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ADB:Wichmann, Ludwig Wilhelm

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Artikel „Wichmann, Ludwig Wilhelm“ von Werner Weisbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 314–316, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wichmann,_Ludwig_Wilhelm&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 18:57 Uhr UTC)
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Wichmann: Ludwig Wilhelm W., Bildhauer, Bruder des Vorigen, geboren am 10. October 1788 in Potsdam, lernte ebenfalls die ersten Anfangsgründe der Bildhauerei bei seinem Vater, kam jedoch schon mit 12 Jahren zu Schadow, der sich seiner besonders annahm. Im J. 1807 (nach Raczynski) ging er nach Paris und besuchte die Ateliers des Malers David, des Bildhauers Bosio sowie die kaiserliche Akademie. Für den Louvre fertigte er dort eines von den großen Frontons. 1813 kehrte er nach Berlin zu Schadow zurück und half diesem bei der Herstellung der Modelle des Blücher und Luther. Von 1819 bis 1821 hielt er sich in Italien auf und sandte von dort das Modell eines Blumenmädchens nach Berlin. Nach seiner Rückkehr war er in Berlin in dem gemeinschaftlich mit seinem Bruder gegründeten Atelier thätig. Bei [315] dem Schinkel’schen Denkmal auf dem Kreuzberg für die Siege in den Befreiungskriegen fiel ihm ein bedeutender Antheil zu. Es wurde ihm die Modellirung von acht Statuen, vier nach Rauch’s, zwei nach Tieck’s, zwei nach eigenen Entwürfen übertragen. Mit Rauch war W. schon vorher in Berührung getreten. Er unterstützte den Meister bei der Ausführung des Modells für das Blücherdenkmal in Breslau. Wie sein Bruder Karl that auch er sich in der Porträtsculptur hervor und schuf eine große Anzahl von Büsten. Eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten wurden von ihm dargestellt: Hegel (1826), der große Kurfürst für die Walhalla bei Regensburg, von König Ludwig I. bestellt (1828), die Sängerin Henriette Sontag (1828), Theodor Körner (1829), Wilhelm v. Kaulbach für den Grafen Raczynski (1841), die Schauspielerin Rachel, in Paris ausgeführt (1843), der belgische Maler de Kayser (1847), der Geologe Leopold v. Buch (1853), sowie viele Andere. Daneben bethätigte er sich auch in hervorragender Weise auf dem Gebiete der Genreplastik. Ein im J. 1826 in Berlin ausgestelltes Modell Amor und Psyche mußte er für den König in Marmor ausführen. Das Jahr 1834 brachte ein nicht sehr bedeutendes Werk, eine lebensgroße Statue des Heilandes mit entblößtem Oberleib, in Gips, die nach einer Idee Schinkel’s hergestellt sein soll. Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist die lebensgroße Gestalt eines Wasser schöpfenden Mädchens. Das Modell, im J. 1842 für die Verloosung des Berliner Kunstvereins angekauft, gelangte damals in die Hände des Justizcommissars Marchand in Berlin. In Marmor wurde das Werk für die Fürstin Talleyrand-Perigord ausgeführt. Für den Kaiser von Rußland wurde von dem Künstler im Jahre 1842 eine junge, sitzende, halbbekleidete Mädchenfigur geschaffen, die in der linken Hand ein Salbengefäß hält, mit der rechten ihr Haar in Ordnung bringt, um einen neben ihr liegenden Kranz darin zu befestigen. In dieser Richtung verflachte er sich später immer mehr, wie das Mädchen und die Wahrsagerin zeigt, eine Gruppe, die er 1850 auf die Berliner Ausstellung schickte. Die umfangreichste Arbeit, die den Künstler in den vierziger Jahren in Anspruch nahm, war das Winckelmann-Denkmal für Stendal, den Geburtsort des großen Archäologen. Beim Winckelmann-Fest in Berlin im J. 1842 stellte er zum ersten Mal ein Modell für das Standbild aus. In Berlin sowie in Stendal bildeten sich Vereine, um die Ausführung in Erz zu ermöglichen. Der Künstler gab den Gelehrten in classischer Gewandung wieder, gestützt auf ein antikes Bildwerk. Das Jahr 1859 brachte die Vollendung des Denkmales. Im Hüttenwerk des Grafen von Einsiedel zu Lauchhammer wurde es gegossen. Noch eine andere Winckelmann-Statue hatte der Künstler anzufertigen, diese in Marmor für die Säulenvorhalle des Museums in Berlin. Hier stellte er ihn jedoch in seiner Zeittracht dar, von einem großen, von der linken Schulter herabgleitenden Mantel umwallt. Ferner wurde ihm eine der Marmorgruppen für Schinkel’s Schloßbrücke übertragen: Nike richtet einen verwundeten Krieger auf. Eine Reihe von Werken schuf er im engsten Zusammenhange mit der Architektur. Vier weibliche Figuren, nach seinen Modellen in Sandstein ausgeführt (1831), zieren die Acroterien des Berliner Museums. Für das Portal der Werderschen Kirche fertigte er das Modell einer Colossalfigur des Erzengels Michael, das im J. 1839 von dem Ofenfabrikanten Feilner in gebranntem Thon ausgeführt wurde. Auch die colossalen Sandsteingruppen an der Außenseite der Nicolaikirche in Potsdam sind nach seinen Modellen hergestellt. Für das Frontispiz des im J. 1839 vollendeten Nikolaus-Bürgerhospitals in Berlin lieferte er unentgeltlich ein großes Basrelief, das die Stadt Berlin darstellt, wie sie den ehrsamen Bürger im hohen Alter schützt. Ein anderes Relief von seiner Hand, das Borussia als Beschützerin der Wissenschaften in der Mitte zeigt, rechts und [316] links auf die Thierarzneilehre bezügliche Scenen, schmückt den Giebel der königlichen Thierarzneischule in Berlin. Noch einige Werke, die der Künstler für Innenräume ausführte, sind zu erwähnen. Für ein Zimmer im Palais des Prinzen Karl fertigte er im J. 1838 über dem Marmorkamin schwebende Genien, die das preußische Wappen halten. Im königl. Opernhaus sind an den Logen des Prosceniums die allegorischen Figuren von seiner Hand. – An äußeren Ehren hat es dem Künstler nicht gefehlt. Er war Professor an der Akademie der Künste in Berlin. Im J. 1843 erhielt er vom König den Rothen Adlerorden 3. Cl. mit der Schleife. Zum correspondirenden Mitgliede ernannten ihn im J. 1852 die Pariser Akademie der schönen Künste und die Academia di San Luca in Rom. Er starb am 29. Juni 1859. – In der Geschichte der norddeutschen Plastik gehören die Gebrüder Wichmann, und besonders Ludwig, neben Tieck und Emil Wolff vornehmlich zu denen, die, ohne persönliche Schüler Rauch’s gewesen zu sein, im Banne dieses großen Mannes, der von ihm begründeten neuclassicistischen Richtung sich anschlossen.

Raczynski, Gesch. d. neueren deutsch. Kunst. Berlin 1841. III, 194 ff. – Förster, Gesch. d. neuen deutsch. Kunst. Leipzig 1863, S. 321 f. – Eggers, Rauch. Register. – Rosenberg, Gesch. d. modernen Kunst, S. 409. – Nagler’s Künstler-Lexikon XXI, 380 ff.