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RE:Athletai

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Wettkämpfer
Band II,2 (1896) S. 20492058
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Athletai. Ἀθλητής bezeichnet seiner ursprünglichen Bedeutung nach, ebenso wie ἀγωνιστής, den ,Wettkämpfer‘ schlechthin, den Teilnehmer an einem Agon. Man kann also auch von A. bei [2050] musischen Agonen sprechen (Poll. III 144. Plat. Leg. VI 764 D, vgl. noch Bull. hell. 1891, 180 θυμελικούς τε καὶ ξυστικοὺς ἀθλητάς) und die Bezeichnung A. auch im übertragenen Sinne gebrauchen. Vorzugsweise aber versteht man unter A. die gymnischen Wettkämpfer (Poll. III 143, vgl. schon Od. VIII 164), so dass in der späteren Zeit bei Griechen und Römern die A. im Gegensatz zu den Teilnehmern der musischen Agone (μουσικοί, θυμελικοί, τεχνῖται, artifices) gesetzt wurden, vgl. Liv. XXXIX 22. Diod. XX 108. Paus. IX 31, 3. Brit. Mus. Inscr. III 618. Da schon seit sehr früher Zeit die Wettkämpfer an den gymnischen Agonen ihrer überwiegenden Zahl nach Leute sind, welche sich ausschliesslich der Ausbildung und agonistischen Verwertung ihrer körperlichen Kraft und Gewandtheit widmen, so verbindet sich mit dem Worte A. die Bedeutung: ,berufsmässiger gymnastischer Wettkämpfer‘. In dieser engeren Bedeutung sprechen die Griechen der Spätzeit von der ἄθλησις (vgl. Galen. Protr. 9: ἄσκησις σώματος ἀθλητική), die Römer von der ars athletica (Gell. n. a. XVI 15). In gleichem Sinne sprechen auch die Modernen von ,Athleten‘ im Unterschiede von jenen Agonisten, die in der alten freien Weise aus blosser Begeisterung oder Liebhaberei sich an gymnastischen Übungen und Wettkämpfen beteiligen. Dementsprechend verstehen wir unter ,Athletik‘ die behufs erwerbsmässiger Teilnahme an den Agonen als ausschliessliche Beschäftigung betriebene Körperausbildung. In dieser prägnanten Bedeutung sind auch im folgenden die Worte Athleten und Athletik verwendet worden.

Zur Charakteristik und Geschichte der Athletik.

Einen bestimmten Zeitpunkt für das erste Aufkommen der Athletik zu nennen, ist natürlich unthunlich. Die Athletik ist allmählich und mit Notwendigkeit aus der kunstmässig entwickelten Gymnastik und Agonistik hervorgewachsen. Je grösser das Ansehen der Wettspiele wurde, je reicher die Sieger mit Preisen und Privilegien beschenkt wurden, desto grösser musste der Anreiz werden, durch eine höchstgesteigerte gymnastische Ausbildung eines agonistischen Sieges und seiner Ehren teilhaftig zu werden. Wie frühe schon die einseitige athletische Tüchtigkeit einer übermässigen Wertschätzung bei der grossen Menge sich erfreute, zeigen die tadelnden Verse eines Tyrtaios frg. 12 und Xenophanes frg. 2 Bgk. Je mehr die einzelnen Kampfarten sich kunstmässig entwickelten, desto umfangreichere Vorbereitungen wurden notwendig, um allen Kampfregeln gerecht zu werden, allen Kunstgriffen gewachsen zu sein. Insbesondere gilt dies für den Ringkampf, den Faustkampf und das Pankration, die daher auch den Mittelpunkt der Athletik bilden; in diesen Kampfarten konnte ein gymnastischer Dilettant einem Gegner gegenüber, der jahrelang bestimmte Kniffe und Vorteile sich eingeübt hatte, wenig Aussicht auf Erfolg haben, während in den Wurf- und Sprungübungen des Pentathlon die frische Beweglichkeit des Körpers und die gleichmässig geübte Elasticität der Muskelkraft auch ohne langjährige berufsmässige Trainierung zum Siege verhelfen konnten.

Man wird annehmen dürfen, dass im 6. Jhdt. und in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. die grössere [2051] Zahl der gymnischen Agonisten noch aus Leuten bestand, die nicht um materiellen Gewinn, sondern um die Ehre kämpften, die die Agonistik nicht als ausschliesslichen Lebenszweck betrieben, sondern zu Hause auch anderweitig in Krieg und Politik thätig waren. Aber schon im 5. Jhdt. muss sich dieses Verhältnis wesentlich geändert haben infolge der immer höher steigenden Anforderungen, welche durch die Tüchtigkeit einiger Athleten an das agonistische Können gestellt wurden. Die Zahl derer, welche berufsmässig sich für die Agone ausbilden, ἐπὶ τέχνῃ ὡς δημιουγροὶ ἐσόμενοι (Plat. Prot. 312 B), wird immer grösser; die Kunst wird zum Handwerk und zur Virtuosität, die Agonistik zur Athletik, welche den τέχναι βάναυσοι und χειρωνακτικαί zugerechnet wird (Galen. Protr. 14). Es sind vorzugsweise Leute von niedriger Herkunft, die sich zu dieser gewerbsmässigen Thätigkeit drängen, während Männer aus vornehmen Kreisen um athletischen Ruhmes willen nicht ihre ganze Lebenszeit der einseitigen Ausbildung ihrer physischen Kraft zu widmen geneigt waren.

Das Berufsleben der A. (s. u.) konnte nicht geeignet sein, feinere Sitten und edlere Geistesbildung zu fördern, und es ist erklärlich, dass das Treiben der athletischen Kraftmenschen nicht den Beifall der Ethiker und Philosophen finden konnte. Bekannt sind die scharfen Angriffe des Euripides (frg. 282 N.) gegen die A.: κακῶν γὰρ ὄντων μυρίων καθ’ Ἑλλάδα οὐδὲν κάκιόν ἐστιν ἀθλητῶν γένους. Er wirft ihnen vor, dass sie ein unedles Leben fuhren, ohne regelmässigen Erwerb seien, weder Armut noch Unglück zu ertragen vermöchten, weder als Krieger noch als Staatsmänner der Gesamtheit nützlich seien. Die Philosophen, Sokrates an der Spitze (Xen. symp. II 17), beklagen die einseitige Ausbildung des Körpers, wobei die staatsbürgerliche und musische Ausbildung leide, sittlicher Anstand und Anmut verloren gehe, vgl. besonders Plat. Rep. III 404 A. 407 B. 410ff.; Leg. VIII 829 E. Heftig äussern sich nach dem Vorgang des Diogenes die Kyniker, nach deren Ansicht überhaupt die Gymnastik unnütz ist, da sie nichts zur Erreichung der Tugend beizutragen vermöge. Der Stolz auf körperliche Leistungen erscheint ihnen als leere und lächerliche Hoffart, die Thätigkeit der A. als Müssiggang oder gar als μανία, vgl. Dio Chrysost. VIII 280ff. XXXII 678f. Diog. Laert. I 404. V 33, 43. 49. Norden Jahrb. f. Philol. Suppl. I XVIII 289ff. Heinze Philol. L 459f. Auch Redner, wie Isokrates (IV 1. XV 250) eifern gegen die Bevorzugung, welche im öffentlichen Urteil körperliche Leistungen vor den geistigen erfahren, und bemühen sich, die Nichtigkeit der athletischen Erfolge nachzuweisen. Diese Argumente, welche die Schriftsteller des 4. Jhdts. vorbringen, werden in der Folgezeit vielfach wiederholt und finden auch bei den Moralisten der Kaiserzeit einen lebhaften Nachhall (Plut. de sanit. praec. 20. Epiktet. diss. II 18, 22), ohne, wie es scheint, in weiteren Kreisen grossen Einfluss zu üben.

In hellenistischer und römischer Zeit hat dann die Athletik eine viel weiter gehende Ausbildung erfahren; durch die grosse Zahl der Agone mit ihren bedeutenden Privilegien und Geldpreisen war die gymnastische Agonistik damals zu einem [2052] einträglichen Erwerbszweig geworden. Zwar fehlte es bis in die späteste Zeit nicht an solchen, die nur aus Liebhaberei gelegentlich in den Agonen auftraten, und mehr als einmal mochte es geschehen, dass in einem weniger geschulten Mann aus dem Volke ein handwerksmässiger A. seinen Meister fand; aber die grosse Masse der Wettkämpfer der spätgriechischen Zeit sind berufsmässig herangebildete A. Auch in Italien, wo die certamina graeca schon in republikanischer Zeit gelegentlich Eingang gefunden haben, wurden seit der Kaiserzeit regelmässig Athletenkämpfe abgehalten (über die Pflege des Faustkampfes in Etrurien und Oberitalien s. Faustkampf). Wenn auch sowohl die Anhänger der altrömischen Sitte (Tac. ann. XIV 20. Iuv. III 68. Plin. n. h. XXXV 168), wie die philosophisch geschulten Geister (Cic. Tuscul. II 40. Quintil. I 11, 15. XII 10, 41. Seneca ep. 15, 3. 80, 2. 88, 18) das Athletenunwesen auf das schärfste verurteilten, so gewann doch das grosse römische Publicum, trotz der ursprünglichen Abneigung, bald eine wachsende Vorliebe für diese Art von Schaustellungen; Augustus, vor allem aber Nero hat den athletischen Sport in jeder Weise gefördert, manche der späteren Kaiser haben selbst athletischen Übungen obgelegen, so Marc Aurel, L. Verus, Commodus, Alexander Severus. Im Gegensatz zu Schauspielern und Gladiatoren nahmen die A. auch im öffentlichen Leben als freie Männer eine angesehene Stellung ein, und ihre Vereine (s. u.) erhielten vielerlei Beweise kaiserlicher Huld. Dennoch geschah es nur selten, dass ein Römer sich berufsmässig der Athletik widmete, vielmehr sind nach dem Ausweis der Siegerverzeichnisse die A. auch in der nachchristlichen Zeit fast durchwegs griechischer oder kleinasiatischer Herkunft, vgl. Friedländer R. S.-G. II⁶ 485ff.

Im 1. und 2. Jhdt. der Kaiserzeit war, wie es scheint, die berufsmässige Trainierung der A. durch übermässige Kraftübungen und ἀναγκοφαγία (s. u.) am höchsten entwickelt; damit erreichten auch jene Auswüchse und Missstände, welche schon in griechischer Zeit gelegentlich hervortraten, ihren Höhepunkt. Als stumpfsinnige, gemästete, ungebildete und rohe Gesellen schildert Seneca die A. Mit gleicher Heftigkeit äussert sich Galen vom ärztlichen Standpunkt über die verderblichen Einflüsse der zeitgenössischen Athletik. Das Leben der A. gleiche dem Leben der Schweine, es sei ausgefüllt mit Essen, Trinken, Schlafen, Verdauen, Wälzen in Staub und Kot. In der übermässigen Entwicklung der Fleischmasse gehe nicht nur das seelische Vermögen zu Grunde, auch der Körper werde trotz seiner widernatürlichen Stärke untauglich zu den Thätigkeiten des normalen Menschen und könne Krankheiten nur einen geringen Widerstand leisten u. a. m., vgl. Protrept. 9ff. (I 20 K.); π. μικρᾶς σφαίρας 3 (V 905 K.); π. ἰατρ. καὶ γυμν. 37 (V 878 K.). Diesen Verdammungsurteilen treten aber gerade in dieser Epoche auch wieder eifrige Verteidiger und Bewunderer der A. entgegen. Neben dem Enthusiasmus, den die physischen Leistungen der A. hervorriefen, spielt dabei vor allem das patriotische Bewusstsein eine Rolle, das in der Athletik die Fortsetzung der glorreichen Agonistik der Altväter, die höchste Entwicklung der nationalgriechischen Gymnastik [2053] zu sehen glaubte. Diese Auffassung tritt uns in verschiedenen Abstufungen entgegen in Lukians Anacharsis, in des Dio Chrysostomos 28. Rede (Melankomas), in der ps.-plutarchischen Schrift περὶ ἀσκήσεως. Besonders überschwänglich äussert sich die Begeisterung für die Athletik in der ps.-dionischen Rede XXIX (ἐγκώμιον Μελαγκόμα); da werden die A. als Ideale von Mannheit und Mut, Schönheit und Keuschheit gepriesen, die wohl mit den Heroen der Vorzeit verglichen werden könnten. Philostratos gehört in seiner Schrift περὶ γυμναστικῆς ebenfalls zu den Lobrednern der A., aber gleichzeitig beklagt er, dass zu seiner Zeit ein Verfall der strengen athletischen Zucht eingetreten sei, indem die A. nunmehr der Liebe und der Schwelgerei sich hinzugeben begonnen hätten.

Mit dem Anfang des 3. Jhdts. n. Chr. scheint in der That die Athletik ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Zwar wissen die Inschriften auch noch aus dieser letzten Periode viel Preisenswertes von einzelnen A. zu erzählen. Aber mit dem Verfall der Agone musste notwendigerweise auch die Athletik zurückgehen. Noch ein Rescript der Kaiser Diocletian und Maximian (Cod. Iust. X 53) erkennt den A., die ohne Bestechung wenigstens in drei heiligen Agonen gesiegt hatten, die Freiheit von bürgerlichen Leistungen zu, und die Athletenvereine haben, wie die Urkunden des römischen Vereines lehren (s. u.), noch bis in das 4. Jhdt. bestanden. Aber mit der Abschaffung der Nationalspiele durch Theodosios waren der Athletik die Grundlagen ihrer Existenz entzogen.

Das Urteil der Modernen über die A. schliesst sich im wesentlichen den ablehnenden Stimmen des Altertums an. So gewiss es nicht an einzelnen ausgezeichneten Männern unter den A. gefehlt haben wird, so wenig kann die Athletik in ihrer Gesamterscheinung unsere Sympathien erwecken. Die berufsmässige Athletik entfernt sich als durchaus einseitige Ausbildung einzelner körperlicher Fähigkeiten weit von dem altgriechischen Ideal einer harmonischen Entwicklung von Körper und Geist. Die groben Entartungen der agonistischen Kämpfe, die Jagd nach äusseren Ehren, Ruhmestiteln und Geld waren geeignet, niedrige und brutale Instincte aller Art zu wecken. So erscheint die Athletik als ein unerfreulicher Auswuchs der griechischen Kultur, und die überaus grosse Teilnahme und Bewunderung, welche die A. bei dem grossen Publicum fanden, darf als ein charakteristisches Merkmal für den politischen und sittlichen Verfall im öffentlichen Leben der spätgriechischen Zeit gelten.

Ausbildung und Berufsleben der Athleten.

In der Regel wurde der Entschluss, die athletische Laufbahn zu ergreifen, schon im frühen Jünglingsalter gefasst. Beweise ungewöhnlicher Körperkraft im Knabenalter (Paus. VI 10, 11. 11, 2), insbesondere Erfolge in den Agonen der παῖδες und ἀγένειοι gaben dazu den Anstoss. Doch kam es auch vor, dass vollerwachsene Männer aus irgend welchen Gründen in späteren Jahren sich noch bewogen fühlten, sich diesem Berufe zu widmen. Es war Sache des Gymnastes (s. d.), zu prüfen, für welche Kampfarten die Körperbeschaffenheit (κρᾶσις) des A. am meisten geeignet schien (Philostr. de gymn. 26f. 43), und demgemäss [2054] die körperliche Erziehung zu leiten. In erster Linie mussten natürlich die A. gymnastische Übungen in ungleich grösserem Ausmass betreiben, als die dilettantischen Freunde der Gymnastik. Den grössten Teil ihrer Zeit verbrachten sie in den Übungsschulen (ξυστοί), wovon sie auch den Namen der Xystici (s. d.) führen. Aber auch im übrigen war die ganze Lebensweise der A. so geordnet, dass sie geeignet schien, die für eine bestimmte Kampfart notwendigen und vorteilhaften Eigenschaften des Körpers auf das höchste zu steigern. Gymnasten und Aleipten (s. d.) gaben auf Grund ärztlicher Regeln und praktischer Erfahrungen den A. genaue Weisungen darüber, wie dieser Zweck am besten erreicht werden könnte. Ein Hauptgewicht fiel auf die genau geregelte Diät, die richtige Auswahl der Nahrung und deren quantitatives Ausmass, s. Ἀναγκοφαγία. Aber auch die Dauer des Schlafens, des Spazierengehens u. s. w. war genau festgestellt. Strenge Enthaltsamkeit von geschlechtlichem Umgang wurde während der Übungen vor den Agonen, von einigen auch Zeit ihres Lebens geübt (Plat. Leg. VIII 840 A. Ael. V. h. XI 3. X 2. Philostr. gymn. 52). Philostratos glaubt den Verfall der Athletik in seiner Zeit darin begründet, dass die A. begonnen hätten, sich übermässigem Weintrinken, den Tafelfreuden und dem Liebesgenuss hinzugeben, und sich der Zwangsdiät nicht mehr fügen wollten. Auch nach einer anderen Seite hin mussten die Lehrer der A. thätig sein; es galt auch den Mut, die Selbstüberwindung, die Geistesgegenwart und Besonnenheit zu üben; durch Tadeln, Aufmuntern und Drohen muss der Lehrer beim Wettkampf selbst auf seinen Zögling einwirken (Philostr. gymn. 20f. 53).

Die zahlreichen kleinen Agone, an denen es in keiner Stadt fehlte, bildeten die Vorschule der A. Wer hier sich erprobt hatte, nahm den Kampf in einem der grossen ,oekumenischen‘ Agone auf (s. d.). Ein Sieg in den Olympien oder in einem der diesen zunächst stehenden Agone war das eigentliche Berufsziel der A.; denn nur dadurch, dass der A. zum Hieroniken (s. d.) wurde, konnte er jene angesehene und vorteilhafte Stellung gewinnen, welche für die anderweitigen Mühen des Berufes entschädigen sollte. Es ist daher erklärlich, dass gelegentlich auch der Versuch gemacht worden ist, durch Geld den Sieg von dem Gegner zu erkaufen (Paus. V 7, 1. Philostr. gymn. 45; vgl. Olympia).

Der Gipfel athletischen Ehrgeizes war es, in der περίοδος der nationalen Agone – Olympien, Pythien, Isthmien, Nemeen, wozu später noch die Aktia (s. d.) kamen – zu siegen, s. Περιοδονίκης. Die mit den heiligen Spielen verbundenen Privilegien, die σίτησις auf Staatskosten (Dio Cass. XLI 1, 2. LII 30. Vitr. IX praef.) u. a., boten reiche materielle Vorteile; auch wurden Olympiasieger von einzelnen Festgebern auch nach anderen Orten durch hohe Geldsummen zur Mitwirkung an den Schauspielen angeworben (Dio Chrysost. LXVI p. 107 M.). Durch Beteiligung an den zahlreichen Agonen, bei welchen Geldpreise ausgesetzt waren, konnten die A. nicht unbeträchtliche Geldsummen erwerben. Es war daher ebensowohl Ehrensache als Geschäftsvorteil, von einem Wettkampf zum andern zu ziehen, um überall [2055] Kraft und Glück zu erproben. In der Inschrift IGI 1102 zählt ein A. die Siege auf, die er innerhalb sechs Jahren errungen hat, ἀγωνισάμενος ἐν ἔθνεσιν τρισίν, Ἰταλίᾳ, Ἑλλάδι, Ἀσίᾳ, vgl. CIG 3425: στεφανωθέντα ἱεροὺς ἀγῶνας τοὺς ἀπὸ τῆς οἰκουμένης πάντας ἀπὸ Καπετωλίου ἕως Ἀντιοχείας τῆς Συρίας. CIL VI 10054: in omni aclethico certamine ab oriente ad occidente usque victorem.

Wie der grossen Zahl der Siege, so rühmen sich die A. auch gerne aussergewöhnlicher Umstände, die wirklich oder angeblich den Sieg besonders glänzend erscheinen lassen. Hat sich durch irgendwelche Zufälle bei den Siegen eines A. eine bisher noch nicht dagewesene Combination ergeben, so wird in den Inschriften der Ehrenstatuen vermerkt, dass der A. πρῶτος ἀνθρώπων, μόνος καὶ πρῶτος, πρῶτος τῶν ἀπ’ αἰῶνος gesiegt habe. vgl. CIA III 128. IGI 747. Rev. d’études gr. VI 183 u. ö. So werden auf die A. Ehrentitel in Menge gehäuft, wie περιοδονίκης (s. d.), δισπερίοδος, τρισπερίοδος (Arch. Zeit. XXXVIII 165 nr. 36), πλειστονίκης, ἀριστονείκης (Bull. hell. X 232), παράδοξος, παραδοξονίκης (s. d.), ἀπτώς, ἄπτωτος, ἄλειπτος, ἀήττητος u. a. m. Ein besonderer Ruhmestitel war es, in verschiedenen Kampfarten gesiegt zu haben, in denen verschiedene körperliche Vorzüge zur Geltung kamen. An einem Tage zu Olympia im Ringen und im Pankration zu siegen, galt als eine höchste Leistung; bis zur 204. Olympiade (36 n. Chr.), wo ein Nikostratos in solcher Art siegte, konnten sich nur sechs oder sieben Kämpfer dieses Erfolges rühmen (Paus. V 8, 4. 21, 9. Krause Olympia 335). In Rom war Aurelius Helix im capitolinischen Agon des J. 218 n. Chr. der erste, der einen Doppelsieg im Pankration und Ringen errang (Dio Cass. LXXIX 10). Inschriften der Spätzeit verzeichnen Leistungen, die noch darüber hinausgehen, vgl. CIL VI 10 154: victorem pammacho lucta prancati cestibusque id est pygme. Nachweise über die Siege der hervorragendsten A. giebt Krause Olympia 236ff.

Die Bewunderung der grossen Menge überhäuft solche ausgezeichnete Sieger mit Ehren aller Art; in ihrer Heimatstadt, an den Stätten ihrer Erfolge wurden ihnen Statuen, manchmal in grösserer Zahl errichtet, und die Inschriften der Kaiserzeit lehren uns, dass die A. nicht selten von mehreren Städten mit dem Bürgerrecht, ja auch mit dem Ratsherrntitel beschenkt wurden, vgl. Liermann Dissert. Halens. X 97; s. o. Bd. I S. 862.

Aus zahlreichen Beispielen sehen wir, dass manche A. eine beträchtliche Anzahl von Jahren an den öffentlichen Wettkämpfen teilnahmen; Philostr. gymn. 43 erzählt, dass die A. der früheren Zeit oft 8—9 Olympiaden hindurch aufgetreten seien. Bei den immer mehr gesteigerten und übertriebenen Anstrengungen, welche die A. der Kaiserzeit sich zumuteten, wird ihre Wirksamkeit in der Regel eine kürzere gewesen sein; nach der Widerstandsfähigkeit der einzelnen Individuen war dies natürlich verschieden. Häufig genug ereignete es sich, dass ein A. im Agone selbst durch einen Schlag seines Gegners, durch eine Überanstrengung oder unglückliche Bewegung dauernd kampfunfähig wurde. Die Inschrift Le Bas III 1620 schildert den Lebenslauf eines Pankratiasten, dem ein neidisches [2056] Geschick ein Leiden in den Schultern — μέρη τοῦ σώματος τὰ εὐχρηστότατα πανκρατιασταῖς — beschert habe. Der A., dem die Inschrift IGI 1102 gilt, erzählt von sich, dass er schon im Alter von 26 Jahren, nach einer an Erfolgen reichen sechsjährigen Thätigkeit sich zur Ruhe gesetzt habe διὰ τοὺς συμβάντας μοι κινδύνους καὶ φθόνους, vgl. Brit. Mus. Inscr. IV 1, 794. Die durch widernatürliche Diät gewonnene Körperbeschaffenheit der A. bot mancherlei Krankheiten einen geeigneten Angriffspunkt; und diese Krankheiten mussten bei den A. einen ungleich gefährlicheren Verlauf nehmen, als bei andern, normal entwickelten Menschen (s. o.). Auch Fälle von Schlagfluss scheinen nicht selten gewesen zu sein; es kam vor, dass A. unmittelbar nach dem Agon tot zusammenstürzten. Doch fehlt es auch nicht an Beispielen von A., die zu hohem Alter kamen und bis zur äussersten Ausnützung ihrer Kräfte ihrem Gewerbe treu blieben. Von manchen A. wurde auch nachdem sie sich von den Wettkämpfen zurückgezogen hatten, aus hygienischen Gründen die ἄσκησις ἀθλητική beibehalten (Plut. Luc. 38; Cato m. 4). Viele verwerteten ihre Erfahrungen als Lehrmeister (Gymnasten oder Aleipten) jüngerer A. (Paus. VI 10, 5. Plut. Dio 1).

Es ist natürlich, dass die oben geschilderte Lebensweise der A. auch die Körperformen, die ganze äussere Erscheinung, wesentlich beeinflussen musste. Während die altgriechische Gymnastik eine nach allen Richtungen hin gleichmässige Ausbildung des Körpers als Ziel anstrebte, erstrebt die Athletik im Hinblick auf den Ringkampf und Faustkampf eine übermässige Entwicklung der Muskeln und des Fleisches und führt so zu einer massigen, schweren, strotzenden Körperfülle. Den physischen Habitus der A. der Spätzeit veranschaulicht gut das bekannte, jetzt im lateranischen Museum befindliche Mosaik aus den Caracallathermen (Secchi Il musaico Antoniano rappres. la scuola degli atleti, Rom 1843. Helbig Antikensammlungen Roms I 701); vgl. noch das tusculanische Mosaik, Monum. d. Instit. VII 82. Ann. d. Inst 1863, 397ff., und das Mosaik aus Villa Casali vom Caelius, Bull. com. 1886, 49f. Die Athletenstatuen aus der klassischen Zeit der griechischen Kunst und die von ihnen abhängigen Werke der späteren Epochen gehören fast durchweg der idealisierenden Richtung an (s. Siegerstatuen); auch waren ja die Sieger, welche von berühmten Künstlern ihre Statuen verfertigen liessen, wohl in ihrer Mehrheit nicht Berufsathleten, sondern vornehme Dilettanten. Ein schönes Beispiel einer realistischen Athletenstatue aus guter Zeit (4. Jhdt. v. Chr.?) ist das bronzene Sitzbild eines Faustkämpfers im Thermenmuseum zu Rom (Antike Denkmäler d. Inst. I 4. Helbig Antikensammlungen II 957); vgl. auch den lysippischer Zeit zugeschriebenen Bronzekopf aus Olympia (Friederichs-Wolters Berliner Gipsabgüsse 323. Olympia IV T. II S. 10f. Furtwängler). Dass auch schon in frühgriechischer Zeit der derbe hypertrophische Athletentypus ausgebildet war, zeigen die Faustkampfscenen auf altattischen Vasenbildern, insbesondere auf denen des Nikosthenes (s. d.).

Athletenvereine.

Wie die ,musischen‘ Berufskünstler, die dionysischen Techniten (s. d.), so [2057] haben auch die A. sich in Vereinen zusammengeschlossen, zum Schutz und zur Förderung ihrer Interessen. Doch können wir erst seit der Kaiserzeit besondere Athletenvereine nachweisen, die sich vielfach auf das engste an die dionysischen Vereine angeschlossen haben, vgl. die Inschriften Benndorf Reisen in Lykien I 121: ὑπὸ τῶν ἱερῶν ξυστικῆς τε καὶ θυμελικῆς συνόδων. Perrot Exploration de la Galatie I 31 nr. 21: [τῆς ξ]υστικῆς καὶ θυμελ[ικῆς συνόδου]. In der späteren Kaiserzeit sind, wie es scheint, auch ,musische‘ Künstler mit den Athleten in denselben Synodoi vereinigt gewesen; vgl. Poland De collegiis artificum Dionysiacorum (Progr. d. Wettiner Gymnasiums in Dresden 1895) 24. Die Athletenvereine nehmen in der Regel den Herakles zum Schutzpatron, vgl. Lüders Dionysische Künstler 34.

In den meisten Fällen wissen wir von diesen Athletenvereinen nicht mehr, als ihre Namen (s. u.) lehren. Genauer unterrichtet sind wir nur über die Geschicke eines grossen Vereins, der seit der Zeit Hadrians seinen Sitz in Rom hatte und bis in die letzten Zeiten des römischen Reiches fortbestanden zu haben scheint, vgl. Kaibel IGI p. 299 zu nr. 1102ff. Ricci Bull. com. XIX 185ff. Ein Brief Hadrians aus dem J. 134 und einer Antonins aus dem J. 143 (IGI 1054. 1055) zeigen, dass diese Kaiser besondere Gönner des Vereins waren und ihnen neben den Thermen Traians einen grossen Bezirk mit einem besonderen Archiv zugewiesen haben; der oberste Beamte, der ἀρχιερεὺς τοῦ σύμπαντος ξυστοῦ, ist gleichzeitig der Aufseher über die kaiserlichen Bäder (ἐπὶ βαλανείων Σεβαστῶν). Der Verein bezeichnet sich als σύνοδος ξυστικὴ τῶν περὶ τὸν Ἡρακλέα ἀθλητῶν ἱερονεικῶν στεφανειτῶν (IGI 1054f.), als ἡ ἱερὰ ξυστικὴ σύνοδος τῶν περὶ τὸν Ἡρακλέα ἀπὸ καταλύσεως ἐν τῇ βασιλίδι Ῥώμῃ κατοικούντων (IGI 1105. 1109); anfangs des 4. Jhdts. nennt er sich: ἱερὰ ξυστικὴ περιπολιστικὴ οἰκουμενικὴ σύνοδος (IGI 956 b 19). In wie weit sich in diesen verschiedenen Namen verschiedene Stadien der Entwicklung des Vereines aussprechen, muss dahingestellt bleiben.

Die Beziehungen, in welchen die zahlreichen Athletenvereine, deren Namen in ausserrömischen Inschriften begegnen, zu einander und zu dem römischen Vereine stehen, sind noch unaufgeklärt. Vielleicht umfasste in späterer Zeit eine einheitliche Organisation alle Athletenvereine; denkbar wäre, dass darin die privilegierten Sieger eine besondere Gemeinschaft bildeten. Vgl. IGI 747: ἡ φιλοσέβαστος καὶ φιλορώμα[ιος Ἀλε]ξανδρέων περιπολιστικὴ εὐσεβὴ[ς σύνοδος] (Neapel um 110 n. Chr.). Le Bas III 1620 (Aphrodisias): ἔδοξεν τῇ ἱερᾷ περιπολιστικῇ εὐσεβεῖ σεβαστῇ [συνόδῳ καὶ] τῷ σύμπαντι ξυστῷ τῶν περὶ Τ[ραιανὸν Ἀδρι]ανὸν Σεβαστόν. CIG 2931 (Tralles): ἡ Ὀλυμπικὴ σύνοδος τῶν ἀπὸ τῆς οἰκουμένης ἱερονεικῶν καὶ στεφανειτῶν. CIG IV 8561 (Inschrift eines Siegels): ἱερὰ ξυστικὴ Ἀντωνιανὴ Γορδιανὴ εὐσ[εβὴς] Σεβ[αστὴ] σύνοδος. Le Bas II 16: ἱερὰ σύνοδος τῶν Ἡρακλειστῶν. In einer Inschrift von Olympia aus dem J. 85 n. Chr. (Arch. Zeit. XXXIV 56 nr. 13) erscheint neben der ἱερὰ ξυστικὴ σύνοδος eine Körperschaft, die als [τῶν ἀπὸ τῆ]ς οἰκουμένης ἀθλη[τῶν ὁ] σύμπας ξυστός bezeichnet wird; es scheint, dass hiebei an eine vorübergehende [2058] Vereinigung der in Olympia Versammelten zu denken ist, vgl. CIG 1164: τοῖς ἀπὸ τῆς οἰκουμένης ἐπὶ τὰ Ἴσθμια παραγεινομένοις ἀθληταῖς. Brit. Mus. Inscr. IV 794 (Knidos): ἔδοξε τοῖς ἀπὸ τῆς οἰκουμένης ἀθληταῖς καὶ τοῖς τούτων ἐπιστάταις.

Die Athletenvereine sind ebenso wie die dionysischen Vereine nach dem Vorbilde religiöser Genossenschaften gegliedert. Die Beamten werden aus der Mitte des Vereines gewählt. An ihrer Spitze steht ein ἀρχιερεὺς (διὰ βίου) τοῦ σύμπαντος ξυστοῦ (IGI 747. 1054 u. ö.), der auch ξυστάρχης (s. d.) und προστάτης (IGI 1109) genannt wird (IGI 1105. 1110). Über die Abgrenzung seines Geschäftskreises und über die Obliegenheiten der neben ihm genannten Archontes (IGI 1109) und anderer Beamten (ἀρχιγραμματεύς IGI 956) sind wir nicht näher unterrichtet. Vgl. Liermann Dissert. Haienses X 96.

Litteratur. P. Faber Agonisticon in Gronov Thes. Graec. antiquit. VIII 1790ff. und dazu Oct. Falconerius Inscriptiones athleticae ebd. VIII 2295ff. J. H. Krause Olympia (Wien 1838); Gymnastik und Agonistik der Hellenen (Leipzig 1841). Daremberg-Saglio Dict. d. antiquités I 515ff. Friedländer Sitt.-Gesch. II⁶ 447ff. S. Agones.

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