Jüdische Altertümer/Buch IX
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Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 150 Jahren.
Inhalt.1. Wie Joram, Achabs Sohn, die Moabiter angriff und besiegte.
2. Wie der mit ihm gleichnamige König zu Jerusalem, Joram, die Herrschaft über das ganze Reich erlangte und seine Brüder sowie die Freunde seines Vaters töten liess.
3. Wie Idumaea von ihm abfiel und die Araber ihn angriffen, und wie sein ganzes Heer nebst allen seinen Söhnen mit Ausnahme eines einzigen, der noch ein Kind war, umkam. Wie er selbst ein gottloses Leben führte und eines elenden Todes starb.
4. Kriegszug des Königs von Syrien und Damaskus gegen Joram, den König der Israëliten. Wie Joram in Samaria belagert ward, aber wider Erwarten der Gefahr entging.
5. Wie Joram samt seinem ganzen Geschlechts und Ochozias, dem Könige zu Jerusalem, vom Reiteroberst Jehu umgebracht wurde.
6. Wie nach seinem Tode über die Israëliten Jehu herrschte, der zu Samaria residierte, und dann dessen Söhne bis ins vierte Geschlecht.
7. Wie ein Weib Namens Gotholia fünf Jahre lang in Jerusalem regierte, und wie der Hohepriester Jodaus sie umbringen liess und Joas‚ den Sohn des Ochozias‚ als König einsetzte.
8. Kriegszug des damascenischen Königs Azaël gegen die Israëliten. Wie er ihrem Lande und der Stadt Samaria grossen Schaden zufügte, kurz darauf nach Jerusalem zog, sich von dessen König eine grosse Geldsumme zahlen liess und dann nach Damaskus zurückkehrte.
9. Wie Amasias, der König zu Jerusalem, einen Feldzug gegen die Idumäer und Amalekiter unternahm und sie besiegte.
10. Wie derselbe den König der Israëliten, Joas, mit Krieg überzog, von diesem aber in einem Treffen gefangen genommen und erst nach Erlegung einer grossen Geldsumme wieder in sein Reich entlassen wurde. Wie sein Sohn Ozias die benachbarten Völkerschaften unterjochte.
[544] 11. Jeroboam, König der Israëliten, unternimmt einen Feldzug nach Syrien und trägt den Sieg davon.
12. Wie der König der Assyrier mit einem Heere gegen Samaria zog, vom Könige Phakeas eine grosse Geldsumme erpresste und dann wieder in sein Gebiet zurückkehrte.
13. Wie Arases, König der Damascener‚ ein Heer gegen Jerusalem führte und den König Achaz so in die Enge trieb, dass dieser reiche Geschenke an den König der Assyrier sandte und ihn dadurch bewog, Damaskus zu belagern.
14. Wie der König der Assyrier Damaskus eroberte, dessen König umbrachte, das Volk nach Medien wegführte und dafür andere Völkerschaften in Damaskus ansiedelte.
15. Wie Salmanasar, der König von Assyrien, Samaria angriff, die Stadt nach fünfjähriger Belagerung einnahm und den König Oseas töten liess. Wie er darauf die zehn Stämme der Israëliten nach Medien wegführte und in deren Land aus Persien das Volk der Chuthäer einwandern liess, welche die Griechen Samariter nennen.
(1.) 1 Als der König Josaphat von dem Kriegszug gegen den Syrerkönig Adad, in welchem er dem Könige der Israëliten Achab Hilfe geleistet hatte, nach Jerusalem zurückkehrte, ging ihm der Prophet Jehu entgegen und machte ihm Vorwürfe darüber, dass er mit dem gottlosen und verruchten Achab ein Bündnis eingegangen sei. Gott habe das ungern gesehen, ihn aber dennoch, obgleich er sich verfehlt, den Händen der Feinde entrissen, weil er guten und gottesfürchtigen Gemütes sei. 2 Daraufhin dankte der König dem Herrn und brachte ihm Opfer dar. Alsdann begann er sein ganzes Reich zu bereisen und unterwies das Volk in den Gesetzen, die Gott durch Moyses gegeben, sowie in der Verehrung Gottes. 3 Ferner setzte er in jeder seiner Städte Richter ein und ermahnte sie, bei der Urteilsfällung nur von der Gerechtigkeit sich leiten zu lassen und weder auf Geschenke, noch auf die hohe Stellung derjenigen Rücksicht zu nehmen, die durch Reichtum oder edle Abkunft [545] sich auszeichneten. Vielmehr sollten sie nur nach den Grundsätzen der Billigkeit urteilen und bedenken, dass Gott alles wahrnehme, wenn es auch im Verborgenen geschehe. 4 Als er dies in jeder Stadt der beiden Stämme verkündigt hatte, kehrte er nach Jerusalem zurück und wählte auch hier aus den Priestern, Leviten und Vornehmen des Volkes Richter aus, die er ermahnte, bei allen ihren Urteilen genau und gerecht zu Werke zu geben. 5 Wenn aber schwierige Rechtsfragen aus anderen Städten ihnen zur Entscheidung vorgelegt würden, sollten sie noch mehr Fleiss auf ein gerechtes Urteil verwenden, da es angemessen sei, dass die gerechtesten Urteile in der Stadt gefällt würden, wo der Tempel Gottes stehe und der König seinen Wohnsitz habe. 6 Zu Vorsitzenden dieses Gerichtskollegiums ernannte er den Priester Amasias und den Zabadias, beide aus dem Stamme Judas. So wurde alles vom Könige geordnet.
(2.) 7 Um diese Zeit überzogen ihn die Moabiter und Ammaniter nebst einer grossen Schar Araber mit Krieg und schlugen ihr Lager bei der dreihundert Stadien von Jerusalem am See Asphaltis gelegenen Stadt Engaddi auf, wo schöne Palmen und Opobalsamstauden wuchsen. 8 Da nun Josaphat hörte, die Feinde seien über den See gegangen und bereits in sein Land eingefallen, erschrak er sehr, versammelte das Volk von Jerusalem im Vorhofe des Tempels, stellte sich dem Giebel des Tempels gegenüber und flehte zu Gott, er möge ihm Kraft und Stärke verleihen, um die Feinde abwehren zu können. 9 So hätten ihn ja auch die Erbauer dieses Tempels angefleht, dass er die Stadt beschützen und alle, die sie anzugreifen wagten, zurückschlagen möge. Jetzt griffen seine Feinde ihn in der Absicht an, ihn aus dem Besitz des Landes zu verdrängen, das Gott selbst ihm angewiesen habe. So bat er selbst und das gesamte Volk mit Weibern und Kindern unter Wehklagen zu Gott. 10 Da trat ein Seher, Jaziel mit Namen, mitten unter das Volk, erhob seine Stimme und sprach zum Könige und dem Volke, Gott habe ihr Gebet erhört und werde selbst [546] mit ihren Feinden kämpfen. Dem Könige befahl er alsdann, er solle am folgenden Tage mit seinem Heere dem Feinde entgegenziehen. 11 An einem Abhang zwischen Jerusalem und Engaddi, „der Gipfel“ genannt, würde er die Feinde antreffen. Doch solle er sich nicht sogleich mit ihnen auf einen Kampf einlassen, vielmehr stillhalten und abwarten, wie Gott mit ihnen streiten werde. Als der Seher so geredet, beugte sich der König mit dem Volke zur Erde, dankte Gott und betete ihn an; darauf sangen die Leviten unter Musikbegleitung Gott dem Herrn Loblieder.
(3.) 12 Mit Tagesanbruch zog der König in die Wüste, die unterhalb der Stadt Thekoa lag, und sprach zum Volke, man müsse den Worten des Sehers Glauben schenken und dürfe nicht zum Kampfe schreiten, sondern müsse im ersten Gliede die Priester mit den Posaunen sowie die Leviten und Sänger aufstellen, um Gott zu danken, als wenn er das Land schon vom Feinde befreit hätte. 13 Dieser Rat gefiel allseitig, und man setzte ihn sogleich ins Werk. Gott aber flösste den Ammanitern Furcht und Entsetzen ein, und indem sie einer den anderen für Feinde hielten, töteten sie sich gegenseitig, sodass auch nicht ein Mann von dem gewaltigen Heere mit dem Leben davonkam. 14 Als nun Josaphat den Blick nach dem Thale wandte, wo das feindliche Lager stand, und dasselbe ganz mit Leichen bedeckt sah, freute er sich über die unerwartete Hilfe Gottes, der ihnen ohne alle Anstrengung ihrerseits den Sieg verliehen hatte, und gestattete seinen Kriegern, das feindliche Lager und die Leiber der Gefallenen zu plündern. 15 Nachdem aber das Kriegsvolk drei Tage lang Beute gesammelt hatte, war es ganz erschöpft: so gross war die Menge der Getöteten. Am vierten Tage versammelte sich alsdann das ganze Volk in einer Schlucht und pries Gottes Macht und Hilfe, weshalb dieser Ort „Thal der Danksagung“ genannt wurde.
(4.) 16 Als nun der König das Heer wieder nach Jerusalem geführt hatte, beging man eine Reihe von Feiertagen [547] unter Opfern und Schmausereien. Die Nachricht von dieser Niederlage der Feinde gelangte übrigens auch zu den auswärtigen Völkerschaften, die alle von Furcht vor Josaphat erfüllt wurden, da sie erkannt hatten, dass Gott sein beständiger Helfer sei. Von dieser Zeit an führte Josaphat ein ruhmreiches Leben, das er nur seiner Gerechtigkeit und Frömmigkeit verdankte. 17 Er hielt auch Freundschaft mit Achabs Sohn, dem Könige der Israëliten, und schloss mit ihm ein Bündnis dahin, dass sie Schiffe ausrüsteten, die zum Pontus und den Handelsplätzen Thrakiens fahren sollten. Da aber die Fahrzeuge zu gross waren und deshalb zu Grunde gingen, stand er von der Erbauung weiterer Schiffe ab.
(1.) 18 Über die Israëliten herrschte Achabs Sohn Ochozias‚ der in Samaria residierte. Er war ein gottloser Mann und in allem seinen Eltern gleich wie dem Jeroboam, der zuerst die Schandthat begangen hatte, das Volk zu verführen. 19 Im zweiten Jahre seiner Regierung fiel der König der Moabiter von ihm ab und verweigerte die weitere Tributzahlung. Eines Tages stieg Ochozias vom Söller seines Hauses herab und fiel auf der Treppe, und da er infolgedessen krank ward, schickte er zur Göttin Muska in Akkaron, um sich bei ihr wegen seiner Heilung Rat zu holen. 20 Der Gott der Hebräer aber erschien dem Seher Elias und befahl ihm, den Boten entgegenzugehen und sie zu fragen, ob die Israëliten denn keinen Gott hätten, dass ihr König zu einem fremden Gott schicke, um ihn bezüglich seiner Heilung zu befragen. Dann solle er ihnen gebieten, zurückzukehren und dem Könige zu melden, dass er von seiner Krankheit nicht mehr genesen werde. 21 Elias that, wie ihm befohlen war, und die Boten begaben sich, [548] nachdem sie des Sehers Bescheid erhalten hatten, wieder zum Könige. Als dieser sich über ihre schnelle Rückkehr wunderte und sie nach dem Grunde derselben fragte, erwiderten sie, es sei ihnen ein Mann begegnet, der ihnen befohlen habe, nicht weiter zu reisen, sondern umzukehren und im Auftrage des Gottes der Israëliten dem Könige zu verkündigen, seine Krankheit werde sich verschlimmern. 22 Und da der König ihnen befahl, den Mann näher zu beschreiben, erzählten sie, es sei ein rauhbehaarter, mit Fellen umgürteter Mann gewesen. Daraus schloss der König, dass sie Elias gesehen, und schickte einen Obersten mit fünfzig Mann ab, um ihn zu ergreifen und zu ihm zu führen. 23 Als nun der Oberste ihn auf dem Gipfel eines Berges sitzen sah, befahl er ihm, herabzusteigen und mit zum Könige zu kommen – denn das sei des Königs Anordnung –, und wenn Elias nicht gutwillig mitgehe‚ müsse er Gewalt brauchen. Elias entgegnete ihm, er wolle beten, dass Feuer vom Himmel falle und ihn mit seinen Kriegern vernichte; daran werde er erkennen, dass er einen wahren Propheten vor sich habe. Elias betete nun, und sogleich fiel Feuer vom Himmel und verzehrte den Obersten samt seinen Leuten. 24 Als der König das vernahm, geriet er in Zorn und sandte einen anderen Obersten mit ebenso vielen Kriegern ab. Dieser drohte gleichfalls dem Seher, er werde ihn mit Gewalt wegführen, wenn er nicht gutwillig herabsteige, worauf Elias wieder Feuer vom Himmel herabflehte, das jenen ebenso wie den anderen Obersten dahinraffte. 25 Der König aber sandte noch einen dritten Obersten gegen Elias aus. Dieser war ein kluger und sanfter Mann, und als er zu dem Berge kam, wo Elias sich aufhielt, umschmeichelte er ihn freundlich und sagte, der Prophet wisse doch wohl, dass er nur ungern dem Befehle des Königs gefolgt sei und dass er nicht wie die anderen Obersten willig, sondern notgedrungen zu ihm komme. Darauf bat er ihn, er möge sich doch seiner und seiner Leute erbarmen und herabsteigen, um mit ihnen zum Könige zu gehen. 26 Durch [549] diese freundlichen Worte und das höfliche Benehmen des Mannes liess sich Elias denn auch bewegen, hinabzusteigen und sich ihm als Begleiter anzuschliessen. Als er nun zum Könige gekommen war, weissagte er ihm und verkündete ihm auf Gottes Geheiss: „Weil du Gott verachtet hast, als wenn er kein Gott sei und dir über deine Genesung nichts verkündigen könne, sondern zu der Göttin in Akkaron geschickt hast, um von ihr den Ausgang deiner Krankheit zu erfahren, so sollst du wissen, dass du an der Krankheit sterben wirst.“
(2.) 27 Kurz darauf starb er auch, wie Elias vorausgesagt hatte, und da er keine Kinder hinterliess, folgte ihm in der Regierung sein Bruder Joram. Dieser Joram, der an Schlechtigkeit seinem Vater Achab nicht nachstand‚ regierte zwölf Jahre in Lasterhaftigkeit und Gottlosigkeit; denn er verliess den Dienst des wahren Gottes und verehrte fremde Götter, wenn er auch sonst ein strebsamer und thatkräftiger Herrscher war. 28 Um diese Zeit wurde Elias den Augen der Menschen entrückt, und es weiss niemand bis auf den heutigen Tag, welches sein Ende gewesen sei. Doch liess er seinen Schüler Elissaeus zurück, von dem schon oben die Rede war. Übrigens steht sowohl von Elias als auch von Enoch, der vor der Sintflut lebte, in den heiligen Büchern geschrieben, dass sie verschwunden seien, ohne dass jemand über ihren Tod etwas habe erfahren können.
(1.) 29 Als Joram die Regierung übernommen hatte, beschloss er, den König der Moabiter, Misan, zu bekriegen, weil derselbe, wie schon oben erwähnt, von seinem Bruder abgefallen war und den Tribut von zweihunderttausend ungeschorenen Schafen nicht mehr entrichten wollte. 30 Er versammelte daher sein Kriegsvolk und liess [550] den Josaphat bitten, dieser möge, da er schon seines Vaters Freund gewesen sei, mit ihm ein Bündnis eingehen zur Züchtigung der abgefallenen Moabiter. Josaphat versprach, nicht nur selbst Hilfe leisten, sondern auch den König der Idumäer, der ihm verpflichtet sei, mit zu dem Bündnis heranziehen zu wollen. 31 Als Joram diese Zusage von Josaphat erhalten hatte, zog er mit seiner Streitmacht nach Jerusalem, wo er glänzend aufgenommen wurde. Die drei Könige beschlossen nun, durch die Wüste von Idumaea dem Feinde entgegenzurücken, da er sie auf diesem Wege nicht erwarten würde. 32 Als sie aber sieben Tage umhergezogen waren, litten sie, weil die Wegweiser den richtigen Weg verfehlt hatten, an grossem Wassermangel, sodass sie alle in Angst und Bekümmernis schwebten und Joram wehklagend zu Gott rief, ob sie etwas gegen ihn verbrochen hätten, dass er die drei Könige ohne Schwertstreich dem Moabiter in die Hand geben wolle. 33 Josaphat, der ein gerechter Mann war, tröstete und ermutigte ihn und hiess ihn im Lager Umfrage halten, ob nicht ein heiliger Prophet ihnen gefolgt sei, durch den sie Gott um Rat fragen könnten, was sie zu thun hätten. Und da ihnen ein königlicher Diener meldete, er habe Elissaeus, den Schüler des Elias und Sohn des Saphatus, bemerkt, 34 begaben sich die drei Könige auf den Rat Josaphats zu dessen Zelt, das ausserhalb des Lagers stand, und befragten ihn über die künftigen Schicksale des Heeres. Ganz besonders begehrte Joram Auskunft. Elissaeus bemerkte ihm, er möge ihn doch nicht mit solchen Fragen belästigen, sondern zu den Sehern seines Vaters und seiner Mutter gehen, weil das ja die wahren Propheten seien. Joram aber bestürmte ihn noch mehr mit Bitten, dass er ihnen weissage und Rettung verschaffe. 35 Elissaeus schwur darauf bei Gott, er würde ihnen keine Antwort geben, wenn er es nicht dem Josaphat, der ein frommer und gerechter Mann sei, zu Gefallen thäte. Als man sodann jemand herbeigerufen hatte, der die Zither zu spielen verstand (das hatte der Seher gewünscht), [551] wurde Elissaeus während des Spiels vorn Geiste Gottes ergriffen und befahl den Königen, im Bette des Baches viele Gräben anzulegen. 36 Diese würden sie, ohne dass eine Wolke sichtbar würde oder ein Wind sich erhöbe oder Regen fiele, bald mit Wasser gefüllt sehen, sodass Kriegsvolk und Vieh den Durst löschen könnten. „Und nicht nur dies,“ fügte er hinzu, „werdet ihr von Gott erlangen, sondern ihr werdet auch mit seiner Hilfe den Sieg über eure Feinde davontragen, die schönsten und festesten Städte der Moabiter einnehmen, ihre Fruchtbäume abhauen, ihr Land verwüsten und ihre Quellen und Flüsse verstopfen.“
(2.) 37 Als der Seher so gesprochen, füllte sich am nächsten Tage vor Sonnenaufgang der Bach reichlich mit Wasser, da Gott es drei Tagereisen weiter in Idumaea gewaltig hatte regnen lassen, sodass Menschen wie Vieh Wasser im Überfluss vorfanden. 38 Sobald nun die Moabiter vernahmen, dass drei Könige gegen sie heranzögen und durch die Wüste ihren Weg nähmen, brachte ihr König sogleich seine Streitmacht zusammen und liess das Lager auf einer Anhöhe errichten, damit die Feinde nicht unbemerkt ins Land einfielen. 39 Als sie aber bei Sonnenaufgang den Bach erblickten, der nicht weit vom Lande Moabitis floss, und an seinem Wasser eine blutrote Farbe wahrnahmen (das kam aber nur von den Sonnenstrahlen her), liessen sie sich zu dem Glauben verleiten, die Feinde hätten sich vor Durst gegenseitig selbst umgebracht, und das Wasser sei von ihrem Blute gerötet. 40 In diesem Wahne baten sie den König, er möge sie zur Plünderung der erschlagenen Feinde aussenden, und da der König ihren Wunsch erfüllte, zogen sie alle zum Lager ihrer totgeglaubten Feinde, als wenn dort die Beute gleichsam ihrer harre. In dieser Hoffnung sahen sie sich indes gewaltig getäuscht. Denn die Feinde stürzten von allen Seiten auf sie los, töteten einen Teil von ihnen und jagten die übrigen auseinander, die sich dann eilends in ihr Land zurückzogen. 41 Darauf drangen die Könige in das Land der [552] Moabiter ein, zerstörten die Städte, verwüsteten die Felder und bewarfen die letzteren mit einer Menge von Steinen, die sie aus den Bächen holten. Ferner hieben sie ihnen die besten Fruchtbäume ab, verstopften die Quellen, schleiften die Mauern der Städte und belagerten den König in einer Festung, in die sie ihn hineingetrieben hatten. 42 Als dieser sich so hart bedrängt sah, machte er mit siebenhundert Mann einen Ausfall und sprengte zu Pferde durch das feindliche Lager nach der Seite hin, wo er die wenigsten Wachen vermutete. Doch gelang es ihm nicht, zu entkommen, da er auf einen gut besetzten Posten stiess. 43 Deshalb zog er sich wieder nach der Stadt zurück und griff in seiner Not und Verzweiflung zu einem heroischen Mittel. Er führte nämlich seinen ältesten Sohn, der sein Nachfolger werden sollte, auf die Stadtmauer, wo die Feinde ihn erblicken konnten, und brachte ihn der Gottheit als Brandopfer dar. Als die Könige das sahen, wurden sie von Mitleid bewegt, erbarmten sich seiner Not, hoben die Belagerung auf und zogen in ihre Heimat zurück. 44 Josaphat lebte alsdann zu Jerusalem im Frieden und starb nicht lange nach diesem Kriegszuge im sechzigsten Jahre seines Lebens und im fünfundzwanzigsten seiner Regierung. Er wurde zu Jerusalem mit grosser Pracht beigesetzt, denn er war in allen seinen Werken ein eifriger Nachfolger Davids gewesen.
(1.) 45 Josaphat hinterliess viele Söhne, deren ältesten, Joram, er zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. Denselben Namen führte auch der König der Israëliten, der Jorams Oheim mütterlicherseits und ein Sohn des Achab war. 46 Als nun der König der Israëliten aus Moabitis [553] nach Samaria zurückkehrte, befand sich in seiner Umgebung auch der Prophet Elissaeus, dessen grosse und erwähnenswerte Thaten ich jetzt erzählen will, wie sie aus den heiligen Büchern zu meiner Kenntnis gekommen sind.
(2.) 47 Wie es dort heisst, kam eines Tages die Gattin des Obedias, der Achabs Verwalter war, zu Elissaeus und sprach zu ihm, er wisse doch noch, dass ihr Gatte die von Jezabel, dem Weibe des Achab, verfolgten Seher gerettet habe. Hundert Seher, sagte sie, habe er verborgen und sie nur dadurch am Leben erhalten können, dass er sich Geld geborgt habe. Jetzt nun, nach dem Tode ihres Gatten, drohten ihr die Gläubiger, sie samt ihren Kindern als Sklaven zu verkaufen. Sie bitte ihn daher, er wolle sich im Andenken an ihres Mannes Edelmut ihrer erbarmen und ihr helfen. 48 Als der Seher sie darauf fragte, was sie zu Hause habe, entgegnete sie, sie habe nichts als ein klein wenig Öl in einem Kruge. Elissaeus hiess sie nun nach Hause geben, sich viele leere Gefässe von ihren Nachbarn bergen und bei verschlossener Hausthür in alle etwas Öl giessen. Gott werde dann die sämtlichen Gefässe voll machen. 49 Das Weib that also, liess sich durch ihre Kinder die Gefässe holen und zeigte, als alle gefüllt waren, dies dem Seher an. 50 Elissaeus aber gab ihr den Rat, sie solle das Öl verkaufen und mit dem Erlös ihre Gläubiger befriedigen. Es werde ihr dann immer noch soviel übrig bleiben, um sich und ihre Kinder davon am Leben erhalten zu können. So tilgte der Prophet die Schuld des Weibes und befreite sie von dem Drängen ihrer Gläubiger.
(3.) 51 Weiterhin warnte Elissaeus einst rechtzeitig den Joram, er solle sich vor einem Orte hüten, wo die Syrer Leute versteckt hätten, um ihn zu ermorden. Der König folgte dem Seher und unterliess die schon vorbereitete Jagd. 52 Als aber Adad seinen Anschlag vereitelt sah, argwöhnte er, seine eigenen Leute hätten dem Joram denselben verraten. Er ward daher zornig und liess [554] die Leute zu sich kommen, warf ihnen vor, sie hätten seine Geheimnisse verraten, und bedrohte sie mit dem Tode, weil sie dem Feinde das offenbart hätten, was ihnen allein anvertraut war. 53 Einer der Anwesenden aber stellte ihm vor, er solle sie doch nicht in dem falschen Verdacht haben, als hätten sie seinem Feinde den Anschlag verraten; vielmehr möge er wissen, dass es der Seher Elissaeus sei, der alle seine Pläne dem Feinde mitteile. Der König liess darauf sogleich nachforschen, in welcher Stadt Elissaeus sich aufhalte. 54 Und da ihm gemeldet ward, er befinde sich in Dothaïm, schickte er eine grosse Schar Reiter mit Wagen nach der Stadt, um den Elissaeus gefangen zu nehmen. Diese schlossen die Stadt ringsum ein. Als nun am Morgen der Diener des Sehers erfuhr, dass die Feinde seinen Herrn gefangen nehmen wollten, lief er unter Angstgeschrei zu ihm und teilte ihm die Sache mit. 55 Der Prophet aber hiess seinen Diener gutes Mutes sein und flehte vertrauensvoll zu Gott, er möge, um seinen Diener zu stärken und zu trösten, seine Macht und Gegenwart kundthun. Gott erhörte denn auch die Bitte des Sehers und liess den Diener seinen Herrn von vielen Reitern und Wagen umgeben erblicken, sodass er alle Furcht ablegte und angesichts einer so grossen Schutzmacht wieder Mut fasste. 56 Alsdann bat Elissaeus zu Gott, er möge die Augen der Feinde blenden und sie mit Finsternis schlagen, sodass sie ihn nicht zu erkennen imstande wären. Und da er auch dies von Gott erlangt hatte, begab er sich mitten unter die Feinde und fragte sie, wen sie suchten. Sie erwiderten ihm, den Elissaeus, worauf er ihnen versprach, denselben auszuliefern, wenn sie ihm in die Stadt folgen wollten, wo er sich aufhalte. 57 Weil nun ihr Auge und Herz von Gott mit Blindheit geschlagen war, folgten sie dem Seher sogleich. Elissaeus aber führte sie nach Samaria und befahl dem Könige Joram, die Thore schliessen und die Syrer von seinen Kriegern umzingeln zu lassen. Dann bat er, Gott möge ihnen jetzt die Augen wieder öffnen und die Finsternis [555] von ihnen hinwegnehmen. Voll Schrecken erkannten sie darauf, dass sie sich mitten unter ihren Feinden befanden. 58 Als nun die Syrer, wie man sich leicht denken kann, über das wunderbare und unerwartete Ereignis in Bestürzung und Verwirrung gerieten, und der König den Seher fragte, ob er sie niedermachen lassen solle, wehrte sich Elissaeus dagegen. Denn man dürfe, sagte er, nur die kriegsgefangenen Feinde töten; diese aber hätten ja seinem Lande keinen Schaden zugefügt, sondern seien wider ihren Willen von Gott hierher geleitet werden. 59 Er gab daher den Rat, man solle sie gastfreundlich bewirten und sie dann unbeschädigt wieder ziehen lassen. Joram befolgte den Rat des Sehers, bewirtete die Syrer glänzend und schickte sie dann zu ihrem Könige Adad zurück.
(4.) 60 Als sie nun daheim angelangt waren und ihre Erlebnisse berichtet hatten, erstaunte Adad über das Wunder, aus dem er ebensowohl die Allmacht und Gegenwart des Gottes der Israëliten, als auch den offenbaren Schutz, den er dem Seher hatte angedeihen lassen, erkannte. Er beschloss deshalb aus Furcht vor Elissaeus, nichts mehr im geheimen gegen den König der Israëliten zu unternehmen. Vielmehr wollte er ihn nun offen bekämpfen, da er an Stärke und Zahl seiner Truppen dem Feinde überlegen zu sein glaubte. 61 Er brachte deshalb ein grosses Heer zusammen, mit dem er gegen Joram zu Felde zog. Dieser aber glaubte nicht stark genug zu sein, um dem Syrer Widerstand leisten zu können, und schloss sich in Samaria ein, auf dessen starke Befestigungen er vertraute. Adad dachte nun die Stadt, wenn er sie nicht mit Belagerungsmaschinen zu Fall bringen könne, wenigstens durch Aushungern in seine Gewalt zu bekommen, und zog mit seinem Heere dorthin, um sie zu belagern. 62 Es entstand aber unter den Belagerten eine derartige Hungersnot, dass ein Eselskopf achtzig Sesterzien[1] und ein Sextarius [556] Taubenmist, der die Stelle des Salzes vertreten musste, fünf Sesterzien kostete. 63 Bei diesem Stand der Dinge fürchtete der König sehr, es möchte sich jemand vom Hunger dazu verleiten lassen, die Stadt den Feinden zu verraten. Er besuchte daher täglich die Stadtmauern, revidierte die Wachen, ob sie nicht jemand bei sich verborgen hielten, und wandte die grösste Sorgfalt an, einen derartigen Gedanken oder dessen Ausführung im Keime zu ersticken. 64 Bei einem solchen Rundgang rief eines Tages ein Weib dem Könige zu: „Erbarme dich meiner, o Herr!“ Der König, der der Meinung war, das Weib begehre Speise von ihm, ward zornig, verwünschte sie im Namen Gottes und sagte, er habe weder Tennen noch Keltern, aus denen er ihr etwas spenden könne. 65 Sie aber entgegnete, sie begehre nichts dergleichen von ihm, sondern verlange nur, dass er den Streit schlichten solle, den sie mit einem anderen Weibe habe. Da nun der König ihr befahl, ihm die Sache vorzutragen, erklärte sie ihm, sie sei mit einem ihr benachbarten und befreundeten Weibe übereingekommen, weil sie die Hungersnot nicht mehr hätten ertragen können, ihre beiden Knäbchen zu schlachten und damit einige Tage ihr Leben zu fristen. 66 Sie selbst habe zuerst ihr Kind geschlachtet, das sie zusammen am Tage vorher gegessen hätten. Die andere aber wolle nun den Vertrag nicht halten und habe ihren Knaben versteckt. 67 Als der König das hörte, ergriff ihn heftiger Schmerz. Er zerriss sein Gewand, schrie laut auf und ergrimmte gewaltig über den Seher Elissaeus, den er umbringen lassen wollte, weil er Gott nicht um Abwehr der Drangsal gebeten habe. Sogleich schickte er auch jemand fort, der ihm den Kopf abschlagen sollte. 68 Der Mann beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Elissaeus aber wusste um des Königs Zorn, sass zu Hause bei seinen Schülern und teilte ihnen mit, Joram, eines Mörders Sohn, habe jemand geschickt, um ihn enthaupten zu lassen. 69 Sobald er nun käme, um den Befehl zu vollziehen, sollten sie die Thür versperren und [557] ihm den Eingang wehren; denn bald nach ihm werde der König mit veränderter Gesinnung ebenfalls kommen. Die Schüler thaten, wie ihnen befohlen war. 70 Den Joram aber reute gar bald sein Zorn gegen den Seher, und da er befürchtete, derselbe möchte von seinem Knechte umgebracht werden, den er hierzu abgeschickt hatte, machte er sich eilends auf, um den Mord zu verhindern und den Seher zu retten. Als er nun zu dem Propheten kam, beklagte er sich bei ihm darüber, dass er ihnen in der gegenwärtigen Not keine Hilfe von Gott erflehe, vielmehr ruhig zusehe, wie sie so hart bedrängt würden. 71 Elissaeus versprach ihm darauf, dass am folgenden Tage um dieselbe Stunde, in der der König zu ihm gekommen sei, ein grosser Überfluss an Nahrungsmitteln eintreten solle, sodass man auf dem Markte zwei Saton Gerste für einen Sekel und ein Saton Weizenmehl ebenfalls für einen Sekel werde kaufen können. 72 Hierüber empfanden der König und seine Begleiter grosse Freude, denn sie zweifelten nicht an der Wahrheit der Prophezeiung, da sie schon früher die Wahrheit von Elissaeus’ Weissagungen erfahren hatten. Sie ertrugen deshalb die Not dieses Tages leichter in der Hoffnung auf den kommenden Tag. 73 Der Befehlshaber des dritten Teiles des Heeres aber, der dem Könige befreundet war, und auf den dieser sich damals gerade stützte, sprach zu dem Seher: „Was du da sprichst, ist unglaublich, und so unmöglich es ist, dass Gott Gerste und Weizenmehl vom Himmel herabfallen lässt, so unmöglich ist auch die Erfüllung deiner Verkündigung.“ Der Prophet entgegnete ihm: „Du sollst mit eigenen Augen erkennen, dass dies wirklich so eintreffen wird. Doch wirst du selbst daran keinen Teil haben.“
(5.) 74 Die Weissagung des Elissaeus aber ging auf folgende Weise in Erfüllung. Es war in Samaria durch Gesetz bestimmt, dass die mit dem Aussatz Behafteten ausserhalb der Stadt wohnen mussten. Damals wohnten, nun aus diesem Grunde vier Männer vor den Thoren, die, da ihnen bei der herrschenden Hungersnot niemand [558] Speise brachte und sie auch die Stadt nicht betreten durften, der Meinung waren, es sei besser, wenn sie sich den Feinden preisgäben‚ als an dem Orte, wo sie sich aufhielten, vor Hunger umzukommen. Sie dachten, die siegreichen Feinde würden ihrer schonen; müssten sie aber dennoch ihr Leben lassen, so würden sie wenigstens ehrenvoll sterben. 76 Als sie diesen Entschluss gefasst hatten, begaben sie sich zur Nachtzeit ins feindliche Lager. Gott aber erschreckte und verwirrte die Syrer und liess in ihren Ohren Pferdegetrappel und Waffengeklirr ertönen, als wenn ein Heer im Anrücken begriffen sei, sodass sie je länger je mehr in diesem Wahne bestärkt wurden. 77 Dadurch gerieten sie so in Aufregung, dass sie ihr Lager verliessen, zu Adad liefen und ihm meldeten, Joram, der König der Israëliten, komme mit geworbenen Hilfstruppen sowie mit dem Könige von Aegypten und dem Könige der Inseln heran, um über sie herzufallen. Sie hätten deutlich das Geräusch des anrückenden Heeres gehört. 78 Dieser Nachricht schenkte Adad um so eher Glauben, als auch in seinen Ohren das verdächtige Geräusch ertönte. Und so ergriff alles in wilder Verwirrung die Flucht unter Zurücklassung der Pferde, der Lasttiere und ungeheurer Schätze. 79 Als nun die erwähnten Aussätzigen zum syrischen Lager kamen, bemerkten sie darin eine grosse Ruhe und Stille. Sie gingen hierauf in das Lager hinein, betraten eines der Zelte, da sie vor dem Eingange desselben niemand bemerkten, erquickten sich mit Speise und Trank, nahmen dann viele Kleider und eine Menge Gold weg und verbargen den Raub ausserhalb des Lagers. 80 Dann betraten sie ein anderes Zelt und trugen auch aus diesem fort, was sie darin vorfanden. Als sie nun auch noch zum dritten- und viertenmal dasselbe gethan und niemand gesehen hatten, schlossen sie daraus, dass die Feinde abgezogen seien, und machten sich Vorwürfe, dass sie nicht dem Joram und ihren Mitbürgern davon Anzeige erstattet hätten. 81 Sie liefen deshalb sogleich bis vor die Stadtmauer Samarias und riefen den Wachen [559] zu, was sich mit den Feinden zugetragen habe. Diese gaben die Nachricht weiter an die Wächter des Königs. Als Joram von diesen die Meldung erhalten hatte, beschied er seine Freunde und die Anführer zu sich 82 und sagte ihnen, hinter dem Abzug des Königs der Syrer scheine sich eine List zu verbergen. Denn da derselbe daran verzweifle, sie durch Hunger zu bezwingen, wolle er sie wahrscheinlich durch diese verstellte Flucht ins Lager locken und sie dann plötzlich überfallen, um so die Stadt ohne Kampf einzunehmen. Darum ermahne er sie, die Stadt auch weiterhin zu bewachen und sie nicht im Vertrauen auf den Abzug des Feindes zu verlassen. 83 Da erklärte einer der Anwesenden, er billige den weisen Rat des Königs, doch schlage er vor, dass man zwei Reiter zur Erforschung der Gegend bis zum Jordan hin aussenden solle. Würden diese vom Feinde hinterlistigerweise abgefangen, so könne das Heer darin eine Warnung vor dem gleichen Schicksal erblicken; die beiden Reiter aber möge man dann den übrigen beizählen, welche die Hungersnot dahingerafft habe. 84 Der König, dem dieser Vorschlag gefiel, sandte sogleich die beiden Reiter ab. Diese zogen über eine von Feinden gänzlich leere Strasse, die aber mit einer Menge Proviant und Waffen bedeckt war, weil die Fliehenden sich derselben entledigt hatten, um ungehinderter vorwärts zu kommen. Als der König das vernahm, liess er das Heer zum feindlichen Lager ziehen und es plündern. 85 Die Beute aber war nicht schlecht oder gering, sondern bestand in einer Menge Gold, Silber und Herden von allerlei Vieh, ferner in Gerste und anderem Getreide, von dem sie einen so grossen Vorrat fanden, wie sie ihn sich nicht hatten träumen lassen. Auf diese Weise wurden sie nicht nur ihrer Not enthoben, sondern erlangten auch einen solchen Überfluss, dass zwei Saton Gerste um einen Sekel und ein Saton Weizenmehl gleichfalls um einen Sekel verkauft wurden, genau wie Elissaeus vorhergesagt hatte. Ein Saton enthielt ein und einen halben römischen [560] Scheffel.[2] 86 An all diesem Überfluss jedoch hatte der Befehlshaber des dritten Teiles des Heeres keinen Anteil. Denn da er vom Könige an das Thor gestellt worden war, um dem allzu starken Andrang der Menge zu wehren, damit nicht einer den anderen erdrücke, wurde er selbst erdrückt und gab den Geist auf, wie Elissaeus ihm prophezeit hatte, als er den Überfluss weissagte, den der Befehlshaber für unmöglich hielt.
(6.) 87 Als nun Adad, der König der Syrer, unversehrt zu Damaskus anlangte und erkannte, dass nicht der Einfall der Feinde in sein Lager, sondern Gott selbst ihm und seinem Heere den Schrecken eingeflösst habe, grämte er sich darüber, dass Gott sein Feind sei, und verfiel in Schwermut. 88 Um diese Zeit kam Elissaeus aus seiner Heimat nach Damaskus, und da der König dies vernahm, schickte er ihm einen seiner treuesten Diener mit Geschenken entgegen, um ihn zu befragen, ob er von seiner Krankheit genesen würde. 89 Der Diener, Azaël mit Namen, zog also mit vierzig Kamelen, welche die herrlichsten Schätze von Damaskus und das Beste aus dem Besitze des Königs trugen, dem Elissaeus entgegen, begrüsste ihn freundlich und sagte ihm, der König Adad habe ihn gesandt, um dem Propheten Geschenke zu bringen und ihn über die Krankheit des Königs zu befragen. 90 Der Seher verkündete hierauf dem Azaël, sein Herr werde bald sterben, bat ihn aber, dem Könige dies nicht mitzuteilen. Der Diener ward über diese Auskunft schmerzlich bewegt. Elissaeus aber fing an zu weinen, weil er das Unglück voraussah, von dem das Volk nach Adads Tod würde betroffen werden. 91 Als nun Azaël ihn fragte, weshalb er so betrübt sei, entgegnete Elissaeus: „Ich weine, weil mir das Elend des israëlitischen Volkes zu Herzen geht, das von dir über dasselbe wird verhängt werden. Denn du wirst die Besten von ihnen umbringen, ihre festen Städte einäschern, ihre Kinder am Felsen zerschmettern und ihre [561] schwangeren Weiber in Stücke hauen.“ 92 Da aber Azaël ihn fragte, woher er eine solche Macht erlangen würde, antwortete der Seher, Gott habe ihm verkündigt, dass Azaël König von Syrien werden solle. Azaël kehrte darauf zum Könige zurück und brachte ihm die Nachricht, mit seiner Krankheit werde es besser gehen. Am folgenden Tage aber warf er ein feuchtes Netz über ihn, erwürgte ihn damit und riss die Herrschaft an sich. 93 Azaël war übrigens ein thatkräftiger Mann und erwarb sich die Liebe der Syrer und des Volkes von Damaskus. Wie Adad wird auch er noch heute vom syrischen Volke göttlich verehrt, das sich der Wohlthätigkeit jener Könige und der herrlichen Tempelbauten, womit sie Damaskus verschönert haben, dankbar erinnert. 94 Noch täglich veranstaltet das Volk zu ihrer Ehre glänzende Aufzüge und rühmt sich ihres hohen Alters, ohne zu wissen, dass sie einer jüngeren Zeit angehören und erst vor kaum eintausendeinhundert Jahren regiert haben. Als nun Joram, der König der Israëliten, vom Tode Adads Kunde erhielt, atmete er von der Furcht und dem Schrecken, den jener ihm eingeflösst hatte, auf und freute sich der Segnungen des Friedens.
(1.) 95 Joram, der König zu Jerusalem, der, wie bereits oben erwähnt, mit dem Könige der Israëliten denselben Namen führte, begann seine Regierung mit der Ermordung seiner Brüder und der Freunde seines Vaters, die ebenfalls fürstlichen Standes waren. Hierdurch bewies er genügsam seine Schlechtigkeit, wie er überhaupt den Königen der Israëliten, die zuerst von den väterlichen Sitten der Hebräer und der Verehrung Gottes abgewichen waren, nichts nachgab. 96 Zu allen Schändlichkeiten und besonders zur Verehrung fremder Götter [562] trieb ihn sein Weib Gotholia, die Tochter Achabs. Obgleich aber Joram von Tag zu Tag neue Gottlosigkeiten zum Verderben der heimischen Religion ersann, wollte doch Gott wegen des Bündnisses, das er mit David geschlossen hatte, sein Geschlecht nicht zu Grunde richten. 97 Da um diese Zeit die Idumäer von ihm abfielen, ihren früheren König, der seinem Vater verpflichtet gewesen war, töteten und sich einen König nach ihrem Gutdünken wählten, fiel Joram mit der Reiterei, die ihm damals zu Gebote stand, und einer Anzahl Wagen zur Nachtzeit in Idumaea ein und vernichtete diejenigen, die seinem Reiche zunächst wohnten, vermochte jedoch nicht weiter vorzudringen. 98 So nützte ihm der ganze Feldzug nichts, vielmehr fielen alle anderen Völkerschaften nun auch von ihm ab, und zunächst die, welche das Land Labina bewohnten. In seinem Wahnsinn aber ging er so weit, dass er das Volk auf die Gipfel der Berge trieb und es zwang, dort fremde Götter anzubeten.
(2.) 99 Während er diese Schändlichkeiten trieb und das Andenken an die Satzungen der Väter gänzlich austilgte, wurde ihm ein Brief des Propheten Elissaeus überbracht, der ihm verkündigte, Gott werde ihn schwer züchtigen, weil er die Sitten der Väter verachtet, die Sünden der Israëlitenkönige angenommen und den Stamm Judas samt den Einwohnern von Jerusalem gezwungen habe, den Dienst des wahren Gottes zu verlassen und Götzen zu verehren, wie dies auch Achab mit den Israëliten gethan, 100 ferner weil er seine Brüder und andere gute und gerechte Männer umgebracht habe. Auch die Art der Strafe, die über ihn ergehen würde, bezeichnete der Brief des Sehers. Sein Volk werde zu Grunde gehen, seine Weiber und Kinder umkommen, 101 und er selbst von einer langwierigen, schmerzlichen Krankheit betroffen werden, infolge deren seine Eingeweide auf grässliche Weise verfaulen und aus seinem Leibe fallen würden. All sein Elend werde er selbst ansehen müssen, durch keine Kunst davon befreit [563] werden können und so seinen Geist aufgeben. Dies meldete der Brief des Propheten Elissaeus.
(3.) 102 Nicht lange danach fiel ein Heer der nahe bei Aethiopien wohnenden Araber und der Palaestiner in Jorams Reich ein, plünderte das Land und den Königspalast und tötete seine Söhne und Weiber. Nur ein einziger von seinen Söhnen, mit Namen Ochozias‚ entkam den Händen der Feinde. 103 Nach diesem Unglück wurde der König von der Krankheit befallen, die ihm der Seher vorhergesagt hatte. Sein Leib wurde von den heftigsten Schmerzen gequält, und er sah, wie seine eigenen Eingeweide von ihm abgingen; alsdann starb er eines elenden Todes. Sein Leichnam wurde sogar noch vom Volke beschimpft. 104 Denn da man, wie ich glaube, in Erwägung zog, dass dem kein königliches Leichenbegängnis zustehe, der, vom Zorne Gottes getroffen, den Geist aufgegeben habe, so setzte man ihn weder im Grabe seiner Väter bei, noch hielt man ihn einer anderen Ehrenbezeugung für würdig, bestattete ihn vielmehr wie einen gewöhnlichen Mann. Er hatte vierzig Jahre gelebt und acht Jahre regiert. Das Volk von Jerusalem aber übertrug die Königswürde seinem Sohne Ochozias.
(1.) 105 Joram, der König der Israëliten, machte sich nach dem Tode Adads Hoffnung, die Stadt Aramatha im Galaditerlande den Syrern entreissen zu können, und zog deshalb mit einem grossen Heere dorthin. Bei der Belagerung der Stadt wurde er von einem Syrer durch einen Pfeilschuss verwundet, jedoch nicht tödlich, und zog sich daher in die Stadt Jesraëla zurück, um hier die Wunde heilen zu lassen. Das Heer aber liess er unter dem Befehle Jehus, des Sohnes des Nemessus, bei Aramatha zurück, das übrigens schon erobert war. 106 Er [564] hatte sich vorgenommen, die Syrer wieder anzugreifen, sobald seine Wunde geheilt sein würde. Inzwischen sandte der Seher Elissaeus einen seiner Schüler mit heiligem Öle nach Aramatha, um den Jehu zum Könige zu salben und ihm mitzuteilen, dass Gott selbst ihm diese Würde zugedacht habe. Ausser anderen Aufträgen gab er ihm auch den, er solle von dort wie ein Flüchtling wieder abreisen, sodass sein Weggang von niemand bemerkt werde. 107 Als der Schüler nun zur Stadt kam, traf er den Jehu mitten unter seinen Heerführern sitzend an, wie Elissaeus vorhergesagt hatte. Er ging auf ihn zu und teilte ihm mit, er wolle mit ihm über eine besondere Angelegenheit sprechen. 108 Jehu stand auf und folgte ihm in ein Gemach, wo der Jüngling das Öl hervorholte, es auf Jehus Haupt goss und sprach, Gott erwähle ihn zum Könige, damit er Achabs Geschlecht ausrotte und das Blut der Seher räche, die Jezabel ungerechterweise umgebracht habe, 109 und damit, wie das Geschlecht Jeroboams, des Sohnes des Nabataeus und der Baasa, wegen seiner Gottlosigkeit untergegangen sei, also auch von Achabs Geschlecht keiner am Leben bleibe. Nach diesen Worten stürzte er eilig aus dem Gemache fort, damit er von niemand gesehen würde.
(2.) 110 Jehu verliess hierauf das Haus und kehrte wieder auf seinen Platz bei den Heerführern zurück. Und da diese ihn bestürmten, er möge ihnen mitteilen, zu welchem Zweck der Jüngling ihn besucht habe, und bemerkten, derselbe müsse wohl von Sinnen sein, erwiderte er: „Ihr habt ganz recht; denn er hat allerdings ganz unsinnige Worte geredet.“ 111 Als sie nun noch mehr in ihn drangen und näheres zu erfahren wünschten, erklärte er ihnen, der Jüngling habe ihm mitgeteilt, dass ihm von Gott die Herrschaft über das Volk verliehen worden sei. Kaum hatte er das gesagt, als sie ihre Kleider auszogen, sie unter ihm ausbreiteten‚ in die Hörner stiessen und den Jehu zum Könige ausriefen. 112 Jehu versammelte nun die Truppen und beabsichtigte gegen Joram nach Jesraëla zu ziehen, wo dieser, wie [565] oben erwähnt, die bei der Belagerung von Aramatha erhaltene Wunde heilen liess. Dorthin hatte sich auch Ochozias‚ der König zu Jerusalem, aus verwandtschaftlichen Rücksichten begeben (er war, wie vorhin bemerkt, Jorams Neffe), um sich zu erkundigen, wie es mit seiner Wunde stehe. 113 Da nun Jehu den Joram und seine Umgebung unversehens überfallen wollte, befahl er seinen Kriegern, streng darauf zu achten, dass niemand aus der Stadt entweiche‚ der seine Absicht dem Joram verraten könne. Hieraus werde er ihre gute Gesinnung erkennen und beurteilen können, ob sie ihn in ehrlicher Absicht zum Könige ausgerufen hätten.
(3.) 114 Die Krieger nahmen den Befehl mit Freuden auf und bewachten die Wege, damit niemand heimlich nach Jesraëla gelange und den Plan Jehus dort verrate. Jehu beorderte alsdann eine auserlesene Reiterschar, bestieg seinen Wagen und fuhr auf Jesraëla zu. Als er sich der Stadt näherte, erblickte ihn der Wächter, der vom Könige Joram angestellt war, um die Eintretenden zu beobachten, samt seiner Reiterschar und meldete dem Joram, es ziehe Reiterei heran. 115 Dieser sandte sogleich einen Reiter aus, um zu erforschen, wer die Ankömmlinge seien. Als der Reiter zu Jehu gekommen war, fragte er ihn, wie sich das Heer befinde, da der König hierüber Nachricht haben wolle. Jehu hiess ihn deswegen unbesorgt sein und ihm folgen. 116 Als der Wächter dies bemerkt hatte, meldete er dem Joram, der Reiter habe sich der Schar angeschlossen und komme mit ihr angeritten. Einen zweiten Boten des Königs hiess Jehu dasselbe thun, 117 und der Wächter zeigte auch dies dem Könige an, der darauf selbst mit dem bei ihm zu Besuch weilenden Könige Ochozias von Jerusalem seinen Wagen bestieg und dem Jehu entgegenfuhr. 118 Joram traf den Jehu, der mit seiner Schar in geschlossenem Zuge langsam verrückte, auf dem Grundstücke des Nabuth und fragte ihn, ob bei seinem Heere alles wohl sei. Da aber Jehu bittere Schmähungen gegen ihn ausstiess und ihn den Sohn einer Giftmischerin [566] und Buhldirne nannte, fürchtete Joram, Jehu möchte nichts Gutes vorhaben, wandte so schnell wie möglich seinen Wagen und fuhr davon, indem er zu Ochozias sagte, sie seien in eine Falle geraten. Jehu aber spannte seinen Bogen und schoss den Joram mit einem Pfeile mitten durch die Brust, 119 sodass er in die Knie sank und seinen Geist aufgab. Dann befahl Jehu dem Badakrus, einem Befehlshaber über den dritten Teil seines Heeres, Jorams Leichnam auf Nabuths Acker zu werfen, wobei er an die Weissagung des Elias erinnerte, der dem Achab, dem Vater Jorams, nach der Ermordung des Nabuth prophezeit hatte, er werde einst samt seinem Geschlechte auf demselben Acker umkommen. 120 Diese Weissagung, fügte er hinzu, habe er, da er hinter Achab im Wagen gesessen habe, aus dem Munde des Sehers selbst gehört. Als nun Joram gefallen war, bog Ochozias in grosser Angst um sein eigenes Leben mit dem Wagen in einen anderen Weg ein und dachte dadurch dem Jehu zu entkommen. 121 Der aber holte ihn an einem Hügel ein und verwundete ihn mit einem Pfeile. Ochozias verliess darauf sogleich den Wagen, bestieg ein Pferd und floh vor Jehu nach Magedo, wo er bald nachher an seiner Wunde starb. Von den Seinigen ward sein Leichnam nach Jerusalem gebracht und dort begraben. Seine Regierung hatte nur ein Jahr gewährt, und an Schlechtigkeit hatte er seinen Vater noch übertroffen.
(4.) 122 Als nun Jehu nach Jesraëla gekommen war, stellte sich Jezabel in vollem Schmucke auf einen Turm und rief ihm zu: „Welch ein herrlicher Diener ist doch der, der seinen Herrn tötet!“ Jehu blickte zu ihr auf und fragte sie, wer sie sei. Dann hiess er sie herabsteigen, und als sie sich dessen weigerte, befahl er einigen Verschnittenen, sie von dem Turme hinabzustürzen. 123 Diese vollzogen den Befehl, und Jezabel bespritzte im Falle die Mauer mit ihrem Blute; ihr Körper aber ward von den Hufen der Rosse zu Tode gestampft. Darauf begab sich Jehu zum Königspalaste und stärkte sich und seine [567] Freunde, da sie vom Marsche ermüdet waren, mit einem Mahle und anderen Erfrischungen. Seinen Dienern aber, welche die Jezabel umgebracht hatten, befahl er, sie mit allen Ehren zu bestatten, da sie aus königlichem Geblüte war. 124 Diese gingen hin, um dem Befehl gemäss die Beerdigung vorzunehmen, fanden aber von dem Körper nichts mehr vor als die Extremitäten, da alles übrige von den Hunden verschlungen worden war. Als Jehu dies vernahm, bewunderte er die Weissagung des Elias, der vorherverkündigt hatte, dass Jezabel auf diese Weise zu Jesraëla umkommen werde.
(5.) 125 Achab hatte siebzig Söhne hinterlassen, die zu Samaria erzogen wurden. Dorthin schrieb nun Jehu zwei Briefe, einen an die Erzieher der Söhne, den anderen an die Vorsteher der Samariter, worin er sie ermahnte, sie sollten, da sie eine grosse Menge Wagen, Pferde, Waffen, Kriegsvolk und befestigte Städte hätten, den stärksten von Achabs Söhnen zum König ausrufen und alsdann den Tod ihres Herrn rächen. 126 Mit diesen Schreiben aber wollte Jehu die Gesinnung der Samariter auf die Probe stellen. Als nun die Vorsteher und Erzieher die Briefe gelesen hatten, ergriff sie gewaltige Angst. Sie erwogen nämlich, dass sie gegen den, der zwei so mächtige Könige überwunden habe, nichts würden ausrichten können, und schrieben ihm daher zurück, sie wollten ihn selbst zu ihrem Herrscher erwählen und alle seine Befehle vollziehen. 127 Darauf gebot ihnen Jehu in einem weiteren Briefe, sie sollten Achabs Söhnen die Köpfe abschlagen und ihm dieselben zusenden. Die Vorsteher teilten dieses Schreiben den Erziehern der Söhne mit, die den Befehl pünktlich ausführten, die Köpfe der Söhne Achabs in geflochtene Körbe packten und sie nach Jesraëla schickten. 128 Jehu, der gerade mit seinen Freunden speiste, als ihm die Ankunft der Köpfe gemeldet wurde, befahl, dieselben in zwei Haufen zu beiden Seiten des Stadtthores aufzuschichten. 129 Als das geschehen war, ging er in der Morgenfrühe hin, um die Köpfe zu besichtigen, und [568] sprach zu den Anwesenden, er habe zwar das Heer gegen seinen Herrn geführt und ihn getötet, aber diese da habe er nicht umgebracht. Er wollte ihnen hiermit klar machen, dass das Geschlecht Achabs, nach dem Ratschlusse Gottes vom Verderben ereilt worden sei, wie dies auch Elias prophezeit hatte. 130 Darauf liess er auch noch alle Verwandten Achabs, die in Jesraëla aufzufinden waren, töten, und begab sich dann nach Samaria. Auf dem Wege dorthin traf er Blutsverwandte des Ochozias‚ des Königs zu Jerusalem, und fragte sie, wohin die Reise gehe. 131 Und da sie antworteten, sie wollten den Joram und ihren König Ochozias‚ von deren Tod sie noch nichts wussten, besuchen, liess Jehu auch sie ergreifen und umbringen, im ganzen zweiundvierzig Menschen.
(6.) 132 Hierauf begegnete ihm ein edler und gerechter Mann und alter Freund von ihm, mit Namen Jonadab, der ihn begrüsste und lobte, weil er alles nach Gottes Willen vollbracht und das Geschlecht Achabs ausgerottet habe. 133 Jehu bat ihn, auf seinen Wagen zu steigen und ihn nach Samaria zu begleiten. Dort wolle er ihm zeigen, dass er keinen Gottlosen verschonen, sondern sowohl die falschen Seher und Priester, als auch alle anderen, die das Volk von der Verehrung des allmächtigen Gottes ab- und der Anbetung fremder Götter zugewandt hätten, mit dem Tode bestrafen werde. Denn es sei ein herrliches und für einen gerechten Mann angenehmes Schauspiel, die Übelthäter bestrafen zu sehen. 134 Jonadab entsprach der Bitte des Königs und fuhr mit ihm nach Samaria. Dort liess Jehu alle Verwandten Achabs aufspüren und umbringen. Damit aber keiner von den falschen Sehern und Götzenpriestern Achabs der Todesstrafe entgehe, bediente er sich zu ihrer Ergreifung folgender List. 135 Er berief das Volk zu einer Versammlung und verkündete ihm, er wolle doppelt so viele Götter verehren, als Achab eingeführt habe. Sie möchten also Sorge tragen, dass die Priester, Propheten und Verehrer dieser Götter sich bei ihm einfänden. [569] Denn er beabsichtige, den Göttern Achabs zahlreiche und prächtige Opfer darzubringen. Wer von den Priestern des Baal (so hiess der Gott Achabs) sich nicht einfinde, solle mit dem Tode bestraft werden. 136 Als er nun den Tag, an welchem die Opfer dargebracht werden sollten, bestimmt hatte, liess er aus dem ganzen Lande der Israëliten die Priester Baals herbeiholen und alle mit Kleidern versehen. Sodann ging er mit seinem Freunde Jonadab in den Tempel und liess sorgfältig darauf achten, dass kein Fremder sich unter den Priestern befinde; denn er wolle nicht, dass ein Fremdling ihren Opfern beiwohne. 137 Da diese ihm nun mitteilten, dass kein Fremder anwesend sei, und sie den Gottesdienst begonnen hätten, liess er die Thore des Tempels durch achtzig seiner treuesten Krieger besetzen und befahl ihnen, die falschen Seher umzubringen und so die Verachtung des Gottesdienstes der Väter zu rächen. Sie hafteten ihm übrigens mit ihrem Kopfe dafür, dass niemand aus dem Tempel entweiche. 138 Die Krieger töteten hierauf alle Götzenpriester, äscherten den Tempel Baals ein und befreiten so Samaria von dem Götzendienst. Baal war der Gott der Tyrier, und Achab hatte seinem Schwiegervater Ithobal, dem Könige der Tyrier und Sidonier, zu Gefallen ihm in Samaria einen Tempel erbaut, Seher bestellt und einen Gottesdienst eingerichtet. 139 Nach Entfernung dieses Götzen erlaubte übrigens Jehu den Israëliten immer noch, die goldenen Kälber zu verehren. Weil er aber wenigstens das Gute vollbracht hatte, dass er die Gottlosen gebührend bestrafte, verkündigte ihm Gott durch einen Seher, dass seine Nachkommen bis ins vierte Glied über die Israëliten herrschen würden.
[570]
(1.) 140 Als Gotholia, die Tochter Achabs, von dem Untergang ihres Sohnes Ochozias‚ ihres Bruders Joram und des königlichen Geschlechtes Kunde erhalten hatte, bot sie alles auf, um Davids Haus völlig zu vertilgen, damit keiner davon künftig zur Herrschaft gelangen könne. 141 Ihrer Ansicht nach hatte sie diese Absicht auch erreicht. Doch blieb einer von Ochozias’ Söhnen am Leben, der auf folgende Weise gerettet wurde. Ochozias hatte eine rechte Schwester mit Namen Josabeth, die mit dem Hohepriester Jodaus verheiratet war. 142 Als diese in den Königspalast kam und den Joas (so hiess das ein Jahr alte Knäbchen) mit seiner Amme unter den Leichen der Ermordeten verborgen fand, nahm sie beide mit in ihr Schlafgemach und zog in Gemeinschaft mit ihrem Gatten Jodaus den Knaben heimlich im Tempel sechs Jahre lang auf, während welcher Zeit Gotholia über Jerusalem und die beiden Stämme herrschte.
(2.) 143 Im siebenten Jahre machte Jodaus fünf Hauptleuten von der Sache Mitteilung und beredete sie, mitzuwirken, dass Gotholia beseitigt und die Königsherrschaft dem Knaben übertragen würde. Und um ihrer Hilfe desto sicherer zu sein, verpflichtete er sie unter einem Eidschwur und gab sich dann der Hoffnung hin, dass sein Anschlag gegen Gotholia gelingen werde. 144 Die Männer nun, welche der Hohepriester Jodaus als Helfer gewonnen hatte, bereisten das ganze Land, versammelten die Priester, Leviten und Vorsteher der Stämme und nahmen sie mit sich nach Jerusalem zum Hohepriester. 145 Dieser verlangte einen Eid von ihnen, dass sie das Geheimnis, welches sie vernehmen würden, ganz für sich behalten wollten, da Verschwiegenheit und entschlossenes Handeln in gleicher Weise vonnöten sei. Als er nach [571] Leistung des Eides es für hinreichend gefahrlos hielt, ihnen den Plan mitzuteilen, führte er ihnen den Knaben aus Davids Geschlecht vor, den er erzog, und sprach zu ihnen: „Dieser soll euer König sein, da er von dem Hause abstammt, dem, wie ihr wisst, Gott die Herrschaft für alle Zeiten verheissen hat. 146 Ich rate euch daher, dass der dritte Teil von euch sich im Tempel zum Schutze des Königs aufstelle, während der vierte Teil am Tempelthore und an dem in dessen Nähe befindlichen offenen Eingang zum Königspalast Wache hält. Der Rest soll unbewaffnet im Tempel sich aufhalten, und ihr sollt niemand den Eintritt in den Tempel gestatten, falls er bewaffnet ist, er gehöre denn zu den Priestern.“ 147 Ausserdem befahl er, dass ein Teil der Priester und Leviten nach Art von Trabanten den König mit gezogenen Schwertern umringen und jeden, der es wage, bewaffnet in den Tempel einzutreten, sofort niedermachen und lediglich dem Schutze des Königs ihre Aufmerksamkeit widmen sollten. 148 Diesem Rate des Hohepriesters pflichteten alle bei und schritten dann auch sofort zur That. Jodaus öffnete die Waffenkammer, deren Einrichtung im Tempel von David angeordnet worden war, und verteilte an die Hauptleute, Priester und Leviten die dort vorgefundenen Speere, Köcher und sonstigen Waffen. Die Bewaffneten stellte er dann in geschlossener Schar um den Tempel auf, damit sie allen den Eingang wehrten, denen derselbe nicht verstattet war. 149 Darauf führte man den Knaben in die Mitte und setzte ihm die Königskrone auf, während Jodaus ihn mit heiligem Öl salbte und zum Könige ausrief. Das Volk erhob ein Freudengeschrei, klatschte Beifall und brach in den Ruf aus: „Es lebe der König!“
(3.) 150 Als Gotholia den plötzlichen Lärm und das Freudengeschrei vernahm, geriet sie in Verwirrung und stürzte mit ihrer Leibwache zum Königspalast hinaus. Und da sie zum Tempel kam, liessen die Priester sie selbst zwar passieren, ihrem bewaffneten Gefolge dagegen wehrten die um den Tempel aufgestellten Wächter nach [572] dem Befehle des Hohepriesters den Eingang. 151 Gotholia hatte kaum den auf einer Erhöhung stehenden und die Königskrone tragenden Knaben erblickt, als sie ihr Gewand zerriss, ein grosses Geschrei erhob und Befehl gab, den Knaben zu töten, der ihr die Herrschaft zu entreissen trachte. Jodaus aber rief die Hauptleute herbei und befahl ihnen, die Gotholia in das Thal Kedron zu führen und dort zu töten: denn er wollte nicht, dass man das ruchlose Weib im Tempel umbringe und so das Heiligtum verunreinige. 152 Dann fügte er noch hinzu, man solle auch jeden töten, der ihr Hilfe zu bringen suche. Die Hauptleute ergriffen darauf die Gotholia, führten sie zum sogenannten königlichen Maultierthore und brachten sie daselbst um.
(4.) 153 Als auf diese Weise der Anschlag gegen Gotholia gelungen war, versammelte Jodaus das Volk und die Truppen im Tempel und liess sie schwören, dem König ergeben bleiben und sein wie seines Reiches Wohl fördern und schützen zu wollen. Auch dem Könige nahm er einen Eid ab, dass er Gott ehren und die Gesetze des Moyses nicht übertreten werde. 154 Hierauf drang man in den Baalstempel ein, den Gotholia und ihr Gatte Joram dem wahren Gotte zur Schmach und dem Achab zu Ehren erbaut hatten, und zerstörte denselben völlig; den Maathas aber, der damals den priesterlichen Dienst versah, tötete man. 155 Die Besorgung und Bewachung des Tempels übertrug Jodaus nach Davids Anordnung den Priestern und Leviten und befahl ihnen, täglich zweimal die gewöhnlichen Brandopfer darzubringen und nach der Vorschrift des Gesetzes das Räucherwerk zu entzünden. Einige Leviten ernannte er zu Thorwächtern des Tempels, damit kein Unreiner sich in denselben einschleichen könne.
(5.) 156 Nachdem er diese Anordnungen getroffen, geleitete er mit den Hauptleuten, den Heerführern und dem gesamten Volke den Joas aus dem Tempel nach dem Königspalast. Als man ihn hier auf den Thron gesetzt hatte, erhoben alle ein Freudengeschrei, und man beging [573] einige Tage festlich unter Abhaltung von Schmausereien. In der Stadt aber entstand wegen des Todes der Gotholia nicht die geringste Aufregung. 157 Als Joas die Regierung antrat, stand er im siebenten Lebensjahre. Seine Mutter hiess Sabia und stammte aus Bersabee. So lange nun der Hohepriester Jodaus lebte, beobachtete der König die Gesetze und war eifrig in der Verehrung Gottes. 158 Als er das entsprechende Alter erreicht hatte, heiratete er zwei Weiber, die ihm der Hohepriester antraute, und erhielt von beiden sowohl Söhne als Töchter. Soviel über den König Joas, wie er den Nachstellungen der Gotholia entging und die Königswürde erlangte.
(1.) 159 Der Syrerkönig Azaël aber überzog die Israëliten und ihren König Jehu mit Krieg, verwüstete die Landstriche, welche jenseits des Jordan gegen Osten lagen und von den Stämmen Rubel, Gad und Manasses bewohnt waren, sowie auch die Landschaften Galaditis und Batanaea, plünderte und verbrannte die Städte und tötete alles, was ihm in die Hände fiel. 160 Jehu vermochte seinem Wüten nicht Einhalt zu thun, starb vielmehr als Verächter Gottes und seiner Gebote nach siebenundzwanzigjähriger Regierung. Er ward in Samaria begraben, und es folgte ihm in der Regierung sein Sohn Joaz.
(2.) 161 Joas dagegen, der König zu Jerusalem, wollte den Tempel Gottes wiederherstellen und berief deshalb den Hohepriester Jodaus zu sich, dem er den Befehl erteilte, durch das ganze Land Priester und Leviten zu senden und von ihnen für jeden Kopf der Bevölkerung einen halben Sekel Silber zur Wiederherstellung des unter [574] Joram, Gotholia und deren Nachkommen in Verfall geratenen Tempels erheben zu lassen. 162 Der Hohepriester indes kam dem Befehle nicht nach, weil er wusste, dass doch niemand etwas beisteuern würde. Im dreiundzwanzigsten Jahre seiner Regierung aber liess der König den Hohepriester und die Leviten zu sich kommen und machte ihnen Vorwürfe darüber, dass sie seinen Befehl nicht vollzogen hätten. Und da er ihnen zugleich dringend ans Herz legte, in Zukunft mehr für die Wiederherstellung des Tempels besorgt zu sein, ersann der Hohepriester ein Mittel zum Zwecke der Einsammlung von Geldspenden, dem das Volk gern beipflichtete. 163 Er liess nämlich einen hölzernen Kasten anfertigen, der an allen Seiten verschlossen war und nur eine einzige lochförmige Öffnung hatte. Diesen Opferstock liess er im Tempel neben dem Altare aufstellen und gebot, dass jeder zur Wiederherstellung des Tempels Geld durch das Loch hineinwerfen solle, und zwar so viel als ihm beliebe. Damit war das Volk einverstanden und steuerte in regem Wetteifer eine Menge Gold- und Silbergeld bei. 164 Der Schreiber und der die Kasse führende Priester leerten den Kasten, zählten seinen Inhalt in Gegenwart des Königs und stellten ihn dann wieder an seinen Platz. So verfuhr man Tag für Tag. Als nun genug beigetragen zu sein schien, verwendete der Hohepriester Jodaus in Gemeinschaft mit dem König die Mittel zur Bezahlung von Steinmetzen und Baumeistern und zur Anschaffung einer Menge schönen Bauholzes. 165 Nach Vollendung der Wiederherstellungsarbeiten verwendete man das noch übrige Gold- und Silbergeld zur Beschaffung von Bechern, Schalen, Krügen und anderen Gefässen und brachte täglich herrliche Opfer dar. Dieser Eifer hielt an, so lange Jodaus am Leben blieb.
(3.) 166 Nach seinem Tode aber (er erreichte ein Alter von hundertdreissig Jahren, war ein hervorragend frommer und gerechter Mann und wurde, weil er dem Geschlechte Davids die Herrschaft erhalten hatte, in der Königsgruft beigesetzt) vernachlässigte der König Joas den Gottesdienst, [575] 167 und auch die Vorsteher des Volkes wandelten wie er schlechte Wege, übertraten die Gebote und schalteten ganz nach Gutdünken. Über diese Entartung erzürnt, sandte Gott Propheten, die ihnen ihre Frevel vorhalten und sie von ihrem lasterhaften Lebenswandel bekehren sollten. 168 Aber sie waren derart auf ihre gottlose Gesinnung versessen, dass sie weder durch das Unglück, von dem ihre Vorfahren sowie deren ganzes Geschlecht wegen der Verachtung der Gebote heimgesucht worden waren, noch durch die früheren Weissagungen der Propheten zur Busse bekehrt wurden und zu ihrem früheren rechtschaffenen Wandel nicht mehr zurückkehren wollten. Ja, der König liess sogar den Zacharias, den Sohn des Hohepriesters Jodaus, uneingedenk der Wohlthaten seines Vaters, im Tempel zu Tode steinigen, 169 weil er, vom Geiste Gottes erfüllt, in öffentlicher Versammlung König und Volk zur Umkehr ermahnt und ihnen für den Fall, dass sie ihm nicht folgten, schwere Strafen angedroht hatte. Sterbend rief Zacharias Gott zum Zeugen und Rächer seines bitteren und gewaltsamen Todes an, den er für seinen guten Willen und für die Verdienste seines Vaters erleiden müsse.
(4.) 170 Nicht lange nachher traf den König die verdiente Strafe. Denn Azaël, der König der Syrer, fiel in sein Land ein, zerstörte und plünderte Gitta und zog dann gegen Jerusalem. Darüber erschrak Joas sehr, und nun beraubte er den Schatz Gottes und der Könige, nahm die Weihgeschenke aus dem Tempel und sandte alles dies dem Syrer, den er dadurch von der Belagerung abhalten wollte. 171 Durch den ungeheuren Preis liess sich Azaël auch wirklich bewegen, seine Truppen von Jerusalem zurückzuziehen. Joas aber fiel bald danach in eine schwere Krankheit und wurde von den Freunden des Zacharias, die dessen Tod rächen wollten, überfallen und umgebracht. 172 Man begrub ihn zwar in Jerusalem, setzte ihn jedoch seiner Gottlosigkeit wegen nicht in der Königsgruft bei. Er erreichte ein Alter von siebenundvierzig [576] Jahren. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Amasias.
(5.) 173 Im einundzwanzigsten Jahre der Regierung des Joas übernahm Joaz, der Sohn des Jehu, die Herrschaft über die Israëliten in Samaria und regierte siebzehn Jahre lang. Doch folgte er durchaus nicht der guten Gesinnung seines Vaters, sondern ergab sich denselben Lastern wie die früheren Könige, die Gott verachtet hatten. 174 Ihn überwand der Syrerkönig und rieb seine zahlreichen Truppen dergestalt auf, dass ihm nur noch zehntausend Mann Fussvolk und fünfzig Reiter übrig blieben; auch nahm er ihm viele grosse Städte weg. 175 Dieses Unheil widerfuhr aber dem Volke der Israëliten nach einer Prophezeiung des Elissaeus, die dieser verkündigt hatte, als er auch dem Azaël weissagte, er werde seinen Herrn töten und die Herrschaft über die Syrer und Damascener an sich reissen. In dieser grossen Not nahm Joaz seine Zuflucht zum Gebet und flehte zu Gott, er möge ihn nicht in die Gewalt Azaëls geraten lassen. 176 Gott aber, dem Reue lieber ist als Tugend, und der sich oft an der blossen Drohung genügen lässt, wollte ihn nicht gänzlich zu Grunde richten und befreite ihn von der Kriegsgefahr, sodass das Land sich aufs neue des Friedens erfreute und seinen früheren Wohlstand wiedererlangte.
(6.) 177 Als Joaz gestorben war, folgte ihm sein Sohn Joas im siebenunddreissigsten Jahre der Herrschaft des Königs Joas zu Jerusalem und regierte sechzehn Jahre lang die Israëliten zu Samaria. 178 Er war ein rechtschaffener Mann und das gerade Gegenteil seines Vaters. Um diese Zeit fiel der hochbetagte Seher Elissaeus in eine Krankheit, und der König der Israëliten besuchte ihn. 179 Als dieser den Greis sterbend antraf‚ begann er zu weinen und zu wehklagen und nannte ihn seinen Vater und Beschützer. Denn ihm verdanke er es, dass er gegen seine Feinde keiner Waffen bedurft, sondern nach Elissaeus’ Weissagungen den Sieg über dieselben ohne Kampf davongetragen habe. Und jetzt wolle der Prophet aus dem Leben scheiden und ihn der Gewalt der Syrer und [577] anderer Feinde preisgeben, 180 sodass sein Leben nicht mehr sicher sein würde und es besser wäre, wenn er jetzt gleich mit ihm stürbe. Elissaeus tröstete den König in seinem Schmerz; dann hiess er ihn einen Bogen herbeiholen und spannen, und als der König den Bogen schussfertig hatte, legte der Seher seine Hände auf des Königs Hände und befahl ihm zu schiessen. 181 Der König schoss drei Pfeile ab und hörte dann auf; Elissaeus aber sprach zu ihm: „Hättest du noch mehr Pfeile abgeschossen, so würdest du das Reich der Syrer von Grund aus zerstört haben. Weil du dich aber mit drei Pfeilen begnügt hast, so wirst du die Syrer in ebenso vielen Schlachten besiegen und ihnen das Land wieder entreissen, das sie deinem Vater geraubt haben.“ 182 Darauf verliess ihn der König; der Seher aber starb bald nachher. Er war ein überaus gerechter Mann und stand in Gottes höchster Gunst. Das bezeugen die fast unglaublichen Wunderthaten, die er auf Gottes Antrieb verrichtete, und deren Andenken noch heute bei den Hebräern fortlebt. Er wurde aufs prächtigste bestattet, wie es einem Gott so wohlgefälligen Manne zukam. 183 Um diese Zeit geschah es, dass ein Mensch von Räubern getötet und in das Grab des Elissaeus geworfen wurde. Als nun der Tote den Leib des Propheten berührte, ward er wieder lebendig. So viel vom Seher Elissaeus, seinen Weissagungen und der göttlichen Kraft, die er selbst nach seinem Tode noch bewies.
(7.) 184 Nach dem Tode des Syrerkönigs Azaël ging die Herrschaft auf seinen Sohn Adad über. Diesen überzog Joas, der König der Israëliten, mit Krieg, besiegte ihn dreimal und entries ihm das ganze Land mit allen seinen Städten und Dörfern wieder, welches sein Vater Azaël dem Reiche der Israëliten geraubt hatte, 185 wie dies von Elissaeus vorhergesagt werden war. Als nun auch Joas gestorben war, wurde er zu Samaria begraben, und es folgte ihm in der Regierung sein Sohn Jeroboam.
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(1.) 186 Im zweiten Jahre der Regierung des Israëlitenkönigs Joas übernahm Amasias, der Sohn der Jodad, einer Bürgerin von Jerusalem, die Herrschaft über den Stamm Judas. Schon als Jüngling zeigte er einen wunderbaren Gerechtigkeitssinn. Gleich nach seinem Regierungsantritt beschloss er, seinen Vater Joas zu rächen, liess deshalb die, welche Hand an ihn gelegt hatten, festnehmen und bestrafte sie mit dem Tode. 187 Doch verschonte er ihre Kinder, getreu dem Gesetze des Moyses, der es für unbillig hielt, die Kinder für die Schuld ihrer Eltern büssen zu lassen. 188 Hierauf hielt er in den Stämmen Judas und Benjamin eine Musterung der jungen Leute ab, die beinahe zwanzig Jahre alt oder nicht viel älter waren, und hob deren dreihunderttausend aus; auch setzte er Hauptleute über sie. Ausserdem schickte er zum Könige der Israëliten und mietete von ihm noch hunderttausend Mann für hundert Talente Silber. Denn er hatte beschlossen, die Amalekiter, Idumäer und Gabaliter mit Krieg zu überziehen. 189 Als er sich nun mit seinem Heere eben in Bewegung setzen wollte; ermahnte ihn ein Seher, die Israëlitischen Truppen zu entlassen. Denn diese seien gottloses Volk, und er werde nach Gottes Verkündigung eine Niederlage erleiden, wenn er sich ihrer Hilfe bediene. Dagegen werde er die Feinde überwinden, wenn er im Vertrauen auf Gottes Hilfe den Kampf mit seinen eigenen Truppen bestehe. 190 Da aber der König hierüber unwillig ward, weil er den Israëliten den Lohn schon gezahlt hatte, ermahnte ihn der Prophet, er solle sich dem Willen Gottes unterwerfen, denn dieser würde seine Geldmittel schon wieder vermehren. Der König entliess darauf die Israëliten mit der Bemerkung, er wolle ihnen den Lohn schenken, den sie schon empfangen hätten, und zog mit [579] seinen eigenen Truppen gegen die genannten Völkerschaften zu Felde. 191 In einer grossen Schlacht überwand er sie, tötete zehntausend von ihnen und nahm ebenso viele lebendig gefangen, die er auf den grossen Felsen, welcher in Arabien liegt, führen und von diesem hinabstürzen liess. Er erbeutete in diesem Kampfe eine grosse Menge von Kostbarkeiten. 192 Während aber Amasias jenen Kriegszug ausführte, fielen die Israëliten, die er entlassen hatte, und die hierüber erbittert waren, da sie glaubten, Amasias habe sie aus Verachtung fortgeschickt, in sein Gebiet ein, drangen bis Bethsemera vor, verwüsteten das Land, raubten viel Vieh und töteten dreitausend Menschen.
(2.) 193 Amasias wurde übrigens durch den glücklich errungenen Sieg hochmütig und fing an, Gott, der doch der Urheber desselben war, zu vernachlässigen und sich der Verehrung derjenigen Götter hinzugeben, die er aus dem Lande der Amalekiter mitgebracht hatte. 194 Es kam aber zu ihm ein Prophet, der ihm erklärte, er wundere sich, dass er die für Götter halte, die ihren Verehrern nicht helfen und sie nicht aus seinen Händen hätten befreien können, vielmehr den grössten Teil ihres Heeres hätten zu Grunde gehen und sich selbst in Gefangenschaft geraten lassen. Denn die Götter seien doch gerade so nach Jerusalem geführt worden, als ob sie kriegsgefangene Feinde gewesen wären. 195 Hierüber erzürnte der König, hiess den Seher schweigen und drohte ihm die Todesstrafe an, wenn er sich um Sachen kümmere, die ihn nichts angingen. Der Seher entgegnete, er werde ruhig sein, aber Gott werde die Neuerungen des Königs nicht ungestraft lassen. 196 Amasias, der sich in seinem Glücks nicht zu mässigen verstand (denn obwohl er dasselbe von Gott erlangt hatte, scheute er sich doch nicht, ihn zu schmähen) und auf sich selbst sehr eingebildet war, schrieb nun an Joas, den König der Israëliten, er solle sich mit seinem ganzen Volke ihm unterwerfen, wie das auch unter seinen Vorfahren David und Solomon der Fall gewesen sei. Wolle [580] er das aber nicht thun, so möge er wissen, dass der Krieg das entscheidende Wort zu sprechen habe. 197 Joas schrieb ihm darauf folgendes zurück: „Der König Joas an den König Amasias. Auf dem Berge Libanon stand eine grosse Cypresse und dabei eine Brombeerstaude. Die Staude schickte zur Cypresse und stellte an sie das Ansinnen, ihre Tochter dem Sohn der Staude zur Ehe zu geben. Inzwischen aber ging ein wildes Tier vorbei, welches die Staude zertrat. 198 Das soll dir zum Beispiel dienen, damit du nicht allzu Grosses erstrebst und in dem Übermute, in den dich der Sieg über die Amalekiter versetzt hat, nicht dich und dein Reich in Gefahr bringst.“
(3.) 199 Als Amasias diese Antwort las, ward seine Lust zum Kriege noch mehr entfacht. Gott trieb ihn, wie ich glaube, selbst dazu an, damit er für seine Sünden bestraft würde. Als er aber gegen Joas ausgerückt war und sich anschickte, den Kampf zu beginnen, ergriff Furcht und Verwirrung, wie Gott in seinem Zorn sie zu schicken pflegt, das Heer des Amasias, sodass es sich zur Flucht wandte, noch ehe es mit dem Feinde handgemein geworden war. 200 Amasias aber wurde, da die Seinigen sich in ihrem Entsetzen zerstreuten und ihn im Stich liessen, vom Feinde gefangen genommen, und Joas drohte ihm, er werde ihn töten lassen, wenn er nicht die Einwohner von Jerusalem dazu berede, ihm die Thore zu öffnen und ihn mit seinem Heere in die Stadt aufzunehmen. 201 Amasias sah sich in seiner Not gezwungen, dieses Verlangen zu erfüllen, und bewog demgemäss die Einwohner von Jerusalem, den Joas einrücken zu lassen. Dieser liess einen vierhundert Ellen langen Teil der Stadtmauer schleifen und fuhr durch die Bresche in Jerusalem hinein, indem er den Amasias gefangen vor sich herführen liess. 202 So brachte er Jerusalem in seine Gewalt, raubte den Schatz Gottes und plünderte alles, was von Gold und Silber in des Amasias Königspalast sich vorfand. Jetzt erst setzte er den Amasias in Freiheit und kehrte nach Samaria zurück. [581] 203 Dieses Unglück traf Jerusalem im vierzehnten Jahre der Regierung des Amasias. Bald darauf trachteten dem Könige seine eigenen Freunde nach dem Leben, sodass er sich gezwungen sah, nach Lachis zu entfliehen. Hier aber wurde er von den Leuten, die jene ihm nachgesandt hatten, getötet. Sein Leichnam ward nach Jerusalem zurückgebracht und hier mit königlichen Ehren beigesetzt. 204 Einen solchen Tod fand er wegen seines Übermutes und seiner Widersetzlichkeit gegen Gott, nachdem er vierundfünfzig Jahre gelebt und neunundzwanzig Jahre regiert hatte. Es folgte ihm sein Sohn Ozias.
(1.) 205 Im fünfzehnten Jahre der Regierung des Amasias trat Jeroboam, der Sohn des Joas, die Herrschaft über die Israëliten an und behielt sie vierzig Jahre lang. Dieser König war ein Verächter Gottes und der Gesetze, denn er verehrte Götzenbilder und verlegte sich auf widersinnige, fremde Gebräuche, wodurch er über das Volk der Israëliten grosses Unheil brachte. 206 Es verkündigte ihm aber der Seher Jonas, er werde, wenn er mit den Syrern Krieg führe, deren Macht erschüttern und die Grenzen seines Reiches nach Norden bis zur Stadt Amathus und nach Süden bis zum See Asphaltis erweitern. 207 Das waren nämlich früher die Grenzen Chananaeas, wie es der Feldherr Jesus abgemessen hatte. Jeroboam unternahm daraufhin gegen die Syrer einen Kriegszug und brachte ihr ganzes Land unter seine Botmässigkeit, wie der Seher Jonas ihm vorhergesagt hatte.
[582] (2.) 208 Da ich mir aber vorgenommen habe, eine genaue Geschichte unseres Volkes zu schreiben, halte ich es für notwendig, alles zu erwähnen, was ich in den Büchern der Hebräer über diesen Seher aufgezeichnet gefunden habe. Gott hatte ihm nämlich befohlen, in das Reich des Ninus zu reisen, sich in die Stadt (Ninive) zu begeben und dort zu verkündigen, der König werde binnen kurzem seine Herrschaft verlieren. Doch er fürchtete sich und begab sich nicht dahin, sondern floh vor Gott in die Stadt Joppe, bestieg hier ein Schiff und wollte nach Tarsus in Cilicien fahren. 209 Plötzlich aber entstand ein heftiger Sturm, und das Schiff drohte unterzugehen. Die Schiffer samt dem Steuermann und dem Kapitän gelobten Gott, sie wollten ihm ihre Dankbarkeit erweisen, wenn er sie aus der Gefahr errette. Jonas aber that nichts dergleichen, sondern blieb im Schiffe verborgen liegen. 210 Als nun die Wellen stets höher schlugen und der Sturm das Meer immer heftiger aufwühlte, argwöhnten die Schiffer, wie dies wohl vorkommt, es sei jemand von den Passagieren schuld an dem Sturm, und sie beschlossen daher, das Los zu werfen, um den Schuldigen zu ermitteln. 211 Das Los aber traf den Seher, und als sie ihn fragten, woher er sei und was er vorhabe, antwortete er, er sei seiner Herkunft nach Hebräer und ein Prophet Gottes. Dann gab er ihnen den Rat, sie möchten, wenn sie der gegenwärtigen Gefahr entrinnen wollten, ihn ins Meer werfen; denn er sei die Ursache, weshalb der Sturm so heftig wüte. 212 Die Leute wollten sich anfangs hierzu nicht verstehen, weil sie es für unrecht hielten, einen fremden Menschen, der ihnen sein Leben anvertraut hatte, dem offenbaren Untergange preiszugeben. Da aber die Not immer grösser wurde und das Schiff zu versinken drohte, liessen sie sich endlich teils auf Drängen des Sehers, teils aus Furcht vor dem Untergange dazu bestimmen, ihn ins Meer zu werfen. 213 Der Sturm legte sich nun sogleich. Jonas aber soll von einem Fische verschlungen und von diesem nach drei Tagen und ebenso vielen Nächten an das [583] Gestade des Pontus Euxinus ausgespien worden sein, ohne irgend einen Schaden erlitten zu haben. 214 Nachdem er hierauf Gott um Verzeihung seiner Sünden gebeten, ging er zur Stadt Ninive, stellte sich hier an einem Orte auf, wo alle ihn hören konnten, und verkündigte den Bewohnern der Stadt, dass sie alsbald die Herrschaft über Asien verlieren würden. Dann begab er sich nach Hause zurück. Diese Erzählung habe ich so berichtet, wie ich sie in den Büchern vorfand.
(3.) 215 Als Jeroboam sein Leben im höchsten Glücke zugebracht und vierzig Jahre regiert hatte, ward er zu seinen Vätern versammelt und in Samaria begraben. 216 Auf dem Throne folgte ihm sein Sohn Zacharias. Im vierzehnten Jahre der Regierung des Jeroboam trat Ozias, der Sohn des Amasias, die Herrschaft über die beiden Stämme zu Jerusalem an. Seine Mutter, mit Namen Achiala, war eine Bürgerin von Jerusalem. Er selbst war von Natur edel, gerecht, hochherzig, vorsichtig und thatkräftig. 217 Nachdem er gegen die Palaestiner zu Felde gezogen war, nahm er deren Städte Gitta und Jamnia ein und schleifte die Mauern derselben. Darauf griff er die Araber an, die nahe bei Aegypten wohnen, baute eine Stadt am Roten Meere und legte eine Besatzung hinein. 218 Dann unterjochte er die Ammaniter, legte ihnen einen bestimmten Tribut auf und brachte das ganze Land bis zu den Grenzen Aegyptens unter seine Botmässigkeit. Hierauf wandte er seine Sorgfalt der Stadt Jerusalem zu. Was von der Stadtmauer, sei es von Alters wegen, sei es infolge der Sorglosigkeit früherer Könige zusammengestürzt war, baute er von neuem auf. Auch den Teil der Mauer, den der König der Israëliten, als er mit seinem gefangenen Vater Amasias den Einzug in die Stadt hielt, hatte schleifen lassen, setzte er wieder in stand. 219 Ausserdem errichtete er viele Türme in Höhe von hundertfünfzig Ellen. Ferner umgab er die in der Wüste gelegenen Stationen mit Festungswerken und legte viele Wasserleitungen an. Er besass eine ungeheure Menge Zug- und anderes [584] Vieh, da das Land sehr gute Weideplätze aufwies. 220 Und weil er den Ackerbau liebte, wendete er diesem seine Sorgfalt zu und bepflanzte das Land mit Gewächsen jeglicher Art. Er hielt ein Heer auserlesener Krieger, das dreihundertsiebzigtausend Mann zählte, über welche zweitausend Hauptleute und Oberste von hervorragender Tapferkeit und gewaltiger Körperstärke gesetzt waren. 221 Das ganze Heer teilte er in kleinere Abteilungen ein und versah diese mit Waffen, indem er jedem Krieger ein Schwert, einen ehernen Schild und Panzer, Bogen und Schleuder gab. Ausserdem liess er viele Maschinen anfertigen, die bei der Belagerung von Städten Verwendung finden sollten, desgleichen Vorrichtungen, mit denen man Steine und sonstige Geschosse werfen konnte, endlich eiserne Sturmhaken und andere Geräte dieser Art.
(4.) 222 Da er nun solche Einrichtungen und Vorbereitungen traf, ward sein Sinn hochmütig, und aufgebläht durch vergänglichen Reichtum, verachtete er das Unsterbliche und Ewige, die Frömmigkeit gegen Gott und die Beobachtung der Gesetze. 223 Schliesslich stürzte er von der Höhe seines Glückes herab und fiel in dieselben Laster, denen sein Vater ergeben gewesen war, und zu welchen diesen ebenfalls der Glanz seines Glückes und seiner Macht verleitet hatte, weil er darin keine Mässigung kannte. Als nämlich einst ein Fest gefeiert wurde, an dem das ganze Volk teilnahm, zog Ozias Priesterkleider an und begab sich in den Tempel, um auf dem goldenen Altare Gott ein Rauchopfer darzubringen. 224 Der Hohepriester Azarias, dem achtzig Priester zur Seite standen, suchte ihn daran zu hindern, da es ihm nicht gestattet sei zu opfern, dies vielmehr allein den Nachkommen Aarons zustehe, und alle Priester riefen ihm zu, er solle sich aus dem Tempel entfernen und Gottes Gebote nicht übertreten. Ozias aber geriet in Zorn und drohte ihnen mit dem Tode, wenn sie sich nicht ruhig verhielten. 225 Da erbebte die Erde, der Tempel spaltete sich, und es brach aus ihm ein glänzendes Sonnenlicht hervor, das auf des Königs [585] Antlitz fiel; und sogleich ergriff ihn der Aussatz. Vor der Stadt aber öffnete sich an dem Orte, der Eroge genannt wird, der Berg, und die eine Hälfte desselben, die gegen Westen lag, wälzte sich vier Stadien weit gegen den östlichen Teil des Berges, sodass die Wege und die Gärten des Königs verschüttet wurden. 226 Als die Priester bemerkten, dass das Angesicht des Königs vom Aussatz ergriffen war, verkündeten sie ihm sein Unglück und befahlen ihm, die Stadt zu verlassen, da er unrein sei. Der König, voll Scham und Trauer über sein Leiden, gehorchte dem Befehl und erduldete so die Strafe für seinen Frevel gegen Gott. 227 Er lebte eine Zeitlang ausserhalb der Stadt als Privatmann, während sein Sohn Jotham die Regierung führte. Darauf starb er vor Gram und Kummer über seine Sünden, nachdem er achtundsechzig Jahre gelebt und zweiundfünfzig Jahre regiert hatte. Er wurde in seinem Garten allein für sich bestattet.
(1.) 228 Zacharias wurde, nachdem er sechs Monate über die Israëliten geherrscht hatte, hinterlistigerweise von seinem Freunde Sellum, dem Sohne des Jabes, umgebracht, der ihm nun in der Regierung folgte, dieselbe jedoch nur dreissig Tage lang innehatte. 229 Denn als der Heerführer Manaëm, der damals in der Stadt Tharsa sich aufhielt, von der Ermordung des Zacharias Nachricht erhalten hatte, brach er mit seinem ganzen Heere auf und marschierte nach Samaria, tötete den Sellum in einem Treffen und warf sich selbst zum Könige auf, worauf er nach Tharsa zurückkehrte. 230 Da aber die Einwohner der Stadt ihm die Thore verschlossen und [586] ihn als König nicht anerkennen wollten, beschloss er sich an ihnen zu rächen und verwüstete das ganze Land ringsum, nahm die Stadt ein 231 und brachte aus Ärger über die ihm zugefügte Schmach sämtliche Einwohner einschliesslich der Kinder mit einer Grausamkeit ohnegleichen ums Leben. Er wütete nämlich gegen seine eigenen Landsleute mit einer Härte, die nicht einmal zu verzeihen gewesen wäre, wenn er sie gegen auswärtige, im Krieg unterworfene Feinde verübt hätte. 232 Und wie Manaëm seine Regierung angetreten, so führte er sie zehn Jahre lang mit höchster Grausamkeit weiter. Als er aber von dem Assyrierkönige Phullus mit Krieg überzogen wurde, liess er sich mit ihm auf keinen Kampf ein, sondern beendete den Krieg dadurch, dass er den Phullus durch Zahlung von tausend Talenten Silber zum Rückzug veranlasste. 233 Diese Summe musste jedoch das Volk aufbringen, indem für jeden Kopf fünfzig Drachmen an Steuer erhoben wurden. Kurz darauf starb er und wurde zu Samaria begraben. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Phakeas, der ihm an Grausamkeit nichts nachgab und nur zwei Jahre herrschte. 234 Er wurde mit seinen Freunden von einem gewissen Obersten Phakeas, dem Sohne der Romelia, bei einem Gastmahl überfallen und umgebracht. Aber auch dieser Phakeas, der zwanzig Jahre lang regierte, war gottlos und grausam. 235 Unter seiner Regierung überzog der Assyrierkönig Theglaphalassar die Israëliten mit Krieg, unterwarf sich das ganze Land Galaditis, das Gebiet jenseits des Jordan, das benachbarte Galilaea, ferner Kydisa und Azora, und führte die Bewohner mit sich in die Gefangenschaft nach seinem Reiche. So viel von diesem Könige der Assyrier.
(2.) 236 Jotham, der Sohn des Ozias‚ herrschte zu Jerusalem über den Stamm Judas. Seine Mutter war eine Jerusalemerin und hiess Jerasa. Dieser König besass alle Tugenden und war ebenso fromm gegen Gott, als gerecht gegen die Menschen. Auch dem Staatswesen wandte er seine Sorgfalt zu. 237 Alles, was einer Instandsetzung oder [587] Ausschmückung bedurfte, liess er wiederherstellen. Am Tempel liess er eine Säulenhalle und neue Thore errichten, besserte die teilweise eingestürzten Festungswerke der Stadt aus und verstärkte sie durch hohe und feste Türme. Auch was sonst in seinem Reiche sich in vernachlässigtem Zustande befand, stellte er mit vieler Sorgfalt wieder her. 238 Gegen die Ammaniter unternahm er einen Kriegszug, besiegte sie und legte ihnen einen Jahrestribut von hundert Talenten Silber, zehntausend Koren Weizen und ebenso viel Gerste auf. Seine Machtstellung stärkte er so sehr, dass er seinen Feinden Achtung abzwang und die Seinigen zu Glück und Wohlstand brachte.
(3.) 239 Um diese Zeit lebte ein Prophet Namens Nahum, der über den Untergang der Assyrier und der Stadt Ninive folgende Prophezeiung aussprach: „Ninive wird sein wie ein Fischteich, der von Winden bewegt wird, sodass sein ganzes Volk verwirrt und, hin- und hergetrieben, zur Flucht sich wenden wird. Und der eine wird zum anderen sagen: Stehet still und haltet ein und ergreifet das Gold und das Silber. 240 Aber es wird niemand sein, der sich dazu bereden lässt. Denn alle wollen lieber ihr Leben als Hab und Gut retten. Dann wird auf ihnen lasten schwerer Hader, Trauer und Wehklage, und ihre Glieder werden wanken und ihr Antlitz vor Furcht erbleichen. 241 Wo aber wird alsdann sein die Höhle der Löwen und die Mutter der jungen Löwen? Also spricht Gott zu dir, Ninive: Ich will dich von Grund aus zerstören, und nicht mehr sollen Löwen aus dir hervorgehen; um über die Welt zu herrschen!“ 242 Noch vieles andere verkündigte dieser Seher über das Schicksal Ninives, das ich jedoch hier nicht erwähnen will, um den Leser nicht zu ermüden. Alle diese Weissagungen über Ninive sind hundertfünfzehn Jahre später in Erfüllung gegangen. So viel mag hiervon genügen.
[588]
(1.) 243 Jotham starb, nachdem er einundvierzig Jahre gelebt und sechzehn Jahre regiert hatte, und wurde in der Königsgruft beigesetzt. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Achaz, der, was Gottlosigkeit und Übertretung der Gesetze betraf, den Königen der Israëliten nachahmte, in Jerusalem Altäre errichtete, auf diesen den Götzen opferte und sogar nach dem Gebrauche der Chananäer seinen eigenen Sohn als Brandopfer darbrachte. 244 Während er nun diese und andere dergleichen Schändlichkeiten trieb, überzogen ihn der Syrerkönig Arases und der Israëlitenkönig Phakeas, die einander Freunde und Bundesgenossen waren, mit Krieg, schlossen ihn in Jerusalem ein und belagerten ihn lange. Doch konnten sie gegen die stark befestigte Stadt nichts ausrichten. 245 Dagegen nahm der Syrerkönig die Stadt Ailath am Roten Meere ein, tötete deren Bewohner und siedelte Syrer in ihr an. Und nachdem er sowohl die Juden, welche die Besatzung der Stadt gebildet hatten, als auch die, welche in der Umgegend wohnten, niedergemacht hatte, kehrte er mit reicher Beute nach Damaskus zurück. 246 Als aber der König zu Jerusalem die Heimkehr der Syrer vernommen hatte, zog er, weil er sich dem Könige der Israëliten gewachsen glaubte, gegen diesen zu Felde, wurde jedoch von ihm besiegt, da er wegen seiner Frevelthaten den Zorn Gottes auf sich geladen hatte. 247 Die Israëliten machten hundertzwanzigtausend Juden nieder, und ihr Anführer Zacharis tötete Amasias, den Sohn des Achaz, im Handgemenge; den Reichskanzler Erikas aber und Elkas, den Befehlshaber des Stammes Judas, nahm er gefangen. Ausserdem [589] führten die Israëliten die Weiber und Kinder aus dem Stamme Benjamin als Gefangene fort und zogen sich dann mit reicher Beute nach Samaria zurück.
(2.) 248 Vor den Mauern der Stadt aber begegnete dem Heere der Prophet Obedas und rief ihm zu, diesen Sieg hätten sie nicht durch ihre eigene Tapferkeit erlangt, sondern deshalb, weil Gott über den König Achaz erzürnt gewesen sei. 249 Dann warf er ihnen vor, dass sie an dem Sieg allein sich nicht hätten genügen lassen, sondern auch noch ihre Blutsverwandten aus den Stämmen Judas und Benjamin als Gefangene mitgeschleppt hätten, und gab ihnen den Rat, dieselben unversehrt wieder heimziehen zu lassen. 250 Wenn sie aber seinem Rat nicht folgten, hätten sie von Gott Strafe zu erwarten. Darauf versammelte sich das Volk der Israëliten, um hierüber zu beraten. Und es erhob sich ein Mann mit Namen Barachias, der grosses Ansehen genoss, nebst drei anderen, und sprach also: „Wir glauben den Bürgern nicht gestatten zu dürfen, diese Gefangenen in die Stadt mitzunehmen, damit wir nicht samt und sonders von Gott ins Verderben gestürzt werden. Denn unsere Sünden gegen Gott sind wahrlich an sich schon gross genug, wie unsere Propheten sagen, weshalb wir uns wohl hüten müssen, noch neue dazu zu begehen.“ 251 Als die Krieger dies hörten, stellten sie ihnen anheim, nach ihrem Gutdünken zu verfahren. Darauf lösten die genannten Männer den Gefangenen die Fesseln, erquickten sie, versahen sie mit Wegzehrung und schickten sie, ohne dass ihnen ein Leid angethan worden wäre, nach Hause zurück. Bis Jericho, das nicht weit von Jerusalem liegt, gaben sie ihnen sogar noch das Geleit und kehrten dann nach Samaria heim.
(3.) 252 Als der König Achaz diese Niederlage von den Israëliten erlitten hatte, schickte er Gesandte an den Assyrierkönig Theglaphalassar und liess ihn gegen die Zusage einer grossen Geldsumme um ein Bündnis gegen die Israëliten, Syrer und Damascener bitten. 253 Dieser [590] eilte denn auch sogleich dem Achaz zu Hilfe, zog gegen die Syrer, verwüstete deren Land, eroberte Damaskus und tötete den König Arases. Die Damascener aber führte er in das obere Medien fort und verpflanzte dafür assyrische Völkerschaften als Kolonisten nach Damaskus. 254 Alsdann verwüstete und plünderte er auch das Land der Israëliten und schleppte viele von ihnen in die Gefangenschaft. Achaz aber nahm, was an Gold und Silber im Königsschatze und im Tempel sich vorfand, sowie die kostbarsten Weihgeschenke, ging damit nach Damaskus und übergab alles vertragsgemäss dem Könige der Assyrier, stattete ihm für seine Hilfe Dank ab und kehrte dann wieder nach Jerusalem zurück. 255 Es war aber dieser König so thöricht und gedankenlos und so wenig auf seinen Vorteil bedacht, dass er, obgleich die Syrer ihn bekriegt hatten, dennoch von der Verehrung ihrer Götter nicht abliess, sondern fortfuhr, denselben zu dienen, als wenn er durch ihre Hilfe den Sieg davontragen würde. 256 Als er aber wiederum besiegt wurde, fing er an, die Götter der Assyrier zu verehren, sodass es den Anschein hatte, als wolle er allen übrigen Göttern lieber dienen wie dem wahren Gotte seiner Väter, der in seinem Zorn diese Niederlage über ihn verhängt hatte. 257 Ja, er ging in der Verachtung Gottes so weit, dass er den Tempel schloss, die Darbringung von Opfern untersagte und die Weihgeschenke aus dem Tempel raubte. Nach dieser Lästerung Gottes starb er im Alter von sechsunddreissig und nach einer Regierung von sechzehn Jahren und hinterliess als Nachfolger seinen Sohn Ezekias.
[591]
(1.) 258 Um diese Zeit ereilte auch den Israëlitenkönig Phakeas sein Geschick, da er von seinem Freunde Oseas umgebracht wurde. Dieser führte alsdann neun Jahre lang die Regierung, war aber lasterhaft und ein Verächter Gottes. 259 Gegen ihn zog der Assyrierkönig Salmanasar zu Felde, und da er Gottes Gunst und Schutz nicht mehr besass, besiegte Salmanasar ihn, machte ihn sich unterthan und legte ihm einen bestimmten Tribut auf. 260 Im vierten Jahre der Regierung des Oseas bestieg zu Jerusalem Ezekias, der Sohn des Achaz und der aus Jerusalem gebürtigen Abia, den Thron. Dieser war von Natur edel, gerecht und gottesfürchtig. Denn vom Beginne seiner Regierung an hielt er nichts für notwendiger und ihm wie seinen Unterthanen erspriesslicher, als die Verehrung Gottes. Deshalb berief er das Volk, die Priester und die Leviten zusammen und sprach zu ihnen: 261 „Ihr wisst wohl, dass ihr wegen der Sünden meines Vaters, der gegen Gottes Ehre frevelte, von vielen und schweren Drangsalen heimgesucht worden seid, weil ihr euch von ihm zum Götzendienst habt verleiten lassen. 262 Da ihr nun die Folgen der Sünde erfahren habt, so ermahne ich euch, davon abzulassen und euch von eurem alten Schmutze zu reinigen. Und euch besonders, ihr Priester und Leviten, lege ich ans Herz, dass ihr den Tempel wieder öffnet und ihn durch feierliche Reinigungs- und Sühnopfer in seinen alten ehrwürdigen Zustand versetzt. Dann wird Gott mit seinem Zorne einhalten und uns wieder gnädig sein.“
(2.) 263 Auf diese Ermahnung des Königs öffneten die Priester den Tempel, reinigten die heiligen Geräte, entfernten allen Schmutz und legten feierliche Opfer auf [592] den Altar. Der König aber sandte Boten durchs ganze Land und berief das Volk nach Jerusalem zur Feier des Festes der ungesäuerten Brote, das wegen der Gottlosigkeit der früheren Könige lange nicht gehalten worden war. 264 Sogar zu den Israëliten schickte er und liess sie ermahnen, ihre jetzige Lebensweise zu verlassen und zur Verehrung des wahren Gottes zurückzukehren. Er wolle ihnen gern erlauben, nach Jerusalem zu kommen, um hier das Fest der ungesäuerten Brote zu feiern und an den festlichen Veranstaltungen der Seinigen teilzunehmen. Diese Ermahnungen liess er aber nicht deshalb an sie ergehen, weil er sie zwingen wollte, seinem Machtspruch zu gehorchen, sondern um ihres eigenen Nutzens willen, indem sie dadurch ihr Glück begründen könnten. 265 Die Israëliten jedoch leisteten der Einladung des Königs keine Folge und verlachten obendrein seine Gesandten als Thoren. Auch die Seher, die ihnen gut rieten und grosses Unheil verkündeten, wenn sie nicht bald zur Verehrung des wahren Gottes zurückkehrten, verhöhnten sie und brachten sie zuletzt sogar ums Leben. 266 Und hiermit nicht zufrieden, stürzten sie sich in noch grössere Laster und liessen nicht eher davon ab, als bis Gott sie zur Strafe für ihre Frevelthaten in die Gewalt ihrer Feinde geraten liess, worüber ich später noch ausführlich berichten werde. 267 Nur aus den Stämmen Manasses, Zabulon und Isachar folgten viele den Ermahnungen der Propheten und kehrten zu gottesfürchtigem Wandel zurück. Alle diese begaben sich zu Ezekias nach Jerusalem, um dort Gott anzubeten.
(3.) 268 Als nun die Menge in Jerusalem zusammengeströmt war, ging der König mit den Vorstehern und dem gesamten Volke in den Tempel und opferte für sich sieben Stiere und ebenso viele Widder, desgleichen sieben Lämmer und ebenso viele Böcke. Und nachdem er mit den Stammeshäuptern die Hände auf die Köpfe der Opfertiere gelegt hatte, liess er dieselben von den Priestern als Opfer darbringen. 269 Diese schlachteten die [593] Tiere und verbrannten sie als Ganzopfer. Die Leviten aber standen mit ihren Musikinstrumenten im Kreise, sangen Loblieder und spielten dazu, wie David dies gelehrt hatte, und die übrigen Priester begleiteten die Sänger mit dem Schalle der Posaunen. Hierauf fiel der König samt dem Volke zur Erde nieder und betete Gott an. 270 Dann liess er noch siebzig Ochsen, hundert Widder und zweihundert Lämmer schlachten, und dem Volke schenkte er zum Mahle sechshundert Ochsen und dreitausend Stück anderes Vieh. Die Priester aber vollzogen alles genau nach der Vorschrift des Gesetzes. Alsdann speiste der König mit dem Volke in Jubel und Freude und dankte Gott. 271 Als nun das Fest der ungesäuerten Brote gekommen war, brachte man die Pascha-Opfer dar und versah auch an den sieben aufeinanderfolgenden Tagen den vorgeschriebenen Opferdienst. Und der König schenkte dem Volke noch zu den von ihm dargebrachten Opfern zweitausend Stiere und siebentausend Stück sonstiges Vieh. Dasselbe thaten auch die Stammeshäupter, die dem Volke tausend Stiere und tausendvierzig Stück anderes Vieh schenkten. 272 Mit solcher Pracht wurde das Paschafest gefeiert, weil es von Solomons Zeit an nicht mehr so glänzend begangen worden war. Als nun die ganze Festfeier zu Ende war, gingen sie aus der Stadt und reinigten das ganze Land ringsum. 273 Auch säuberten sie die Stadt von dem Schmutze des Götzendienstes. Der König befahl darauf, dass nach der Vorschrift des Gesetzes die täglichen Opfer auf seine Kosten dargebracht werden sollten, und bestimmte, dass das Volk den Priestern und Leviten den Zehnten und die Erstlinge der Früchte zu entrichten habe, damit sie für den Gottesdienst sorgen und für ihn allein leben könnten. 274 Deshalb brachte das Volk den Priestern und Leviten Früchte aller Art. Der König aber liess zu ihrer Aufbewahrung Vorratskammern und Speicher errichten, aus denen‚ dann die einzelnen Priester und Leviten sowie deren Weiber und Kinder ihren Bedarf bezogen. Also wurde wieder ganz die frühere Art [594] der Gottesverehrung eingeführt. – 275 Darauf überzog der König die Palaestiner mit Krieg, besiegte sie und eroberte alle ihre Städte von Gaza bis nach Gitta. Der Assyrierkönig aber schickte Gesandte zu ihm und drohte ihm die Zerstörung seines Reiches an, wenn er ihm nicht den Tribut entrichte, den sein Vater bezahlt habe. 276 Ezekias liess sich indes durch diese Drohungen nicht einschüchtern, sondern vertraute auf seine Gottesfurcht und auf den Seher Esaïas, dessen Weissagungen ihm die Zukunft klar vor Augen legten. Das mag vorläufig über diesen König genügen.
(1.) 277 Als Salmanasar, der König der Assyrier, vernommen hatte, der Israëlitenkönig habe insgeheim eine Gesandtschaft an Soas, den König der Aegyptier, geschickt, um mit diesem ein Bündnis gegen ihn zu schliessen, ergrimmte er und zog im siebenten Jahre der Regierung des Oseas gegen Samaria. 278 Der König aber verweigerte ihm den Einzug in die Stadt, und so belagerte Salmanasar sie drei Jahre lang und eroberte sie dann im neunten Jahre der Regierung des Oseas und im siebenten Jahre der Regierung des Ezekias, des Königs zu Jerusalem. Er vernichtete darauf die Herrschaft der Israëliten völlig und führte das ganze Volk nach Medien und Persien weg. Auch den König Oseas nahm er gefangen. 279 Alsdann verpflanzte er andere Völkerschaften aus der Gegend Chutha, die von einem Flusse in Persien ihren Namen hat, nach Samaria und dem Lande der Israëliten. 280 So wanderten also die zehn Stämme aus Judaea aus, neunhundertsiebenundvierzig Jahre nach der Eroberung dieses Landes durch ihre Vorfahren, die aus Aegypten ausgezogen waren, und [595] achthundert Jahre nach der Herrschaft des Jesus. Seit ihrem Abfall von Davids Enkel Roboam und dem Übergange der Herrschaft an Jeroboam waren zweihundertvierzig Jahre, sieben Monate und sieben Tage verflossen. 281 Dieses Geschick traf die Israëliten, weil sie die Gesetze übertraten und den Sehern nicht folgten, die ihnen dasselbe für den Fall prophezeit hatten, dass sie von ihrem gottlosen Wandel nicht abliessen. 282 Der Anfang des Unheils war der Aufruhr, in welchem sie von Roboam, dem Enkel Davids, abfielen und dessen Knecht Jeroboam zum Könige erwählten, der sie durch seine Lasterhaftigkeit und sein schlechtes Beispiel verführte und ihnen den Zorn Gottes zuzog. Auch er hat bekanntlich dafür die gebührende Strafe erlitten.
(2.) 283 Der Assyrierkönig griff auch Syrien und Phoenicien an, und sein Name findet sich daher auch in den Geschichtsbüchern der Tyrier verzeichnet. Als er gegen Tyrus zu Felde zog, herrschte über diese Stadt Elulaeus. Auch Menander, der die Geschichtsbücher der Tyrier ins Griechische übersetzt hat, bezeugt dies mit folgenden Worten: 284 „Elulaeus, von den Tyriern Pyas genannt, regierte sechsunddreissig Jahre. Dieser brachte die Kittäer, welche von ihm abgefallen waren, wieder unter seine Botmässigkeit. Gegen diese zog auch der König der Assyrier mit einem Heere und bekriegte ganz Phoenicien. 285 Alsdann schloss er mit allen Frieden und kehrte wieder heim. Es fielen aber von der Herrschaft der Tyrier Sidon, Ake, das alte Tyrus[3] und viele andere Städte ab und ergaben sich dem Könige der Assyrier. Und da die Tyrier sich ihm nicht unterwerfen wollten, überzog der König sie abermals mit Krieg, nachdem er von den Phoenikern sechzig ausgerüstete Schiffe und achthundert Ruderknechte erhalten hatte. 286 Diesen fuhren die Tyrier mit nur zwölf Schiffen entgegen, zerstreuten die Fahrzeuge der Feinde und machten gegen fünfhundert Gefangene. Wegen dieser Heldenthat wurden [596] die Tyrier sehr berühmt. 287 Als aber der König der Assyrier zurückkehrte, stellte er an die Flüsse und Wasserleitungen Wächter, die den Tyriern das Wasserschöpfen verwehren sollten. Das ertrugen die Tyrier fünf Jahre lang und entnahmen während dieser Zeit ihr Wasser den Brunnen, die sie selbst gegraben hatten.“ Das sind die Aufzeichnungen, die sich in den Jahrbüchern der Tyrier über den Assyrierkönig Salmanasar vorfinden.
(3.) 288 Als aber die Chuthäer (so genannt von dem Lande Chutha in Persien, wo auch ein Fluss desselben Namens sich befindet) nach Samaria übergesiedelt waren und ihre Götter mitgebracht hatten (sie bestanden aus fünf Völkerschaften, von denen jede ihren besonderen Gott verehrte), erregten sie den Zorn des allmächtigen Gottes. 289 Infolgedessen brach bei ihnen die Pest aus, an der sie zahlreich dahinstarben, und gegen die es kein Heilmittel gab. Da wurden sie durch eine Weissagung ermahnt, sie sollten sich zur Verehrung des allmächtigen Gottes bekehren, dann werde das Übel weichen. Sie schickten daher Gesandte zum Könige der Assyrier und liessen ihn bitten, er möge ihnen von den gefangenen Priestern der Israëliten einige zusenden. 290 Als das geschehen und sie in dem Dienste Gottes unterrichtet waren, fingen sie an, ihn eifrig zu verehren, worauf die Pest auch bald verschwand. Diesen Gebräuchen sind die Chuthäer (so heissen sie im Hebräischen, während die Griechen sie Samariter nennen) in der Folge stets treu geblieben. 291 Übrigens nennen sie sich, sobald sie sehen, dass es den Juden gut geht, deren Verwandte, da sie von Joseph abstammten und also gleichen Ursprung mit ihnen hätten. Bemerken sie indes, dass es den Juden schlecht geht, so behaupten sie, sie hätten zu ihnen keinerlei Beziehungen, weder freundschaftliche noch verwandtschaftliche, sondern sie seien Ausländer und stammten von einem fremden Geschlechte ab. Doch es wird sich später noch Gelegenheit finden, hiervon ausführlicher zu sprechen.
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