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BLKÖ:Vetter, Graf von Lilienberg, Wenzel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 50 (1884), ab Seite: 239. (Quelle)
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Vetter, Graf von Lilienberg, Wenzel (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Časlau in Böhmen am 16. März 1767, gest. zu Zara 6. Februar 1841). Der Sproß einer edlen, jetzt im Mannesstamme erloschenen Familie. Von seinen Eltern für den Civildienst bestimmt, widmete er auch seine Studien diesem [240] Berufe, bis nach Verlauf einiger Jahre eine Begegnung mit dem Feldzeugmeister von Alvinczy seinem Schicksale eine andere Wendung gab. Der alte General, der an dem stattlichen jungen Manne, dessen feuriges Temperament sofort für ihn einnahm, Gefallen fand, überredete ihn, sich dem Waffendienste zu widmen, und in der That trat Vetter am 20. Jänner 1790 als Cadet in das Regiment seines Gönners, rückte in wenigen Wochen (16. April) zum Fähnrich vor und begab sich sofort nach Belgrad, wo er noch dem Ende des Feldzuges dieses Jahres gegen die Türken beiwohnte. Der bald darauf abgeschlossene Friede ermöglichte es Vetter, sich für den neu erwählten Stand auszubilden, doch war ihm nur kurze Zeit für diesen Zweck vergönnt, da die Wogen der französischen Revolution bis nach Oesterreich flutheten, welches sich denn auch zum Kampfe rüstete, der ein ganzes Menschenalter hindurch unter nie geahnten Wechselfällen dauerte. 1792 rückte das Regiment Alvinczy von Kaschau auf den Kampfplatz in Italien ab, wo Vetter im folgenden Jahre seine erste Waffenthat bei Dego vollführte. Eine französische Colonne hatte sich unbemerkt den Verschanzungen unseres rechten Flügels genähert und diese angegriffen. Tödtlich getroffen, fiel Vetter’s Hauptmann. Einer bedeutenden Kopfwunde nicht achtend, stürzte sich Vetter, in Erbitterung über den Verlust desselben, sofort auf den in die Verschanzungen bereits eingedrungenen Feind mit solcher Bravour, daß dieser alsbald die Flucht ergriff und zwei früher verlorene österreichische Geschütze von den Unseren wieder erobert wurden. Für diese Waffenthat avancirte Vetter am 1. Mai 1793 außer seinem Range zum Lieutenant. – Von seinem zum Generalmajor beförderten Obersten Baron Pittoni zum Adjutanten erwählt, that er sich in dieser Eigenschaft bei Savona, durch die Umsicht, mit welcher er bei der Vorrückung die Recognoscirung durchführte, besonders hervor, und nahm bei dieser Gelegenheit einen feindlichen Stabsofficier mit einem zweiten Officier gefangen. – Gleiche Umsicht und Tapferkeit bewies er bei Vado, wo er ein Pferd unter dem Leibe verlor, und dann bei Lovno, wo während einer sechsmonatlichen Aufstellung fast täglich Gefechte mit wechselndem Glücke statthatten, denen er, sowie der am 23. November gelieferten Schlacht beiwohnte, in welcher er auch eine Verwundung davontrug. – Gleich zu Anfang des Feldzuges 1790 wurde General Pittoni gegen Genua entsendet. Lieutenant Vetter, obgleich von seiner Wunde noch nicht vollkommen hergestellt, erbot sich am 10. April die Colonne der Freiwilligen gegen Voltri zu führen. Gegen einen drei- bis viermal stärkeren Feind vollzog er siegreich diese Aufgabe: denn nicht nur beklagte der Gegner namhafte Verluste an Todten, Verwundeten und Gefangenen, sondern er sah sich auch gezwungen, die sämmtlichen Magazinsvorräthe preiszugeben. Vetter wurde in Anerkennung seiner Waffenthat am 4. Mai 1796 zum Oberlieutenant im Generalquartiermeisterstabe befördert, und sein Chef erhöhte diese Auszeichnung noch dadurch, daß er ihn als Adjutanten zu sich nahm. – Am 29. Juli desselben Jahres bereitete sich Feldmarschall-Lieutenant Sebottendorf zum Angriffe auf die starke Position bei Rivoli vor. Da überbrachte ihm Oberlieutenant Vetter eine Botschaft des Feldmarschalls Wurmser. Wie er in diese Affaire eingriff, erfahren wir aus seines Generals [241] Zeugnisse, in welchem es wörtlich heißt: „daß sich Vetter aus eigenem Antriebe erbot, den Plan zum Angriff der so vortheilhaften und wohlbefestigten feindlichen Stellung zu entwerfen und die Avantgarde zu führen, und dies mit solcher Geschicklichkeit ausführte, daß dem Feinde, seiner hartnäckigen Gegenwehr ungeachtet, die Stellung genommen wurde, mehrere Gefangene und alle Kanonen, die darin waren, in unsere Hände gefallen und die Affaire für diesen Tag ganz für uns entschieden ward“. Dabei verlor Vetter wieder ein Pferd unter seinem Leibe. – Ganz besonders that er sich dann in den mörderischen Tagen vom 3. und 5. August bei Castiglione delle Stiviere hervor, wo neuerdings zwei Pferde unter ihm getödtet wurden. Er leitete nämlich den Angriff auf die Anhöhe von Solferino mit großem Geschick und nicht geringerer Tapferkeit und führte denselben auch glücklich aus, befreite eine große Anzahl verwundeter Oesterreicher aus feindlichen Händen, und trug nach dem Zeugnisse Wurmser’s wesentlich zur Behauptung des Schlachtfeldes auf dem rechten Flügel bei. – Mit gleicher Bravour kämpfte er in den Gefechten bei Ala, Trient, Cairolo und Bassano, wo ihm wieder zwei Pferde unterm Leibe fielen, und in der Schlacht, welche am 5. August beinahe unter den Thoren Mantuas geschlagen wurde. Dort brachte er das bereits weichende Bataillon von Reisky-Infanterie durch einen mit zwei Escadrons Cavallerie aus eigenem Antriebe unternommenen Angriff zum Stehen, so daß dasselbe, nachdem es sich gesammelt hatte, von Neuem gegen den Feind rückte und ihm eine große Anzahl unserer Leute, welche in Gefangenschaft gerathen waren, wieder abnehmen konnte. Auch ein Bataillon Eszterházy entging dadurch der gleichen Gefahr. – Indessen war Mantua von den Franzosen eingeschlossen worden, und Feldmarschall-Lieutenant Provera rückte zum Entsatze der Festung heran. Nun galt es zur Erreichung dieses Zweckes, die Ausführung eines combinirten gemeinschaftlichen Angriffs auf das französische Bloquadecorps zu ermöglichen. Oberlieutenant Vetter, dessen Entschlossenheit und Klugheit man kannte, sollte dem Feldmarschall-Lieutenant Provera die nöthigen Verhaltungsbefehle überbringen. Es war dies ein Wagniß, das mit keinem Kampfe im offenen Felde gegen einen noch so überlegenen Feind zu vergleichen ist. In der Nacht vom 15. auf den 16. Jänner 1797 verließ er mit den erhaltenen Aufträgen die Festung. Der Sprache fehlt das Wort, um die Gefahren zu schildern, welche dem muthigen Officier während seines fünfstündigen Watens im Sumpfe, hier durch Versinken, dort durch verdoppelte Wachsamkeit des Feindes drohten. Es gelang ihm das Wagniß, unentdeckt traf er unweit Roverbello bei dem Feldmarschall-Lieutenant Provera ein. Aber der gefahrvolle Weg war vergebens gemacht worden, denn bald darauf erfolgte der Abschluß der Capitulation, und Vetter gerieth mit der übrigen Besatzung in Kriegsgefangenschaft. Doch schon nach zwanzig Tagen wurde er gegen einen im Range viel höheren französischen Officier ausgewechselt. – Nun gab er im weiteren Verlaufe der Kämpfe, am 13. März an der Piave, dann noch im nämlichen Monate am Tagliamento, Isonzo, bei Klagenfurt, St. Veit, und am 3. April bei Unzmarkt neue Proben seiner Tapferkeit. Dem Antrage des Feldmarschalls Alvinczy, Vetter zum wirklichen Hauptmann im Generalquartiermeisterstabe zu [242] befördern, wurde nicht willfahrt, da derselbe noch zu sehr tief im Range war, und so ernannte ihn Alvinczy am 1. April 1797 zum Capitain in seinem -Regimente, mit dem Beifügen, daß auf ihn bei der ersten Apertur zum wirklichen Hauptmanne Bedacht genommen werden solle. – In Folge des Friedens von Campo Formio (17. October 1797) ward Vetter seinen Studien zurückgegeben, denen er zur höheren Ausbildung im Waffendienste nun mit größtem Eifer oblag. Aber schon mit Beginn des Jahres 1799 zogen drohende Kriegswolken am politischen Horizonte auf, welchen alsbald der Ausbruch des Kampfes folgte. Unter Feldmarschall-Lieutenant Kray focht Hauptmann Vetter in Italien, am 26. März bei Verona und in allen folgenden Kämpfen. Er wurde als Chef des Generalstabes dem mit der Belagerung von Tortona beauftragten Generalmajor Alcaini beigegeben. Derselbe starb bald darauf, und Generalmajor Bussy übernahm das Commando. Was nun Vetter in dieser Stellung geleistet, ist in dem von Letzterem ihm ausgestellten Zeugnisse enthalten, in welchem es wörtlich heißt: „Die sämmtlichen Dispositionen der Einschließung allein und auf das beste besorgt und nicht nur während der Belagerung durch seinen unermüdeten Eifer und beispiellose Thätigkeit, dann durch seine trefflichen Vorkehrungen die wesentlichsten Dienste geleistet, sondern auch die gefährlichsten Unternehmungen freiwillig auf sich genommen, ja stets darum gebeten und solche mit der ihm eigenen Tapferkeit geführt und vollzogen zu haben; ferner hat er bei allen Gelegenheiten seine Rastlosigkeit, Tapferkeit und militärische Einsicht zum Besten des allerhöchsten Dienstes bewiesen und sich die Achtung aller braven Soldaten der Armee erworben“. – Im weiteren Verlaufe dieses Feldzuges zeichnete sich Vetter als Generalstabsofficier bei dem Feldmarschall-Lieutenant Grafen Bellegarde in einem hartnäckigen Treffen am 20. Juni gegen einen dreifach stärkeren Feind aus, bei welcher Gelegenheit zwei Pferde unter ihm getödtet und eines verwundet wurde, und bei Cassino Grosso, dann in der Schlacht bei Novi am 15. August. – Als in Folge der am 22. August abgeschlossenen Uebereinkunft die Festung Tortona am 11. September mit 79 Geschützen verschiedenen Calibers und ansehnlichen Vorräthen an Munition, Kriegsgeräthen und Lebensmitteln in die Hände der Unseren fiel, wurde Vetter mit der Nachricht hierüber zuerst an den Feldmarschall Suwarow und dann nach Wien als Courier entsendet, wo er in der Nacht vom 17. September eintraf. Die „Wiener Zeitung“ in der Beilage Nr. 47 vom nämlichen Tage begleitete die in dem Berichte des Generals der Cavallerie Freiherrn von Melas enthaltene ehrenvollste Erwähnung des Verhaltens Vetter’s mit den Worten: „daß dieser Officier durch seinen stets an Tag gelegten Muth und Entschlossenheit zu dem glücklichen Ausgange der Belagerung sehr viel beigetragen habe“. – Von Wien rückte Vetter zum Belagerungscorps von Cuneo ein und stürmte mit einer Division des Regiments Alvinczy ein Vorwerk; bald darauf, am 3. December, capitulirte die Festung. Während der Ruhe, die nun folgte, wurde er in diplomatischem Dienste verwendet und von dem Feldmarschall-Lieutenant Prinzen von Hohenzollern mit wichtigen Aufträgen an den königlich großbritannischen Botschafter in Florenz und an den Vice-Admiral Lord Keith entsendet. Aber als der Feldzug des Jahres 1800 begann, [243] kehrte er in den Dienst der Waffen zurück. Eine der nächsten Operationen der Oesterreicher war gegen die Riviera gerichtet, es mußte jedoch, wenn man in Genua festen Fuß fasten wollte, die Wegnahme der Bocchetta vorangehen. Der Angriff von unserer Seite erfolgte nun thatsächlich am 7. April; am 8. rückte man gegen Cabane vor und gedachte noch am Abende dieses Tages bis Villa Calda vorzugehen. Bei der in der Nacht von mehreren Officieren vorgenommenen Recognoscirung befand sich auch Vetter, welcher dann bei seiner Zurückkunft die Disposition zum bevorstehenden Angriff entwarf. Am nächsten Tage sollte dieser mit einem Bataillon Kray, einem Bataillon und drei Compagnien Alvinczy, unter Vetter’s Führung erfolgen. An der Spitze seiner Truppe warf sich derselbe mit wahrer Todesverachtung auf die ersten Verschanzungen, nahm sie nach einem dreistündigen blutigen Kampfe und dann unter Mitwirkung des Hauptmanns vom Generalquartiermeisterstabe Baron Geppert auch noch die übrigen sieben, wobei sechs Kanonen erobert und drei Bataillons Franzosen zum Theile gefangen genommen, zum Theile zusammengehauen wurden. In der 68. Promotion vom 5. Mai 1802 erhielt er für diese Waffenthat das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens zuerkannt. – Mit gleicher Bravour benahm er sich bei der darauf folgenden denkwürdigen Belagerung von Genua. In den zahlreichen Kämpfen, vornehmlich aber am 13. Mai bei Turazzo, that er sich wieder durch unerschütterliche Bravour hervor. Insbesondere dieser schreibt man es zu, daß die drei Stürme der französischen Division Garau auf die dortigen Verschanzungen scheiterten, welche Vetter an der Spitze von vier Compagnien des Regiments Alvinczy heldenmüthig vertheidigte. Dadurch mißlang der Plan des Feindes, die Stellung der Unseren auf dem Monte Creto im Rücken zu nehmen, Soult wurde durch den Prinzen Hohenzollern geschlagen und gefangen genommen. Hauptmann Vetter erhielt in diesem Kampfe am Kopfe eine gefährliche Wunde, wohnte aber gleichwohl, als am 5. Juni Genua capitulirt hatte, dem feierlichen Einzuge der 16 Bataillons bei. Aber der nun folgende weltgeschichtliche Zug Napoleons über die Alpen brachte Oesterreich um alle mit dem Blute so vieler Tausende erkämpften Erfolge. – Am 25. Mai 1800 wurde Vetter vornehmlich auf die Anempfehlung Suwarow’s zum Major im Infanterie-Regimente Jordis befördert. Demgemäß begab er sich aus der Riviera zu dem kaiserlichen Truppencorps in Toscana, wo er das Commando der Vorposten bei Barberino übernahm. Da bei diesem Truppencorps bereits ein empfindlicher Mangel an Lebensmitteln eingetreten war, erhielt Vetter den Auftrag, die Verpflegung wieder in Gang zu bringen, und er löste diese Aufgabe auch in befriedigendster Weise. Nun rückte er wieder bei seiner Avantgarde ein, überrumpelte auf seinem Zuge in die Romagna Pesaro, Rimini und Imola, in den beiden ersteren Orten die feindliche Besatzung gefangen nehmend. In letztere Stadt drang er am 12. December mittels einer von ihm unterwegs aufgefangenen Estafette ein. Mit vorgehaltener Pistole zwang er die Estafette, sich als solche bei der Thorwache anzumelden und Einlaß zur begehren. Als der Eingang geöffnet wurde, stürzte er sich mit dem Lieutenant Derra und sieben Kürassieren gleichzeitig auf den überraschten Wachposten, hieb ihn nieder und erbrach sofort das Thor. [244] Nun sprengte auch das zu diesem Zwecke; bereit gehaltene Cavalleriedetachement herbei, worauf die im Ort befindliche feindliche Reiterabtheilung mit Zurücklassung des Gepäcks die Flucht ergriff. Der Friede von Luneville, 9. Februar 1801, machte allen weiteren Kämpfen, ein Ende, und die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Krieges benützte unsere Armeeleitung zur Beseitigung der im Verlaufe des Feldzuges erkannten Mängel in der Organisation der Armee. Bei der im Jahre 1803 erfolgten Besitznahme von Salzburg durch General Merveldt ward Vetter demselben beigegeben. – Als sich dann im Herbste 1804 die Anzeichen des Krieges mehrten und auch unsererseits Anstalten getroffen wurden, daß uns der Feind nicht unvorbereitet finde, erhielt Vetter zunächst das Commando eines Cordons auf der Strecke von Monte Baldo, Lago di Garda und Val di Ledro, welche Maßregel man durch das an den spanischen Küsten ausgebrochene gelbe Fieber hervorgerufen erklärte, während man nur unsere durch das drohende Auftreten Frankreichs veranlaßten kriegerischen Vorkehrungen zu decken suchte. Als dann nach den Unfällen des Feldmarschall-Lieutenants Auffenberg bei Wertingen und dem hiedurch veranlaßten Rückzuge des Feldmarschall-Lieutenants Kienmayer, besonders aber nach dem unglücklichen Gefechte vom 14. October und der Uebergabe von Ulm die Rathlosigkeit den Höhepunkt erreichte, Tirol von Geflüchteten, von Gepäck und zügellosem Trosse überschwemmt wurde und die Gefahr durch Unordnungen aller Art und grobe Excesse, welche sich mit jedem Tage mehrten, täglich, ja stündlich wuchs, da berief der eben in Innsbruck weilende Erzherzog Johann, als er sah, daß der Landesgouverneur und Platzoberst nicht genügten, dem unheildrohenden Chaos zu steuern, den Major Vetter herbei, dem es bei ausgedehnten Vollmachten gelang, innerhalb acht Tage die Ordnung herzustellen und alle Gefahren, die bei dem noch hinzugetretenen Mangel an Lebensmitteln der Bevölkerung bevorstanden, von derselben abzuwenden. Eine gefährliche Augenkrankheit trug Vetter bei dieser Gelegenheit davon. Erzherzog Johann aber ertheilte dem wackeren umsichtigen Stabsofficier das Zeugniß: „daß sich derselbe bei diesem Anlasse wesentliche Verdienste um den Staat gesammelt habe“. – Am 1. December 1804 rückte Vetter zum Oberstlieutenant, am 27. Juli 1807 zum Obersten und Commandanten des Infanterie-Regiments Coburg Nr. 22 vor. Das in Folge ungünstigster Verhältnisse völlig desorganisirte Regiment brachte er innerhalb zweier Monate durch unermüdliche Anstrengung und einsichtsvolle Strenge in einen solchen Stand, daß, als Erzherzog Karl es im Lager bei Brünn besichtigt hatte, er im Armeebefehle aussprach: „Das Regiment Coburg hat bewiesen, was ein thätiger Oberst zu leisten vermag“. – Im Kriege des Jahres 1809 erhielt Oberst Vetter mit seinem Regimente die Eintheilung zum Armeecorps des Fürsten Rosenberg, und am 19. April hatte er wieder seinen Ehrentag. An der Bober in Schlesien sollte er den Wald bei Diezling gegen die feindliche Uebermacht behaupten. Wiederholte hartnäckige Angriffe derselben wies er entschieden ab und blieb so lange auf seinem Platze, bis er, schwer am Kopfe verwundet, vom Schlachtfelde getragen werden mußte. Zur Heilung seiner gefährlichen Wunde begab er sich nach Znaim, leistete aber dort, seiner heftigen Schmerzen nicht [245] achtend, der Armee die wesentlichsten Dienste, indem er für die nach der Schlacht bei Aspern dahin gebrachten zweitausend Verwundeten, deren Pflege bei dem Drange der Umstände viel zu wünschen übrig ließ, mit Umsicht und Menschenliebe sorgte und viel zur Verbesserung und Linderung ihrer Lage beitrug. Für sein tapferes Verhalten an der Bober wurde er am 30. Mai 1809 zum Generalmajor befördert. – Noch war seine Wunde nicht geheilt, und schon rückte er zur Armee ein und focht in der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli an der Spitze seiner Brigade. Bei Süßenbrunn gleichfalls an der Spitze derselben, unter einem Regen von Kugeln, Kartätschen und Granaten – so lauten die Worte der amtlichen Relation – brachte er nach einem dem Feinde zugefügten empfindlichen Verluste denselben zum Weichen. Aber seine indessen schlimmer gewordene Kopfwunde nöthigte ihn, den Tag nach der Schlacht aus den Reihen der Kampfenden zu treten, um einer ernstlichen ärztlichen Behandlung sich zu unterziehen, welche auch der bald darauf abgeschlossene Friede ermöglichte. – Als dann im Jahre 1812 der für Frankreich so verhängnißvolle Krieg gegen Rußland ausbrach, befand sich unter den Generalen, welche für das von Feldmarschall Schwarzenberg befehligte österreichische Auxiliarcorps bezeichnet waren, auch General Vetter. Er begab sich denn sofort an seine neue Bestimmung und focht schon am 12. August bei Horodezna. Dort aber hatte er das Unglück, durch eine feindliche Geschützkugel das Pferd unterm Leibe zu verlieren, und bei dem gewaltigen Sturze nebst einer bedeutenden Hüftenlähmung auch noch eine schwere Verwundung am Kopfe davonzutragen. Die traurige Folge dieser Verletzung war ein beinahe vierjähriges höchst bedenkliches, mit periodischer Betäubung und sogar sechswöchentlicher gänzlicher Erblindung verbundenes Leiden, welches ihn zwang, um Versetzung in den Ruhestand zu bitten, und ihn so um die Mitwirkung an den Kämpfen der Jahre 1813 und 1814 brachte, was ihm zumeist nahe ging. Endlich aber siegte seine kräftige Statur. Im Jahre 1816 wurde er zum Festungscommandanten in Salzburg ernannt, am 22. Jänner 1817 zum Feldmarschall-Lieutenant mit der Bestimmung in die Lombardie befördert. Als Divisionär daselbst fand er 1821 bei Ausbruch des piemontesischen Aufstandes und im Treffen bei Novara Gelegenheit, durch seine oft bewährte Umsicht sich neue Verdienste um den Staat zu sammeln. Er wurde auch zum Militärgouverneur in Alessandria ernannt und ihm Ende 1822 das Truppencommando in Sicilien übertragen. Durch Strenge und Energie einerseits, durch imponirende Würde, Gerechtigkeit und menschenfreundliches Benehmen anderseits gewann er das Zutrauen der im hohen Grade aufgeregten Bevölkerung, und als er am 9. April 1826 nach abgehaltener großer Kirchenparade mit seinem Truppencorps von Palermo unter Segel ging, folgten ihm die Segenswünsche der Inselbewohner. Diese Empfindungen waren nicht künstlich herbeigeführt oder durch die gebieterischen Umstände anstandshalber veranlaßt; denn ein Jahr nach der stattgehabten Räumung Siciliens überreichten ihm die Einwohner Palermos als Zeichen ihrer unbegrenzten Dankbarkeit und Verehrung einen prachtvollen mit Brillanten besetzten Degen. Doch die Anstrengung des Dienstes, verbunden mit dem heißen Klima Siciliens, hatte auf die durch Wunden stark angegriffene Gesundheit des Generals [246] nachtheiligen Einfluß, und so wurde er zunächst am 16. Juli 1827 als Festungscommandant nach Venedig bestimmt; aber noch im November desselben Jahres kam er als Divisionär und Militärcommandant des Küstenlandes nach Triest und von dort im November 1829 als commandirender General nach Croatien, wo sich ihm Gelegenheit darbot, die Eigenthümlichkeiten des MilitärgrenzInstitutes in allen Einzelheiten kennen zu lernen, manche Mängel desselben zu beseitigen und dessen Vorzüge zu stärken und auszubilden. Durch ambulante Colonnen steuerte er dem Unwesen der Räuberbanden, welche bis dahin das Land unsicher machten, und durch Repressalien gegen die zügellosen bosnischen Horden schaffte er Ruhe und Ordnung. Da erfolgte am 3. September 1831 seine Ernennung zum Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien. Daselbst entfaltete er seine ganze Energie, um, nachdem er die Bedürfnisse des Landes erkannt, Industrie, Handel und Ackerbau und durch diese den Wohlstand der Provinz zu heben. Die beschleunigte Eröffnung der herrlichen Kunststraße über das Bellebitgebirge wurde durch seinen rastlosen Eifer herbeigeführt. Ein auf den Höhen dieses Straßenzuges errichtetes geräumiges Wohngebäude gewährte den Reisenden, deren so manche vordem nicht selten in den unwirthbaren Höhen ihren Tod gefunden, Schutz und Obdach. Die Stadt Zara aber verdankt ihm die seit Jahrhunderten entbehrte Wohlthat einer Wasserleitung und mehrere sowohl innerhalb als außerhalb ihres Weichbildes ausgeführte Verschönerungen und zweckmäßige Verbesserungen. Am 1. September 1838 wurde Vetter zum Feldzeugmeister befördert. Sämmtliche Civil- und Militärbehörden kamen überein, das Andenken an dieses Ereigniß auf eine bleibende Weise durch Gründung einer Stiftung zu feiern, welche den Namen des Generals, die Lilienberg’sche, führt. Zu diesem Zwecke floß bald die Summe von 12.438 fl. zusammen, deren Interessen zur Errichtung von sechs Stipendien für die studirende Jugend Dalmatiens bestimmt wurden. Das Verleihungsrecht steht den männlichen Descendenten der Graf Vetter’schen Familie zu, und hat nach deren Erlöschen der Dalmatiner Landesstelle anheimzufallen. Am 20. Jänner 1841 beging der Feldzeugmeister sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum, und wenige Wochen danach wurde er, nachdem er noch fünf Stunden früher die vorgelegten Acten unterschrieben, plötzlich, im Alter von 74 Jahren, vom Tode dahingerafft. Außer seinen meist außer dem Rang erfolgten Beförderungen fanden seine zahlreichen Verdienste um Staat und Monarch noch manche Anerkennung. So wurde Vetter am 21. December 1813 in den erbländischen Grafenstand erhoben, am 25. März 1817 ihm die k. k. Kämmererswürde, am 2. März 1823 der Titel eines geheimen Rathes verliehen. Außer verschiedenen ausländischen Orden von Sardinien, Sicilien, Sachsen, dem h. Stuhl, erhielt er von seinem Kaiser den Orden der eisernen Krone erster Classe und am 14. Juni 1821 die Inhaberstelle des Infanterie-Regiments Nr. 18. 1809 hatte er sich mit Therese geborenen Gräfin Daun vermält, welche er, nachdem sie ihm einen Sohn und eine Tochter geboren, schon nach wenigen Jahren durch den Tod verlor. Auf dem Schlachtfelde ein ausgezeichneter Krieger, war er am Bureautisch der Inbegriff eines vollendeten Staatsmannes. Man kann nicht sagen, in welcher Eigenschaft er höher stand. Was er als Soldat [247] geleistet, ist in der Kriegsgeschichte mit goldener Schrift eingezeichnet. Er hat in mehr als hundert Kämpfen eine Todesverachtung ohne Gleichen bewährt, viermal wurde er schwer, zweimal lebensgefährlich verwundet und litt Jahre lang an den Folgen seiner Wunden; 14 Pferde wurden ihm in den verschiedenen Affairen, in welchen er, stets ein siegreicher Held an der Spitze seiner Truppe stehend, derselben ein Beispiel hehrster Kriegertugend gab, unter dem Leibe erschossen. Der Monarch verlor an ihm einen in den schwersten Tagen der Monarchie erprobten Staatsdiener, die Armee einen Helden ersten Ranges, die Mannschaft einen für ihr Wohl besorgten Feldherrn und Vater, und wer ihm nahe gestanden, verehrte in ihm das Musterbild aller Tugenden des Menschen, Soldaten und Staatsmannes.

Schels. Oesterreichische Militär-Zeitschrift (Wien, 8°.) 1841, S. 188 und 306; 1844, S. 325. – Hirtenfeld (J.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, schm. 4°.) S. 730 und 1744.