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RE:Ceionius 8

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Commodus, L., Der Kaiser L. Aurelius Verus, 161-169 n. Chr.
Band III,2 (1899) S. 18321857
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8) L. Ceionius Commodus = L. Aelius Aurelius Commodus = Imp. Caes. L. Aurelius Verus Augustus, römischer Kaiser vom 7. März 161 – Anfang Februar 169 n. Chr.

I. Quellen.

a) Von Verus selbst sind einige Briefe erhalten, die an den Rhetor M. Cornelius Fronto gerichtet sind, in der Sammlung epistularum ad Verum imperatorem (p. 113–138 Naber). Es sind dies von den vorhandenen Briefen des ersten Buches der zweite und dritte (p. 115–116, vom J. 161; vgl. Mommsen Herm. VIII 213 gegen Naber), vom zweiten Buche der zweite, dritte, fünfte und zehnte Brief (p. 129–132. 138, vom J. 165 und 166). Der Brief in Hist. Aug. Avid. Cass. 1, 7–9 ist, wie alle in dieser Vita eingelegten Documenta, erwiesenermassen eine Fälschung.

Die Erlässe und Verordnungen sind durchwegs von Marcus und Verus zugleich unterschrieben; gesammelt von Haenel Corpus legum, Leipzig 1857, 114–120.

b) Inschriften aus der Zeit des Verus finden sich zusammengestellt bei H. Dessau Inscriptiones latinae selectae I 357–370. 1080–1098. 1326. 1362. 1453. 2841. Vgl. namentlich auch die Indices des CIL, CIG und der übrigen Inschriftensammlungen. Hervorzuheben sind die dürftigen Fragmente der Arvalacten aus der Zeit seiner Regierung (CIL VI 2091f.; hingegen scheint das neugefundeue Fragment Ephem. epigr. VIII p. 336 nr. 16 mit Unrecht auf ihn bezogen zu sein und vielmehr aus der Zeit von Marcus Alleinherrschaft zu stammen, s. u.), die Militärdiplome (CIL III p. 887 dipl. XLV, p. 888 dipl. XLVI, p. 889 dipl. XLVII; Suppl. p. 1991f. dipl. LXXIII) und die stadtrömischen Inschriften (CIL VI 1021f.), darunter auch seine Grabschrift (CIL VI 991 = Dessau 369).

Papyri aus der Zeit des Verus sind zu ersehen aus dem Index der ägyptischen Urkunden aus dem Berl. Mus. Griech. Urk. I. Bd.; im zweiten Band gehören dieser Zeit an nr. 393. 410. 414. 434. 461. 521. 537. 542. 603. 607. 631. 654. Corpus Papyror. Rainer. I. Mitt. aus den Pap. Rain. II/III p. 7f. Grenfell und Hunt Greek Papyri, Series II. [1833]

c) Die Münzen des Kaisers Verus sind gesammelt bei Eckhel VII 87–97. Cohen III² 170–214 nr. 1–422 (im folgenden nur nach den Nummern citiert). Die alexandrinischen Münzen bei Eckhel IV 76–78. Mionnet VI 319–332 nr. 2213–2309; Suppl. IX 99–101 nr. 432–444. Catalogue of the Greek coins in the British Museum, Alexandria 166–172 nr. 1352–1390. Vgl. v. Sallet Daten der alex. Kaisermünzen 40.

d) Alte Litteratur: Die Biographie des Verus in der Historia Augusta ist der Überlieferung zufolge von Iulius Capitolinus (nach Dreinhöfer De font. 43–47 und Brocks De quattuor prioribus historiae Augustae scriptoribus, Königsberg 1869, 21 von Spartianus) verfasst. Der Biograph geht auf Marius Maximus (wenn auch vielleicht weder als einzige noch als unmittelbare Quelle) zurück; letzterer hatte keine eigene Vita Veri geschrieben, sondern behandelte diese Regierung im ersten Buch der Vita Marci; vgl. J. J. Müller in Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch. III 1870, 48. Dreinhöfer De fontibus et auctoribus vitarum quae feruntur Spartiani, Capitolini, Gallicani, Lampridii, Halle 1875, 4. 21–23. Rübel De fontibus quatuor priorum hist. Aug. scriptorum, Bonn 1872, 24–29. Heranzuziehen sind ausserdem noch Stellen in der Vita des Hadrian, Aelius Caesar, Antoninus Pius, Marcus u. a. (im folgenden citiert als Ver., Hadr., Hel., Pius, Marc. u. s. w.). Von Dios Universalgeschichte war schon zu Xiphilinus Zeit eine Partie verloren gegangen, die auch die Regierungsgeschichte des Verus enthielt, so dass wir nur dürftige Notizen dieses Epitomators besitzen, Dio epit. LXX und LXXI; vgl. Zonar. XI 24 p. 76. XII 2 p. 81f. Dind. III. Aus Frontos Briefwechsel erfahren wir manche, wenn auch kaum wertvolle Details über Verus. Verhältnismässig reichlicher fliessen die Nachrichten über den Partherkrieg. Nicht nur, dass Fronto in den Briefen mehrfach Andeutungen über die Ereignisse in diesem Kriege macht, er hatte auch die Absicht, in Verus Auftrag eine Monographie über dessen Kämpfe zu schreiben, für welche ihm seitens des Kaisers die vorzüglichsten Originalquellen zur Verfügung gestanden hätten (ep. II 3 p. 131f. Naber); aber noch bevor ihm diese zukamen, schrieb er unmittelbar nach Vollendung des Krieges eine Einleitung (principia historiae, an Marcus gerichtet), von welcher Fragmente erhalten sind (p. 202–210 Naber); es wird darin nur ein höchst parteiisch gehaltener Vergleich des Partherfeldzuges Traians mit dem des Verus angestellt. Das Vorhandene zeigt, dass von dem Höfling und Panegyriker Fronto trotz der authentischen Kunde, die er erlangen konnte, ein wertvoller Bericht nicht zu erwarten war. Übrigens scheint er nicht mehr zur Ausführung des eigentlichen Werkes gekommen zu sein. Aber es ist kaum zu bezweifeln, dass auch er zu den Scribenten des Partherkrieges zu zählen ist, die Lukianos in der Schrift πῶς δεῖ ἱστορίαν συγγράφειν verspottet (vgl. c. 20). Lukian bietet hiebei manche, wenn auch zusammenhanglos verstreute und nicht immer vertrauenswürdige Nachrichten, die gleichwohl bisweilen eine erwünschte Ergänzung anderer Berichte bilden, gesammelt in den FHG III 646–655 als Scriptorum belli Parthici fragmenta. Was von Asinius [1834] Quadratus Παρθικά erhalten ist (FHG III 659–661), beschränkt sich auf topographische Angaben von geringem Belang; von Capitolinus wird Quadratus als Quelle für die Partherkriege citiert (Ver. 8, 4). Andere Schriften Lukians beleuchten damalige Verhältnisse; besonders erwähnt zu werden verdienen seine Εἰκόνες, zum Preise der Panthea, der Geliebten des Verus (vgl. Marc. εἰς ἑ. VIII 37), geschrieben, und die zur Rechtfertigung dieser übertriebenen Schmeichelei verfasste Schrift Ὑπὲρ τῶν Εἰκόνων, sowie Alexander. Polyaen widmete die Strategemata den beiden Kaisern Marcus und Verus (I pr. 1. VI pr.). Der Rhetor Aelius Aristides hat wiederholt das Lob der beiden Kaiser gesungen (besonders or. XVI p. 382–400 Dind. I); vgl. auch Iustin. Martyr I 1. Was sich sonst noch in den Werken von Zeitgenossen findet, ist äussert wenig; so in Marcus Selbstbiographie εἰς ἑαὐτόν. (VIII 25. 37) und in Galens Schriften, citiert nach ed. Kühn. Mit heranzuziehen sind auch die späteren Epitomatoren und Chronisten, Eutrop. VIII 9. 10 (= Sex. Ruf. Fest. brev. c. 21. Oros. VII 15. Euseb.-Hieron. II 170f. Schoene). Vict. Caes. 16, 3–7; Epit. 16, 5. 6. Zosim. I 7, 1.

e) Neue Litteratur: H. Schiller Geschichte der römischen Kaiserzeit I 2 (1883) 634ff. E. Herzog Geschichte und System der römischen Staatsverfassung II 1 (1887) 381f. 405–407. 438f. E. Klebs Prosopographia Imp. Rom. I 328ff. E. Napp De rebus imperatore M. Aurelio Antonino in Oriente gestis, Diss. Bonn. 1879. Mommsen R. G. V 209ff. 405–409. v. Gutschmid Geschichte Irans 147–150. v. Wietersheim-Dahn Geschichte der Völkerwanderung I 118ff. Conrad Mark Aurels Markomanenkrieg, Progr. Neu-Ruppin 1889. J. J. Bernouilli Röm. Ikonographie II 2 (1891) 205–221. Vgl. im übrigen die Litteratur zu M. Annius Verus (Bd. I S. 2279ff.).

II. Leben vor der Thronbesteigung.

a) Verus war der Sohn des L. Ceionius Commodus, des späteren Aelius Caesar (Nr. 7), und wurde am 15. December (vgl. CIL I² p. 278f.), also am selben Tage wie Nero (vgl. Suet. Nero 6), 130 während der Praetur seines Vaters in Rom geboren (Ver. 1, 8. 6; Hel. 2, 9. 5, 12. 7, 2; Pius 4, 5. Dio LXIX 21, 1. LXXI 1, 1). Das Jahr seiner Geburt ergiebt sich aus Ver. 2, 10, wonach er nach Vollendung des 7. Lebensjahres von Antoninus Pius adoptiert wurde, am 25. Februar 138 (s. u.). Hingegen ist die andere Angabe (Ver. 11, 1), er sei im Alter von 42 Jahren gestorben, schon dadurch verdächtig, dass sie neben einer unrichtigen Angabe seiner Regierungsdauer steht (vgl. Malal. XI 282 Bonn., wo sein Lebensalter neben einem Wust von Irrtümern merkwürdigerweise richtig angegeben ist). C. gehörte einer aus Etrurien stammenden Familie an, die eine grosse Zahl von Consularen aufzuweisen hatte (Ver. 1, 7. 9; vgl. Hel. 8; Stammbaum bei Nr. 7). Seine Mutter (Avidia Plautia?) entstammte einer in Faventia ansässigen Familie (Ver. 1, 9; vgl. Hel. 2, 8). Er hiess anfangs so wie sein Vater L. Ceionius Commodus. Bei den Schriftstellern heisst er Commodus (Zonar. XI 24 p. 76 Dind.). L. Commodus (Marc. 5, 1. 7, 7. Dio ep. LXX 1, 1) und Ceionius Commodus (Pert. 10, 2, wo aber auch Aelius Caesar, der Vater, gemeint sein kann). Als sein Vater im J. 136 [1835] von Hadrian adoptiert wurde, behielt C. seinen Namen bei, wie aus CIL XV 732, aus dem J. 138, ersichtlich ist; er heisst da vollständig: L. Ceio(nius) Com(modus) C(aesaris) f(ilius). Er muss also bei der Adoption des Aelius Caesar gleich seinen Schwestern Ceionia Fabia (Nr. 14) und Plautia (Nr. 16) ausgenommen worden sein (vgl. Mommsen z. St. und St.-R. II³ 1139, 1); demnach ist auch die Behauptung, dass er in die gens Aelia schon damals aufgenommen worden sei (Ver. 1, 3. 2, 1; vgl. Hel. 7, 2), irrig. Dies geschah vielmehr erst dann, als er selbst von dem nachmaligen Kaiser Antoninus Pius adoptiert wurde. Hadrian trug nämlich nach dem am 1. Januar 138 erfolgten Tode des Aelius Caesar dem T. Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus (Aurelius Nr. 138) die Adoption unter der Bedingung an, dass er selbst den M. Annius Verus, mit dessen Tante Annia Galeria Faustina (s. Annius Nr. 120) Antoninus vermählt war, sowie den C. adoptierte (Ver. 2, 2. 10; Hel. 2, 9. 6, 9. 7, 2; Pius 4, 5; Sev. 20, 1. Dio LXIX 21, 1. LXX 1, 1. LXXI 1, 1; vgl. Zonar. XI 24 p. 76. Hadr. 24, 1 mit Verwirrung in den Namen; dass die Nachricht bei Marc. 5, 1, vgl. Avid. Cass. 1, 7. Malal. XI 282 Bonn., als sei C. von Marcus adoptiert worden, unrichtig und die darauf bezüglichen Zweifel Hel. 5, 12 unbegründet sind, braucht nicht erst gezeigt zu werden; vgl. übrigens Marc. 7, 7 quasi pater). Vollzogen wurde diese Adoption am 25. Februar 138 (Pius 4, 6; nach Ver. 2, 11 lebte er 23 Jahre als Privatmann am Hofe des Pius, 138–161; vgl. auch Bd. I S. 516. 2283. Bd. II S. 2497). Hadrian hatte noch die andere Bedingung daran geknüpft, dass Antoninus seine Tochter (Annia Galeria Faustina, s. Annius Nr. 121) mit C. verlobe; doch wurde diese Verlobung geradeso wie die des Marcus mit C.s Schwester (Ceionia Fabia? vgl. Klebs Prosopogr. I 331) sogleich nach Hadrians Tode rückgängig gemacht und Faustina mit Marcus verlobt (Ver. 2, 3; Hel. 6, 9; Marc. 4, 5. 6, 2, vgl. 16, 7; in diese Angaben scheint irgendwo Verwirrung gekommen zu sein, deren sichere Lösung durch die Lücke Marc. 6, 2 erschwert ist; vgl. Klebs a. a. O. I 72).

b) Nach seiner Adoption durch Pius heisst C. vollständig L. Aelius Aurelius Commodus (CIL II 47. III 3843 = Dessau 358. CIL III Suppl. 8394 VI 1984. VIII 50 = Dessau 357. CIL VIII 228 = Suppl. 11319. X 5051. XI 5990. IGI 1050. 1052. Ancient Greek Inscr. III 2, 168 nr. 505), abgekürzt L. Aurelius Commodus (CIL II 1643), L. Aelius (CIL II 4099. X 7939), auch L. Commodus (CIG II 1968, aus der Zeit des Antoninus Pius) und Commodus (in den Fasten).

Seine Knabenjahre verlebte Verus im Hause seines Adoptivvaters, des Kaisers, der die domus Tiberiana auf dem Palatin bewohnte (vgl. Gilbert Gesch. und Topogr. d. Stadt Rom im Altertum III 182, 4), und genoss hier eine ebenso sorgfältige Erziehung wie Marcus, zum Teil durch dieselben Lehrer. Anfangs leitete Nikomedes seine Erziehung; als Lehrer werden genannt der lateinische Grammatiker (Terentius) Scaurinus, die griechischen Grammatiker Telephos aus Pergamon, der Metriker Hephaistion und (Valerius?) Harpokration (aus Alexandria; vgl. Christ Gesch. der [1836] griech. Litteratur² 642ff.), die griechischen Rhetoren Apollonios, Caninius Celer und Claudius Atticus Herodes, in der lateinischen Rhetorik (M.) Cornelius Fronto (CIL XI 6334 = Dessau 1129) und in der Philosophie Apollonios aus Chalkedon (vgl. Marc. 2, 7) und Sextus von Chaeronea, Ver. 2, 5. Fronto, besonders epist. ad Verum II I p. 119–129 Naber. Zwar wird auch Verus Pietät gegen seine Lehrer gerühmt (Ver. 2, 6), die bei Marcus fast sprichwörtlich war, aber seine Neigung und Befähigung zu wissenschaftlichen Arbeiten scheint nicht allzu bedeutend gewesen zu sein. Allerdings suchte er schon als Knabe seinen Ehrgeiz darin, Verse zu machen; doch gelangen ihm diese noch schlechter als seine Reden (Ver. 2, 7), wie dies nach der Anlage des Unterrichts, in jener Zeit und nach der Person seiner Lehrer nicht anders zu erwarten war. Trotz seiner Unfähigkeit auch auf rhetorischem Gebiete glaubte er, hierin Geschmack und Urteil zu besitzen und dieses selbst seinen Lehrern aufnötigen zu können, wie dies ein Brief Frontos anzudeuten scheint (epist. ad Verum I 1 p. 113–115 Naber), in welchem der Lehrer die Eigentümlichkeiten seines Stils dem kaiserlichen Schüler gegenüber verteidigt. Übrigens sollen auch manche der unter C.s Namen ausgegebenen Schriften von vertrauten Freunden verfasst worden sein, und teils zu diesem Zweck, teils wohl auch der Mode folgend, pflegte C. Gelehrte und Rhetoren um sich zu haben (Ver. 2, 8). Weit mehr Vergnügen fand er aber an körperlichen Übungen und Sport aller Art (Ver. 2, 10), die seinem lebenslustigen und vergnügungssüchtigen Sinn besser entsprachen.

c) Wahrscheinlich im J. 145 (wenigstens wissen wir, dass es bei Marcus in seinem 15. Lebensjahre geschah, Marc. 4, 5) empfing er die toga virilis, und Pius feierte diesen Tag, an dem er auch den Tempel Hadrians einweihte, durch ein Congiarium an das Volk (Ver. 3, 1; Münzen mit der Aufschrift liberalitas bei Eckhel VII 17. Cohen II² 318f. nr. 490–501). Er wurde Quaestor vor der gesetzmässigen Zeit (152 oder 153) und gab als solcher die üblichen Gladiatorenspiele, bei welchen er den Platz zwischen seinem Adoptivbruder Marcus und dem Kaiser einnehmen konnte (Ver. 3, 2; Pius 6, 10; dass hier trotz des Namens Annius Verus nicht Marcus, sondern C. gemeint ist, ersieht man aus dem vorhergehenden Satz Pius 6, 9). Im J. 154, statim post quaesturam, also gerade so wie Marcus (Pius 6, 9; Marc. 6, 3), bekleidete er zum erstenmal den ordentlichen Consulat mit T. Sextius Lateranus (Ver. 3, 3; Pius 10, 3. CIL III 3843 = Dessau 358. X 5051. VI 2381 a–c. VII 168. XV 3711–3713 u. s. w. IGI 1052, vgl. CIG III 5888. Mommsen Chron. min. I 58. 224. 286. 427. 696. II 142). Aber sonst wurde er von Pius offenkundig hinter Marcus zurückgesetzt. Dies zeigte sich selbst in unbedeutenden Dingen; denn während dieser z. B. bei Reisen der Ehre teilhaftig wurde, in dem Wagen des Kaisers fahren zu dürfen, sass C. mit dem Praefectus praetorio zusammen (Ver. 3, 4. 5). Er galt durchaus als Privatperson und erhielt auch nicht wie Marcus den Titel Caesar, sondern hiess einfach Augusti filius (Ver. 3, 5; die Inschriften bestätigen es im allgemeinen, CIL II 1643. III 3843 = Dessau 358. XV 735. [1837] 3807f. 4294. 4328. 4330. 4337; 4302 und 4308 ausnahmsweise Commodi f.; wo sich der Titel Caesar doch findet, geschieht es missbräuchlich, wie CIL XV 733. 734. Athen. Mitt. XXI 1896, 256, aus dem J. 149: Λουκίου Καίσαρος; V 6573 ist der Titel Caesar, da er bei dem Namen des Marcus, dem er doch sicher gebührt, fehlt, entweder aus Versehen oder ungenau zum Schluss gestellt; vgl. auch Mommsen zu CIL XV 732 und St.-R. II³ 1139. Dessau zu nr. 357; in der neugefundenen africanischen Inschrift Rev. arch. XXIX 1896, 393 nr. 75 ist der Vorname L. unrichtig für M., da das Cognomen Verus im J. 146, in welchem die Inschrift gesetzt ist, nur dem Marcus zukam, und die Dedication daher sicher auf Marcus zu beziehen). Von seinen priesterlichen Ämtern findet sich inschriftlich erwähnt, dass er augur (CIL X 5051) und frater arvalis war (CIL VI 1021 aus dem Arvalenhain; vgl. Mommsen St.-R. II³ 781, 2; als Arvalbruder ist er dargestellt auf einer Büste im Louvre, Bernouilli Ikonogr. II 2, 209 nr. 32). Im J. 161 wurde er, noch als Privatmann, Consul ordinarius II mit seinem Adoptivbruder M. Aelius Aurelius Verus Caesar cos. III (Ver. 3, 3. CIL V 6573. VI 1984. VIII Suppl. 14585. XV 3835 u. s. w.;. aus der Zeit nach seiner Thronbesteigung CIL III 356 b. 1171. VI 596. 1119. X 1814. XV 3826. 3869; vgl. Comm. 1, 2. Mommsen Chron. min. I 58. 225. 286. 428. 696. II 143).

d) Im Laufe desselben Jahres, am 7. März 161 (s. Bd. II S. 2504), starb Antoninus Pius, worauf der Senat zunächst dessen älterem Adoptivsohn Marcus, der Empfehlung des sterbenden Pius folgend, der ihn schon durch die Erhebung zum Caesar zum Nachfolger designiert hatte, die Herrschaft übertrug. Aber dieser berief sogleich seinen Bruder und Mitconsul dieses Jahres, C., zum Mitkaiser, so dass damals zum erstenmal das römische Reich zwei Kaisern mit völlig gleichen Rechten, gleicher Stellung und gleichen Würden unterstand (Ver. 3, 8; Marc. 7, 5; Hel. 5, 13. Gal. XIX 18. Arist. or. XVI p. 392ff. Dind. Dio ep. LXXI 1, 1. Zon. XII 2 p. 81. Vict. Caes. 16, 3. Epit. 16, 5; Eutrop. VIII 9, 2. Oros. VII 15, 1. Ruf. Fest. c. 21. Iord. Rom. 272. Hieron. chron. a. Abr. 2177 = 161. Amm. Marc. XXVII 6, 16). Auf die staatsrechtliche Bedeutung dieser Samtherrschaft näher einzugehen ist hier nicht der Ort; vgl. Bd. I S. 2291. Mommsen St.-R. II³ 1167–1171. Herzog II 1, 405–407. 2, 808–810. Dass der Oberpontificat nicht geteilt, sondern von Marcus allein bekleidet wurde, wäre, da sich die Collegialität in der Herrschaft selbstverständlich nur auf die Befugnisse erstreckt, die der Principat selbst in sich schliesst, nicht aber auf die republicanischen Ämter, wie z. B. den Consulat an sich und Priesterämter, zu erwähnen nicht notwendig, wenn nicht im J. 238 doch diese Teilung vorgenommen und seither im Falle einer Mitherrschaft beibehalten worden wäre, und wenn nicht eine Anzahl von Inschriften des C. diese Würde enthielten. So finden wir die Bezeichnung pontifex maximus unter den Namen und Titeln des Kaisers Verus auf folgenden Inschriften: CIL II 158. VIII 4644. X 7475 (aus dem J. 161). III 129 = Suppl. 6658 = Le Bas-Waddington 2562 d. VIII 2275. Comptes rendus de l’acad. des inscr. 1896, 41 [1838] (J. 162). CIL III 2845. VIII Suppl. 14694. X 17 (J. 163). III 495. XII 4344 (J. 164). VIII 4591; Suppl. 11927. 17865. XI 5630 (J. 163–165, wegen Armen. kann Suppl. 17865 nicht aus dem J. 162 sein). VIII Suppl. 17958 = 2239. 2469 (J. 166). II 3399 = Dessau 367. VIII 4208; Suppl. 17866 (J. 167). Aber unter diesen vielen Inschriften sind nur zwei aus Italien (X 17 von Locri und XI 5630 von Camerinum), während alle übrigen Provincialinschriften sind, von denen die meisten auch sonstige Incorrectheiten enthalten; hingegen ist darunter kein offizielles Document (z. B. Militärdiplom) und keine stadtrömische Inschrift, ja, seine Grabschrift (CIL VI 991 = Dessau 369) nennt ihn sogar ausdrücklich pontifex schlechthin. Wohl aber fehlt die Bezeichnung pontifex maximus bisweilen auf Inschriften, die beiden Kaisern gesetzt sind, auch dem Marcus; vgl. auch Bd. I S. 2291. Mommsen St.-R. II³ 1108.

Zugleich mit der Ernennung zum Mitkaiser verlobte Marcus seinen Adoptivbruder mit seiner Tochter (Annia) Lucilla (Marc. 7, 7. Dio ep. LXXI 1, 3, vgl. LXX 2, 2. Zonar. XII 2 p. 82 Dind., wo fehlerhaft Λουκίᾳ gesetzt ist. Herodian. I 8, 3, vgl. auch Phot. cod. 94).

III. Regierungszeit, 161–169 n. Chr.

161: [p. m.] trib. pot. (7. März – 9. Dec. 161) cos. II [p. p.].

a) Name: So wie Marcus liess auch C. als Kaiser den durch seine Adoption erworbenen Gentilnamen Aelius weg (sonderbarerweise ist sowohl bei Marcus als bei C. die einzige Inschrift, auf der sich das Gentile Aelius dennoch findet, die Basis eines jeden von beiden im Arvalenhain, CIL VI 1012 und 1021; ausserdem finden wir diese Anomalie noch auf einer Münze, Mionnet I 421 nr. 365), und erhielt statt des Cognomens Commodus das seines Bruders Verus, während dieser das Cognomen seines Adoptivvaters Antoninus annahm (Ver. 4, 1; Marc. 7, 7. Gal. XIX 18. VII 478 ist Σεουῆρος wohl nur Schreibfehler). C. heisst also als Kaiser Imp. Caes. L. Aurelius Verus Augustus; wo die Filiation angegeben ist, nennt er sich vollständig Imperator Caesar divi Antonini filius, divi Hadriani nepos, divi Traiani Parthici pronepos, divi Nervae abnepos L. Aurelius Verus Augustus; ausnahmsweise wird er einmal auch als frater Imp(eratoris) Caes(aris) M. Aureli [Antonini Aug.] bezeichnet, CIL VIII Suppl. 11322; sonst geschieht dies nur auf den nach seinem Tode gesetzten Inschriften, CIL III 1450 = Dessau 370. VIII 8319. XII 5384, wie ja auch Marcus dann die Angabe divi Veri Parthici Maximi frater in die Filiation aufnahm, vgl. Ephem. epigr. IV p. 504. 505, 1. Das Fragment der Arvalacten in Ephem. epigr. VIII p. 336 ist somit fälschlich auf Verus bezogen worden; es ist richtig etwa so zu ergänzen: ... imp. Caesari divi Veri P]arth(ici) Max(imi) fratri, divi [Antonini f(ilio) M. Aur(elio) Antonino Aug ...] und daher in die Zeit nach Verus Tode und vor Commodus Ernennung zum Mitherrscher, also zwischen Anfang 169 und Ende 176 zu setzen. Ausserdem finden sich die abgekürzten Namensformen Imp. Caes. L. Aurelius Aug. (IGS I 77: Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Λούκιος Αὐρήλιος Σεβαστός), L. Verus Aug. (CIL VIII 1471. XV 737 und Münzen), imp. L. Verus [1839] (CIG I 352 Αὐτοκράτωρ Λούκιος Οὐῆρος), imp. Caes. Verus Augustus (z. B. CIL X 3695 a), imp. Verus Aug. (z. B. CIL X 8378 u. ö.). Bei den Schriftstellern wird er gewöhnlich L. Verus oder Verus allein, seltener Lucius allein genannt. Irrtümlich wird ihm auch der Name Antoninus beigelegt, namentlich in der Historia Augusta, wo auch sonst die Namen teils unrichtig, teils völlig verwirrt angegeben sind. Fehlerhaft sind demnach folgende Namen für Verus: L. Aurelius Ceionius Commodus Verus Antoninus (Hel. 2, 9), L. Ceionius Aelius Commodus Verus Antoninus (Ver. 1, 3), L. Aurelius Verus Commodus (Marc. 7,5), L. Aurelius Commodus (Euseb. Hieronym. chron. II 170f. Schoene. Synk. 669 Bonn.), L. Verus Commodus (Zonar. XII 2 p. 81 Dind.), L. Annius Verus (Epit. 16, 5), Annius Verus (Hadr. 24, 1; Pius 6, 10; s. oben II c), L. Annius Antoninus Verus (Eutrop. VIII 9. 10; Cassiod. bei Mommsen Chron. min. II 143: Severus), Antoninus Verus (Malal. XI 282 Bonn.) und diejenigen, wo er sonst noch Antoninus genannt wird (Hel. 5, 12; Pius 10, 3; Marc. 7, 7; Diad. 6, 6; vgl. Macr. 3, 4. 7, 7; Diad. 7, 4; Alex. 10, 5; Macr. 3, 4 sub Vero Antonino ist gewiss nicht Verus gemeint). Über die Siegerbeinamen wird unter den einzelnen Jahren, in welchen er sie annahm, die Rede sein; hier sei nur kurz erwähnt, dass er seit 163 Armeniacus, seit 165 Parthicus Maximus und seit 166 Medicus heisst.

b) Titel: 1) Die Würde eines Pontifex maximus konnte ihrer Natur nach immer nur von einem Kaiser bekleidet werden und musste daher Verus versagt bleiben. Wenn er gleichwohl diesen Titel auf nichtofficiellen Denkmälern erhält, so liegt darin ein Versehen oder eine Unkenntnis. Vgl. im übrigen oben II d.

2) Da Marcus nachweislich seine tribuniciae potestates mit dem 10. December begann (vgl. Bd. I S. 2291f.), so ist es selbstverständlich, dass Verus dasselbe that.

3) Die Erneuerung des Imperatorentitels geht bei Verus conform mit der Erwerbung der Siegerbeinamen. 163 wurde er imp. II zugleich mit der Annahme des Beinamens Armeniacus. 165 ist er imp. III und Parthicus Maximus, 166 imp. IV und Medicus; nur die vierte Acclamation, nach welcher er seit 167 imp. V heisst, verschaffte ihm ebensowenig wie Marcus einen Siegerbeinamen.

4) Nachdem Verus, wie erwähnt, noch als Privatmann zweimal (J. 154 und 161) Consul gewesen war, trat er als Kaiser den dritten Consulat im J. 167 an.

5) Den Titel pater patriae nahm Verus erst im J. 166, nach der Rückkehr aus dem parthischen Krieg an (Marc. 9, 3. 12, 7; er hat ihn noch nicht auf dem Diplom vom März oder April 166, CIL III Suppl. p. 1991 dipl. LXXIII; vgl. Bd. I S. 2292). Jedoch findet sich auch dieser Titel irrtümlich auf Inschriften aus früheren Jahren (CIL II 158. X 7475, J. 161. III 129 = Suppl. 6658 = Le Bas-Waddington 2562 d. VIII 2275. Comptes rendus de l’acad. des inscr. 1896, 41, J. 162. VIII Suppl. 11927, zwischen 163 und 165); ein Vergleich lehrt, dass sich auf allen diesen Inschriften auch der früher berührte Fehler (pont. max.) findet. Auf Münzen des Verus liest [1840] man p. p. überhaupt nicht (vgl. Cohen III² p. 197 Anm.), so dass Eckhel (VII 70f. VIII 452), aber mit unrecht, geglaubt hat, Verus habe diesen Titel nie geführt, Marcus ihn erst nach Verus Tode angenommen. Hingegen fehlt er auf späteren Inschriften nur ausnahmsweise (z. B. CIL II 3399 = Dessau 367).

6) Der Titel proconsul, der seit Traian nur während der Abwesenheit der Kaiser von Rom geführt wurde, erscheint auch auf mehreren Inschriften des Verus. Besonders bezeichnend für den Gebrauch dieses Titels ist das Militärdiplom vom März oder April 166 (CIL III Suppl. p. 1991 dipl. LXXIII), welches ihn Verus giebt, der um diese Zeit aus dem Partherkrieg noch nicht zurückgekehrt war, während er bei Marcus, der sich damals in Rom befand, fehlt (Mommsen St.-R. II³ 778, 1). Ausserdem steht proconsul noch auf den Inschriften CIL VIII Suppl. 14694. 19690 (J. 163). II 1946. III 495. 1373. XII 4344 (J. 164). VIII 17865 (J. 163 oder 164), Meilenstein aus Solak bei Perge, Heberdey und Wilhelm Reisen in Kilikien 133 nr. 221 (J. 165), fehlt aber auf Inschriften aus den späteren Jahren, wo Verus schon in Rom oder wenigstens in Italien weilte.

7) Über frater Arvalis in der Titulatur des Verus (CIL VI 1021) s. oben II c und III a.

c) Über die Ereignisse in diesem und den folgenden Jahren von Verus Regierung ist das Notwendige schon unter Marcus (s. Bd. I S. 2288ff.) zusammengestellt und braucht daher hier nicht wiederholt zu werden. Nur soweit die Begebenheiten auf Verus Bezug haben, seien sie an dieser Stelle verzeichnet. Gleich nach der Thronbesteigung erfolgten die üblichen Acte der Freigebigkeit seitens der Kaiser und die Feierlichkeiten anlässlich der dem Pius erwiesenen letzten Ehren (vgl. darüber auch Bd. II S. 2504f.; den Münzen des Marcus mit lib(eralitas) Augustor(um) entsprechen auch solche des Verus, Cohen 116–118). Noch in dieses Jahr fällt auch der Ausbruch des Partherkrieges, der erst fünf Jahre später zum Abschluss gebracht wurde. Diese Feldzüge wollen zusammenhängend betrachtet sein.

Feldzüge im Orient (161–166).
162: ⟨p. m.trib. pot. II (10. Dec. 161–9. Dec. 162) cos. II.p. p.⟩ (procos.).
163: Armeniacus, ⟨p. m.⟩ trib. pot. III (10. Dec. 162–9. Dec. 163) imp. II. cos. II ⟨p. p.⟩ procos.
164: Armen., ⟨p. m.trib. pot. IV (10. Dec. 163–9. Dec. 164) imp. II. cos. II. ⟨p. p.⟩ procos.
165: Armeniacus, Parthicus Maximus, ⟨p. m.trib. pot. V (10. Dec. 164–9. Dec. 165) imp. II und III. cos. II.p. p.procos.
166: Armeniacus, Parthicus Maximus. Medicus,p. m.trib. pot. VI (10. Dec. 165–9. Dec. 166), imp. III und IV. cos. II. designat. III. p. p. (procos.).

Schon unter Antoninus Pius hatte die Gefahr eines Partherkrieges beständig gedroht, war aber durch die Friedensliebe und Besonnenheit des alten Kaisers schliesslich doch abgewendet worden (Marc. 8, 6; vgl. CIL IX 2457 missus ab imp. Antonino Aug. Pio ad d[e]ducen[d]as vex[i]llationes [1841] in Syriam ob [b]ellum [Par]thicum; der Friedensschluss, von dem der Rhetor Aelius Aristides in Form eines Traumes spricht, bezieht sich wahrscheinlich nicht darauf, s. u.). Um so schneller brach dieser Krieg nach der Thronbesteigung der neuen Kaiser aus. Den Anfang dazu machte wieder der Partherkönig Volagases III. (nach anderer Zählung IV.), indem er seinem Feldherrn Osroës (die Meinung De Longpériers Mémoires sur la chronol. et l’iconogr. des rois Parthes Arsac. 146, dass dieser Mitkönig war, hat wenig für sich) den Befehl gab, Pacorus (s. Aurelius Nr. 182), einen Fürsten verwandten Geschlechtes, zum König von Grossarmenien zu erheben. Der Legat von Kappadokien, P. Aelius Severianus Maximus, der sich mit den ihm verfügbaren Truppen Osroës entgegenstellte, wurde bei Elegeia vollständig besiegt, sein Heer nahezu vernichtet, er selbst gab sich den Tod (Dio ep. LXXI 2, 1 = Zonar. XII 2 p. 82 Dind. Lukian. Alex. 27, 235f. hat gewiss die unrichtige Version, vgl. quom. hist. conscr. c. 18, 26. 21, 30 [und dazu Mommsen R. G. V 406, 1]. 25, 33f. 26, 34. 31, 41. Fronto p. 209. 131. Ver. 6, 9; dass hiebei weder die legio XXII Deiotariana, noch überhaupt irgend eine Legion gänzlich zu Grunde gegangen ist, zeigt Trommsdorf Quaestiones duae ad historiam legionum Romanar. spectantes, Diss. Leipz. 1896, 86–89, der auch die ziemlich auseinandergehenden älteren Ansichten sorgfältig verzeichnet). Nun stand den Parthern Armenien, Kappadokien und Syrien offen, und sie fielen auch mit bedeutender Heeresmacht in Syrien ein, wo die Legionen unter dem Statthalter Aelius Attidius Cornelianus (vgl. Rev. bibl. 1895, 374 die verbesserte Lesung von CIG III 4661 add. p. 1183) geschlagen wurden, so dass die Bevölkerung zum Abfall geneigt schien (Marc. 8, 6; Ver. 6, 9 caesis legionibus ist auf diese Niederlage, nicht auf die des Severianus, deren mit interfecto legato gedacht ist, zu beziehen; vgl. Marquardt St.-V. I² 371, 11. Trommsdorf a. a. O. 87. Oros. VII 15, 2).

In Rom machten diese Unglücksfälle so starken Eindruck, dass Verus selbst die Oberleitung im Kriege übernehmen musste (Marc. 8, 9. Galen. XIV 647. Dio LXX 2, 2. LXXI 1, 3. Ruf. Fest. 21 = Jordanes Rom. 272. Oros. VII 15, 2. Phot. cod. 94). Aber er reiste höchst bequem und langsam auf den Kriegsschauplatz und hielt sich trotz der beunruhigenden Nachrichten an mehreren Orten auf, um seinem Vergnügen nachzugehen. Bis Capua begleitete ihn Marcus, der dann nach Rom zurückkehrte; als er aber auf der Weiterreise in Canusium erkrankte, besuchte ihn Marcus dort abermals (Ver. 6, 7; Marc. 8, 10. 11; vielleicht bezieht sich auf diese Krankheit Frontos Glückwunsch zu Verus Genesung; doch vgl. Mommsen Herm. VIII 216; Münzen mit der Darstellung von Salus und Aesculapius aus dem J. 162, Cohen 347); dann schiffte er sich, wie es scheint, in Hydruntum ein (CIL IX 16 = Dessau 359, vgl. Mommsens Bemerkung dazu). Hatte er sich in Apulien der Jagd gewidmet, so vergnügte er sich in Korinth und Athen an musischen Spielen und verweilte auch in mehreren Städten von Asia, Pamphylia und Cilicia (Ver. 6, 9; über seinen Aufenthalt in Athen Euseb.-Hieronym. chron. p. 170f. Schoene. Cassiod. bei Mommsen Chron. [1842] min. II 143. Synk. 664, 11 Bonn.; vgl. auch Ἐφημ. ἀρχ. III 1895, 111f. nr. 27. Münzen mit profectio Aug. Eckhel VII 90. Cohen 132–138 aus dem J. 162; 139–141 aus dem J. 163). Als er endlich nach Antiochia gekommen war, ergab er sich vollends einem schwelgerischen Leben und führte den Krieg durch seine Feldherrn (Ver. 7, 1; Marc. 8, 12).

Über die Zeit des Beginns dieses Krieges sind wir durch kein zuverlässiges Zeugnis unmittelbar unterrichtet; denn wenn Eusebius sowohl als Hieronymus und die versio Armenia (II 170f. Schoene) Volagases Einfall in das J. 163 setzen, Verus Aufenthalt in Athen hingegen in das J. 161 (versio Arm.), bezw. 162 (Hieron.), so ist deutlich die verkehrte Reihenfolge ersichtlich (vgl. Napp 17). Denn sicher hat Verus die Reise in den Orient erst nach der Besiegung des kappadokischen und des syrischen Heeres angetreten (Fronto p. 209. Ver. 6, 9); nun fällt aber diese Reise in das J. 162, in welchem ihm die Ehreninschrift in Hydrunt anlässlich seiner Abfahrt gesetzt wurde (s. o.; wahrscheinlich war er noch am 28. März 162 in Rom, Fronto p. 118; vgl. Mommsen Herm. VIII 213, während Naber p. XXVIII den Brief mit Unrecht aus dem J. 161 datiert; auch die erwähnten Münzzeugnisse, betreffend Verus Krankheit, sprechen für 162), und der Angriff des Volagases erfolgte demnach wahrscheinlich schon 161 (vgl. Napp 17–19. Schiller 640), dauerte aber noch bis in das J. 162 (Attidius Cornelianus ist nach CIL III 129 = Suppl. 6658 = Le Bas-Waddington 2562 d im J. 162 noch Statthalter von Syrien, aber im selben Jahre finden wir nach CIL III Suppl. 6715 bereits seinen Nachfolger A. Larcius im Amte).

Mit der Ankunft des Verus, wenn auch nicht durch sein Verdienst, begann der Feldzug von römischer Seite mit grösserer Energie und besserem Erfolg geführt zu werden. Es lassen sich im ganzen drei Abschnitte in diesem Kriege unterscheiden: der armenische (161–164), der zum Teil gleichzeitige parthische (163–165) und der medische Krieg (165–166; vgl. Bd. I S. 2294), und demzufolge wird der ganze Feldzug officiell bellum Armeniacum Parthicum Medicum genannt worden sein (CIL VIII 965 = Dessau 365 Victoria Armeniaca Parthica Medica; vgl. CIL VI 1497 = Dessau 1094. VI 1377. III 1457 = Dessau 1097f. bellum Armeniacum et Parthicum. III 6189. VI 1377. XII 2718. Rev. arch. XXI 1893, 396 nr. 88 = Dessau 2311 expeditio Parthica. CIL III Suppl. 7505 expeditio Orientalis); die gleiche Reihenfolge der Ereignisse finden wir angegeben Lukian. quom. hist. conscr. 30, 41 τῶν ἐν Ἀρμενίᾳ καὶ Μεσοποταμίᾳ καὶ ἐν Μηδίᾳ … πραχθέντων ἀφήγησις. Sonst wird der Krieg meist als bellum Parthicum bezeichnet (bei Schriftstellern und auf Inschriften, z. B. CIL VI Suppl. 31856 = Dessau 1327). Litteratur über die Partherfeldzüge: Napp s. o. Mommsen R. G. V 405–409. Schiller I 639–642. v. Gutschmid Geschichte Irans 147–150; Unters. über die Gesch. des Königreichs Osroëne, Mém. de l’acad. de St. Petersbourg XXXV 1, 1887, 29–34; vgl. unter M. Annius Verus (Annius Nr. 94).

Den ersten entscheidenden Erfolg im armenischen Feldzug errang (M.) Statius Priscus (Licinius [1843] Italicus), damals Legat von Kappadokien (VI 1523 = Dessau 1092) als Nachfolger des Severianus Maximus; er eroberte die Hauptstadt Grossarmeniens, Artaxata, worauf zunächst Verus, später auch Marcus den Beinamen Armeniacus annahm (Marc. 9, 1; Ver. 7, 1. 2. Fronto p. 121. Lukian. quom. hist. conscr. 20, 28). Die Eroberung Artaxatas fällt in das J. 163, da bereits in diesem Jahre der Beiname Armeniacus und die damit zusammenhängende Iterierung des Imperatortitels (Marc. 8, 12) auf Inschriften und Münzen des Verus erscheint (CIL VIII 24; Suppl. 19690. X 17 = Dessau 361; über III Suppl. 7616 vgl. Mommsen Arch.-epigr. Mitt. VIII 249. Eckhel VII 90. Cohen 4–6. 219–221. 330f.;. Armeniacus fehlt noch CIL III 2845. V 3327. VI 1021. VIII Suppl. 14694. IX 5827. XII 107. Cohen 1. 69–84. 139–141. 156. 170. 180. 344). Die Folge dieses Sieges war, dass Sohaemus, ein römischer Senator, Consular, angeblich aus dem Geschlecht der Achaimeniden und Arsakiden (vgl. Mommsen R. G. a. a. O.), als König in Grossarmenien eingesetzt werden konnte (dass er schon vor Ausbruch des Krieges in Armenien geherrscht habe, wie wiederholt angenommen wurde, ist ungewiss, vgl. Mommsen 407, 2). Dieser Aufgabe unterzog sich P. Martius Verus, der (zweite?) Nachfolger des Statius Priscus im Commando (Suidas s. Μάρτιος; Priscus unmittelbarer Nachfolger war wahrscheinlich C. Iulius Severus, wenigstens lesen wir auf dem Grabstein eines Veteranen der leg. V Macedonica, CIL III Suppl. 7505 = Dessau 2311, dass er unter Statius Priscus, Iulius Severus und Martius Verus gedient habe; aber weder Iulius Severus, der vor Statius Priscus, nämlich 155, noch Martius Verus, der erst 166 Consul war, können zur Zeit des Krieges Statthalter von Kappadokien gewesen sein; letzterer zog wahrscheinlich als Legionslegat der leg. V Maced. in den Krieg; vgl. CIL III 6189), indem er seinen Untercommandanten (Tribunen ?) Thukydides damit betraute; die vollständige Pacificierung des Landes und die Vertreibung des Pacorus gelang erst nach Eroberung von Kainepolis (Valarsâpat; vgl. CIL III 6052. Mommsen R. G. V 407), der neuen Hauptstadt von Grossarmenien. Die Umwandlung Armeniens in einen römischen Vasallenstaat war im J. 164 durchgeführt (Ver. 7, 1. Suid. a. a. O. Fronto p. 127. 131. Phot. cod. 94; vgl. Ver. 7, 8. Münzen mit der Legende Rex Armeniis datus aus dem J. 164 Eckhel VII 91. Cohen 157–165).

Verus blieb indessen, wie erwähnt, ruhig in Antiochia, freute sich der hervorragenden Leistungen seiner Legaten, deren Erfolge ihm zu Gute kamen, und war im übrigen nur darauf bedacht, sich den Aufenthalt im Orient so angenehm wie möglich zu machen. Dort war es auch, wo ihm die schöne Hetaere Panthea aus Smyrna das Leben versüssen half; sie zu ehren, hat Lukianos die Εἰκόνες (vgl. c. 2. 10) geschrieben und die apologetische Schrift Ὑπὲρ τῶν Εἰκόνων verfasst (s. o. I d); vgl. auch Marc. εἰς ἑ. VIII 37. Schol. Lukian. IV p. 164 Jacobitz. Den Winter verbrachte er meist in Laodikeia, den Sommer in dem bekannten Vergnügungsort Daphne bei Antiochia, die übrige Zeit des Jahres in Antiochia selbst (Ver. 7, 3). Nur vorübergehend gab er [1844] dem Drängen seiner Comites (als solche werden ausser den genannten drei, Statius Priscus, C. Iulius Severus und Martius Verus, auch M. Pontius Laelianus Larcius Sabinus CIL VI 1497 = Dessau 1094, M. Claudius Fronto CIL III 1457. VI 1377 = Dessau 1097f.; vgl. Lukian. quom. hist. conscr. 21, 29, M. Iallius Bassus Fabius Valerianus CIL XII 2718f. und Avidius Cassius Ver. 7, 1 bezeichnet; jedenfalls in höherer Stellung waren an dem Kriege auch beteiligt P. Furius Saturninus und Flavius Titianus, Lukian. quom. hist. conscr. 21, 29; vgl. Napp 73ff.; ferner P. Iulius Geminius Marcianus, CIL VIII 7050 = Dessau 1102; hingegen bekleidete P. Helvius Pertinax, der spätere Kaiser, damals wohl nur einen untergeordneten Posten) nach und kam bis an den Euphrat (Ver. 7, 6). Bald kehrte er aber wieder um und reiste nach Ephesus, um seine Vermählung mit Lucilla zu feiern, die Marcus, nachdem er ihr bis Brundisium das Geleite gegeben hatte, in Begleitung des Oheims (M. Ceionius) Civica (Barbarus) und der Schwester (wahrscheinlich der Ceionia Fabia, obwohl es Marc. 9, 4 heisst sorori suae; vgl. v. Rohden oben Bd. I S. 2315. Klebs Prosopogr. I 331) des Verus dorthin schickte. Seinen anfänglichen Plan, nach Syrien zu reisen, gab Marcus auf; eben um dieser ursprünglichen Absicht zuvor zu kommen, war Verus nach Ephesus gekommen (Ver. 7, 7; Marc. 9, 4). Die Hochzeit fand im J. 164 statt (media belli tempore, Marc. 9, 4. 20, 7; Ver. 2, 4. 10, 3. Eutrop. VIII 10, 1. CIL VI 360 = Dessau 366). Aus dieser Ehe scheint nur ein Kind entstammt zu sein, von dem wir nichts Näheres wissen (Dio ep. LXXII 4, 4. CIL VI 360 = Dessau 366. Eckhel VII 99f. Cohen III² 218 nr. 36–40; über die Stelle bei Fronto p. 132 Socrum et liberos vestros saluto vgl. Mommsen Herm. VIII 207; Arch.-epigr. Mitt. XIV 1891, 158 nr. 46 liberorumque eorum).

Während Verus sich so in seinen Vergnügungen wenig stören liess, erfochten seine Feldherrn entscheidende Siege auch auf dem syrischen Kriegsschauplatz, wo der Kampf noch vor dem Ende des armenischen Feldzuges begonnen hatte. Der Löwenanteil an den hier errungenen Erfolgen gebührte dem Avidius Cassius, den Verus zum Oberbefehlshaber in diesen Kämpfen eingesetzt hatte (Dio ep. LXXI 2, 2 = Zon. XII 2 p. 82. Eutrop. VIII 10, 2. Oros. VII 15, 2; s. o.); wahrscheinlich damals schon wurde er auch Statthalter von Syrien, wo auf Attidius Cornelianus noch im J. 162 zuerst A. [L]arci[us ...] (CIL III Suppl. 6715), dann M. Annius Libo (Ver. 9, 2) und endlich, etwa 164–165, Iulius Verus (CIL III 199 = Le Bas-Waddington 1874; Marcus heisst hier schon Armeniacus) gefolgt war. Aber keinesfalls konnte er das erweiterte, ausserordentliche Commando, das er später erhielt (vgl. Mommsen R. G. V 406, 2), schon in dieser Zeit, bei Anwesenheit des Kaisers, innehaben; vgl. auch v. Rohden oben Bd. II S. 2380. Cassius suchte vor allem in dem an und für sich zuchtlosen und durch die lange Friedenszeit unglaublich verwahrlosten syrischen Heer die volle Mannszucht wieder herzustellen, was ihm recht wohl gelang (Fronto p. 178; ihm und vielleicht auch dem Pontius Laelianus ist ohne Zweifel das Lob zuzusprechen, [1845] das Fronto p. 206ff. 128ff. in so überreichlichem Masse seinem kaiserlichen Herrn spendet). Überdies wurde hier zu einem Mittel gegriffen, das man auch sonst in ähnlichen Fällen öfter angewendet hat; man suchte durch Herbeiziehung tüchtigerer Streitkräfte aus dem Westen ein Gegengewicht für die Ausartungen der disciplinlosen syrischen Legionen zu schaffen. So zog die legio V Macedonica aus Moesia inferior in den Partherkrieg (CIL III 6189; Suppl. 7505 = Dessau 2311; s. o.); desgleichen kämpften in diesem Kriege die legio II adiutrix, die einzige Legion von Niederpannonien (CIL VIII Suppl. 18893. Rev. arch. XXI 1893, 396 nr. 88; vgl. v. Domaszewski Neue Heidelb. Jahrb. V 1895, 111), ferner Vexillationen der leg. X Gemina aus Pannonia superior (Ritterling De legione Romanorum X gem. Leipzig 1895, 59f.), vielleicht auch die leg. II Traiana fortis aus Ägypten (Trommsdorf a. a. O. 41; hingegen stützt sich die Behauptung Jünemanns De legione Romanorum I adiutrice, Leipzig 1894, 87f., dass auch diese Legion an dem Partherkriege teilgenommen habe, auf schwache Gründe; dass auch die Inschrift des Claudius Fronto CIL VI 1377 = Dessau 1098 für die Beteiligung der leg. I Minervia an diesem Krieg nichts beweist, behauptet J. Klein Rhein. Jahrb. LXXIII 1882, 68 mit Recht; dagegen Schilling De legionibus Romanorum I Minervia et XXX Ulpia, Leipz. 1893, 62). Ganz ungewöhnlicherweise (vgl. Mommsen St.-R. II³ 850, 3) wurde selbst in Italien eine Aushebung veranstaltet (CIL VI 1377 = Dessau 1098). Freilich wurden durch solche Massnahmen andere Grenzprovinzen von Truppen entblösst und namentlich die gegen die Germanen stark gefährdet.

Der Siegeslauf des Avidius Cassius lässt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wie folgt feststellen. Nach dem blutigen Siege bei Europus (Lukian. a. a. O. 28, 37ff. 20. 29. 24, 33) überschritt er den Euphrat beim Zeugma (Suid. s. ζεῦγμα = Dio Bd. IV 171f. Dind.), durchzog Osroëne und eroberte daselbst Dausara (Fronto p. 121) und die Hauptstadt Edessa (Lukian. a. a. O. 22, 30; wahrscheinlich bezieht sich auch der von Proκop. bell. Pers. II 12 p. 209 Bonn, gemeldete Verrat der Edessener an den Parthern auf dieses Ereignis; vgl. Gutschmid Osroëne 29), wo der kurz vorher von Volagases eingesetzte osroënische König Wâʿïl bar Sahru residierte, nachdem der vertriebene legitime König Maʿnû VIII. Philoromaios zu den Römern geflüchtet war (vgl. Gutschmid Osroëne 30; Gesch. Irans 148f. Schiller 639). Entweder schon jetzt oder erst beim Friedensschluss wurde Wâʿïl abgesetzt, vorläufig aber noch nicht Maʿnû, sondern Abgar VIII. erhoben, dem dann erst ca. 167 Maʿnû folgte (vgl. Gutschmid Osroëne 34. 49). Nach dem Fall von Edessa wurde das römische Heer noch durch die Belagerung von Nisibis eine Zeit lang aufgehalten, worauf Cassius den zurückweichenden Volagases, der sich von seinen Bundesgenossen verlassen sah, durch ganz Mesopotamien verfolgte, wobei er bis Seleukeia gelangte. Auf dieser Flucht war es wohl, dass der früher genannte parthische Feldherr Osroës sich nur durch Schwimmen über den Tigris rettete (Lukian. a. a. O. 19, 27). [1846] Seleukeia wurde wegen einer angeblich oder wirklich begangenen Treulosigkeit der Plünderung anheimgegeben und eingeäschert; ein ähnliches Schicksal erfuhr Ktesiphon, wo der Palast des Partherkönigs zerstört und eine grosse Zahl von Einwohnern umgebracht wurde (Ver. 8, 3. 4; vgl. 7, 1. Dio LXXI 2, 3 = Zonar. a. a. O.; vgl. Fronto p. 131. Lukian. a. a. O. 31, 42. Phot. cod. 94. Eutrop. VIII 10, 2, mit Ausnahme einiger Hss., die 40 000 angeben, und die davon abhängigen Quellen Oros. VII 15, 2. Ruf. Fest. c. 21. Jord. Rom. 272. Mommsen Chron. min. II 459 enthalten ausser der Seltsamkeit urbs Assyriae [Orosius gar sagt, am Hydaspes gelegen] die unglaublich hohe Angabe von 400 000 Menschen, die dabei umgekommen seien, nach Hieron. a. Abr. 2180 = 164 n. Chr. 300 000. Amm. Marc. XXIII 6, 24. XXIV 5, 3; vgl. Napp. 30, 2). Hunger und Krankheiten im Heere, namentlich die Pest (s. unten), die während der Plünderung Seleukeias ausbrach, zwangen Cassius zur Rückkehr (Dio LXXI 2, 4 = Zonar. a. a. O. Amm. Marc. a. a. O. Ver. 8, 2 und 7, 1 nennt irrtümlich Babylon). Gleichzeitig mit ihm scheint ein anderer Legat etwas südlicher gezogen zu sein und sich nach einem Siege bei Sura (Lukian. a. a. O. 29, 40) und nach der Eroberung von Nikephorion (Fronto p. 121) mit dem Heere des Cassius vereinigt zu haben, der dann, wie erwähnt, den Oberbefehl erhielt (Dio a. a. O.). Unter seinem unmittelbaren Commando hat seinen Zug allem Anschein nach Claudius Fronto mitgemacht; jedenfalls commandierte er auch in Osroëne, wie seine früher erwähnte Inschrift besagt, als leg(atus) Aug(ustorum) pr(o) pr(aetore) exercitus legionarii et auxilior(um) per Orientem in Armeniam et Osrhoënam et Anthemusiam ductorum.

Verus war über die Siege des Avidius Cassius in hohem Masse erfreut und schickte den Tribunen Iunius Maximus mit den litterae laureatae (der üblichen Form von Siegesbotschaften) nach Rom (Dio LXXI 2, 4. Fronto p. 178). Das Heer erhielt ein donativum; denn darauf wohl ist die liberalitas auf den Münzen des Verus vom J. 165 (Eckhel VII 92. Cohen 119–122) zu beziehen, zumal die gleichzeitigen Münzen des Marcus diese nicht aufweisen.

Der Zug nach Osroëne und die Schlacht bei Sura sowie die Einnahme von Nikephorion fallen wahrscheinlich noch in das J. 163 (vgl. Gutschmid Osroëne 29). Beendet aber wurde der Feldzug in Mesopotamien im J. 165; nach dessen erfolgreichem Abschluss mit der Eroberung der parthischen Metropole konnte der Senat den beiden Kaisern mit Recht den Ehrennamen Parthicus Maximus verleihen, was formell erst anlässlich des Triumphes geschah; zugleich konnten sie sich als imp. III bezeichnen (Marc. 9, 2; Ver. 7, 2. Münzen des Verus mit Parthicus Maximus und imp. III aus dem J. 165 Eckhel VII 92. Cohen 190–196. 272–275; diese Bezeichnung fehlt noch Cohen 14f. 106–108. 119–122. 166. 182–189. 262–271. 345, ebenso auf der Inschrift bei Heberdey und Wilhelm Reisen in Kilikien 133 nr. 221).

Der dritte und letzte Teil des Krieges, der Zug nach Medien, wurde vielleicht von Cassius im Anschluss an den eben geschilderten Feldzug [1847] unternommen (Ver. 7, 1; vgl. Mommsen R. G. V 408, dagegen Gutschmid Gesch. Irans 149); wir sind darüber nicht näher unterrichtet. Dass aber auch hier ein Sieg errungen wurde, lehrt sowohl die früher erwähnte Bezeichnung des Sieges über die Parther und die Einteilung der Ereignisse bei Lukianos als auch die anlässlich des Triumphes erfolgte Annahme des Beinamens Medicus seitens der beiden Kaiser (Ver. 7, 2) und die erneuerte Imperatorenacclamation, derzufolge beide imp. IV genannt werden (CIL VI 360 = Dessau 366 vom 23. August 166, hingegen noch nicht im Militärdiplom vom März oder April dieses Jahres, CIL III Suppl. p. 1991f. dipl. LXXIII, so dass zwischen diese beide Termine der Triumph und die Annahme des Siegerbeinamens, bezw. das Ende des Krieges anzusetzen ist; andere Inschriften mit Medicus und imp. IV, die sicher aus dem J. 166 stammen, CIL VI 1022 = XIV 106. VIII 4195. XIV 105, s. u.; Münzen aus diesem Jahr mit Medicus Eckhel VII 92f. Cohen 205; imp. IV Cohen 126. 206–208. 276–279. 288; imp. III Cohen 125. 197–204. 280–287, auf 205 wegen Medicus wohl nur Versehen für imp. IIII; merkwürdigerweise verschwindet dieser Name in den folgenden Jahren von den Münzen, Eckhel a. a. O.).

Schon während des Krieges hatte Verus, sei es aus Furcht oder aus Grossmut, dem Partherkönig wiederholt Friedensanträge gestellt, die dieser aber in seinem Übermute zurückwies (Fronto p. 208; vgl. 121. 131f. Nazar. paneg. 24 p. 231 Baehrens; vielleicht beziehen sich auf diese Unterhandlungen die Münzaufschriften Hercules pacifer, Cohen 112, aus dem J. 164, und Paci Aug., Cohen 125, aus dem J. 166, aber noch vor Ende des Krieges). Nachdem sich aber dann das Kriegsglück zu Gunsten des Verus entschieden hatte, nahm Volagases endlich doch den Frieden an. Die Wirkungen desselben (seine näheren Bestimmungen sind uns nicht bekannt) entsprachen immerhin den errungenen Siegen; die während des Krieges vollzogene Umwandlung Armeniens, Osroënes und vielleicht auch anderer bisher parthischer Teilreiche in römische Clientelstaaten blieb in Geltung, die osroënische Stadt Carrhae wurde römische Colonie (Eckhel III 506f. Mionnet V 593f. nr. 1–6; Suppl. VIII 391, 11; vgl. Marquardt St.-V. I² 437. Mommsen R. G. V 408. Gutschmid Iran 150), Mesopotamien von neuem zu einer römischen Provinz eingerichtet (Ver. 7, 8. Ruf. Fest. c. 14; mit Unrecht zweifelt daran Napp 36f.; vgl. auch Marquardt St.-V. I² 436. Schiller 642, 4; die Stelle bei Aristid. orat. XXIII 454 Dind., wo der Redner sagt, er habe im Traume Antoninus τὸν αὐτοκράτορα τὸν πρεσβύτερον mit dem Partherkönig Frieden schliessen gesehen, hat zuletzt W. Schmid Rh. Mus. XLVIII 1893, 57ff. wohl richtig auf diesen Frieden gedeutet, während bisher meist der unter Pius abgeschlossene Friede darunter verstanden wurde, vgl. Waddington Mém. de l’acad. XXVI 1867, 203–268. Borghesi Oeuvres V 373–378. Napp 12–14. Lacour-Gayet Antonin le Pieux 150f. Gutschmid Iran 147. Schiller 633). Der Friede wurde den Münzzeugnissen zufolge im J. 166 geschlossen (Eckhel VII 52. Cohen 126–130. p. 45 nr. 434f. 437 Pax oder Pax Augusti); die [1848] Zurückziehung der in den Krieg dirigierten Streitkräfte ging jedenfalls erst im Laufe dieses Jahres vor sich, wie wir aus einem lateinischen Papyrus ersehen, nach welchem die misenatische Flotte am 24. Mai 166 noch im Hafen von Seleukeia an der Mündung des Orontes vor Anker lag (Schulten Herm. XXXII 273f., vgl. 289). Verus kehrte hierauf zur Feier des Triumphes nach Rom zurück, obwohl er sich nur ungern von dem Schauplatz seiner Erfolge trennte (Ver. 7, 9). Der Rückzug gestaltete sich insofern verhängnisvoll für das Reich, als dadurch die in Seleukeia ausgebrochene Pest ungeheuer weite Verbreitung gewann und noch viele Jahre lang in Rom und Italien ebenso wie in den Provinzen wütete (Ver. 8, 1). Zahlreich haben sich die Nachrichten über diese verheerende Seuche, eine der furchtbarsten ihrer Art, bei den Schriftstellern erhalten (ausser den oben citierten Stellen noch Marc. 13, 3–5. Lukian. Alex. 36, 243, vgl. quom. hist. conscr. 15, 22. Galen. IV 788. X 360f. XIX 15. Aristid. orat. XXIV 475. XXVI 504. LI 572 Dind. [der Rhetor wurde auch selbst von der Krankheit ergriffen]. Epit. de Caes. 16, 3. Eutrop. VIII 12. Oros. VII 15, 5f. Euseb.-Hieron. a. Abr. 2184 = 168. Synkell. 665, 6; vgl. Friedländer Sittengeschichte I⁶ 40).

In Rom angekommen, genoss Verus auf seinen Wunsch gemeinsam mit Marcus die Ehren des Triumphes; nun erst verlieh der Senat beiden Kaisern die Siegerbeinamen, die Verus schon früher vom Heere empfangen hatte, beide nahmen den Titel pater patriae an (s. o. III b, 5) und erhielten die corona civica (Ver. 7, 9. 8, 5; Marc. 9, 3. 12, 7–11. Vict. Caes. 16, 4. Eutr. VIII 10, 3. Oros. VII 15, 2. Ruf. Fest. 21; vgl. auch Polyaen. strateg. I pr. 1. VI pr. Amm. Marc. XXIII 5, 17. Euseb.-Hieron. 2181 = 165, nach der versio Arm. 2182 = 166. Synkell. 664, 13. Cassiodor. bei Mommsen Chron. min. II 143; CIL VI 1022 = XIV 106 heisst Verus auch [pro]pagator [imperii]). Die Reihenfolge der Siegerbeinamen, die fortan auf den Inschriften wenigstens ziemlich vollständig erscheinen, ist entweder die chronologische, also Armeniacus, Parthicus Maximus, Medicus (z. B. CIL II 3399 = Dessau 367. VI 360 = VI 1022 = XIV 106. VIII 4195. 4208; Suppl. 14810 = 1310. 17866. XIV 105. Not. d. scavi 1890, 173. Cohen 205), oder es steht, und dies begegnet häufiger, Parthicus Maximus als der gewichtigste Bestandteil zuletzt (z. B. CIL III p. 888 dipl. XLVI. V 5805. VI 991 = Dessau 369. VIII 1471 = Suppl. 15513. 8300. Bull. hell. 1896, 155ff.; ferner auf Papyri: Griech. Urk. Berl. II 55 nr. 393; 118 nr. 461; 167 nr. 521; 247f. nr. 603. Corp. Pap. Rain. I 23 nr. V; vgl. Wessely Mitt. aus d. Samml. Papyr. Erzh. Rainer II/III 7f.). Bisweilen findet sich minder correct Parthicus anstatt Parthicus Maximus (z. B. CIL III p. 888 dipl. XLVI. CIG II add. 2347 k. Papyrus bei Grenfell und Hunt Greek Papyri II 92f. nr. LVII; hingegen wohl absichtlich von Marcus weggelassen auf Verus Grabschrift CIL VI 991 = Dessau 369, vgl. v. Rohden Bd. I S. 2295) oder gar Armeniacus und Medicus allein, mit Weglassung von Parthicus (CIG III add. 3865 c, bei dem Namen des Marcus hingegen steht Parthicus [1849] ohne Medicus), und irrtümlich Armeniacus Maximus (Grenfell und Hunt II 88 nr. LIII d). An dem Triumph nahmen auch Marcus Kinder beiderlei Geschlechts teil; dem Volke wurden Spiele gegeben (Marc. 12. 10f.) und ausserdem ein Congiarium verabreicht, wie dies die Münzen des Verus beweisen, die gleichzeitig mit denen des Marcus zum J. 166 die III. liberalitas verzeichnen (Eckhel VII 51. 92. Cohen 123. p. 10 nr. 74–76. p. 42 nr. 408f.).

Über die Zeit des Triumphes wurde schon bemerkt, dass die Feier stattfand nach dem 1. März 166, da Lucius auf dem dipl. LXXIII, vom März oder April 166, proconsul genannt wird, also noch nicht in Italien war, überdies noch imp. III heisst und den Siegerbeinamen Medicus noch nicht führt, und vor dem 23. August desselben Jahres (CIL VI 360 = Dessau 366), wo beide Kaiser schon alle Siegerbeinamen haben; vielleicht lässt sich dieses Intervall noch weiter begrenzen, wenn man den erwähnten lateinischen Papyrus (Herm. XXXII 273f.) hinzunimmt, der vom 24. Mai 166 datiert ist. Aus dieser Urkunde ersehen wir, dass damals die misenatische Flotte noch nicht den Hafen von Seleukeia verlassen hatte; da der Triumph aber in diesem Falle, mögen auch die Feindseligkeiten schon eingestellt worden sein, kaum gefeiert wurde, so ist anzunehmen, dass er zwischen 24. Mai und 23. August 166 stattfand. Damit sind auch die wenigen Zeitangaben, die wir bei dem Biographen finden (von Eusebios-Hieronymus ist hier wie gesagt abzusehen) in Einklang zu bringen. Verus Feldherrn führten den Krieg per quadriennium; ebensolang hielt sich Verus selbst im Orient auf (162–166; Ver. 7, 1. 3), post quinquennium, nämlich vom Beginn des Krieges an gerechnet (161–166; vgl. Napp 33), kehrte er nach Rom zurück (Marc. 12, 14).

Auf zahlreichen Denkmälern wurden die Siege über die Parther gefeiert. Ehreninschriften des Kaisers geben Zeugnis davon (CIL III 778. 3432 = Dessau 363. V 4089. VIII 8302. CIG II 2047. add. 2347 k. III 4544. CIA III 532. 1132), andere Inschriften sind ausschliesslich zu Ehren des Sieges gesetzt, mit der Bezeichnung Victoria Armeniaca Parthica Medica (CIL VIII 965 = Dessau 365), Victoria Parthica Maxima (CIL VIII 8304), Victoria Armeniaca Augustor(um) (CIL VIII 8303). Münzen mit darauf bezüglichen Darstellungen und Aufschriften priesen das Ereignis sowohl während des Krieges, als auch nach Beendigung desselben (Victoria Augustorum, aus dem J. 163: Cohen 344. Victoria Aug. Cohen 330f.; J. 164: 332–335; J. 166: 336-342; vgl. ferner z. B. Cohen 4–16. Eckhel VII 93. Cohen 300–303. 321f. p. 98 nr. 984–992). In der That musste ein so langwieriger und von glücklichem Ausgang begleiteter Krieg auf die Zeitgenossen nachhaltigen Eindruck machen, da er nach der langen, für die äussere Stellung des Reiches wenig rühmlichen Friedensepoche wieder einmal Roms Übergewicht über das Partherreich deutlich zum Bewusstsein brachte.

Die früher erwähnte Entblössung namentlich der Donauprovinzen trug aber den Keim eines womöglich noch gefährlicheren Krieges in sich, der infolge grosser Völkerbewegungen der Germanen [1850] im Norden der Donau zum Ausbruch gelangte. Dieser Krieg mit den Germanen hatte eigentlich schon während des Partherkrieges begonnen, aber in Rom hütete man sich wohl ihn zu führen, solange noch die besten Kräfte des Reiches im Orient lagen; um so nachdrücklicher wurde er nach Besiegung der Parther aufgenommen (Marc. 12, 13; vgl. Galen. XIV 649). Es waren überaus langwierige Kämpfe, die mit kurzen Unterbrechungen die Regierung des Marcus überdauerten und erst nach der Thronbesteigung des Commodus ihren Abschluss fanden. Der Krieg zerfällt in drei Hauptabschnitte, das bellum Marcoman(n)icum (so genannt z. B. Marc. 12, 13. 13, 1. 21, 8. 22, 7; Av. Cass. 3, 6. Eutr. VIII 12, 2) oder Germanicum (so meist bei den Schriftstellern, ferner CIL VI 1449. 1549 = Dessau 1107. 1100. 2743; expeditio Germanica CIL III Suppl. 7505 = Dessau 2311. VI 1540 = Dessau 1112. Rev. arch. XXI 1893, 396 nr. 88), das bellum Sarmaticum (CIL X 408 = Dessau 1117; bellum Germanicum et Sarmaticum VI Suppl. 31856 = Dessau 1327, vgl. VI 1540. 1599 = Dessau 1112. 1326; bellum adversus Germanos et Iazyges VI 1377 = Dessau 1098; vgl. auch Marc. 25, 1. Paus. VIII 43, 690) und das bellum Germanicum secundum (vgl. CIL II 4114 = Dessau 1140), von welchen nur der Anfang des ersteren in Verus Regierung fällt.

Litteratur darüber: Wietersheim-Dahn Geschichte der Völkerwanderung I 118ff. Schiller 642ff. Mommsen R. G. V 209ff. Conrad Mark Aurels Markomanenkrieg, Neu-Ruppin, Progr. 1889. A. v. Domaszewski Neue Heidelberger Jahrb. V (1895) 107ff. G. Strakosch-Grassmann Gesch. der Deutschen in Österr.-Ung., Wien 1895, I 40ff. Vgl. auch v. Rohden Bd. I S. 2295ff.

Den nächsten Impuls zu dem Kriege gab ein vehementer Einfall der Markomanen und einer grossen Zahl anderer germanischer Volksstämme (Marc. 22, 1; vgl. v. Domaszewski in den Serta Harteliana, Wien 1896, 8–13), die von ihren Stammesbrüdern vertrieben, unter Drohungen Wohnsitze auf römischem Gebiete verlangten (Marc. 14, 1). Ehe man sich dessen versah, waren sie auf italischem Boden angelangt, hatten Aquileia belagert und Opitergium zerstört (Amm. Marc. XXIX 6, 1. Lukian. Alex. 48, 254; vgl. aber Conrad 11 f.). Eine Heeresabteilung, die sich ihnen unter der Führung des Praefectus praetorio Furius Victorinus entgegenstellte, wurde unter grossen Verlusten besiegt, auch der Befehlshaber befand sich unter den Gefallenen (Marc. 14, 5; vielleicht bezieht sich die Nachricht von den 20 000 Gefallenen bei Lukian. Alex. a. a. O. auf diese Niederlage, dann wäre dieselbe noch vor der Belagerung Aquileias erfolgt). Auf den Antrag des Marcus zogen beide Kaiser trotz Verus Widerstreben in diesen Krieg (Marc. 12, 14; Ver. 9, 7; jedenfalls nach dem 12. Oct. 166, an welchem die Adoption des Commodus und seines Bruders stattfand, Comm. 11, 13. 1, 10). In der That hatte ihre Ankunft in Aquileia den Erfolg, dass sich die Germanen zurückzogen und sogar friedliches Entgegenkommen zeigten (Marc. 14, 2. 3). Mittlerweile war auch eine Schar von 6000 Langobarden und Obiern durch den Reitercommandanten [1851] (M. Macrinius Avitus Catonius) Vindex (es kann nur dieser gemeint sein, der vielleicht der Sohn des Gardecommandanten Macrinius Vindex ist, und der nach CIL VI 1449 = Dessau 1107 damals Praefectus der ala I Ulpia contariorum miliaria civium Romanorum und der ala III Thracum in Pannonia superior war; er wurde in diesem Kriege mit militärischen Decorationen geehrt, deren Zweizahl seiner Stellung zukommt; vgl. Ritterling Arch.-epigr. Mitt. XX 1897; 30) und den Befehlshaber von Fusstruppen (Legionslegaten?) Candidus besiegt worden, und die Germanen hatten eine Gesandtschaft mit dem Markomanenkönig Ballomarius an der Spitze an den Legaten von Pannonia (superior), (M.) Iallius Bassus (Fabius Valerianus), geschickt (Petr. Patr. frg. 6, FHG IV 186; nach Ritterlings überzeugender Darlegung a. a. O. ist Ἰάλλιος für Αἴλιος zu lesen; Bassus war erst Statthalter von Pannonia inferior, später superior; aber die Stellung des Vindex beweist, dass dieser Vorfall sich während der letzteren Statthalterschaft ereignete, die er wohl unmittelbar nach der Rückkehr aus dem Partherfeldzug bekleidete) und um Frieden gebeten (es ist kaum zu bezweifeln, dass auf dieses Ereignis Marc. 14, 4 und Ver. 9, 9 angespielt wird; anders v. Domaszewski 124). Die Kaiser blieben dann im Winter 166/67 in Aquileia (Galen. XIV 649f.; der Zusammenhang lehrt, dass es sich nur um dieses Jahr handeln kann; an dieser Stelle sowie XIX 18 ist aber auch von dem dortigen Aufenthalt der Kaiser im Winter 168/69 die Rede).

167: Armeniacus, Parthicus Maximus. Medicus, ⟨p. m.⟩ trib. pot. VII (10. Dec. 166–9. Dec. 167) imp. IV und V. cos. III. p. p.

Zu Beginn des Jahres trat Verus den ordentlichen Consulat zum drittenmal an, zugleich mit M. Ummidius Quadratus, dem Schwager des Marcus, CIL II 2553. 5232. III p. 924. 949. 950. VIII Suppl. 14587. IX 1503. X 6706. XIV 2905 u. s. w.

Nunmehr wurde auch endlich ein entschiedener Vorstoss gegen die Barbaren unternommen. Obwohl Verus wieder zur Rückkehr drängte, musste er sich doch gegenüber Marcus Thatkraft und Entschlossenheit fügen; denn dieser traute mit Recht der scheinbaren Unterwerfung der Germanen nicht (Marc. 14, 5), die bald darauf wieder die Feindseligkeiten erneuert zu haben scheinen. Die Kaiser überschritten die Alpen (Ver. 9, 7; Marc. 14, 6), errangen einen neuen Sieg über die Germanen, und wenn auch ihr persönliches Verdienst daran kein allzu grosses gewesen sein kann – wofür bei Marcus Charakter der Umstand spricht, dass sie sich damals keinen Siegerbeinamen beilegten (es ist gewiss nur Irrtum oder Hyperloyalität, wenn auf einem griechischen Papyrus aus dem J. 168, Grenfell und Hunt II 92 nr. LVII, beide Kaiser Γερμανικοί genannt werden), so hatten sie doch den Erfolg aufzuweisen, dass nach Anordnung der notwendigen Verteidigungsmassregeln (Marc. 14, 6; vgl. Rev. Arch. 1893, 396 nr. 88, wo ein legatus Augusti ad praetenturam Italiae et Alpium expeditione Germanica genannt wird) die westlichen Donauprovinzen zunächst wieder als gesichert galten. Denn es konnten in diesem [1852] Jahre wieder die regelmässigen Veteranenentlassungen stattfinden, wie das unterpannonische Militärdiplom vom 5. Mai 167 zeigt (CIL III p. 888 dipl. XLVI); aus letzterem erfahren wir weiters, dass damals die Kaiser, denen der Titel proconsul fehlt (man findet ihn auch auf keiner andern Inschrift des Verus aus dem Jahre 167 oder den folgenden Jahren; v. Domaszewskis Bemerkung [a. a. O. 113, 2] ist gewiss unrichtig, denn beide Inschriften CIL XIV 105f. sind – wegen cos. design. III – im J. 166 gesetzt, es ist somit ein Fehler blos in der Zahl der Imperatorenacclamationen, wo V in IV geändert werden muss; imp. IV erscheint selbst noch auf Inschriften aus dem J. 167, z. B. CIL V 5805), sich wieder innerhalb Italiens befanden, und dass nach dem entscheidenden Sieg eine erneuerte Imperatorenacclamation stattfand; sowohl Verus als Marcus heissen imp. V (ausserdem so CIL VIII 4208; Suppl, 17866; hingegen tragen auffallenderweise die Münzen beider Kaiser vom J. 167 und zum Teil selbst 168 noch die Aufschrift imp. IV, Eckhel VII 56. 93). Ein Anteil an dem Siege kommt jedenfalls auch dem späteren Schwiegersohn des Marcus, Ti. Claudius Pompeianus, zu, der damals Statthalter von Niederpannonien war (Diplom). Ob aber das siegreiche Vorgehen des späteren Kaisers P. Helvius Pertinax (Dio ep. LXXI 3, 2. Pertin. 2, 4) schon in dieses Jahr fällt, ist sehr unsicher (v. Domaszewski a. a. O. 115). Hingegen lässt sich feststellen, dass mit dem Siege in Pannonien Unruhen in Dakien zusammenhängen, da die besiegten germanischen Scharen ostwärts zurückwichen und zunächst Dakien gefährdeten. Es wurde nämlich mit Recht darauf hingewiesen (Mommsen CIL III p. 921; vgl. auch Schiller 643), dass die beiläufige Übereinstimmung des Datums auf dem erwähnten Diplom und auf der jüngsten datierten Wachstafel aus den dakischen Goldbergwerken (29. Mai 167, CIL III p. 949) jenen Zusammenhang wahrscheinlich machen; eine Folge der wohl vorhergesehenen Bedrohung war auch die Vereinigung von Dacia Porolissensis und Apulensis mit Moesia superior in der Hand des M. Claudius Fronto (CIL VI 1371 = 31640 = Dessau 1098; vgl. v. Domaszewski 113).

Dem Volke gab Verus gemeinsam mit Marcus wieder ein Congiarium (cong. Aug. IIII Eckhel VII 93. 53. Cohen 52. p. 10 nr. 77).

168: Arm., Parth. Max., Med., trib. pot. VIII (10. Dec. 167–9. Dec. 168) imp. V. cos. III. p. p.

Den Winter 167/8 scheinen die Kaiser wieder in Rom zugebracht zu haben, wenngleich die Rede, mit welcher Marcus den Praetorianerveteranen am 6. Januar 168 in den Castra praetoria den Abschied gab (Fragm. Vat. 195), nicht unbedingt in Rom gehalten sein muss. Wir kennen kein Ereignis, das bestimmt in dieses Jahr zu verlegen wäre, und wissen nur, dass Marcus und Verus sich den folgenden Winter 168/9 wieder in Aquileia aufhielten (Galen. XIV 649f. XIX 18). Vielleicht kämpfte in diesem Jahre Calpurnius Agricola gegen die Germanen (CIL III Suppl. 7505 = Dessau 2311); unbedingt geschah dies vor 170, in welchem Jahre sein Nachfolger M. Claudius Fronto fiel (s. o.). [1853]

169: Arm., Parth. Max., Med., trib. pot. IX (10. Dec. 168 bis Anfang Februar 169), imp. V. cos. III. p. p.

Noch im Winter 168 auf 169 brachen die Kaiser abermals von Aquileia auf, um nach Rom zu ziehen, angeblich wegen erneuerten heftigen Drängens des Verus, in Wahrheit wohl deshalb, weil damals die Pest, namentlich im Heere, ärger als je wütete (Galen. XIX 18. Eutr. VIII 12; weder bei Galenus noch bei Capitolinus ist der zweimalige Aufenthalt in Aquileia deutlich geschieden, vgl. v. Domaszewski 114, 2), und weil der Krieg, wenigstens in Pannonien, gerade zu einem gewissen Abschluss gekommen war (Ver. 9, 10 composito … bello in Pannonia). Aber unterwegs, zwischen Concordia und Altinum, wurde Verus, während er neben Marcus im Reisewagen sass, plötzlich vom Schlage gerührt und sterbend nach Altinum gebracht, wo er nach dreitägiger Bewusstlosigkeit verschied (Ver. 9, 11; Marc. 14, 8. Galen. XIV 649f. XIX 18. Vict. Caes. 16, 5–7. Eutr. VIII 10, 3 = Epit. de Caes. 16, 5 = Oros. VII 15, 2 = Euseb.-Hieron. a. Abr. 2185 [= 169]. Suid. s. ἀποπληξία. Chronogr. vom J. 354. Mommsen Chron. min. I 147; vgl. 428. II 143. Jordan. Rom. 272). Der Stadtklatsch in Rom wusste Gerüchte der sonderlichsten Art über die Ursache des so plötzlich eingetretenen Todes zu verbreiten. Faustina, Lucilla, ja selbst Marcus wurden als die Urheber seines Todes bezeichnet. Mit seiner Schwiegermutter Faustina nämlich habe Verus vertraulichen Umgang gepflogen und dies ihrer Tochter, seiner Gemahlin, verraten; dafür habe ihn jene durch vergiftete Austern getötet (Ver. 10, 1); ein anderes Gerücht wollte wissen, dass sie nur einer von Verus und seiner Schwester (Ceionia) Fabia angezettelten und durch den Freigelassenen Agaklytos verratenen Verschwörung gegen das Leben des Kaisers Marcus zuvorgekommen sei (Ver. 10, 4; vgl. Dio ep. LXXI 3, 1 = Zonar. XII 82). Eben dieser vertraute Verkehr mit Fabia gab wieder dazu Anlass, dass Lucilla als Mörderin ihres Gatten aus Eifersucht bezeichnet wurde (Ver. 10, 3). Aber auch Kaiser Marcus blieb von dem böswilligen Gerede nicht verschont; er sollte Verus aus Neid auf seine Erfolge im Partherkriege vergiftet oder wenigstens mit Hülfe des Arztes Poseidippos seinen Tod beschleunigt haben (Ver. 10, 2. 11, 2–4; Marc. 15, 5. 6. Vict. Caes. 16, 5. 6); selbstverständlich wurden diese unsinnigen Gerüchte schon von den verständigen Zeitgenossen ebensowenig wie von den späteren Schriftstellern geglaubt. Was Malalas von der Ermordung des Verus auf Prokonnesos fabelt, beruht auf einem simplen Missverständnis (vgl. Ducange zu Chron. Pasch. Migne Patr. Gr. XCII 626 nr. 73).

Dass Verus während seiner neunten tribunicia potestas gestorben ist, also zwischen 10. Dec. 168 und 9. Dec. 169, lehrt seine Grabschrift; da aber die alexandrinischen Münzen auch nur bis zum 9. Regierungsjahr reichen, lässt sich vorerst sagen, dass sein Tod vor dem September 169 erfolgt ist. Zur genaueren Zeitbestimmung (die Angaben der Regierungsdauer bei Ver. 11, 1. Eutr. VIII 10, 4. Epit. 16, 5: 11 Jahre, bei den Chronisten, Mommsen Chron. min. I 147. 428. 640. II 143. Euseb. vers. Arm. a. 2186 = 170: 9 Jahre sind [1854] hiefür nicht zu verwenden; Synkell. I 665, der angiebt, im 9. Regierungsjahre [ebenso Euseb., während Hieron. a. 2185 = 169 sagt im 9. oder 10. Jahre] und Malal. XI 282 Bonn.: 8 Regierungsjahre haben zufällig die richtige Angabe; die beim Chronogr. von 354, Mommsen Chron. min I 147, überlieferte Zahl von 7 Jahren 8 Monaten 12 Tagen ist etwas zu gering) dienen einmal die Worte Galens, dass Verus mitten im Winter gestorben sei (κατὰ μέσον τοῦ χειμῶνος XIV 650. μέσου χειμῶνος XIX 18), dann ein Papyrusfragment, das nach dem 20. Pharmuthi des neunten Regierungsjahres des Marcus und Verus datiert ist (Griech. Urk. Berl. II 94 nr. 434). Nach dem alexandrinischen Jahr entspricht dies dem 15. April 169; da das aber mit jener Notiz unvereinbar ist, so müssen wir annehmen, dass hier das altägyptische Wandeljahr zu Grunde liegt, was auch in Urkunden der späteren Kaiserzeit nicht gerade auffallend ist (vgl. Grenfell und Hunt a. a. O. II 102f.); hiernach würde der 20. Pharmuthi auf den 26. Februar fallen, da der 1. Thoth im J. 169 auf den 12. Juli fällt (Unger in Müllers Handb. I 829. Kubitschek Bd. I S. 663). Wenn wir nun noch berücksichtigen, dass die Nachricht vom Tode des Kaisers in spätestens 25 Tagen nach Ägypten gelangt sein musste, so kommen wir auf den 1. Februar als Terminus post quem; die Worte Galens erlauben nicht, Verus Tod viel später anzusetzen, der somit etwa zu Anfang des Februars 169 erfolgte.

Marcus erwies seinem verstorbenen Bruder alle dem toten Herrscher gebührenden Ehren. Er liess seinen Leichnam zunächst nach Rom schaffen (Marc. 20, 1. Galen. a. a. O.) und im Grabmal Hadrians beisetzen (Ver. 11, 1; Marc. 15, 3. 20, 1; die Grabschrift CIL VI 991 = Dessau 369), wo auch Verus Vater begraben war. Selbstverständlich wurde ihm auch die Consecration zuteil (Marc. I 15, 3. 20, 1–4. Galen. a. a. O.); er wird nachher meistens als Divus Verus Parthicus Maximus genannt (CIL III 1450 = Dessau 370. Suppl. 7969 = Dessau 371. dipl. LXXVI. VI 1014 = Dessau 374. VIII 4209 = Suppl. 18497. 17869. XI 371. 2693. XIII 526. Eph. epigr. VIII p. 336, vgl. oben III a), aber auch als divus Verus Augustus (CIL III 1457. VI 1377 = Dessau 1097. VI 1497 = Dessau 1094) und divus Verus (CIL VI 1549 = Dessau 1100. VIII 1641. XII 5384. Mitt. aus der Sammlg. Pap. Erzh. Rainer II/III 8 θεοῦ Οὐήρου. Eckhel VII 95. Cohen 53–60 u. ö.). Ihm zu Ehren wurde ein Kult eingerichtet, den die sodales Antoniniani Veriani besorgten (Marc. 15, 4. CIL VI 1497 = Dessau 1097f. VI 2324. X 408. XI 1432. XIV 3609; vgl. Marquardt-Wissowa St.-V. III 472f. Dessau Eph. epigr. III p. 219f.). Die Verwandten und Freigelassenen des Verus wurden reichlich geehrt und beschenkt (Marc. 15, 3. 20, 5; vgl. Ver. 9, 6).

IV. Persönlichkeit.

a) Äussere Erscheinung. Verus war ein kräftig gebauter Mann von schöner Gestalt, stattlichem Wuchs und gewinnendem Aussehen. Seinen Gesichtszügen verlieh die weit vorgewölbte Stirne eine gewisse Ehrwürdigkeit (Ver. 10, 6). Mit Vorliebe liess er sich die Pflege seines schön blonden Haares angelegen sein, das er durch Anwendung von Goldstaub glänzend zu machen [1855] trachtete (Ver. 10, 7); er sah es auch bei den Leuten seiner Umgebung nicht gern, wenn sie das Haupthaar kurz geschnitten trugen (Galen. XVII 2, 150). Desgleichen liess er seinen Bart fast nach Barbarenart lang wachsen und ihn nur einmal in Syrien auf Wunsch einer Maitresse (wahrscheinlich der Panthea) abnehmen, was den Spott der übermütigen und für solche Dinge empfänglichen Antiochener herausforderte (Ver. 7, 10). Er erfreute sich einer starken Constitution und einer vortrefflichen Gesundheit (Ver. 4, 10. Dio ep. LXXI 1, 3 = Zonar. a. a. O.). Mit dieser Körperschilderung stimmt auch die des Malalas (XI 282 Bonn.), der ausserdem sagt, dass Verus eine gebogene Nase, schöne Augen, eine schwarze Gesichtsfarbe und kurzgekräuseltes Haar hatte. Dies alles wird durchaus bestätigt durch die erhaltenen Bildwerke und durch die Münzporträts (Bernouilli Römische Ikonographie II 2, 205–221, Taf. LVI. LVII; Münztaf. V 6. 7. Baumeister Denkmäler des class. Altertums III 2011), aus denen auch ersichtlich ist, dass sein Haar tief in die Stirn hinein reichte, und dass er tiefliegende scharfe Augen besass.

b) Charakter und geistige Anlagen. Verus Charakterbild bietet nicht viel des Hervorstechenden und Bemerkenswerten; er besass keine ausgesprochene Individualität; nur in diesem Sinne darf auch Ver. 1, 3. 4 verstanden werden. Zum Herrscher wenig geeignet, lässt er zwischen allen seinen Handlungen den Alltagsmenschen hindurchschimmern, der es zwar vortrefflich versteht, die Freuden des Lebens in vollen Zügen zu geniessen, die ernsten Pflichten des Regenten jedoch als lästige Bürde empfindet. Wenn auch seine Stellung und jeweilige Aufgabe oft Anforderungen ernsterer Natur an ihn stellten, so wollte er doch nicht auf seine gewohnten Vergnügungen verzichten, ja er liess sogar die notwendigsten Pflichten davor zurücktreten. Als Privatmann hätte er sicher in allen wesentlichen Punkten, in welchen auf ihn gerechnet wurde, versagt, als Kaiser erntete er dank der eisernen Organisation des Reiches mühelose Triumphe. Als im Orient schon die Kriegsfackel hoch aufloderte, gab er, der Oberfeldherr in diesem Kriege, sich in Italien dem Jagdvergnügen hin (Ver. 6, 9); ein gleiches that er, während die Donauprovinzen von Germanen überschwemmt waren (Ver. 9, 8). Sein fortwährendes Sträuben gegen die persönliche Teilnahme an dem Germanenkriege hatte seine Ursache in dem Verlangen nach den Genüssen der Hauptstadt (Ver. 9, 10). Sein Aufenhalt im Orient war eine fast ununterbrochene Reihe mehr oder minder anstössiger Lustbarkeiten (vgl. Ver. 6, 8). Gleichwohl liebte er es, mit den Mühen und Sorgen seiner verantwortungsvollen Stellang zu flunkern (vgl. Fronto p. 130), und er war eitel genug, den Wunsch zu äussern, dass seine eigenen kriegerischen Verdienste in ein möglichst helles Licht gerückt würden (Fronto ep. II 3 p. 131f.). Als vollendeter Lebemann – er war hierin seinem Vater nachgeraten – war er auch vorher schon glänzenden Gastmählern und schönen Frauen nicht abgeneigt gewesen, nur dass ihm die Anwesenheit und das gute Beispiel seines Mitkaisers Zurückhaltung auferlegte (Eutr. VIII 10, 4), wenngleich er an Festtagen, besonders an den Saturnalien, [1856] auch diese Rücksicht ausser acht liess (Ver. 7, 5). Umso ungezügelter befriedigte er jedoch seine Leidenschaften, sobald er dieser hemmenden Schranken ledig war; sein liederlicher Lebenswandel ging soweit, dass er des Ehebruchs und selbst der Blutschande (wahrscheinlich mit Ceionia Fabia, vgl. Ver. 10, 3), geziehen wurde (Ver. 4, 4). Daneben besass er eine leidenschaftliche Vorliebe für Circus- und Gladiatorenspiele und hatte dafür sowie wegen seiner Begünstigung der Circuspartei der Lauchgrünen (prasini) gegen die Meergrünen (venetiani) manchen Spott, ja selbst Beschimpfungen zu ertragen (Ver. 3, 6. 4, 8–9. 6, 1–6); besonders die Antiochener übten ihren Witz an ihm (Ver. 7, 4). Auch an niedrigen Belustigungen fand Verus Freude; er frönte dem Würfelspiel, das er im Orient kennen gelernt hatte, und sowie er seine schwelgerischen Mahle bis spät in die Nacht hinein ausdehnte (Ver. 4, 9), so würfelte er in Antiochia auch ganze Nächte hindurch, ja er soll sich sogar verkleidet in Gesellschaft bedenklicher Gesellen nächtlicherweile in Spelunken und verrufenen Häusern herumgetrieben haben, wo er nicht selten in Streitigkeiten geriet und unerkannt geprügelt wurde, bisweilen aber auch sein Incognito lüften musste (Ver. 4, 6. 10, 8). Wenn auch manches daran übertrieben sein mag, so lässt sich eine stark sinnliche Natur und ein Hang zu lockerem, genussreichem Leben in Verus Charakter nicht verkennen. Aber wenn er andrerseits in gewisser Hinsicht Caligula, Nero oder Vitellius zur Seite gestellt wird (Ver. 4, 6. 10, 8), so sind solche Vergleiche nicht einmal zu rhetorischen Zwecken brauchbar. Marcus, dem die Fehler seines Bruders nicht verborgen blieben (Ver. 4, 11), hatte sich in der Hoffnung getäuscht, dass auf diesen der Ernst des Krieges bessernd einwirken werde (Ver. 5, 8. 9). Vielmehr verlernte Verus nach der Rückkehr aus dem Partherkrieg allmählich, sich in seinem kecken Lebensgenuss durch die Rücksicht auf Marcus hindern zu lassen (Ver. 8, 6). Schon die Rückkehr gestaltete sich so, dass man glauben konnte, er komme von einer Lustreise; ein Heer von syrischen und ägyptischen Schauspielern, Tänzern, Musikanten, Witzbolden und Gauklern aller Art folgte dem aus dem siegreichen Partherkrieg heimkehrenden Imperator (Ver. 8, 7. 10. 11. Fronto p. 209). Zu noch mehr Ärgernis gab er dem Bruder durch üppige Gelage und verschwenderische Gastereien Anlass. Auch manche Freigelassenen hatten dominierenden Einfluss auf Verus, besonders Geminus (Geminas überliefert) und der erwähnte Agaklytos; letzterer heiratete sehr zu Marcus Missvergnügen die Witwe des M. Annius Libo (Ver. 9, 3–5; Marc. 15, 2). Ein Freund des Luxus, verwendete Verus auf sein Lieblingspferd Volucris unsinnige Summen (Ver. 6, 3. 4), und nach diesem benannte er auch einen ungewöhnlich grossen in seinem Besitz befindlichen Krystallbecher (Ver. 10, 9). Seine Prachtliebe bewies er durch den Bau eines prächtigen Landhauses an der via Clodia (Ver. 8, 8; Bernouilli a. a. O. schliesst aber aus einer grösseren Zahl von Funden, dass diese Villa bei Acqua traversa nördlich vom Pons Milvius gelegen habe, also an der via Cassia, die erst in ihrer Fortsetzung zur Clodia führt), das er aber zu einer Stätte [1857] ausschweifender Lustbarkeiten machte, während Marcus dort mit ernsten Regierungssorgen beschäftigt war (Ver. 8, 8. 9). Überhaupt wird sein Charakter oft in Gegensatz zu dem des Marcus gestellt (Marc. 16, 3–4; Diad. 7, 4), welcher aber in wohlwollender Weise die Fehler seines Bruders zu verbergen oder zu verteidigen suchte (Marc. 15, 3). Aus dieser Verschiedenheit der Charaktere wurde daher mit Unrecht im Volksmund ein angeblich gespanntes Verhältnis und gegenseitige Eifersucht abgeleitet, und daran fanden die Gerüchte über Verus Schuld an Libos plötzlichem Tode sowie über die Vergiftung des Verus durch Marcus ihre Nahrung (Ver. 9, 1. 2. 10, 2. 11, 2–4; Marc. 15, 5. 6. Vict. Caes. 16, 5. 6). Aber Verus war im Grunde seines Herzens doch gut und unverdorben. Seine, wenn auch genusssüchtige und übermütige (Ver. 4, 7), so doch heitere und arglose Natur kannte keine Tücke (Ver. 1, 5. 2, 9), und so kam es, dass Pius ihn zwar nicht liebte, aber ihm doch vertraute (Ver. 3, 6. 7); seine Herzensgüte wird ausdrücklich gerühmt (Hel. 7, 3), grenzte aber bisweilen wohl auch an Einfalt (Marc. 16, 4. 29, 6; Alex. Sev. 9, 1). Mit Marcus hatte er wenigstens das eine gemein, dass er seinen Lehrern, namentlich Fronto, Verehrung entgegenbrachte (vgl. Fronto p. 117. 136); aber das Verhältnis zwischen diesen beiden Männern blieb nicht immer völlig ungetrübt (vgl. ep. I 1 p. 113–115); mitunter scheint der kaiserliche Schüler mit dem Rhetor ein wenig geringschätzig verkehrt zu haben (vgl. besonders p. 130 satis me ad veniam impetrandam paratum esse arbitror). Dahin gehört es auch, wenn der Schüler dem Meister gegenüber in Sachen des Stils sich ein Urteil oder gar einen Tadel anmasst (vgl. ep. I 1), obwohl er dazu nicht die geringste Ursache hatte. Denn es wird in seiner Charakterschilderung hervorgehoben, dass er der Rede nicht ganz mächtig war (Ver. 10, 8), und einzelne lobende Äusserungen Frontos über seine eloquentia in Wort und Schrift (p. 87. 120. 121) sind sichtlich von dem Stolz des Lehrers auf seine Lehrerfolge und der Schmeichelsucht des Höflings eingegeben; ebensowenig kann etwas dagegen beweisen die Notiz von zweifelhafter Richtigkeit, dass er Trauerspiele dichtete (Epit. de Caes. 16, 6). Vgl. auch oben II b.

Litteratur s. o. I e.[1]

[Stein. ]
  1. Benützt wurde hiebei eine von v. Rohden verfasste ziemlich vollständige Zusammenstellung des Materials.