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ADB:Pfeffel

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Artikel „Pfeffel“ von Konrad Burdach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 611–612, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfeffel&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:54 Uhr UTC)
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Pfeffel: Ein Minnesänger ritterlichen Standes, der während der Regierung Herzog Friedrichs von Oesterreich des Streitbaren (1230–1246) dichtete. Er preist diesen in seinem ersten Gedichte als den Wecker der Freude, die früher in Oesterreich lange verborgen gewesen sei, als den Spender von Reichthum, als den Tröster der Siechen und knüpft daran die in einen Wunsch an die Frau Sælde eingekleidete Bitte, auch ihn selbst mit einer Gabe zu bedenken. P. war danach ein Fahrender, der um Lohn dichtete, und gehörte wie Bruder Wernher, Reinmar von Zweter, Neidhart von Reuenthal, Tannhauser und Andere zu dem Dichterkreise, der sich am Hofe des sanglustigen letzten Babenbergers versammelte. Ob er selbst aus Oesterreich stammte, ist zweifelhaft. Die Pariser Liederhandschrift, welche ihre Dichter nach Landschaften zu ordnen pflegt, stellt ihn zwischen schweizerische Minnesänger und aus einer Baseler Urkunde von 1243 ist ein Heinricus pheffili miles nachgewiesen (Herzog, Germania 29, 35): man hat daraus den Schluß gezogen, er sei ein Alemanne gewesen und gleich manchen andern Dichtern des westlichen Deutschlands (z. B. Reinmar der Alte und Reinmar v. Zweter) in die lebensfrohe Ostmark eingewandert. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit muß dieser Combination zugestanden werden, obwohl die Identität des Dichters mit seinem urkundlichen Namensvetter, wie meistens in derartigen Fällen, sich nicht beweisen läßt. Das Preisgedicht auf Friedrich den Streitbaren reizt übrigens durch den bestimmten Hinweis auf eine friedliche, fröhliche Zeit, die langer Unruhe und Trauer ein Ende machte, zu dem Versuch einer genaueren Datirung. Sieht man sich inmitten der stürmischen Regierung Friedrichs nach einer Pause um, für welche Pfeffel’s Schilderung passen könnte, so bieten sich drei Zeitpunkte. Der erste, die Wehrhaftmachung des Herzogs Anfang 1232 bildete den festlichen Abschluß der Fehde mit den Kuenringern und leitete eine bis zum Herbst währende Ruhezeit ein, aber der vorausgegangene Streit war doch zu kurz und unbedeutend, um Pfeffel’s nachdrückliche Worte von der lange verborgenen Freude zu rechtfertigen. Gefährlicher waren schon die Kämpfe mit den Nachbarfürsten (Baiern, Böhmen, Ungarn) im folgenden Jahre, und das Ruhejahr 1234 konnte wol empfunden werden wie die Rückkehr des Tageslichts nach langer Nacht. Möglich also, daß der Anlaß zu dem Gedicht diese Zeit war und vielleicht speciell die am 1. Mai nächst Stadlau bei Wien gefeierte Vermählung der Schwester Friedrichs, Constanze mit dem Markgrafen Heinrich v. Meißen, ein prunkvolles Fest, bei dem die Mutter des Herzogs, Theodora, sowie viele erlauchte Gäste, darunter die bisherigen Gegner König Andreas von Ungarn und Wenzel von Böhmen, der Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen, mehrere Bischöfe und zahlreicher Adel zugegen waren. Viel wahrscheinlicher indeß ist, daß Pfeffel’s Preisgedicht in der Zeit entstand, als der für Oesterreich verhängnißvollste Kampf, Friedrichs Empörung gegen den Kaiser, der über das Land alle Greuel des Bürgerkrieges gebracht hatte, endlich geendigt war und eine neue Epoche der Sicherheit und des Friedens für die schwer geprüfte Ostmark anbrach. Nach vier Kriegsjahren, die reich an wunderbaren Wechselfällen gewesen waren, fand sich Herzog Friedrich wieder als rechtmäßiger Besitzer seiner Erbländer anerkannt, der Reichsacht ledig, mit dem Kaiser in bester Freundschaft und feierte am Weihnachtstage 1239 festlich die compositio et concordia. Belehrt durch die schweren Erfahrungen des letzten [612] Krieges, in dem seine eigenen Bürger und Ministerialen gegen ihn gekämpft hatten, bemühte er sich nun, die Bewohner seiner Herzogthümer, die er so lange durch Willkürherrschaft aufgebracht hatte, zu versöhnen und an seine Person zu fesseln. Er gewährte deshalb damals und in dem nächstfolgenden Jahre den Bürgern der Städte wichtige Rechte und Freiheiten, erleichterte dem Adel die Rückkehr unter seine Herrschaft, allen Abgefallenen volle Amnestie ertheilend, und erwies sich besonders den geistlichen Orden freundlich durch Bestätigung früherer Vortheile, durch neue Schenkungen und Zuwendung verschiedener Begünstigungen. Er entwickelte in dieser Zeit eine verschwenderische Freigebigkeit, eine erobernde Liebenswürdigkeit und Milde ganz im Gegensatz zu seiner bisherigen rücksichtslosen Härte und Schroffheit. Er durchreiste seine wieder gewonnenen Länder, überall sich als gütig spendender Herrscher bewährend, traf in Wiener-Neustadt, umgeben von einem glänzenden Gefolge, unter dem sich die Dichter Troestelein und Ulrich von Sachsendorf befanden, mit Ulrich von Lichtenstein zusammen, der als König Artus umherzog (Frauendienst, Lachmanns Ausgabe S. 472 ff.), und feierte im Juli 1240 in Steiermark unter großen Festlichkeiten die Wiedervereinigung mit seiner Gemahlin Agnes. In jene Tage neuer Hoffnung und allgemeiner Freude setze ich Pfeffel’s Spruch, der dann Zug für Zug seine unmittelbare Beziehung auf die gleichzeitigen Vorgänge hat. Das Gedicht zeigt sich als eine nicht ungeschickte Nachahmung von Walthers Spruch auf das Wiener Hoffest (Lachmann’s Ausgabe 20, 31). – Ein zweiter Spruch Pfeffel’s trägt in alter, volksthümlicher, auch von Walther (Lachmann 22, 33; 91, 17) angewendeter Einkleidung einem jungen Manne Lehren der Lebensklugheit vor. Das dritte Gedicht, welches wir von P. haben, ist ein Liebeslied mit gehäuften traditionellen Epithetis, im Geleise der gewöhnlichen Modepoesie ohne tiefe innere Bewegung, aber nicht ohne Anmuth. Der Dichter steht, so weit man aus den geringen Resten seiner Poesie urtheilen kann, der älteren vornehmeren Dichtung der fahrenden Sänger näher; er ist einer der begabtesten Schüler Walthers und theilt mit seinen oberdeutschen Landsleuten die von jenem geschaffene Verbindung der Spruchpoesie und Minnepoesie (vgl. Burdach, Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide, Leipzig 1880, S. 83, 131 ff. 134); er scheint noch unberührt von der höfischen Dorfpoesie Neidharts von Reuenthal, der 1230 nach Oesterreich kam, und belastet seine Gedichte noch nicht mit dem Kram phantastisch abgeschmackter Aftergelehrsamkeit, wie zum Theil schon Reinmar v. Zweter, mehr noch Tannhauser, Boppe und Spätere.

Von der Hagen, Minnesinger II, 145 III, 680a. IV, 461; Kummer Die poetischen Erzählungen des Herrand von Wildonie, Wien 1880, S. 62; – Apfelstedt, Germania 26, 224; – Bartsch, Die Schweizer Minnesänger (Bibliothek älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz 6), Frauenfeld 1886, S. XLIX f. 71 ff. 421. – Das Beste über Herzog Friedrich den Streitbaren in der Monographie von Adolf Ficker (Innsbruck 1884): vgl. S. 20, 26 f. 87 ff.