BLKÖ:Trivulzio, Johann Jacob Conte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 47 (1883), ab Seite: 214. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Johann Jacob Conte Trivulzio in Wikidata
GND-Eintrag: 1106260813, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Trivulzio, Johann Jacob Conte|47|214|}}

Trivulzio, Johann Jacob Conte (Kunstmäcen, geb. zu Mailand 22. Juli 1774, gest. ebenda 29. März 1827). Ein Sproß derselben Familie, deren in den Quellen S. 216 nähere Erwähnung geschieht. Sein Vater war der Marchese Georg Trivulzio, die Mutter Christine geborene Gräfin Cicogna aus einem der edelsten Geschlechter Venedigs. Frühzeitig bekundete der Sohn große Neigung für die Literatur und Pflege der Wissenschaften, für welche übrigens auch im Elternhause die Pforten offen gehalten wurden. Ein französischer Exjesuit, Abbé Portal, leitete die Erziehung des ungemein geistbegabten Knaben, der mit besonderem Eifer neben der italienischen Sprache auch die lateinische und französische betrieb und so seinen Geschmack bildete und veredelte. Bald zog ihn die Dichtung seines Vaterlandes, die so reich an den herrlichsten Blüten war, vor allen anderen an. Aelter geworden, schloß er sich an Parini [Bd. XXI, S. 299], einen der feinfühligsten Geister Italiens an, und der Dominicanermönch Carlo Rovelli, der 1819 als Bischof von Como starb, erschloß ihm die Reize und Herrlichkeiten der griechischen Sprache und Dichtung. So vom Geiste der alten Classiker wie der großen Poeten seines Vaterlandes genährt, unternahm er 1807 eine Reise nach Rom, von welcher er mächtige Eindrücke heimbrachte. Im Jahre 1810 wurde er Kämmerer des Königreiches Italien; 1814 besuchte er Holland, 1823 Toscana und noch einmal Rom, wo ihn Papst Leo XII. (della Genga) huldvollst empfing, dann in verschiedenen Jahren Venedig, Tirol. Doch alle diese Reisen unternahm er nicht etwa blos, um diese Länder kennen zu lernen, sondern vornehmlich um für seine reichen Kunstsammlungen und seine Bibliothek neue Schätze zu gewinnen, was ihm auch in ganz besonderer Weise gelang und ihn in den Stand setzte, durch die in liberalster Weise gestaltete öffentliche Benützung seiner Schätze der Wissenschaft und Kunst die wichtigsten Dienste zu leisten. Bald galt die Bibliothek des Conte Trivulzio für eine der reichsten und kostbarsten, durch die Menge seltener Handschriften, der besten Ausgaben italienischer Autoren, der nahezu vollständigen Suiten der Ausgaben des fünfzehnten Jahrhunderts, der „Aldini, Comines“ u. s. w., und auch sein Museum barg Schätze, welche in die Rubrik der Unica zählten. Auf des Grafen Einladung kam der berühmte Historiker und Forscher Carlo Rosmini [Bd. XXVII, [215] S. 53] nach Mailand, und in dessen Biographie wird schon berichtet, wie ihm Trivulzio in liberalster Weise die Schätze seiner Bibliothek zur Verfügung gestellt und die Herausgabe der Werke von Vittorino da Feltre, Guarino und des Filelfo da Tolentino, vornehmlich aber das Zustandekommen des Geschichtswerkes über des Grafen Ahnherrn, den berühmten Gian Jacopo Trivulzio, ermöglicht habe. Wir sind außer Stande, Alles hier anzugeben, was die Gelehrten Italiens in Folge der Benützung der Bibliothek Trivulzio’s veröffentlichten, einige Andeutungen aber mögen genügen, um den Reichthum derselben darzuthun und um den Geist des Besitzers zu würdigen, der nicht auf seinen Büchern saß wie die modernen Bibliothekare und Custoden öffentlicher Büchersammlungen, die es gleich dem Hunde thun, der auf dem Heu sitzt und es selbst nicht frißt, aber es auch keinem anderen gönnt. Peter Mazzuchelli [Bd. XVII, S. 218, Nr. 5], dem Conte Trivulzio die Oberaufsicht über seine sämmtlichen Sammlungen anvertraut hatte, gab auf Grund der daselbst befindlichen Handschriften das Gedicht des Cresconio Corippo über den Krieg gegen die Mauren unter dem Titel: „Johannidos seu de bellis Lybicis libri VII“, ferner die „Raccolta di lettere ed altre Prose del Tasso und die „Lettere inedite di Annibale Caro“ heraus; Ciampi edirte und erläuterte die „Rime di Cino di Pistoia“, Viviani den „Dante Bartoliniano“, Michael Vannucci die „Tre volgarizzamenti del libro di Catone de’ Costumi“, Maurizio Moschini die „Sentenze morali di filosofi greci di Seneca, Vincenz Monti seinen berühmten „Saggio del Convito di Dante, welch letzteres Werk auf Grundlage einer Sammlung sämmtlicher Ausgaben desselben, welche Trivulzio in seiner Bibliothek besaß, und durch sorgfältige Vergleichung aller in den Bibliotheken von Florenz, Rom und Venedig befindlichen Codices ermöglicht wurde. Aber nicht blos nach dieser wissenschaftlichen Seite hin erscheint Trivulzio als Förderer; als Besitzer eines Museums, das reiche und seltene Kunstschätze enthielt, war er auch nach dieser Richtung thätig, und Kunstkenner und Kunstfreunde wendeten sich an ihn mit Anfragen und Schreiben, in welchen sie gegen ihn ihre Ansichten über neuaufgefundene Kunstwerke aussprachen. So z. B. enthält das „Giornale delle provincie venete“, 1824, vol. VI. p. 113–124, den Brief des Pier Alessandro Paravia [Bd. XXI, S. 289] aus Zara über ein dem Pordenone zugeschriebenes Gemälde. Die Bemühung des Grafen um die Herstellung correcter tadelloser Ausgaben wichtiger Werke der Literatur seines Vaterlandes, sein Eifer für die Kunst blieb von Seite der gelehrten Welt nicht unerwidert; mit Manzoni zugleich ernannte ihn die Crusca zum correspondirenden Mitgliede, das Ateneo von Venedig, die römische Akademie der Alterthumskunde, die päpstliche von San Luca und viele gelehrte Gesellschaften Italiens sandten ihm ihre Diplome. Leider wurde Trivulzio frühzeitig das Opfer eines Leidens, das ihn schon seit Jahren von Zeit zu Zeit befiel und, obwohl immer wieder beschwichtigt, doch nie ganz geheilt werden konnte. Im Alter von 53 Jahren wurde er Italien, wurde er seiner Familie entrissen. Er war mit Beatrice Gräfin Serbelloni vermält, welche ihm außer einem Sohne Georg vier Töchter schenkte, sämmtlich noch bei Lebzeiten ihrer Eltern [216] vermält und in herrlichen Festgedichten (per le nozze) Vincenzo Monti’s gefeiert. Sein literarischer Verkehr war ein sehr ausgebreiteter, und außer den Männern, die schon in vorstehender Lebensskizze erwähnt sind, nennt uns sein Briefwechsel die Namen eines Francesco Fontana [Bd. IV, S. 282], Giuseppe Bossi [Bd. II, S. 87], Antonio Cesari [Bd. II, S. 325], Giov. Batt. Brocchi[WS 1] [Bd. II, S. 148], Carlo Ottav. Castiglioni [Bd. II, S. 309], Michael Colombo [Bd. II, S. 433], Cicognara [Bd. II, S. 369], Felice Bellotti [Bd. I, S. 247], Ippolito Pindemonte, Perticari, Mustoxidi, Pompeo Litta [Bd. XV, S. 280], Angelo Mai und vieler Anderer, darunter auch manche von Gelehrten fremder Nationen. Seine Gemalin begann die Zusammenstellung seiner Familienbriefe und anderer Schriftstücke, mit der Absicht, sie herauszugeben und so dein Gatten, Gelehrten und Menschen ein seiner würdiges Denkmal zu setzen, aber ihr Tod vereitelte die Durchführung dieses löblichen Vorhabens. Ob vielleicht der Sohn in richtiger Pietät die Absicht der Mutter erfüllte, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt.

Biblioteca italiana (Milano, 8°.) tomo LXI, p. 393–408: „Necrologia“. – Tipaldo (Emilio de). Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti del secolo XVIII e de’ contemporanei ecc. (Venezia 1841, tipogr. di Alvisopoli, gr. 8°.) volume II, p. 470–478 di Giov. Ant. Maggi.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Giov. Balt. Brocchi.