Zum Inhalt springen

ADB:Wandersleben, Martin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wandersleben, Martin“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 143–145, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wandersleben,_Martin&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 06:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Wandt, Jakob Josef
Band 41 (1896), S. 143–145 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand November 2017, suchen)
Martin Wandersleben in Wikidata
GND-Nummer 115472738
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|41|143|145|Wandersleben, Martin|Albert Schumann|ADB:Wandersleben, Martin}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115472738}}    

Wandersleben: Martin W., evangelischer Theolog und Kirchenliederdichter, geboren am 6. November 1608 zu Wasserthalheim im Amte Klingen (Schwarzburg-Sondershausen), war der Sohn des dortigen Schuldieners und nachher anderswo thätigen Pfarrers Joh. W. und der Barbara geb. Fritsch, einer Tochter des Klingener Amtsschreibers Joh. Fritsch. Von 1618 an besuchte er die Schulen in Greußen, Gotha und Mühlhausen und studirte seit 1632 in Jena Theologie, verließ aber 1634 die Universität, weil dort die Pest ausgebrochen war. Gleich darauf als Pfarrer nach Töpfer auf dem Eichsfeld berufen und vor seiner Einführung erst noch in Mühlhausen ordinirt, lernte er die Drangsale der Zeit schon hier in reichem Maße kennen; denn neben persönlicher Anfeindung in der meist katholischen Landschaft erlebte er in seinem Dorfe Theuerung und Hungersnoth und eine Seuche, die seine Gemeinde zur Hälfte dahinraffte. Als dann der Prager Friede (20. Mai 1635) das vom schwedischen Generallieutenant Herzog Wilhelm (IV.) zu Sachsen-Weimar im Februar 1632 eroberte Eichsfeld seinem früheren Herrn, dem Mainzer Kurfürsten, von neuem überlieferte, mußte auch W. gleich den übrigen evangelischen Pfarrern aus seiner Stellung weichen und flüchtete im schneereichen Winter von 1635/36 mit Lebensgefahr nach Eschwege, wohin er als ein echter Diener des Wortes auch seine unter dem Mantel verborgene Bibel mitbrachte. Des Bedrängten nahm sich Herzog Ernst, Wilhelm’s Bruder, großmüthig an: er beschied ihn vorläufig nach seiner damaligen Residenz Weimar und bestellte ihn nachher zum Pfarrer in Riethnordhausen. Während der fünf Jahre, da W. hier wirkte (1636–1641), erneuerte sich ihm das durch Hunger und Pestilenz hervorgerufene Elend, sodaß von den Einwohnern, bei seinem Antritte 600 Seelen, zuletzt nur einige 70 übrig blieben und ihm und seiner Gattin – seit 1640 war er verheirathet – allmählich der nöthige Unterhalt zu fehlen begann. Doch der edle Fürst vergaß ihn auch jetzt nicht. Nach der Erbtheilung mit seinen Brüdern Wilhelm und Albrecht (9. April 1640) Herzog von Gotha geworden, berief er ihn zur Prüfung vor das dortige Consistorium und versetzte ihn, da er wohl bestanden hatte, am Sonntag Exaudi (6. Juni) 1641 als Pfarrer nach Schönau vor dem Walde, [144] brauchte ihn daneben noch als Actuar bei der angeordneten „General-Kirchen- und Schulvisitation“ und ernannte ihn nach deren Abschlusse (Herbst d. J.) noch zum Adjuncten und Inspector der Kirchen und Schulen in den Aemtern Georgenthal und Reinhardsbrunn. Die im Juni 1645 ihm angetragene Stelle eines Pfarrers und Adjuncten in Ummerstadt, das dem Herzog nach dem Tode seines Bruders Albrecht in Eisenach († 20. December 1644) mit anderen fränkischen Gebietstheilen zugefallen war, lehnte er zwar ab, unterzog sich aber dem Auftrage, an der Einführung des „Christlichen Informationswerkes“ und an der Verbesserung der Schulen in den neuen Aemtern Heldburg, Eisfeld und Veilsdorf mitzuarbeiten. Im folgenden Jahre entbot ihn dann der Herzog als einen der hervorragenden Geistlichen des Landes zur Theilnahme an der Einweihung der neuen Kirche auf dem Friedenstein (17. Septbr. 1646). In dem festlichen Zuge, der sich vom bisherigen Residenzhause (jetzigen Rathhause) nach dem hochgelegenen Schlosse hinauf bewegte, hatte er nebst seinem Collegen, dem gothaischen Diakonus Andreas Gnüge, einen der vergoldeten Abendmahlskelche zu tragen und erhielt für seine Mitwirkung wie die anderen betheiligten Landgeistlichen 2 Rthlr. „als gnädiges Geschenk“. Am 5. Juni 1648 kam er von Schönau als Pfarrer und Adjunct nach Waltershausen und wurde am 22. Mai 1657 zum Superintendenten befördert, sodaß er der erste einer bis auf unsere Tage fortlaufenden Reihe von Geistlichen gleichen Ranges geworden ist. Seine Einführung in das neue Amt vollzogen der Consistorialrath, nachherige Geheimrath und Kanzler Dr. iur. Wilhelm Schröter (s. A. D. B. XXXII, 530 und 532, wo übrigens nicht alles richtig ist) und der Hofprediger und Consistorialassessor Christoph Brunchorst (s. A. D. B. III, 440). Noch mußte er den letztgenannten Freund, der nach mehrjährigem treuem Kirchendienst auf dem Eichsfelde mit ihm das Loos der Verbannung getheilt hatte, am 30. März 1665 zu seiner Ruhestätte in der gothaischen Augustinerkirche geleiten, bevor er selbst von dieser Erde schied. Nach einer gewissenhaften und fruchtbaren Amtsthätigkeit, in welcher er den sittlichen Wandel der Gemeindemitglieder erheblich gefördert hatte, erkrankte er am Sonntag Rogate (26. April) 1668 auf der Kanzel. Ein von Seitenstechen begleitetes Fieber hatte ihn ergriffen und führte am nächsten Sonntag Exaudi, d. h. am 3. Mai a. St., sein Ende herbei. Am 7. Mai wurde er in der Waltershäuser Kirche bestattet. – Die drei von W. herrührenden geistlichen Lieder stehen zuerst anonym im Gothaischen Gesangbuche von 1682, wogegen das Gothaische Gesangbuch von 1702 den Namen des Verfassers nennt; in demjenigen von 1699 findet sich unter dem dritten Liede die Chiffre M. W. Im einzelnen sind es folgende: „Ach, sei uns gnädig, treuer Gott, | Durch Jesu Christi Blut und Tod“ (4 vierzeil. Strophen); „Heut fangen wir in Gottes Nam | Ein neue Woch zu leben an“ (4 vierzeil. Str. nach der Mel.: O Jesu Christ, meins Lebens Licht) und „Wir danken dir, o höchster Gott, Daß du uns hast erhöret“ (2 siebenzeil. Str. nach der Weise: Es ist das Heil uns kommen her). Am bekanntesten ist das zweite geworden. Noch 1795 erscheint es im Weimarischen Gesangbuch, ist neulich bei W. Tümpel (s. u. an 2. Stelle) wieder abgedruckt und hat auch in dem neuen Coburg-Gothaischen Gesangbuche (März 1896) Aufnahme gefunden.

Joh. Chrn. Gotter, Christianorum Peregrinatio oder Der frommen Christen geistliche Wanderschafft. Bei der volckreichen Leichenbestattung des wolgelahrten Herrn Martini W. … In e. begehrten Leichen-Sermon kürtzlich vorgestellet. Gotha 1670. 4°. (Herzogl. Bibliothek zu Gotha.) – E. S. Cyprian, Hilaria evangelica, I. Theils II. Cap., Gotha 1719, S. 284, Nr. 13. – J. C. Wetzel, Lieder-Dichter, 3. Theil (1724), S. 359 f. – Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen, 1730, Leipz., S. 422. – Zedler’s Universal-Lex., [145] 52. Bd. (1747), Sp. 1967 f. – (J. G. Brückner,) Kirchen- und Schulenstaat im Herzogth. Gotha (I. Thl.), 7. Stück, Gotha 1756, S. 48 f.; III. Thl., 12., 13. u. 14. Stück (1763), S. 150–153; vgl. auch: (I. Thl.) 2. Stück (1753), S. 99 u. 7. Stück (1756), S. 13. – J. H. Gelbke, Kirchen- u. Schulen-Verfassung des Herzogth. Gotha, 2. Thl., 1. Bd., Gotha 1796, S. 580 u. 364; vgl. auch S. 337. – G. L. Richter, Lexikon alter u. neuer geistl. Liederdichter, Leipz. 1804, S. 428. – A. Beck, Ernst der Fromme, 2. Thl., Weimar 1865, S. 74 f. – A. F. W. Fischer, Kirchenlieder-Lex., 2. Hälfte (1879), S. 481a und unter den Anfängen des 2. u. 3. Liedes. – W. Tümpel in den Blättern f. Hymnologie, (4.) Jahrg. 1886, Kahla, S. 155–157. – Derselbe, Gesch. des evangel. Kirchengesanges im Herzogth. Gotha, II. Thl., Gotha 1895, S. 46 f. – Außerdem gef. Auskunft von Hrn. Bibliothekar Prof. Dr. H. Georges in Gotha. (Cyprian u. die nichtgothaischen Quellen nennen irrig den 7. Mai als Todestag. S. oben im Text. – Bei Koch und Goedeke fehlt W.)