BLKÖ:Stulli, Gioachino

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stulli, Luca
Band: 40 (1880), ab Seite: 191. (Quelle)
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Stulli, Gioachino (Lexikograph und Franziskaner, geb. zu Ragusa im J. 1729, nach Miklosich 11. April 1730, n. A. erst 1734, gest. ebenda 12. April 1817). Ein Verwandter[WS 1] des Arztes Luca Stulli [siehe den Folgenden]. Frühzeitig in den Franziskanerorden eintretend, widmete er sich neben seinem klösterlichen Berufe vornehmlich dem Studium seiner Muttersprache, der illyrischen, dessen Zweck die Schaffung eines Werkes war, welches ihn in die Reihe der vortrefflichsten Lexikographen stellt. Zur Ausführung desselben scheute er keine Mühe und keine Kosten. Er übersiedelte 1782 von Ragusa zum bleibenden Aufenthalt nach Wien, wo er vom Kaiser Joseph II. zur Vollendung seiner Arbeit eine Jahrespension erlangte. Auch machte er behufs seiner sprachlichen Forschungen Reisen in Ungarn, Böhmen und Preußen. Ehe der Druck des Werkes auf Staatskosten begann, berief der Monarch eine besondere Commission, welche die Rechtschreibung prüfen sollte. Diese Commission, bestehend aus dem zum Vorsitzenden ernannten Erzbischof Mandic, aus den Gelehrten Lanošović und Kermpotić und dem Verfasser, war mit der Orthographie des Letzteren nicht einverstanden, und dieser mußte nun sein Werk völlig umarbeiten, um demselben die damals in Slavonien übliche Orthographie zu Grunde zu legen. Nach dem Tode des Kaisers Joseph II. unterstützten dessen Nachfolger Leopold II. und Franz II. den gelehrten Mönch in seiner Arbeit auf liberalste Weise, so daß er sich uneingeschränkt dem begonnenen Unternehmen widmen konnte. Das Werk erschien in drei zweibändigen Abtheilungen. Die erste führt den Titel: „Lexicon latino-italico-illyricum ditissimum ac locupletissimum, in quo adferuntur usitatiores, elegantiores, difficiliores earundem linguarum phrases, loquendi formulae ac proverbia“. 2 Theile (Ofen 1801, 4°. A–J 800 Seiten, L–Z 810 Seiten); die zweite, illyrisch-italienisch-lateinische Abtheilung hat den Titel: „Rjecoslovje“, 2 Theile (Ragusa 1806, 4°. A–O, XXXII und 727 S., und P–Z 674 S.) und die dritte: „Vocabolario italiano illyrico latino“, 2 Theile (Ragusa 1810, A–J, XL und 838 Seiten, L–Z 862 Seiten). Die erste Abtheilung seines Lexikons – die eigentliche Hauptarbeit, worauf Stulli nahezu ein halbes Jahrhundert verwendete – hat er dem Kaiser Franz I. gewidmet. In der Widmung dankt er für die Gastfreundschaft, welche ihm vom Jahre 1782 ab in Oesterreich geworden, gedenkt der kaiserlichen Theilnahme für die illyrische Literatur und der Liebe des Monarchen für den ungarisch-slavischen, den dalmatischen und überhaupt für jeden Zweig des illyrischen Volksstammes. Die der zweiten Abtheilung vorangeschickte Vorrede Appendinis erläutert die Vorzüge und das Alter der illyrischen Sprache. Die Herausgabe der dritten Abtheilung, welche dem von Napoleon zum Herzog von Ragusa ernannten Marschall Marmont gewidmet ist, wurde nur dadurch ermöglicht, daß Stulli diesen französischen Gewalthaber in Dalmatien für sein Werk zu interessiren verstanden hatte. Dem ersten und zweiten Theile ist ein Verzeichniß der lateinischen und illyrischen Autoren angehängt, welche der Verfasser zu seinem Werke benützt hat. Ueberdies schöpfte er Einiges aus dem Ruthenischen, hat aber manches Wort unrichtig gelesen oder falsch nachgeschrieben; auch kommt es hie und da [192] vor, daß er Wörter aus fremden Mundarten an Stelle heimischer gebraucht. Diese und andere Unzukömmlichkeiten beeinträchtigen aber keineswegs den Werth einer Arbeit, für welche er keinen Vorgänger hatte, und die er so zu sagen aus dem Rohen herausarbeiten mußte. Dieses Werk ist so reichhaltig, daß es noch zur Stunde überhaupt kein Slavist entbehren kann. Stulli arbeitete meist allein, nur sein älterer Bruder Johann (geb. 1728, gest. 1804), der, gleichfalls Geistlicher, ein paar illyrische Andachtsbücher: „Put sv. Križa“, d. i. Heiliger Kreuzweg (Zara um 1800) und „Nauk kristianski“, d. i. Christliche Lehre (ebd.) herausgegeben, hat ihn theilweise darin unterstützt, und im illyrischen Theile findet sich von Johann (Ivan) ein Nachtrag illyrischer Wörter. Von seinem Ordensbruder Fabianich wird über ihn berichtet, daß er bei der großen Reizbarkeit seines Temperamentes sich leicht über die Grenzen der Mäßigung hinreißen ließ und dann ungerecht wurde, aber ungemein fromm und seinem Orden anhänglich, vermachte er demselben den ganzen Gewinn, den er von seinem Werke hatte, sowie die unverkauften Exemplare. Stulli starb hochbetagt, nach Einigen 83, nach Anderen gar 88 Jahre alt.

Sartori (Franz Dr.), Historisch-ethnographische Uebersicht der wissenschaftlichen Cultur, Geistesthätigkeit und Literatur des österreichischen Kaiserthums u. s. w. (Wien 1830, Gerold, gr. 8°.) I. (und einziger Theil), S. 91. – Annalen der Literatur und Kunst, in dem österreichischen Kaiserthume (Wien, Anton Doll, 4°.) Jahrgang 1809, Intelligenzblatt December, Sp. 270. – Kopitar (Barth.), Kleinere Schriften. Herausgegeben von Miklosich (Wien 1857, Beck, 8°.) S. 14. – Paul Joseph Šáfarík’s Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Joseph Jireček (Prag 1865, Friedrich Tempsky, 8°.) II. Illyrisches und kroatisches Schriftthum, S. 87 und S. 111 u. f.]. – Fabianich (Donato P.), Storia dei frati minori dal primordi della loro istituzione in Dalmazia e Bosnia fino ai giorni nostri (Zara 1864, Battara, gr. 8°.) Тоmо II, S. 205.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bruder (vergleiche die Lebensdaten).