Rosen-Monate heiliger Frauen/Dorothea
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Dorothea war eine Tochter edler Eltern und lebte zu Cäsarea in Cappadocien. Ihre Jugend und Schönheit, dazu ihre Bildung und Zucht leuchteten in ihrer Wohnstadt wie ein Licht und zogen auch die Augen des Statthalters Sapritius bei seiner Anwesenheit in Cäsarea auf sich. Sie wurde vor ihn gerufen und es entspann sich ein eingehendes Gespräch über den Glauben. Wie es die Sitte römischer Statthalter war, bot Sapritius alle geistigen Mittel und Ermahnungen auf, die ihm zu Gebote standen, um die Jungfrau wankend zu machen; allein hier konnte kein Heide auf diesem Wege die Aufgabe des Statthalters lösen.
„Glaube mir, sagte Dorothea im Bezug auf die Heroen und andere vergötterte Menschen, daß mich nichts dahin bringen wird, den verlornen Geistern zu opfern, welche in diesen eitlen Menschen gewohnt haben. Wie diese lebten, ist schändlich zu sagen, und ihr Tod geschah wie der der unvernünftigen Thiere, weil auch sie im Leben die Idee Desjenigen nicht erkannten, der alleine| Himmel und Erde und Meer und alles, was drinnen ist, erschaffen hat. Ihre Seelen, die ihr unter verschiedenen Bildern anbetet, sind zur Qual eines ewigen Feuers verdammt, in welches auch alle diejenigen wandern werden, die Götzendienst mit ihnen treiben und ihren Schöpfer verleugnen.“ Die Standhaftigkeit dieser Gesinnung verursachte den Statthalter zu den strengsten Maßregeln vorwärts zu schreiten und die Jungfrau foltern zu laßen. Allein sie war nicht bloß darauf vorbereitet, sondern es gieng ihr zu langsam, und sie sprach daher dem Sapritius zu, vorwärts zu eilen, damit sie bald zur Anschauung Desjenigen gelangen möchte, dem zu Liebe sie keine Qual und keinen Tod scheue. Da sie zur Rechenschaft gezogen wurde, wer der sei, begann sie von Christo entzückte Reden zu führen, welche den Heiden eitel Thorheit scheinen mußten. „Er ladet uns zum Paradiese seiner Wonne ein; da prangen die Gärten allezeit in köstlichen Früchten, da leuchten immerzu die Lilien im blendenden Schmucke, da blühen die Rosen, die Fluren grünen, die Berge sind lustig zu schauen, die Hügel prangen, süße Quellen erquicken und die Seelen der Heiligen genießen in Christo Jesu selige Wonne.“ Solch süßes märchenhaftes| Schwatzen glaubte Sapritius überwinden zu können. Es war gelungen, zwei Schwestern, Christe und Kallista, abfällig zu machen, und diesen also übergab der Statthalter die bisher standhafte Jungfrau mit dem Auftrage, sie zurecht zu bringen. Ueber eine Weile ließ er alle drei wieder zu sich kommen, in der Hoffnung, daß nun Dorothea gleichfalls anderen Sinnes würde geworden sein; allein die Sache war umgekehrt. Dorotheens feurige Worte hatten die beiden zur Reue gebracht und sie antworteten auf die hastigen Fragen des Statthalters mit dem Bekenntnis ihrer Sünde und dem Entschluß, fortan Christo Treue zu halten. Sapritius zerriß seine Kleider vor Grimm und drohte den beiden, sie rücklings zusammenbinden und mit einander in einen Kessel werfen zu lassen, sie zu verbrennen, falls sie nicht augenblicklich den Göttern opferten. Die beiden erduldeten auch wirklich vor den Augen Dorotheens den bittern Tod, und diese, ungeschreckt von diesem Anblick, sprach ihren Schwestern bis zum Verscheiden ermuthigend zu. Darauf folterte man sie selbst, aber mitten in der Qual leuchtete aus ihrem Angesicht eine unaussprechliche Freude, welche den Wütherich bewog, ihr mit| Fäusten ins Gesicht zu schlagen und sie an den Seiten mit Fackeln zu brennen. Alles umsonst, so daß nichts übrig blieb, als ihr das Todesurtheil zu sprechen. Dorothea vernahm es mit Freuden und rief aus: „O Du Freund der Seelen, wie danke ich Dir, daß Du mich des Paradieses und Deiner seligen Gemeinschaft würdigst.“ Theophilus, ein Anwalt oder Schreiber, welcher beim Verhör vor dem Statthalter Dorotheens entzückte Worte von den Früchten und Blumen des Paradieses gehört hatte, bat sie auf dem Wege zur Stadt hinaus höhnisch um die Gunst, daß sie ihm doch auch einige von den schönen Rosen und Aepfeln schicken möchte, die sie im Garten ihres Liebsten pflücken wollte. Ernstlich versprach sie zu thun, was er höhnend begehrt hatte, und er verlachte sie. Als Dorothea auf dem Richtplatz niederkniete und betete, da sah sie ein Knäblein vor sich stehen, welches der Jungfrau in einem Schweißtuche drei Rosen und drei Aepfel bot. „Ach, sagte Dorothea, bring doch diese Rosen und Aepfel dem Theophilus.“ Darauf empfahl sie ihre Seele dem HErrn, empfieng den Schwertstreich und gelangte zum Anschauen ihres himmlischen Bräutigams – am 6ten Februar 288 oder 300.| Theophilus hingegen war mit seinen Freunden beisammen und erzählte ihnen vom Versprechen Dorotheens; da tritt das Knäblein herein, winkt ihm auf die Seite zu treten und spricht: „Hier schickt dir Dorothea aus dem Paradiese ihres Liebsten drei Rosen und Aepfel.“ Während Theophilus die Rosen und Aepfel anstaunte, ward das Knäblein nicht mehr gefunden, Theophilus aber fühlte sich zum Bekenntnis Christi des wahren Gottes hingerißen und versicherte nun seine Freunde, der Glaube an ihn sei keine Täuschung. „In ganz Cappadocien, rief er, herrscht jetzt strenge winterliche Kälte, kein grünes Reis ist im Lande zu finden: wo sollen die Rosen und Aepfel herkommen? Ich spottete der Dorothea als einer Närrin und verlangte Rosen aus dem Garten ihres Bräutigams, da bringt mir ein Knäblein, so klein, daß ich dachte, es könne nicht einmal reden, mit holden Worten diese Rosen und Aepfel und ist dann meinen Augen entrückt: kann es etwas anderes gewesen sein, als ein Engel Gottes?“ Umsonst waren die Reden der Freunde, die Bemühungen, die Drohungen, die Foltern, die Krallen und Fackeln des Statthalters. „Christus, Du Sohn Gottes, Dich bekenne ich; führe| mich in die Zahl Deiner Heiligen.“ Das waren die Reden des eben so jungen als starken Kämpfers Christi, bis er frohlockend sein Haupt dem Schwertstreich darbot. – So gieng Dorothea begleitet von Dreien heim zum Empfang der Ehrenkrone, und die Kirche konnte seitdem nicht vergeßen, was sie gesagt, erfahren und gelitten, und ihre Künstler bilden bis zu dieser Stunde die anmuthige Blutzeugin Jesu nicht blos mit Schwert und Palme, sondern mit den verlachten Rosen und Aepfeln ab, mit dem Rosenkranz um das Haupt, dem Rosenzweig in der Hand.Urtheile, was du willst, du wirst doch, nachdem du es gelesen, Dorotheen nicht mehr vergeßen können und nicht leugnen dürfen, daß sie hatte, um was du thränend singst und betest: „Glauben als wenn ich Dich sehe, flöße mir mein Heiland ein.“ Mögest du glauben können, wie die rosige Dorothea, Seelen gewinnen, wie sie, und wie sie den Himmel gewinnen.
M. Conrad Porta, derselbe, welcher das Pastorale Lutheri herausgegeben hat, sagt in seinem Jungfrauenspiegel 1580:
„Mein lieber Gott mich geben hat,
Drum reimt sich mein Nam mit der That;[1]
Daß ich beständig blieben bin,
Und auf Christum gestorben bin:
Ist auch ein lauter Gottes-Gab,
Die er geben von oben herab.
Bitt auch, daß dir Gott wolle geben
Beständigkeit und ewig Leben.“
„Weil aber Herr Niklas Hermann, etwann Cantor im Jochimsthale seinem lieben Töchterlein Dorothea zu Unterricht und Gefallen (wie er selber schreibt), die Historia und Geschichte dieser Jungfrauen mit feinen lieblichen Reimen in Gesangsweise gebracht, will ich dieselben gottseligen Jungfrauen zur Lehre und gutem Exempel hieher setzen, und thue dasselbe auch derhalben desto lieber, weil der fromme liebe Gott mir auch zwo liebe Töchter dieses Namens gegeben, aber auch wiederum zu seinen Gnaden genommen, und meine geliebte Hausfrau Dorothea, die Mutter, bis anher gnädig gefristet und erhalten hat.“
| Niklas Hermann’s Worte sind diese:Es war ein gottesfürchtiges
Und christliches Jungfräulein,
Gotts Wort und Katechismus
Hat sie gelernet fein.
Ihr Name Dorothea
Ist weit und breit bekannt,
Von ihrem Vater und Mutter
Ward sie also genannt.
Auf Deutsch ein Gottesgabe
Die Dorothea heißt,
Die hoch vom Himmel herabe
Beschert der heilige Geist.
Oft bringt ein guter Name
Ein gute Art mit sich,
Wenns Kind von gutem Samen
Gezeuget wird ehrlich.
Mit Fleiß in ihrer Jugend
Sie zu der Predigt gieng,
Christliche Zucht und Tugend
Liebt sie für alle Ding,
Hielt ihre Eltern in Ehren,
Dazu fein lieb und werth,
Folgt treulich ihrer Lehre,
That was ihr Herze begehrt.
Schamhaftig und fein stille
Hielt sie sich allezeit;
Und lebt nach Gottes Wille,
Acht’t keiner Ueppigkeit.
Armen war sie geneiget
Und dienet ihn’n mit Fleiß,
Ihr Hilf sie ihn’n erzeiget
Gott zu Lob, Ehr und Preiß.
Weh thät’s dem alten Drachen,
Und konnt’ es leiden nicht,
Speit Feu’r aus seinem Rachen,
Verfolgung er anricht’.
Das Mägdlein wollt man zwingen
Zu der Abgötterei,
Dem Feind wollt’s nicht gelingen,
Christum bekannt’ sie frei.
Mit Worten süß und sauer
Man sie bereden wollt:
Sie stund fest wie ein’ Mauer
Und im Feuer das Gold.
Kein Marter, Pein noch Schmerzen
Von Christo sie abwandt,
Mit ihrem Mund und Herzen
Den Glauben sie bekannt’.
Als der Feind nichts konnt’ schaffen
Ward er thöricht und toll;
Desgleich’ die Baals-Pfaffen
Wurden der Teufel voll.
Ein Urtheil ward gefället,
Verdient hat sie den Tod.
Ritterlich sie sich stellet
Und schrie ernstlich zu Gott:
„Herr Christ, in Deine Hände
Mein Seel empfehl’ ich Dir;
Bscheer’ mir ein seliges Ende,
Mit Deim Geist steh bei mir.
Deinem Namen zu Ehren
Wie ein Christ sterb’ ich heut,
Ach hilf, daß sich bekehren
Die armen, blinden Leut.“
Theophilum, den Canzler,
Die Jungfrau jammert sehr,
Er sprach: „Schon doch dein selber,
Verlaß die falsche Lehr’,
Und frist’ dein junges Leben!“
Drauf Dorothea spricht:
„Ein beßers wird mir geben
Christus, drum thu’ ich’s nicht.
In’s schöne Paradeise
Komm’ ich nach meinem Tod,
Gott zu Lob, Ehr und Preiße
Stehen da viel Röslein roth,
Draus wird mir Christ, mein Herre,
Machen ein’ Ehrenkranz.
Der Tod liebt mir viel mehre,
Denn so ich gieng zum Tanz.“
Theophilus die Rede
Hielt für ein lautern Spott:
„Mein’ liebe Dorothea,
Wenn du kommst zu dei’m Gott,
Schick’ mir auch Aepfel und Röslein
Aus seinem Garten.“
„Ja, sprach sie, das soll ja sein,
Du sollt ihr’r warten.“
Als nun das schöne Jungfräulein
Durchs Schwerdt gerichtet war:
Da kam ein feines Knäblein
Mit einem Körblein dar
Und sprach: „Sieh hie, Theophile,
Da meine Röselein,
Die schickt dir Dorothea
Aus Christus Gärtelein.“
„Sie lebt in Freud’ und Wonne,
Ein End hat all ihr Leid,
Leucht wie die helle Sonne
In ewiger Seligkeit.“
Theophilus entsetzt sich
Ueber dem Wunder groß,
Und sprach: „Herzlich erfreut’s mich,
Mein’s Irrthums bin ich los.“
Bald fieng er an zu preisen
Christum den wahren Gott,
Und ließ sich unterweisen
In des Herren Gebot,
Die heilige Tauf’ empfienge
Und sich ein Christen nannt,
Fröhlich zur Marter gienge
Und Christum frei bekannt.
Gleich wie ein fruchtbar’ Regen
Ist der Märtyrer Blut;
Viel Frucht durch Gottes Segen
Reichlich er bringen thut.
Durch Kreuz die Kirch zunimmet
Und wächst ohn Unterlaß;
Durch Tod zum Leben dringet,
Wer herzlich glaubet das.
- ↑ Dorothea heißt Gottesgabe. – Porta faßt in genanntem Buche die Lebensläufe der Heiligen immer in einem kurzen Reimspruch zusammen, nachdem er sie vorher persönlich dargelegt hat.
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