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ADB:Rango, Konrad Tiburtius

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Artikel „Rango, Konrad Tiburtius“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 230–232, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rango,_Konrad_Tiburtius&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 03:26 Uhr UTC)
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Rango: Konrad Tiburtius R., Theologe und Naturforscher, sowie eifriger Anhänger der Orthodoxie und Gegner des Pietismus, stammte aus einer alten Colberger, im J. 1716 geadelten Patricierfamilie, welche daselbst seit 1565 im Rathe und bei der Verwaltung des Salzwerkes thätig war, und wurde am 9. August 1639, als der Sohn des dortigen Rathskämmerers Joachim R., geboren. Nachdem er, in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Martin und Lorenz R., von dem späteren Rector zu Belgard Chr. Mylius unterrichtet war, besuchte er (1652) mit jenen das Gymnasium zu Halle, und widmete sich zugleich, unter der Leitung des älteren Friedrich Hoffmann, medicinischen und botanischen Studien, welche er in der Folge auf der Universität zu Jena unter Rolfinck und Möbius, sowie in der Physik unter Posner fortsetzte. Auf den Wunsch seiner Eltern ging er jedoch von der medicinischen Facultät zur Theologie über und hörte bei Frischmuth, Tieroff, Gerhard und Chemnitz exegetische und kirchengeschichtliche Vorlesungen, erweiterte aber seine Kenntnisse auch in der Mathematik unter Erhard Weigel. Nach Ablauf eines Jahres begab er sich nach Gießen, wo er unter Christiani, Haberkorn und Misler theologische und unter Weise, Ebel und Dieterici philosophische Wissenschaften trieb, und namentlich mit Eifer des letzteren werthvolle Bibliothek benutzte, sowie eine Disputation „De paradiso“ hielt. Auf diese Art in seiner Bildung befestigt, unternahm er mit seinen Brüdern eine größere Reise durch Süddeutschland, wo er mit namhaften Theologen eine gelehrte Verbindung, u. A. mit Weinmann in Altdorf, Ursinus in Regensburg, Osiander in Tübingen, Joh. Schmid, Dannhauer und Scheid in Straßburg, anknüpfte: sodann bereiste er Holland, und lernte auch die dortigen Gelehrten kennen, ebenso, auf seiner Rückkehr durch die norddeutschen Städte, Schuppius in Hamburg und Hannekenius in Lübeck, bis er (1658) wieder in Colberg anlangte. Nachdem er hier häufig gepredigt hatte und bei dieser Anwendung seiner Kenntnisse in praktischer Thätigkeit manche Mängel seiner Erfahrung entdeckt haben mochte, entschloß er sich noch zur Verlängerung seiner Universitätslaufbahn, und begab sich zuerst nach Wittenberg, wo er bei Andr. Sennert orientalische Sprachen trieb, und nachdem ihm auf Aug. Buchner’s Empfehlung (1659) die Magisterwürde verliehen war, seine ersten Vorlesungen hielt. Im J. 1661 nach Frankfurt a. O. übersiedelnd, begann er hier seine litterarische Thätigkeit, welche von seinen vielseitigen Studien Zeugniß gibt; dieselbe bezieht sich nämlich einerseits auf Exegese des alten und neuen Testaments, sowie auf die Accentuation der hebräischen Sprache, andererseits auf Profangeschichte in den Biographien von Romulus und Justinian und in der Topographie von Julius Cäsar’s Schriften, endlich aber tritt seine frühere Neigung zur Medicin und Naturwissenschaft in seinen Abhandlungen „De capillamentis“, „De curculionibus“, „Nucleus institutionum physicarum Sperlingii“ und „De adamante“ hervor, während „Fasciculus diss. philologico-philosophico-historico-theologicarum“, „De usu praeceptorum logices“ und „Encyclopaedia facultatum omnium“ eine allgemeine philosophische Richtung verfolgen. Durch diese Leistungen erlangte er solchen Ruf, daß ihm der Große Kurfürst eine Professur in der [231] philosophischen Facultät und zugleich das Decanat in derselben anbot, welche Aemter er jedoch ablehnte, und sich nach Magdeburg begab, wo er, seiner früheren Neigung folgend, sich an des Bürgermeisters Otto v. Guericke’s physikalischen Studien betheiligte. Als dann aufs Neue an ihn die Aufforderung erging, in brandenburgische Dienste zu treten, übernahm er auf den Rath seines Gönners, des Wittenbergischen Theologen Abr. Calow, im J. 1662 das Rectorat des Berliner Gymnasiums, und verheirathete sich (1666) mit Elisabeth, einer Tochter des Pastors Joh. Lorenz in Frankfurt a. O., aus welcher Ehe vier Söhne und fünf Töchter entsproßen. Bald darauf (1668) berief ihn der Kanzler der schwedischen Regierung, Heinrich Cölestin v. Sternbach († 1679 als Vicepräsident des Tribunals), als professor philosophiae an das Akademische Gymnasium zu Stettin. Hier begann er seine theologische Polemik als Vorkämpfer der Orthodoxie, indem er den Rector Andr. Gottfr. Ammon des Syncretismus beschuldigte, welchen Streit die Greifswalder Professoren, Generalsuperintendent Abr. Battus und Math. Tabbert vergeblich zu vergleichen strebten. Nach diesem fruchtlosen Versuch legte R., auf Verfügung der Regierung, sein Gymnasialamt nieder und erhielt vom Rath das Diakonat an der Jacobikirche, später aber (1680) das Nikolaipastorat. In dieser Amtsführung erlebte er (1677) die Belagerung des Großen Kurfürsten, durch welche die Jakobikirche mit ihrer Bibliothek, nebst vielen anderen Gebäuden, eine Zerstörung erlitt, und hatte somit Gelegenheit, durch geistlichen Trost und hülfreiche Seelsorge die Stettiner Bürger zu ermuthigen. Neben diesem friedlichen Walten setzte er jedoch die theologische Polemik in Wort und Schrift mit großem Eifer fort, namentlich gegen den Generalsuperintendenten Augustin Balthasar in Greifswald, und Ammon’s Nachfolger, den Rector Joh. Ernst Pfuel, der (1668–78) eine philosophische Professur in Greifswald bekleidet hatte, welchen letzteren R., in Gemeinschaft mit Fabricius und Cramer, des Weigelianismus beschuldigte. Diese Streitigkeiten, welche vor der Regierung und dem Tribunal verhandelt wurden, gelangten erst durch Balthasar’s Tod † 1688), und durch Pfuel’s Berufung von Stettin nach Güstrow zum Abschluß. Zugleich veröffentlichte R. zahlreiche polemische Schriften, unter welchen die Geschichte des Syncretismus (1674–80) die bedeutendste ist. Die in diesen Werken enthaltenen Angriffe gegen Katholiken und Reformirte veranlaßten jedoch eine Klage des brandenburgischen Hofes, insofern sich derselbe zur reformirten Confession bekannte; R. aber genoß den Schutz des Königs Karl XI., und wurde von dem Tribunal in Wismar, bei welchem diese Angelegenheit zur Verhandlung kam, nicht zur Strafe gezogen, vielmehr berief bald darauf der Monarch, welcher, mit seiner Mutter Hedwig Eleonore v. Holstein-Gottorp, die Hochachtung vor Rango’s kirchlichem Eifer theilte, denselben, nachdem er (1689) in Wittenberg die theologische Doctorwürde empfangen hatte, zum Generalsuperintendenten für Pommern und Rügen, mit welchem Amt die Greifswalder Stadtsuperintendentur und das Pastorat an der Greifswalder Nikolaikirche, die erste theologische Professur und das Präsidium des Consistoriums verbunden waren. Sein polemischer Charakter, sowie der Umstand, daß bei seiner Vocation weder die Stände, noch die Universität, resp. die theologische Facultät, noch die Stadt befragt worden waren, machte seine neue Stellung ungemein schwierig, umsomehr als seine Predigten und Universitätsvorlesungen wenig Beifall fanden; R. ließ sich aber dadurch nicht irre machen, sondern setzte in den zahlreichen akademischen Disputationen und in den während seiner Greifswalder Lehrthätigkeit herausgegebenen Schriften, sowie auf den von ihm gehaltenen Synoden seine Angriffe gegen die anderen Confessionen und gegen die Secten mit Eifer fort, namentlich gegen Spener, Petersen, Scriver, Hoburg, Prätorius, Statius und Mart. Moller, auch wachte er strenge darüber, daß zum geistlichen [232] Amte und zum Studium nur orthodoxe Persönlichkeiten zugelassen wurden. Nachdem er wiederholt das Decanat und Rectorat geführt hatte, unternahm er im J. 1695 eine Reise durch Braunschweig-Lüneburg, und knüpfte mit den dortigen Theologen gelehrte Verbindungen an, welche namentlich gegen die abweichende Lehre von Calixtus in Helmstedt gerichtet waren, sodann begab er sich nach Schweden, und wurde in Stockholm zu acht Audienzen beim König Karl XI. und seiner Mutter berufen, von welchen er mehrere wichtige Verfügungen für die Geistlichkeit und Universität erlangte. Nach seiner Rückkehr betheiligte er sich (1699) an der Visitation der Universität, bald darauf aber erkrankte er an einem schmerzhaften Unterleibsleiden und starb am 3. December 1700. Sein großes Epitaphium, auf welchem er in einem hohen gewölbten Saale, an einem Schreibtisch sitzend, dargestellt ist, wurde wahrscheinlich von seinem Nachfolger, Generalsuperintendent J. Fr. Mayer, in der Nikolaikirche errichtet, ein Verzeichniß seiner Schriften befindet sich in Dähnert’s Katalog der Univ.-Bibl. und in Jöcher’s Gel.-Lex., unter diesen ist besonders merkwürdig „Der Rangoschen Naturalien-Kammer I–IV Cabinet“, in welchem Buche seine naturwissenschaftlichen Sammlungen beschrieben sind. Von seinen oben genannten Brüdern, welche beide die Rechte studirten, war Lorenz R. (geb. 1636, † 1710), brandenburgischer Legationssecretarius auf dem Reichstag zu Regensburg, dann Landsyndicus für Hinterpommern und Director des Schöffenstuhls, (1668) zum Dr. jur. promovirt und Verfasser mehrerer juristischen Schriften; Martin R. († 1688) Anwalt und Rathsherr in Colberg (s. u.).

Jak. Heinr. Balthasar, Sammlung z. Pom. Kirchenhistorie II. 1725, S. 794 ff. – Vanselow, Gelehrtes Pommern. 1728, S. 89 ff.; Adeliches Pommern, 1742, S. 95 ff. – Jöcher, Gel.-Lex. – Kosegarten, Gesch. d. Univ. I, S. 265. – Riemann, Gesch. Colbergs, I, S. 133, II, 112. – Pyl, Pom. Geschichtsdenkmäler, V, 35 ff.; Geschichte der Greifswalder Kirchen, I, 457 ff.