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ADB:Schults, Adolf

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Artikel „Schults, Adolf“ von Heinrich Pröhle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 702–703, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schults,_Adolf&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:18 Uhr UTC)
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Schults: Adolf S., Wupperthaler Dichter. Er war geboren am 5. Juni 1820 in Elberfeld nach einigen Angaben als Sohn eines Leinewebers, nach der richtigeren Angabe wol als Sohn des Werkführers in einer Seidenfabrik. Seine etwas gebildetere Mutter entstammte einer französischen Familie. Zunächst in der Ruhrgegend hatte sich seit einem Jahrhundert ein Manufacturwesen ausgebildet, dem Withof und Tersteegen angehörten und dessen Mitglieder mit ungewöhnlicher Wärme dem reformirten Bekenntnisse anhingen. Auch an der Wupper gelangte in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts neben dem Handelsbetrieb nur das Bibelstudium und die lyrische Dichtkunst, das erstere als maßgebend für Handel und Wandel, die letztere als beliebte Nebenbeschäftigung, zur Geltung. Das Haupt der dort Alles ordnenden und regelnden Theologen war Friedrich Wilhelm Krummacher, der alte Burschenschafter, der vor den Dräseke’schen Streitigkeiten der bestgehaßte Orthodoxe in ganz Deutschland war. Goethe hat seine Predigten scharf kritisirt, aber doch die damalige gewerbliche Tüchtigkeit des Wupperthales, dem ja später auch ein Beckerath und von der Heydt entsproßten, ganz aus dem religiösen Eifer hergeleitet. Durch diese auf sittlich-religiöser Grundlage ruhende rheinische Industrie fühlte auch der kleine Adolf S. sich so angezogen, daß er mit vierzehn Jahren zu seinem späteren Leidwesen beinahe der Schule entlief, um in das Comptoir der Fabrik, in welchem der Vater Werkführer war, einzutreten. 1843 gab der junge Commis seine Gedichte heraus, die es bis zur dritten Auflage brachten, und verheirathete sich. 1848 ließ er 25 „Märzgesänge“ und die durch Freiligrath und durch den Gedanken an socialpolitische Fragen angeregten „Lieder aus Wisconsin“ folgen, 1849 die „Leierkastenlieder“. In den erregteren Zeiten zu Anfang der fünfziger Jahre gründete Emil Rittershaus, dessen Talent dem von S. verwandt ist, bei dem aber Alles [703] sich lebhafter und glücklicher gestaltete, wie er denn ursprünglich schon einem wohlhabenden Hause angehörte, den „Wupperbund“, dem außer Adolf S. unter anderen die Dichter Roeber, Oelbermann und Karl Siebel angehörten. Alle diese Dichter waren liberal, einige machten bedeutende Schwankungen durch, doch dem Wupperthale waren alle aufs tiefste zugethan. S. schrieb zu jener Zeit die beste Chronik des damaligen Elberfeld durch seine langen und regelmäßigen Correspondenzen im Morgenblatte, für die sich ihm freilich auch F. W. Krummacher wohl verpflichtet fühlen mochte. Unvorsichtig brach S. gleich dem Vater mit dem alten Geschäfte und trat, wol bei höherem Lohne, in ein Haus ein, welches fallirte. Die Stellung als Litterat (stellvertretender Redacteur der Barmer Zeitung) war gleichfalls unhaltbar. Aber zur Ehre des Elberfelder Handelsstandes nahm das alte Handelshaus den brustkranken Dichter mit offenen Armen wieder auf und ließ ihm die größte Nachsicht zu Theil werden bis zu seinem Tode am 2. April 1858. Von seinen Epen „Luther“ und „Capet“ sehe ich ab. 1851 hatte er noch herausgegeben die neueren Gedichte „Haus und Welt“, 1852 „Zu Hause“ und endlich 1857 „Der Harfner am Herd“. So hat man denn von ihm gesagt, er habe die Scenen der Kinderstube vorgeführt und vieles Triviale, Arme und Traurige zu dichterischer Schönheit emporgehoben. Er habe in einer ungewöhnlichen Innigkeit der Empfindung gelebt und den Drang gefühlt, die Misere des Lebens mit dem Schimmer einer mehr idealen Welt zu umkleiden. Dabei sei aber die Form des Autodidakten zu kunstlos gewesen und oft sei er ins Sentimentale verfallen. Es lag nahe, daß F. W. Krummacher, dessen Sohn Adolf (Verfasser des jetzt viel gesungenen Trinkliedes „Wenn sich der Schwarm verlaufen hat“) schon als Gymnasiast mit S. befreundet war und der sich selbst nun als Prediger in Berlin und dann als Hofprediger in Potsdam mehr beruhigt hatte, daran dachte, diesen Landsmann aus dem Wupperthal seinem königlichen Freunde zu empfehlen. Allein der Plan ihm auf diese Weise eine Unterstützung zu verschaffen, mußte daran scheitern, daß S. bei Friedrich Wilhelm IV. keine Beachtung finden konnte, weil dieser von einem Dichter das Talent eines Tieck oder die Bekenntnißtreue eines Gustav Jahn verlangte. Noch weniger war damals an eine Unterstützung durch das Volk zu denken, wie sie später bei einem augenblicklichen Mißgeschick Rittershaus durch Vermittelung der Gartenlaube erhielt. Auch das Interesse der rheinischen Bandwirker und Kaufleute für den talentvollen Handlungsgehülfen trug diesem damals noch nichts ein. Rührend ist es, wie sich das Geschick von S. an seinem Sohne Hermann wiederholt hat. Dieser gelangte zum Studium der Philologie, gab gleich dem Vater um die Zeit der Verheirathung eine Gedichtsammlung heraus, mußte aber schon 1885 nur 35 Jahre alt wegen des ererbten Brustleidens als Lehrer in Greiz seinen Abschied nehmen.

Emil Kneschke, Deutsche Dichter seit 1850, 5. Aufl., S. 737–739. – Brümmer, Lexikon d. D. Dichter und Pros. des 19. Jahrhunderts S. 301 f. – Ferdinand Hey’l, Rittershaus, in Paul Lindau’s Nord und Süd, 1890, Februar, S. 179–193. – Mündliche Mittheilungen des verstorbenen Hofpredigers Adolf Krummacher. – Eigener brieflicher Verkehr mit Adolf Schults.