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BLKÖ:Schiedermayr, Karl

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 29 (1875), ab Seite: 274. (Quelle)
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Schiedermayr, Karl (Arzt und Naturforscher, geb. zu Linz in Oberösterreich am 3. November 1818). Zweitjüngster Sohn des Componisten Johann Baptist Schiedermayr [s. d. S. 268]. Er zeigte schon in frühester Jugend ein bedeutendes musikalisches Talent, wurde jedoch von seinem Vater für ein Facultätsstudium bestimmt. Die Elementarbildung erhielt er an der Normal-Hauptschule seiner Vaterstadt, von wo er an das dortige Gymnasium übertrat; daselbst beendete er vierthalb Classen und kam sodann als Convicts-Stipendist an das Gymnasium zu Kremsmünster. [275] Die Vorträge des damaligen Professors der Physik und nachmaligen Hofrathes beim Unterrichtsministerium, P. Marian Koller [Bd. XII, S. 346] erweckten in ihm die Liebe zu den Naturwissenschaften und beeinflußten auch seine Standeswahl, welche auf das Fach der Medicin fiel, indem es dazumal nicht möglich war, Naturwissenschaften für sich allein als Facultätsstudium zu betreiben. Zu diesem Zwecke bezog er im Jahre 1837 die Universität Wien. Die Art und Weise, wie damals unter Kaspar Fischer Mineralogie und Zoologie, unter Joseph Freiherrn von Jacquin [Bd. X, S. 23] Botanik und Chemie vorgetragen wurde, sagte seinem Wissensdrange wenig zu; der botanische Garten war eine Wildniß und Jacquin ein hochbejahrter Mann, der noch dazu im Laufe des Schuljahres einen apoplektischen Anfall erlitt und zum Lehramte bleibend unfähig blieb. Bis zu dem Eintritte seines berühmten Nachfolgers, Stephan Endlicher [Bd. IV, S. 44] wurde die Lehrkanzel der Botanik durch Namen von untergeordnetem Klange supplirt. Im 2. Jahrgange des medicinischen Studiums widmete sich S. mit Vorliebe der Chemie, welche von Pleischl [Bd. XXII, S. 415] aus Prag vorgetragen wurde, jedoch jenen Aufschwung noch nicht genommen hatte, wie später, da Redtenbacher [Bd. XXV, S. 116] ein zahlreiches Auditorium anzog. In freien Stunden beschäftigte sich S. mit dem Studium der Botanik und machte zahlreiche Ausflüge in die floristisch interessanten Umgebungen von Wien, meist in Begleitung seines ältesten Bruders Johann Baptist, damals Hofcaplan und derzeit Domdechant in Linz. In die praktischen Jahrgänge des medicinischen Studiums vorgerückt, fand S. eben den Uebergang von der veralteten speculativen zu der exacten naturwissenschaftlichen Forschung in der Medicin vor, wie sie durch Kolletschka [Bd. XII, S. 352], Rokitansky [Bd. XXVI, S. 288] und Skoda repräsentirt wurde. Mit Begeisterung schloß er sich dieser Bewegung an und verfolgte nunmehr mit Beharrlichkeit die praktische Richtung der Medicin, so daß das naturwissenschaftliche Studium ihn nur noch als Nebenfach fesselte. Im Jahre 1843 erlangte er die Doctorwürde der Medicin, im Jahre 1844 wurde er Doctor der Chirurgie und Magister der Geburtshilfe. Im Jahre 1845 begab er sich in seine Vaterstadt Linz, um daselbst ärztliche Praxis auszuüben. Die ihm bis zur Erringung einer ausreichenden Clientel gegönnte Muße fachte die frühere Neigung zu naturhistorischer Beschäftigung weiter an, wozu das Museum Francisco-Carolinum, der Umgang mit dem als Geologe bekannten Custos Ehrlich und die Sammlungen der Anstalt, namentlich das über seine Verwendung vom Museum angekaufte Herbar des verstorbenen Botanikers v. Mor, vielfache Anregung boten. Fleißige Ausflüge in die Umgegend, Beschäftigung mit dem Mikroskop, Studium der Werke von Unger und Schleiden brachten ihn in der Botanik immer mehr vorwärts. Besonders fesselte ihn das Studium der dazumal in Oesterreich noch arg vernachlässigten Kryptogamen, wozu sich ihm jedoch, außer Wallroth’s „Flora cryptogamica Germaniae“ und der Correspondenz mit dem damaligen Kreisarzte in Steyr, Dr. Anton Sauter [Bd. XXVIII, S. 288], dem Nestor der österreichischen Kryptogamisten, nur wenig literarische Hilfsmittel darboten. Durch mühsames Sammeln, Forschen und Vergleichen ward es ihm möglich, im Jahre 1849 mit einem [276] Aufsatze über die Vegetationsverhältnisse der Umgegend von Linz an die Oeffentlichkeit zu treten, welcher im 4. Bande der naturwissenschaftlichen Abhandlungen von Haidinger erschien und von Fachmännern, namentlich in der zu Regensburg erscheinenden botanischen Zeitung „Flora“, wohlwollende Beurtheilung erfuhr. Von Seite des Museums Francisco-Carolinum wurde S. als Referent für Botanik in den Verwaltungsausschuß gewählt und mit der Ordnung des Herbars beauftragt. Er unterzog sich dieser Aufgabe in der Weise, daß er die in reichlichen Exemplaren vertretene Sammlung in ein allgemeines und in ein provinzielles, exclusiv oberösterreichisch-salzburgisches Herbar sichtete, welches er mit seinen eigenen Aufsammlungen bereicherte. Als im Laufe der Jahre die ärztlichen Verhältnisse seiner Vaterstadt sich minder günstig für ihn gestalteten, wählte er sich im J. 1849 den Markt Kirchdorf im Kremsthale, den Stammort der Familie Redtenbacher, zum bleibenden Aufenthalte. Daselbst oblag er neben den ärztlichen Berufsgeschäften mit Eifer dem Studium der Naturwissenschaften, insbesondere der Botanik und darunter vorzugsweise der Kryptogamie. Im Jahre 1856 trat er mit dem eine gleiche Lieblingsneigung verfolgenden Stiftsarzte zu Kremsmünster, Dr. J. S. Pötsch [Bd. XXIV, S. 126], in die freundschaftlichsten Beziehungen, und Beide vereinigten sich in dem Plane, eine systematische Aufzählung der oberösterreichischen Kryptogamen zu verfassen, wobei S. die Bearbeitung der Algen und Pilze, Pötsch jene der Flechten, Moose und Farne übernahm, in welcher Arbeit die Verfasser hauptsächlich von ihrem bewährten Berather Dr. Sauter und Ritter von Heufler (Bd. VIII, S. 450] durch zahlreiche werthvolle Beiträge unterstützt wurden. Diese Aufzählung, im J. 1872 durch die k. k. zoologisch-botanische Gesellschaft veröffentlicht, umfaßt im Ganzen nicht nur die Ergebnisse der eigenen umfangreichen Forschungen, sondern auch der betreffenden Arbeiten aller Derjenigen, die sich überhaupt mit der Kryptogamenkunde Oberösterreichs beschäftigt haben, und dürfte als Quellenwerk für künftige derartige Forschungen zu betrachten sein. Gegenwärtig bekleidet S. die Stelle eines landesfürstlichen Bezirksarztes für die politischen Bezirke Kirchdorf und Steyr, ist auch Correspondent der meteorologischen Central-Anstalt und Mitglied mehrerer ärztlichen und naturwissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine. Mehrere Botaniker benannten die von S. entdeckten neuen Pflanzenarten nach seinem Namen; so stellt der Algologe Grunow in Rabenhorst’s „Flora europaea Algarum“, Sct. II, p. 149, einen Chamaesiphon Schiedermayeri und p. 270 eine Schizothrix Schiedermayeri auf, der Mykologe v. Heufler in der Oesterr. botanischen Zeitschrift vom Jahre 1870, Nr. 2, ein Hydnum Schiedermayeri, der Mykologe Fuckel in Oestrich eine Herpotrichia Schiedermayeri. Außer den bereits erwähnten größeren Abhandlungen hat Schiedermayr mehrere kleinere wissenschaftliche Aufsätze in periodischen Werken und Zeitschriften veröffentlicht, u. a. im Oesterreichischen botanischen Wochenblatte eine „Chemische Untersuchung des Polyporus sulphureus L. (1853, S. 92) und „Poduren auf Schnee“ (1855, S. 22).

(Frauenfeld) Bericht über die österreichische Literatur der Zoologie, Botanik und Paläontologie aus den Jahren 1850, 1851, 1852 und 1853 (Wien 1855, 8°.) S. 123 u. 152 [die Paginazahl 153–160 ist verdruckt und dafür die Paginazahl 145–152 doppelt].