Daß er wesentlichen Antheil an der Bearbeitung des „Wirtembergischen Urkundenbuches“ hatte, rühmt dessen Herausgeber Kausler. Namentlich aber war es seine seit 1828 bestehende Freundschaft mit dem im J. 1863 verstorbenen Joh. Friedr. Böhmer in Frankfurt, dem ersten gründlichen und umfassenden Bearbeiter der deutschen Kaiserurkunden, welche durch persönlichen wie schriftlichen Verkehr und gegenseitiges Mittheilen der Ergebnisse der beiderseitigen Studien auf beide Freunde stets belebend wirkte. Sagt doch der gelehrte Herausgeber der Böhmer’schen Acta imperii selecta, des im J. 1870 erschienenen, St. gewidmeten Werkes, Ficker in Innsbruck: „Niemand hat nur annähernd so große Verdienste um die Ergänzung und Berichtigung der Regesten, als St.“, und Böhmer selbst schrieb einst dem Freunde: „Sie thun so viel für meine Studien, als was alle Anderen zusammen thun.“ (Ein Theil der Correspondenz zwischen St. und Böhmer ist gedruckt in „Joh. F. Böhmers Leben, Briefe und kleinere Schriften.“ Bd. 1–3. Freiburg 1868.) Den religiös-politischen Standpunkt Böhmer’s hat übrigens St., wie auch aus seinen Werken hervorgeht, durchaus nicht getheilt, was sich, da dieser Standpunkt bei Böhmer immer schroffer zu Tage trat, immerhin allmählich etwas in ihren Beziehungen geltend machte.

Im persönlichen Verkehr anspruchslos und zum Hervortreten wenig geneigt war St. trotz seiner angestrengten Arbeiten von liebenswürdiger Freundlichkeit und Leutseligkeit, für verschiedene Beziehungen des Lebens, auch für gesellige Freuden, wenn dieselben mit geistiger Anregung verbunden waren, offenen Sinnes, in seinem Urtheil vorsichtig überlegend und stets maaßhaltend. Von der praktischen Politik hielt er sich fern, wenngleich er die Weltereignisse mit Aufmerksamkeit und klarem Blick verfolgte und durch die Staatsmänner der älteren Schule in manche intimeren Vorgänge seiner Heimath eingeweiht und viel zu Rath gezogen wurde, wo auf historische Verhältnisse zurückzugehen war.

[422] Nekrolog in der Schwäbischen Chronik vom 28. December 1873. – Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie seit dem Auftreten des Humanismus. 1885. S. 1020 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Christoph Martin Doertenbach (1751–1827). Die Familienmitglieder gehörten zu den wichtigsten Teilhabern der Calwer Zeughandelskompagnie. Nach deren Auflösung 1797 suchten sie sich erfolgreich andere unternehmerische Betätigungsfelder. So war Johann Georg Doertenbach (1795–1870) als verwandter Zeitgenosse Stälins maßgeblich an der Gründung des Bankhauses Doertenbach in Stuttgart und am Aufbau der Esslinger Maschinenfabrik beteiligt. Quelle: Familienarchiv Doertenbach, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand P 13 (Online-Findbuch).
  2. Karl Friedrich Lebret (1764–1829), Oberbibliothekar in Stuttgart. Siehe Literatur über Karl Friedrich Lebret in der Landesbibliographie Baden-Württemberg.
  3. Christian Binder (1775–1840), württembergischer Hofrat und Numismatiker. Siehe Ulrich Klein: „Münz-Kunde“ in Württemberg vor 150 Jahren. In: Wissenschaftsgeschichte der Numismatik : Beiträge zum 17. Deutschen Numismatikertag, 3.–5. März 1995 in Hannover / hrsg. von Rainer Albert und Reiner Cunz, Numismatische Ges. Speyer, Speyer 1995 (=Schriftenreihe der Numismatischen Gesellschaft Speyer e.V. ; Bd. 36), S. 234–246.