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BLKÖ:Mylius, Anton Ulrich Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Muzzarelli, Adele
Band: 19 (1868), ab Seite: 489. (Quelle)
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Mylius, Anton Ulrich Freiherr (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Cöln 11. December 1742, gest. zu Prag 2. Februar 1812). Ein Sohn des Johann Heinrich Arnold von Mylius aus dessen Ehe mit Albertine Sylvia Freiin von Lamberts-Cortenbach. Die Mylius sind eine alte rheinische vielverzweigte Adelsfamilie, über welche die Quellen S. 491 nähere Ausschlüsse geben. Anton Ulrich trat im Jahre 1759 als Unterlieutenant in k. k. Kriegsdienste. Durch seine Fähigkeiten, Diensteifer und Fleiß brachte er es dahin, daß er noch im nämlichen Jahre als Adjutant beim General-Major Baron Vogelsang angestellt war. Im Jahre 1760 erwarb sich der achtzehnjährige Officier bei der Eroberung der Festung Glatz ausgezeichneten Ruhm und entfaltete daselbst zuerst seine militärischen Talente. Loudon überrumpelte im siebenjährigen Kriege im Jahre 1760 als Feldzeugmeister die Festung und den Waffenplatz der Preußen, Glatz. Mylius, an der Spitze fünfzig Freiwilliger, eröffnete den Sturm. Mit Löwenmuth warf sich diese kleine Schaar, durch das Beispiel ihres unerschrockenen Führers entflammt, auf eine mit sechs Kanonen besetzte Redoute, erstieg sie nach einer hartnäckigen und blutigen Gegenwehr der Feinde, trotzte jedem heftigen Andrange des weit überlegenen Gegners so lange, bis der kleinen Heldenschaar ihre Waffenbrüder zu Hilfe eilten und dann mit ihr vereint den Feind zurücktrieben. In diesem blutigen Gefechte erhielt Mylius zwei Wunden, doch ungeachtet dessen kämpfte er an der Spitze der Seinigen fort. Diese heroische That und noch andere in den zwei darauf mit Ruhm und Auszeichnung mitgemachten Feldzügen erwarben ihm die Gunst seiner Kaiserin und die Liebe und Achtung seiner Vorgesetzten, und Mylius befand sich unter den ersten Helden Oesterreichs, dessen Brust der von der Kaiserin Maria Theresia neugestiftete Theresien-Orden zierte, und war der Erste, der ihn als Lieutenant erhielt. Nach Ende des dritten Feldzuges im Jahre 1763 ward Mylius zum Hauptmann bei dem 11. Infanterie-Regimente Wenzel Wallis ernannt, in welcher Eigenschaft er ruhmvoll bis zum J. 1777 diente. In diesem Jahre noch wurde er im nämlichen Regimente zum Major befördert. Im Jahre 1786 war Mylius in Anerkennung seiner dem Staate treu geleisteten Dienste zum Oberstlieutenant, und im J. 1790 zum zweiten Obersten im nämlichen Regimente ernannt worden. Kurz nach dieser ehrenvollen Beförderung erhielt Mylius den Auftrag, sich zur Organisirung und Anführung des Loudon’schen Freicorps nach Deutschland zu begeben, und leistete mit diesem Freicorps gegen die damals insurgirten Niederländer wichtige Dienste. Er trug mit diesem Freicorps zur Betreibung der Insurgenten aus der Provinz Limburg thätig bei, und wurde [490] dafür von den Ständen dieser Provinz mit einem kostbaren Degen, der die Inschrift: Provincia Limburgensis suo liberatori, trug, ausgezeichnet. Im Jahre 1792, als der Krieg mit Frankreich ausbrach, ward ihm mit einer kleinen Truppenabtheilung die Deckung von West-Flandern gegen die rasch vordringende französische Armee aufgetragen, welchem Auftrage er in mehreren, gegen die überlegene Macht des französischen Marschalls Luckner glücklich geführten Gefechten ehrenvoll Genüge leistete. So hatte er Courtray, das am 18. Juni 1792 von dem über 20.000 Mann starken Feinde, den der General Luckner befehligte, angegriffen wurde, auf das Tapferste mit einer Truppenabtheilung von kaum 800 Mann und drei Geschützen vertheidigt, am 22. Horlebek angegriffen, erobert und sich dort verschanzt; in der Zeit vom 30. Juni bis 13. October hatte er eine Reihe glücklicher Vorpostengefechte überstanden und sich in jenem bei Roubaix, am 5. und 6. September, besonders ausgezeichnet. Im Jahre 1793 commandirte er ein detachirtes Corps, welches die rechte Flanke der unter dem Feldmarschall Prinz Coburg vorrückenden siegreichen Armee deckte; mit demselben nahm er am 29. März das von dem Feinde mit 5000 Mann hartnäckig vertheidigte Städtchen Diest; that sich in der Schlacht bei Löwen, am 22. März, in ausgezeichneter Weise hervor; rückte am 26. gegen Antwerpen, welches er nach siegreichem Kampfe, in dem er mehrere Gefangene machte und einige Geschütze erbeutete, zur Capitulation zwang. Die Garnison erhielt freien Abzug; sie war 10.000 Mann stark! General Dumouriez sagte mit Bezug auf die außer allem Verhältniß gegen die Stärke der Garnison stehende geringe Zahl des angreifenden Corps: „le Colonel Mylius eut l’audace de sommer Anvers“; marschirte auf Ostende zu und bestand noch bei Poperingen, am 11. August, ein siegreiches Gefecht, in welchem der Feind 15 Officiere und 300 Mann verlor. Nun wurde er dem hannoverschen Feldmarschall Freytag – England und Hannover waren in diesem Kriege Oesterreichs Verbündete – beigegeben. Demselben leistete er bei der am 21. August erfolgten Einnahme von Rixpoeden wesentliche Dienste, wohnte den meisten Gefechten bei, welche während der Belagerung von Dünkirchen und deren Aufhebung bei dem vereinigten österreichisch-englisch-holländischen Truppencorps statthatten, und rettete durch seinen Muth und seine ausgezeichnete Tapferkeit bei Hondschote, am 6. September, wo der Prinz Adolph von England bei einem feindlichen Ueberfalle gefangen wurde, diesen aus der Gefangenschaft. Nun begab sich Mylius an seine Bestimmung, denn er war mittlerweile des Befehls über sein Freicorps enthoben und zum Regimentscommandanten bei Ulrich Graf Kinsky-Infanterie Nr. 36 ernannt worden. Er wohnte mit dem Regimente den siegreichen Gefechten bei Landrecy, im April 1794, bei und erhielt dabei eine schwere Wunde am Kopfe, die ihn mehrere Monate kampfunfähig machte. Hergestellt, kehrte er zum Regimente zurück und zeichnete sich vorzüglich bei dem Angriffe der feindlichen Stellung von Darweiler bis Bacharach, am 17. December, aus, wo er die mittlere Colonne, bestehend aus 14 Compagnien, 4 Escadronen und 10 Kanonen, führte, nicht bloß Nieder-Dierbach nahm, worauf der Befehl lautete, sondern auch die von dem Feinde stark besetzte Cantriecher Anhöhe erstürmte. Im Frühjahre 1796 wurde er zum General-Major befördert [491] und diente in dieser Eigenschaft am Rhein in den Feldzügen 1796, 1797 und 1799, in welchen er oft, besonders aber in den Gefechten von Kircheib (am 19. Juni 1796), bei dem Entsatze von Ehrenbreitenstein (am 17. September 1796), bei dem Sturm von Mannheim (am 18. September 1799), und bei dem Gefechte von Wisloch (am 3. December 1799), wichtige Dienste geleistet und des Erzherzogs Karl vollkommene Zufriedenheit sich erworben hat. Im Frühjahre 1800 war Mylius zum Feldmarschall-Lieutenant befördert und zur Armee, die in Italien gegen die Franzosen focht, beordert worden, wo er Anfangs in Toscana und im Kirchenstaate, später am untern Po in den wichtigsten, äußerst kritischen, politischen und militärischen Verhältnissen sich mit seinen Truppen, mit dem besten Erfolge verwendete. Im Jahre 1801 wurde Mylius nach hergestelltem Frieden zum Divisionär in Prag ernannt. In der verhängnißvollen Periode 1805 führte Mylius das Interims-Generalcommando im Königreiche Böhmen, worauf der im Dienste von vier Monarchen Oesterreichs ergraute Held im December desselben Jahres in den wohlverdienten Ruhestand versetzt ward. Von dieser Zeit an lebte Mylius in dem Schoße seiner Familie, nur für diese. Mylius, als Mensch, Krieger und Staatsbürger mit allen Tugenden geziert, ebenso ausgezeichnet als ehrwürdig, starb zu Prag im 70. Jahre seines ruhmvoll thatenreichen Lebens. Aus seiner Ehe mit Karolina Freiin von Raitz von Frentz zu Schlenderhan stammen nur vier Töchter; seine beiden Brüder Hermann und Kaspar pflanzten den Mannsstamm des Hauses fort.

Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) Bd. I, S. 133. – Ritter von Rittersberg (J.), Biographien der ausgezeichnetesten verstorbenen und lebenden Feldherren der k. k. österreichischen Armee aus der Epoche der Feldzüge 1788 bis 1821 u. s. w. (Prag 1828, C. W. Enders, 8°.) Bd. I, S. 158–178. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 746. – Oesterreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1830, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. I, S. 183. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, A. Strauß, 4°.) Jahrgang 1812, S. 107. – Schels, Oesterreichische militärische Zeitschrift (Wien, 8°.) Jahrg. 1843, Bd. I, S. 297: „Einnahme von Lannoy und Roubaix am 5. September 1792“. – Szöllösy (Joh. Nep. v.), Tagebuch gefeyerter Helden und wichtiger kriegerischer Ereignisse der neuesten Zeit nebst entsprechenden Aphorismen (Fünfkirchen in Ungarn 1837, bischöfl. Lyceal-Buchdruckerei, gr. 8°.) S. 474. – Porträt. Unterschrift: Ant. v. Mylius, k. k. General-Feldmarschall-Lieutenant. F. Schier lith., A. Machek gedr. (Prag, 8°. u. 4°.).