ADB:Perthes, Friedrich
[395] wurde. Nachdem er noch einige Zeit an dem Unterrichte der fürstlichen Pagen theilgenommen hatte, kam P. mit seinem zwölften Lebensjahre in das Rudolstädter Gymnasium. Geringes Sprachtalent, schwaches Zahlengedächtniß, dabei eine überaus lebhafte Phantasie, die durch eine wahre Lesesucht genährt wurde, erschwerten eine regelrechte Aneignung von Kenntnissen, so daß P. nicht zu den Schülern gehörte, welche eine große Zukunft versprachen. Diese eigenthümliche Geistes- und Gemüthsbildung hätte ihn zum Träumer werden lassen müssen, wenn er nicht durch einen nahen Verwandten seiner Mutter, den Oberstlieutenant und Landbaumeister auf Schloß Schwarzburg Johann David eine andere Richtung bekommen hätte. Dieser Mann weckte durch vielen Verkehr in freier Natur die in dem Knaben schlummernden Eigenschaften und stählte zugleich dessen kleinen schwächlichen Körper. Nach Perthes’ Confirmation, mit 14 Jahren, mußte ein Beruf für ihn gewählt werden: ihn studiren zu lassen, war unmöglich, Kaufmann wollte er nicht werden, da nun der jüngste Bruder seiner Vaters, Justus P., Verlagsbuchhändler in Gotha war, so dachte man an diesen Beruf. Er wurde deshalb 1786 von einem Rudolstädter Buchdruckereibesitzer zur Messe mit nach Leipzig genommen, um dort einen Lehrherrn für ihn zu finden. Nach einigen vergeblichen Versuchen erklärte sich endlich der Leipziger Buchhändler Adam Friedrich Böhme unter der Bedingung dazu bereit, ihn als Lehrling anzunehmen, daß der körperlich schwach entwickelte Knabe, den man noch nicht zum Arbeiten gebrauchen könne, noch ein Jahr zu Hause bleibe. So trat er dann am 11. September 1787, obgleich sein Wachsthum inzwischen keine großen Fortschritte gemacht hatte, seine Lehrzeit an, die sechs Jahre dauern sollte, weil er kein Lehrgeld entrichtete. Sein Lehrherr, ein verständiger, redlicher und sittlich strenger, dabei gutmüthiger aber in hohem Grade jähzorniger Mann hielt ihn sehr strenge, so daß sogar seine Gesundheit darunter litt. Obwohl er in den ersten anderthalb Jahren nur zu mechanischen Arbeiten verwendet wurde, so lernte er bei Böhme, der ein ausgebreitetes Commissionsgeschäft besaß, die litterarischen Bedürfnisse der verschiedenen Gegenden Deutschlands kennen, und wurde hier der Grund zu Perthes’ späterer Bedeutung für den Buchhandel gelegt. Da er in dem Berufe, in der Weise wie er ihn erlernen mußte, keine Befriedigung fand, so wurde sein lebhafter Geist zum Studium angeregt. Er wollte zuerst Sprachen erlernen, weil ihn aber seine Armuth hinderte, einen Lehrer zu nehmen, suchte er durch Lesen philosophischer Schriften Kenntnisse und Bildung sich anzueignen. Nach Vollendung seiner Lehrzeit, im Mai 1793, verließ P. Leipzig, um in Hamburg in der B. G. Hoffmann’schen Buchhandlung (s. A. D. B. XII, 573) als Gehilfe einzutreten. Hier fand er durch reichlichen Verkehr mit gebildeten Leuten Gelegenheit, sich geistig und sittlich weiter zu bilden und zum großen Theil die Lücken seiner Kenntnisse auszufüllen. Am 11. Juni 1796 eröffnete er, der ohne jegliche Mittel war, mit Hilfe einiger Freunde in Hamburg eine Sortimentsbuchhandlung unter seinem Namen. Durch seine Rührigkeit und Tüchtigkeit, die sich besonders in dem richtigen Erkennen des Buchhandels und seiner Bedürfnisse äußerte, erwarb er sich nicht nur in kurzer Zeit einen ziemlich ausgedehnten Kreis von Kunden, sondern auch von Freunden, die in litterarischer und wissenschaftlicher Beziehung hochbedeutende Namen trugen. Friedrich Heinrich Jacobi, Matthias Claudius, die beiden Grafen Stolberg, deren Schwester Auguste u. A. zählten zu seinen Freunden in der Umgebung Hamburgs, während im Münsterlande ebenfalls ein treuer Freundeskreis sich bildete, dessen Mittelpunkt die Fürstin Gallitzin war. Durch seine Freundschaft mit Matthias Claudius wurde er mit dessen ältester, 1774 geborenen Tochter bekannt, welche er nach der am 15. Juni 1797 erfolgten Verlobung am 2. August 1797 als Gattin heimführte. Im December 1798 schieden seine beiden Geschäftstheilnehmer [396] aus und zogen ihre Capitalien zurück. Mit 5000 Thalern baar, die er durch einen glücklichen Hauskauf gewonnen hatte, 10 000 Thalern geliehenen Geldes und 15 000 Thalern Credit führte er das Geschäft allein weiter. Trotz der geringen Summe, welche er sein eigen nannte, gelang es ihm aus der 1799 die Hamburger Geschäftswelt schwer schädigenden Handelskrise unversehrt und mit dem Bewußtsein, größeres Vertrauen als vorher errungen zu haben, hervorzugehen. Um diese Zeit plante P. eine Verbindung seines Geschäftes mit dem englischen Buchhandel durch Errichtung einer Filiale in London. Hierzu bedurfte er aber eines sprachenkundigen Mannes, den er dann auch in Johann Heinrich Besser (geb. 1775, vgl. A. D. B. II, 571) fand. Besser war ein kenntnißreicher, ruhiger und besonnener Mann, der gewissermaßen die Ergänzung zu Perthes’ durchgreifender Kraft und zu dessen frischem und unbesiegbaren Muth bildete. Obgleich damals die Verbindung mit England nicht in der geplanten Weise ausgeführt wurde, verblieb Besser doch bei P. als dessen treuer Mitarbeiter und wurde später sogar durch Verheirathung mit Perthes’ Schwester aufs engste verwandtschaftlich mit ihm verbunden. Dank der glücklichen geschäftlichen Erfolge konnte P. im J. 1805 ein eigenes Haus erwerben. Nachdem er in zehn sorgen- und arbeitsvollen Jahren einen gewissen Wohlstand sich errungen hatte, sollte derselbe mit einem Schlage untergraben werden. Im November 1806 rückten die Franzosen in Hamburg ein, welche jeden Verkehr mit England bei Todesstrafe verboten. Da außerdem durch die Besetzung jede geschäftliche Thätigkeit Noth litt, so war Perthes’ blühendes Geschäft vollständig lahm gelegt.
Perthes: Friedrich Christoph P., einer der hervorragendsten und verdienstvollsten deutschen Buchhändler des 19. Jahrhunderts, wurde am 21. April 1772 zu Rudolstadt geboren. Schon früh lernte er die Noth des Lebens kennen, da er bald seinen Vater, den schwarzburg-rudolstädtischen Steuersecretär Christoph Friedrich P., verlor und seine Mutter mit ihrer geringen Pension von 21 fl. jährlich ihre Kinder nur aufs kümmerlichste ernähren konnte. Er befand sich deshalb zuerst bei seiner Großmutter und dann, nach deren Tode, bei einem Bruder seiner Mutter, dem fürstlichen Stallmeister Friedrich Heubel. Dieser, ein eifriger Verehrer des classischen Alterthums, war eben von der Universität zurückgekehrt, als sein siebenjähriger Neffe zu ihm ins Haus kam. Hier empfing er den ersten Unterricht, der später von Hauslehrern verschiedener adeligen Familien fortgesetztRüstig und thatkräftig arbeitete er sich aber aus dieser Niederlage empor und trotz des französischen Druckes, der auf ganz Deutschland lastete, wagte er sich mit einem Unternehmen hervor, das bestimmt war, deutsche Gesinnung zu befestigen und zu bewahren. In Verbindung mit den hervorragendsten deutschen Männern aus den verschiedensten wissenschaftlichen Gebieten gab er im Frühjahre 1810 das „Vaterländische Museum“ heraus, eine wissenschaftliche Zeitschrift, welche eine lebendige Verbindung aller deutsch gesinnten Männer erhalten sollte. Als kurz vor Weihnachten 1810 Hamburg dem französischen Reiche einverleibt wurde, mußte P., dem Drange der Ereignisse nachgebend, diese Zeitschrift, welche bei den bedeutendsten Männern Deutschlands lebhafte Theilnahme gefunden hatten, aufgeben. Nicht minder störend wirkte die französische Censur auf sein Sortimentsgeschäft ein, doch bald benutzte er auf kluge Weise die schwachen Seiten der französischen Zoll- und Censurverhältnisse und es glückte ihm dadurch, daß sein Geschäft, trotz dieses Druckes, aufs beste gedieh. Ueber zwei Jahre hatten die Franzosen Hamburg besetzt, als die Vernichtung der großen Armee in Rußland Hoffnung auf Befreiung vom französischen Joche machte. P., in Verbindung mit einigen gleichgesinnten Männern, organisirte die hamburger Bürgerschaft und mit Hilfe eines russischen Streifcorps gelang es am 18. März 1813, die französische Besatzung und Verwaltung aus Hamburg zu vertreiben. P., mitten in der patriotischen Bewegung stehend, wirkte, nachdem der Hauptstreich gelungen war, für weitere Wehrhaftmachung des Bürgerstandes durch Errichtung einer Bürgergarde, der sogenannten hanseatischen Legion. Dieser seiner ersprießlichen, vaterlandsfreundlichen Thätigkeit wurde durch die Wiedereinnahme Hamburgs durch Davoust Ende Mai 1813 ein schnelles Ende bereitet. Um nicht dem gleichen Schicksal, wie sein Berufsgenosse Palm zu verfallen, mußte P. mit seiner Familie aus Hamburg flüchten. Durch diesen Umschwung der Verhältnisse verlor er alles, was er besessen hatte. Seine Handlung wurde von den Franzosen versiegelt, sein übriges Vermögen mit Beschlag belegt und sein Haus, nachdem alle beweglichen Gegenstände in demselben geplündert und geraubt waren, von einem französischen General bezogen. Aber trotzdem, daß [397] seine ganze Existenz vernichtet war, verlor der thätige Mann mit seinem beneidenswerthen Gottvertrauen den Muth nicht. Auf dem gräfl. Reventlowschen kleinen Gute Aschau bei Eckernförde hatte er mit seiner in gesegneten Umständen befindlichen Frau und seinen sieben Kindern eine nothdürftige Unterkunft gefunden. Er benutzte die unfreiwillige Muße dazu, mit Hilfe seiner Handlungsbücher, die er vorsichtigerweise gerettet hatte, seine geschäftlichen Verhältnisse klar zu legen, um bei gegebener Gelegenheit seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Als die dänische Regierung ihm keinen weiteren Schutz gegen die Franzosen gewähren konnte, verließ er seine Familie und wandte sich nach Mecklenburg. Hier bildete er im Verein mit mehreren gleichgesinnten Männern ein hanseatisches Directorium, welches die Befreiung der Hansestädte von der französischen Herrschaft bezweckte. Unter unsäglichen Mühen und Drangsalen, die für ihn ihren Höhepunkt in einem Krankenlager, hervorgerufen durch einen Beinbruch und Nervenfieber, erreichten, entwickelte er eine rastlose Thätigkeit. Obwol er kein Amt und keinen Rang bekleidete, war er der Mittelpunkt der Geschäfte, welche sich auf das Schicksal Hamburgs bezogen. So sorgte er u. a. für Herbeischaffung von Geldmitteln zur Linderung der großen Noth, welche die Unmenschlichkeiten Davousts in Hamburg hervorgerufen hatte. Zu all diesen Sorgen um seine Mitbürger gesellte sich noch die näher liegende um seine eigene Familie, die sich noch im Schleswigschen, in Aschau, befand. Nachdem er im December 1813 mit einigen Abgesandten Bremens eine Reise nach Frankfurt am Main unternommen hatte, um bei den dort anwesenden Monarchen von Oesterreich und Preußen für die Befreiung der Hansestädte zu wirken, kehrte er durch die ihm gewordenen Zusicherungen hoffnungsfreudig nach dem Norden zurück, um bald darauf durch den Tod eines lieben Kindes, das er bei dem Wiedertreffen seiner Familie als Leiche vorfand, aufs tiefste betrübt zu werden. Endlich, nach einer einjährigen Abwesenheit, konnte er am 31. Mai 1814 das befreite Hamburg wieder betreten. Sein Geschäft war durch Bessers Fürsorge mit Hilfe eines treuen Dieners vor Zertrümmerung bewahrt geblieben und hatte nicht so bedeutenden Schaden genommen als er gefürchtet hatte. Er konnte deshalb, ohne sich mit seinen Gläubigern in einen Vergleich einzulassen, dasselbe fortsetzen, zumal er versprach, in drei Jahren seine sämmtlichen Verbindlichkeiten zu erledigen. Bei dieser Gelegenheit nahm er auch seinen Schwager Besser, der zwar schon Jahre lang Theilhaber des Geschäftes gewesen war, mit seinem Namen in die Firma auf, die jetzt Perthes & Besser lautete. Weil in Deutschland bei der allgemeinen, durch die langjährigen Kriege hervorgerufenen, Erschöpfung das Geschäft wenig Absatz zu versprechen schien, so suchte er eine Anbahnung mit England. Im Frühjahre begab sich Besser nach London, doch schon im August kehrte er wieder zurück, nachdem er festgestellt hatte, daß die gehegten Hoffnungen sich dort nicht erfüllen würden. Trotzdem gelang es beiden rührigen Männern schon nach einem Jahre, an der Ostermesse 1815, zum größten Theile ihren Verpflichtungen nachzukommen und so das Vertrauen, mit dem ihnen ihre Gläubiger entgegen gekommen waren, aufs glänzendste zu rechtfertigen.
Mit dem eingetretenen Frieden entfaltete P. eine nicht minder ersprießliche Thätigkeit wie früher in den bewegten, kriegerischen Zeiten. Er sorgte nicht nur für das materielle Wohl der durch den Krieg schwer geschädigten Bewohner Hamburgs, sondern auch für deren seelisches durch die Gründung der Hamburg-Altonaischen Bibelgesellschaft. Mit dem ihm eigenen klaren Blicke erkannte er, was dem Deutschen in seinen politischen Verhältnissen Noth that und suchte in seiner Weise dahin zu wirken. Als seine eigene geschäftliche Aufgabe betrachtete er es, in Gemeinschaft mit dem gesammten deutschen Buchhandel das litterarische [398] Bedürfniß der Nation und deren einzelner Bestandtheile möglichst schnell zu erkennen, er glaubte deshalb, daß der deutsche Buchhandel einer Neubelebung und theilweisen Umgestaltung bedürftig sei, welche besonders keine Scheidung zwischen Nord- und Süddeutschland eintreten lasse. Um Oesterreich, das in litterarischer Beziehung Deutschland entfremdet war, zu gewinnen und um den Bundestag auf eine gesetzliche Regelung der Bestimmungen gegen den Nachdruck aufmerksam zu machen, ließ P. im Sommer 1816 eine Broschüre unter dem Titel erscheinen: „Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseins einer deutschen Litteratur“. Nach dem Tode seiner geliebten Frau, am 28. August 1821, fühlte sich P. vereinsamt und er beschloß deßhalb Hamburg zu verlassen und seinen Wohnsitz in Gotha aufzuschlagen, wo zwei seiner Töchter verheirathet waren. Am 20. März 1822 siedelte er dorthin über, nachdem er sein Hamburger Geschäft seinem Schwager Besser überlassen hatte, und gründete in Gotha ein eigenes Verlagsgeschäft, das sich nur auf Geschichte und Theologie beschränkte, und zwar in letzterer nur auf wissenschaftlich-positive Werke. Zum großen Theil verdankten die Erscheinungen seines Verlages ihre Entstehung seiner eigenen Anregung. So z. B. das Hauptwerk seines historischen Verlages, die Geschichte der europäischen Staaten herausgegeben unter Redaction von Heeren und Ukert. Als Richtschnur für die Bearbeitung dieses großartig angelegten Werkes stellte P. die Bedingung auf, daß niemand als Mitarbeiter zugelassen werden solle, welcher die Geschichte als ein Mittel betrachte, die Wahrheit irgend eines politischen Systems zu beweisen. An dieses Werk schlossen sich dann verschiedene andere an, welche einzelne deutsche Territorien behandelten, z. B. Rommel, Geschichte von Hessen; Barthold, Pommern und Rügen u. A. Ferner erschien bei ihm eine Reihe von Werken über bestimmte Zeitabschnitte, über bedeutende Erscheinungen in der Geschichte: Sartorius, Ursprung der Hansa; Aschbach, Kaiser Sigismund; Droysen, Geschichte des Hellenismus; Hurter, Innocenz III.; Ranke serbische Revolution und viele andere. In seinem theologischen Verlag nahm ebenfalls ein großes Sammelwerk den Mittelpunkt ein, die theologischen Studien und Kritiken, herausgegeben von Umbreit und Ullmann. Außerdem vertheilte sich diese Verlagsthätigkeit noch in verschiedene Gruppen, von denen hervorzuheben sind: Kirchenhistorische Werke von Neander, Ullmann, Martensen, Papencordt, Kommentare zur heiligen Schrift von Umbreit und Tholuck, ferner systematische Darstellungen von Twesten, Nitzsch und Sartorius.
Mit wenig Betriebscapital und ganz allein arbeitend, begann er sein Verlagsgeschäft in Gotha, in unglaublich kurzer Zeit aber gehörte dasselbe an Umfang und Gediegenheit zu den ersten in Deutschland. „Immer wußte P. was er wollte, die Vorzüge des Menschen kamen dem Buchhändler zu Gute, und was er trieb, das trieb er mit ganzer Seele, darin lag das Geheimniß seines Erfolgs“. Diese Worte eines seiner Freunde kennzeichnen am Besten die Berufsthätigkeit des Mannes.
Es ist deßhalb nicht zu verwundern, daß P. eine überaus einflußreiche Stellung im Buchhandel einnahm und niemand so vielfach und nachhaltig auf das Ganze und die einzelnen Glieder einwirkte als er. Von der Ansicht ausgehend, daß der Buchhandel in Deutschland eine einzige deutsche Anstalt sei und die Angehörigen desselben auch solche dieser einzigen großen Verbindung sein müßten, gab er die erste Anregung zur Gründung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, der im Jahre 1825 ins Leben trat und heute noch die Vertretung des ganzen Standes bildet. Neben Reinhaltung des Standes von schlechten Elementen, welche entsittlichend auf das Volk wirken könnten, war sein Hauptaugenmerk auf die Festsetzung eines litterarischen Rechtszustandes gegen den sein Unwesen treibenden Nachdruck gerichtet. Außerdem regte er bei dem beabsichtigten [399] Bau einer Buchhändlerbörse im J. 1833 die Gründung einer Lehranstalt für Buchhändlerlehrlinge und eines Museums für die Geschichte des gesammten Bücherwesens, der Druckerei und der Papiermacherkunst an. Beide Anstalten traten aber erst lange nach seinem Tode ins Leben, die eine zehn Jahre nach demselben, die andere nach mehr als vierzig Jahren.
Mit zunehmendem Alter und der immer größer werdenden Ausdehnung seines Geschäftes fand er an seinem Sohn Andreas eine Stütze, dem er in den letzten Jahren eine eigene Verlagshandlung unter der Firma Friedrich & Andreas Perthes begründen half, die andere Wissenschaftsgebiete als seine eigene pflegte. P., der am 13. Mai 1825 eine zweite Ehe mit der verwittweten Charlotte Hornbostel geb. Becker, eingegangen war, erhielt vor seinem Tode noch manche Ehrung für sein ersprießliches Wirken. Im J. 1834 ernannte ihn die Stadt Leipzig, bei Gelegenheit der Grundsteinlegung der Buchhändlerbörse, zu ihrem Ehrenbürger, ein Jahr darauf erhielt er das Ritterkreuz des sächsischen Civilverdienstordens, 1840 machte ihn die Universität Kiel zum Ehrendoctor der Philosophie und 1841 überreichte ihm die thüringische Stadt Friedrichsroda, wo er seit Jahren seinen Sommeraufenthalt genommen hatte, das Diplom als Ehrenbürger. Doch alle diese Ehrenbezeugungen konnte er nur noch kurze Zeit genießen; am 18. Mai 1843 mußte er dieses Leben nach einem wochenlangen, schmerzhaften Krankenlager verlassen. An seinem Grabe standen sieben Kinder erster und vier zweiter Ehe sowie viele treue Freunde, die er sich während eines rastlos thätigen Lebens erworben hatte. P. besaß einen großen, weiten Blick für alle Verhältnisse, besonders für die historische, gesellschaftliche und politische Lage. Dabei war sein ganzes Wesen von einer Frömmigkeit durchdrungen, welche, weit entfernt von Kopfhängerei, tief im Christenthum wurzelte, keinen Unterschied der Confessionen kannte und ihren Ausdruck in seiner praktischen Thätigkeit fand und auf das Segensreichste wirkte.
- Clemens Theodor Perthes, Friedrich Perthes’ Leben, nach dessen schriftlichen und mündlichen Mittheilungen aufgezeichnet. 3 Bände. 6. Auflage. Gotha 1872. – Wilhelm Baur, Stein und Perthes, der Reichsfreiherr und der Bürger in der Zeit der Befreiungskriege. Zwickau 1862. – Wilhelm Baur, Friedrich Christoph Perthes. Ein deutsches evangelisches Bürgerleben aus der Zeit der Befreiungskriege. 2. Auflage. Barmen 1879. – (Böhlau, H.) Zur Erinnerung an Friedrich Perthes. Bei Gelegenheit seines hundertjährigen Geburtstages. Leipzig 1872. Separat-Abdruck aus dem Börsenblatte für den deutschen Buchhandel. – W. Alexis (W. Häring), Friedrich Perthes. Mit Bildniß. Berlin 1855.