RE:Hastati

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Lanzenkämpfer
Band VII,2 (1912) S. 25092511
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Hastati bedeutet Lanzenkämpfer, vgl. Ennius bei Macrob. Sat. VI 1, 52. Varro de l. l. V 89. Doch hießen keineswegs alle in der altrömischen Phalanx streitenden Phalangiten, die ohne Ausnahme mit der schweren Stoßlanze (s. o. S. 2503) bewaffnet waren, wie man erwarten sollte, H., sondern nur die hinter den Principes, den vermögendsten und am besten gerüsteten, stehenden Bürger des zweiten Gliedes (vgl. Veget. I 20. II 2. 15. III 14. dessen Angaben nach Marquardt St.-V. II² 327, 7 möglicherweise auf Cato zurückgehen); aus welchem Grunde, war schon Varro (a. a. O.) ein Rätsel (Marquardt a. a. O. II² 358). In der um die Zeit der Samnitenkriege aufkommenden Manipularstellung (vgl. dazu Fröhlich Beiträge zur Gesch. d. Kriegführung u. Kriegskunst d. Römer, Berlin 1886, 21f. Delbrück Hist. Ztschr. LX 1888, 243. Liebenam o. Bd. VI S. 1594), in welcher die Schwerbewaffneten nach Alterstufen angeordnet waren (Madvig Die Verfass. u. Verw. des röm. Staates II 485. Marquardt a. a. O. II² 335. Delbrück Histor. Ztschr. LX 1888, 245; Geschichte der Kriegskunst I² 274. 280), vertauschten Principes und H. die Plätze: zuvorderst, dem Feinde am nächsten, standen nunmehr regelmäßig die Manipel der von Livius (VIII 8, 6) als flos iurenum pubescentium ad militiam, (vgl. auch Polyb. VI 21, 7. 23, 1) bezeichneten H. (vgl. Liv. VIII 8, 5. 8. XXX 8, 5. 32, 11. 34, 10. XXXVII 39, 8. Polyb. XIV 8, 5. XV 9, 7), während die Manipel der dem Mannesalter angehörenden Principes ihnen folgten. Als Vordermänner der Triarii oder Pilani hießen H. und Principes übrigens auch Antepilani, vgl. Liv. VIII 8, 7. Madvig a. a. O. II 488. Aber auch die Bewaffnung der als Panhopliten mit Galea, Lorica, Ocreae, Scutum, Gladius und Hasta gerüsteten H. erfuhr in der zweiten Hälfte des [2510] 4. Jhdts. v. Chr. eine bedeutsame Änderung, insofern als ihnen ebenso wie den Principes jetzt statt der Hasta, die ihnen einst den Namen H. gegeben hatte, das Pilum als Angriffswaffe diente, vgl. Polyb. VI 23, 1ff. und dazu Madvig a. a. O. II 488. Marquardt a. a. O. II² 336–339. 358–360. Delbrück Kriegskunst I² 279f. Die allein von Livius (VIII 8, 5, vgl. darüber Marquardt a. a. O. II² 360–363) berichtete Einteilung der H. in 15 Manipel war nach Delbrück (Hist. Ztschr. LI 1883, 249f. LX 1888, 243. 250; Kriegskunst I² 296f.) nur vorübergehend. Vielmehr bildeten die 1200 H. (Polyb. VI 21, 9) einer römischen Normallegion 10 Manipel zu 120, bezw. 20 Centurien zu 60 Mann, vgl. Madvig a. a. O. II 486. Marquardt a. a. O. II² 346. Delbrück Kriegskunst I² 274. In der Schlacht standen die einzelnen H.-Manipel, je 20 Mann breit und je 6 Mann tief, in mäßigen Abständen (Liv. VIII 8, 5: distantes inter se modicum spatium) nebeneinander, unmittelbar hinter ihnen, auf die zwischen den H.-Manipein gelassenen Zwischenräume ausgerichtet, die Manipel der Principes, um etwaige in der dem feindlichen Angriff am stärksten ausgesetzten H.-Front entstandene Lücken durch sofortiges Einrücken schließen zu können, wie Liv. X 14, 17 es schildert; vgl. im übrigen Delbrück Hist. Ztschr. LI 1883, 244; Herm. XXI 66; Kriegskunst I² 275. 277. 281. Wenn der nämliche Livius (VIII 8, 9) berichtet, die ins Wanken gebrachten Manipel der H. hätten sich durch die zwischen den einzelnen Manipein der Principes befindlichen Zwischenräume zurückgezogen und diesen die Abwehr des Feindes überlassen (Marquardt a. a. O. II² 351), so hat Delbrück (Kriegskunst I² 298f.) ein derartiges Schlachtenmanöver mit Recht als taktisch unmöglich bezeichnet, vgl. Liebenam o. Bd. VI S. 1595. Im zweiten Punischen Kriege und später standen die Manipel der Principes mit Abstand – Polyb. XV 9, 7: ἐν ἀποστάσει – hinter denen der H. Seitdem – nicht früher bereits, wie Marquardt (a. a. O. ΙΙ² 350f.) es darstellt – bildeten beide Abteilungen selbständige, mit größerer Bewegungsfreiheit ausgestattete taktische Körper oder Treffen; vgl. Delbrücks ausführliche Darlegungen Herm. XXI 68f.; Hist. Ztschr. LI 257ff. LX 243f.; Kriegskunst I² 386ff. 390. Bezeichnet wurden die zehn H.-Manipel einer Legion der Nummer nach entweder als primus – decimus ordo hastatus (z. B. Liv. XLII 34, 5) oder häufiger kurzweg als primus – decimus hastatus (z. B. Cic. de div. I 77. Liv. XXVI 5, 15. XXVII 14, 8); vgl. dazu Madvig a. a. O. II 487f. 500. Über Bezeichnung, Rang und Aufrücken der zwanzig, H. genannten Centurionen, welche die in zwanzig Centurien gegliederten zehn H.-Manipel befehligten, vgl. v. Domaszewski o. Bd. III S. 1962; Bonn. Jahrb. CXVII 90ff. Von der Gesamtlegion wurden gegebenenfalls bald einzelne, bald aber auch sämtliche Manipel der H. und Principes detachiert, vgl. Liv. VII 34, 5. X 14, 14. XLI 1, 6 und dazu Marquardt a. a. O. II² 398. Auf dem Marsche formierten H., Principes und Triarii, sobald ein feindlicher Angriff drohte, drei nebeneinander vorrückende Kolonnen, vgl. Polyb. VI 40, 10 und Liebenam o. Bd. VI S. 1659. [2511] Im Lager lagerten Polyb. VI 28, 3f. 29, 8f. zufolge von den zwanzig H.-Manipeln eines aus zwei Legionen bestehenden consularischen Heeres je fünf, an je fünf Manipel der Principes sich anlehnend, zu beiden Seiten der Via quintana, jeder für sich ein hundert Fuß langes und ebenso breites Viereck einnehmend, vgl. Nissen Das Templum (Bonn 1869) 26ff. und Taf. I. Marquardt a. O. II² 404. 408f. v. Domaszewski o. Bd. III S. 1762f. In den Wachdienst teilten sich die H. im wesentlichen mit den Principes. Von den vierzig Manipeln, die beide zusammen ausmachten, hatten vier die Ordnung auf der Via principalis (Polyb. VI 33, 3), während von den übrigen sechsunddreißig allemal je drei zur Dienstleistung bei jedem der zwölf Tribunen befehligt wurden, für die sie außerdem je vier Mann Posten stellten (ebd. VI 33, 5ff.). Die Bewachung des Praetoriums, die ein täglich wechselnder Manipel versah, lag auch den Triariern mit ob (ebd. VI 33, 12. 35, 2), vgl. dazu Liebenam o. Bd. VI S. 1656. Als seit dem Aufkommen der wohl mit Recht dem Marius zugeschriebenen Cohortentaktik die bis dahin hinsichtlich des Alters und der Bewaffnung der H., Principes und Triarii vorhandenen Unterschiede völlig schwanden (vgl. Madvig a. a. O. II 490. Marquardt II² 434f. Delbrück Hist. Ztschr. LX 243; Kriegskunst I² 436. Liebenam o. Bd. VI S. 1600), hatten auch jene einst so wichtigen drei Abteilungen selbst nur noch eine ziemlich untergeordnete Bedeutung. Rein äußerlich bestanden dieselben insofern freilich fort, als die Cohorte, die neue taktische Einheit, je einen um achtzig Mann verstärkten Manipel der H., Principes und Triarii in sich vereinigte, vgl. Fröhlich Das Kriegswesen Caesars (Zürich 1889) 13. Delbrück Kriegskunst I² 436f. So begegnen wir ihren Namen auch ferner einmal in den Titulaturen der die sechzig Centurien der zehn Cohorten befehligenden Centurionen, über deren Rang und Aufrücken v. Domaszewski o. Bd. III S. 1963 gehandelt hat, und ferner auf zwei Münzen aus den J. 83 und 49 v. Chr. (Cohen Méd. cons. 321 nr. 11. 227 nr. 1), auf denen Manipelfeldzeichen dargestellt sind, deren Vexilla deutlich die Buchstaben H. = Hastati und P. = Principes erkennen lassen; vgl. dazu v. Domaszewski Die Fahnen im röm. Heere (Wien 1885) 45 und Fröhlich a. O. I 13. Nicht unerwähnt bleibe schließlich, daß auch die cohortes benannten Kontingente der italischen Bundesgenossen in H., Principes und Triarii zerfielen, vgl. Liv. XXXVII 39, 7 und dazu Marquardt a. a. O. II² 397, 2. 399. Fröhlich a. a. O. I 14. Delbrück Kriegskunst I² 437.

Literatur: Madvig Die Verfass. u. Verw. des röm. Staates (Leipzig 1882) II 485–491. 500. Marquardt St.-V. (Leipzig 1884) II² 327. 335f. 338f. 346. 350f. 358f. 361ff. 397ff. 408f. 434f. Delbrück Gesch. der Kriegskunst (Berlin 1908) I² 274–281. 296–299. 386–390. 436f. Liebenam o. Bd. VI S. 1593–1595. 1600. 1656. 1659.