BLKÖ:Thausing, Moriz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 44 (1882), ab Seite: 182. (Quelle) | |||
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[WS 1] besonders der Historiker Zacharias Ressel [Bd. XXV, S. 322, in den Qu.] angeregt hatte, bezog er 1856 die Universität Prag, die er 1858 mit jener zu Wien vertauschte. Hier wurden Theodor Sickel, Franz Pfeiffer und Rudolph von Eitelberger seine Lieblingslehrer. Nach einem Probejahre ward er wirkliches Mitglied des „Institutes für österreichische Geschichtsforschung“, und legte im Sommer 1861 die Prüfung aus den historischen Hilfsfächern ab. Ein kurzer Aufenthalt in München, welcher dem Besuche der Vorlesungen Heinrich von Sybel’s, sowie der Theilnahme an den Arbeiten der historischen Commission gewidmet war, verschafften Thausing, der inzwischen eine Supplentenstelle für deutsche Sprache und Literatur an einer Wiener Oberrealschule angenommen hatte, den ehrenvollen Antrag, als Mitarbeiter bei der Herausgabe der deutschen Städtechroniken in Nürnberg zu wirken. Entschlossen, diesem Rufe Folge zu leisten, erwarb er an der Universität Tübingen die philosophische Doctorwürde. Doch zur Uebersiedelung nach Nürnberg kam es nicht, da er 1862 auf Verwendung Eitelberger’s und Heider’s an der Bibliothek der k. k. Akademie der bildenden Künste zu Wien eine Anstellung als Assistent erhielt, mit welchem Posten eine neuerrichtete Docentur für Welt- und Culturgeschichte verbunden wurde. Im Jahre 1864 trat er in den Dienst Seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Albrecht, und zwar als Official der unter dem Namen „Albertina“ bekannten Kunstsammlung und Bibliothek. Nach dem Tode des Directors Karl Müller [Bd. XIX, S. 356, im Text], Ende 1868, übernahm er mit dem Titel eines Bibliothekars und Galerieinspectors die Leitung des genannten Kunstinstitutes. In diesem Amte, welches er noch gegenwärtig bekleidet, ist er eifrig darauf bedacht, die bereits unter seinen Vorgängern begonnene Neuaufstellung der wichtigen Sammlung zu vollenden und diese dem Kunststudium und der Wissenschaft nützlich zu machen. Als er 1872 nach Anton Springer’s Abgang für die kunsthistorische Lehrkanzel an der wiederhergestellten Universität Straßburg an erster Stelle in Vorschlag stand, erfolgte auf Antrag Eitelbergers seine Berufung als außerordentlicher Professor der Kunstgeschichte an die Wiener Universität (1873). Als akademischer Lehrer wahrt er im Anschlusse an das Institut für österreichische Geschichtsforschung und die von demselben vertretene exacte Richtung seinem Fache den strenghistorischen, der ästhetischen Betrachtungsart abholden Standpunkt. Einen 1875 an ihn ergangenen Ruf nach Berlin als Director des Kupferstichcabinetes der königlichen Museen lehnte er ab. Das Jahr darauf [183] erhielt er den Titel eines erzherzoglichen Galeriedirectors. Die Wahl zum Mitgliede der k. k. Centralcommission für Erhaltung alter Baudenkmale (1878) konnte er wegen Ueberhäufung mit Berufspflichten nicht annehmen. Durch testamentarische Verfügung des Fräuleins Anna Fröhlich, der letzten der Freundinen Grillparzer’s, die ihm in Folge seines Verkehres mit dem Dichter ihr Vertrauen geschenkt hatten, wurde er 1879 einer der fünf Curatoren der „Schwestern Fröhlich-Stiftung“. In demselben Jahre sah er sich auch zum ordentlichen Universitätsprofessor und endlich 1880 zum correspondirenden Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien ernannt. Thausing’s Schriften lassen den Umschwung erkennen, der durch den wiederholten Wechsel seiner äußeren Stellung in seine wissenschaftliche Thätigkeit kam: vom Germanisten und Lautphysiologen gelangte er zum politischen und Culturhistoriker, von diesem zum Kunsthistoriker. Die Neigung zum kunstgeschichtlichen Fache hatte sich jedoch in ihm schon früh geregt. Entscheidend dafür war ein in seine Jugend fallender, später oft wiederholter Besuch Dresdens und der Kunstsammlungen daselbst. Hier das chronologisch geordnete Verzeichniß der wichtigeren Schriften Thausing’s: „Beziehungen Böhmens und Mährens zum Reiche der Karolinger“, im dritten Jahresberichte der Oberrealschule auf dem Bauernmarkte in Wien (1861); – „Die Nibelungen in der Geschichte und Dichtung. Ein Beitrag zur Frage über die Entstehungszeit des Liedes“ (1861), Inauguraldissertation, im VI. Bande von Pfeiffer’s „Germania“; – „Nibelungenstudien. Beiträge zur Frage nach dem Dichter des alten Liedes“ (1862), in der „Wiener Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und öffentliches Leben“; – „Das natürliche Lautsystem der menschlichen Sprache. Mit Bezug auf Brücke’s Physiologie und Systematik der Sprachlaute dargestellt“ (Leipzig 1863); – „Die Neumark Oesterreich und das Privilegium Heinricianum 1043–1058“, in Waitz’s „Forschungen zur deutschen Geschichte“ Bd. IV (1864); – „Dürer’s Triumphwagen und sein Antheil am Triumphzuge 'Maximilians I.“, im XIII. Bande der „Mittheilungen der k. k. Centralcommission“ (1868); – „Anmerkungen zu Dürer’s Handschrift im britischen Museum“, im I. Bande der „Leipziger Jahrbücher für Kunstwissenschaft“ (1868); – „Dürer’s Hausfrau. Ein kritischer Beitrag zur Biographie des Künstlers“, im IV. Bande der „Leipziger Zeitschrift für bildende Kunst“ (1869); – „Die Laurea zum Triumphzuge Kaiser Maximilians I. und zwei Gemälde von Hans von Kulmbach“, im II. Bande der „Jahrbücher für Kunstwissenschaft“ (1869); – „Hans Baldung Grien und nicht Dürer“, ebendaselbst; – „Marco Dente von Ravenna, der Meister der Nachstiche mit dem Tannenbäumchen“, in Naumann’s „Archiv für die zeichnenden Künste“ (1869); – „La Collection Albertine à Vienne, son histoire, sa composition“, in der Pariser „Gazette des Beaux-Arte“ (1870); – „Die Trachtenbilder Dürer’s aus der Albertina“, Festpublication des k. k. österreichischen Museums zum Dürer-Jubiläum (1871); – „Das Dürer’sche Altarwerk in Ober-St. Veit bei Wien“, im XVI. Bande der „Mittheilungen der k. k. Centralcommission“ (1871); – „Der Heller’sche Altar von Dürer und seine Ueberreste zu Frankfurt am Main“, in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ (1871); – „Die [184] falschen Dürerzeichnungen zu Berlin, Bamberg und Weimar“, in derselben Zeitschrift (1871); diese Kritik veranlaßte heftige Entgegnungen von Seiten des Bamberger Stadtmagistrates, dann von Eye’s, Lübke’s und Zahn’s, welche Thausing in den folgenden zwei Aufsätzen zurückwies; – „Die Pseudo-Dürerzeichnungen in Berlin, Bamberg und Weimar, und ihr letzter Vertheidiger“ (gegen W. von Lübke), im VII. Bande der „Leipziger Kunstchronik“ (1872); – „Ueber den Anonymus der linkshin gewandten Profilköpfe“ (gegen A. von Zahn), in den „Jahrbüchern für Kunstwissenschaft“ Band IV (1872); die ganze Literatur dieses Streites findet sich in einer Anmerkung des unten angeführten „Nachrufes auf Alb. von Zahn“ verzeichnet; – „Dürer’s Reiterskizzen zum Triumphzuge Kaiser Maximilians I.“ (Erläuternder Text) (Wien 1872): – „Dürer’s Briefe. Tagebücher und Reime, nebst einem Anhange von Zuschriften an und für Dürer, übersetzt und mit Einleitung, Anmerkungen, Personenverzeichniß und einer Reisekarte versehen“, im III. Bande der „Quellenschriften für Kunstgeschichte“ (1872); – „Jan van Eyck’s Bildniß eines Unbekannten im k. k. Belvedere zu Wien“, in den „Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst“ Nr. 1 (1872); – „Nachruf an Albert von Zahn“ im V. Bande der „Jahrbücher für Kunstwissenschaft“ (1873); – „Van der Kellens holländisch-flämischer Peintregraveur“, in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ (1873); – „Masaccio und Masolino in der Brancacci-Capelle“, ebendaselbst, Band XI (1873); die meisten von den von „Dürer’s Triumphwagen...“ ab bis zu „Masaccio und Masolino...“ angeführten Schriften Thausing’s sind Vorarbeiten zu dem folgenden Hauptwerke: „Dürer, Geschichte seines Lebens und seiner Kunst“ (Leipzig 1876); eine von Gustave Gruyer besorgte, vom Verfasser autorisirte und gebesserte französische Uebersetzung dieses Werkes erschien 1878 in Paris unter dem Titel: „Albert Dürer. Sa vie et ses oeuvres“; – „Charles Ephrussi, Étude sur le triptyque d’Albert Dürer“, in dem XII. Bande der „Zeitschrift für bildende Kunst“ (1877), mit der daran sich knüpfenden Polemik bis zu Thausing’s Schlußwort, ebendaselbst Band XIII (1878), S. 96; – „Michelangelo’s Entwurf zum Carton der Schlacht bei Cascina“, in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ (1878); „Tizian und die Herzogin Eleonora von Urbino“, ebendaselbst (1878); – „Die Celtes-Ciste der Wiener Universität“, im Berichte des Alterthumsvereines in Wien (1878); – „War Dürer’s Vater ein Magyare?“ in der Beilage zur „Wiener Abendpost“ Nr. 237 (1878), nachgedruckt in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ Band XIV, S. 41; – „Sodoma“, in der Beilage zur „Wiener Abendpost“ Nr. 281–284 (1878); – „Die Votivkirche in Wien“, in der Denkschrift des Baucomités zur Feier der Einweihung am 24. April 1879 (Wien 1879); – „Mrs. Marc Pattison, the Renaissance of art in France“, im „Londoner Athenäum“ 1879 und in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ 1880; – „Das goldene Buch von Prüm mit um das Jahr 1105 gestochenen Kupferplatten“, im I. Bande der von Thausing mitbegründeten und mitredigirten „Mittheilungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung“ (1880); – „Alfred Woltmann“, Nekrolog, im „Repertorium für [185] Kunstwissenschaft“ Band III (1880); – „Anton Springer, Raphael und Michelangelo“, ebendaselbst (1880); – „Le Livre d’esquisses de Jacques Gallot dans la Collection Albertine à Vienne“ (Wien, Paris und London 1880). Anläßlich seines Werkes über Dürer wurde Thausing im Jahre 1876 mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet.
Thausing, Moriz (Kunsthistoriker, geb. am 3. Juni 1838 im Schlosse des Dorfes Tschischkowitz bei Leitmeritz in Böhmen). Von seinem Vater, dem als rationeller Landwirth in Böhmen wohlbekannten herrschaftlichen Amtsdirector Julius Thausing, sowie von seinem Oheim mütterlicherseits, dem Pfarrer Moriz Meyer in Zirkowitz, erhielt er eine so sorgfältige Erziehung, wie dies die bescheidenen Verhältnisse der mit zehn Kindern gesegneten Eltern nur immer gestatteten. Nach Absolvirung des Gymnasiums in Brüx, auf welchem ihn- Meyer (J.). Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.). Dritte Auflage, Bd. XVI, S. 796. – Eitelberger. Die Kunstbewegung in Oesterreich seit 1867 (Wien 1878). – Mittheilungen von Dr. Richard Müller.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: ihm.