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ADB:Schwab, Gustav

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Artikel „Schwab, Gustav“ von Hermann Fischer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 153–155, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwab,_Gustav&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 18:34 Uhr UTC)
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Band 33 (1891), S. 153–155 (Quelle).
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Schwab: Gustav Benjamin S., Schriftsteller, 1792–1850. S. wurde, als jüngster Sohn des Karlsschulprofessors, späteren Oberstudienraths Joh. Christoph S. (s. u.), am 19. Juni 1792 in Stuttgart geboren. Für das Studium der protestantischen Theologie bestimmt, durchlief er das Stuttgarter Gymnasium und von Herbst 1809–1814 das Stift in Tübingen, wo er mit Uhland nach dessen Rückkehr von Paris eine Freundschaft für das Leben schloß. Nach einer halbjährigen Vicarszeit unternahm er im Frühjahr 1815 eine längere Reise nach Norddeutschland, besonders Berlin, wo er litterarische Verbindungen schloß und zu einer in Schwaben damals nicht allzu häufigen Liebe für das norddeutsche Wesen den Grund legte. Der wie sein Meister Uhland stets reiselustige Mann hat noch in späteren Jahren einen namentlich für jene Zeiten sehr beträchtlichen Theil von Europa besucht. Nach einigen unständigen Verwendungen wurde S. Ende 1817 zum Professor am obern Gymnasium in Stuttgart bestellt und kam dadurch in die Thätigkeit, die wohl als die fruchtbarste und seinem Wesen congenialste unter seinen verschiedensten Lebensstellungen bezeichnet werden darf, wie er denn auch in ihr weitaus am längsten verweilt hat. Er hatte das Glück, manche später zu Ansehen gelangte Stuttgarter unter seinen Schülern zu haben, und sein Unterricht wird als außerordentlich anregend und befruchtend geschildert. In Stuttgart hat S. kurz nach seiner Anstellung einen eigenen Hausstand gegründet und sein Geschlecht blüht noch jetzt. Der sich immer mehr häufenden Arbeitsmasse des Berufs und der litterarischen Thätigkeit weichend ließ sich S. im Herbst 1837 als Pfarrer nach Gomaringen bei Tübingen versetzen, wo ihm [154] auch die Nähe Uhland’s lockend erschien, kehrte aber schon im Sommer 1841 nach Stuttgart zurück, als Stadtpfarrer und Amtsdecan (Superintendent für den Landbezirk St.). Nachdem er 1844 als Hilfsarbeiter in den Studienrath eingetreten war, wurde er Herbst 1845 zum Oberconsistorialrath und Oberstudienrath ernannt; zur nämlichen Zeit ertheilte ihm die theologische Facultät der Universität Tübingen den Doctorgrad. Aus einer seinen Sinn für öffentliche Wirksamkeit befriedigenden ehrenvollen, aber auch arbeitsreichen Thätigkeit heraus wurde S. am 4. Nov. 1850 durch einen Schlaganfall plötzlich hinweggerafft. – Am allgemeinsten bekannt ist S. durch seine Gedichte geworden, welche zuerst 1828 f. gesammelt erschienen sind. Er selbst nennt sich einen Schüler Uhland’s; in der That gehört er als das jüngste Mitglied dem älteren schwäbischen Dichterkreis an, dessen bedeutendstes Uhland ist, und keine andere Poesie spielt unter den Entstehungsmomenten und Fermenten der seinigen eine so große Rolle, wie die Uhland’s. Aber es ist damit nichts weniger als eine völlige Abhängigkeit gegeben; wenn Schwab’s Poesie nach ihrem Grundton und ihrer persönlichen Einheit durchaus in Uhland’s Nähe weist, so reicht sie nach Stoffen und Formen in verschiedenen Richtungen darüber hinaus; das Element der Zeitbildung namentlich ist bei ihm stärker als bei den andern Angehörigen seines Kreises, und wenn er an specifischer Begabung entschieden hinter ihnen zurücksteht, so ersetzt er das eben durch größere Mannigfaltigkeit des Inhalts und der Form wenigstens zum Theil. S. hat aber zu jener Zeit durch andere als rein poetische Arbeiten wohl noch bedeutendere Wirksamkeit geübt. Das Pädagogische ist ein Grundzug seiner Natur, und so hat er in unermüdlicher Thätigkeit namentlich für die litterarische Bildung des Volks und der Jugend gearbeitet. Besondere Gelegenheit dazu hat er als Redacteur des poetischen Theils des Cottaischen Morgenblatts von 1827 bis 1837 und als Mitredacteur von Chamisso’s Musenalmanach 1833–1836 und 1838 gehabt; es verdanken Talente wie Lenau und Freiligrath ihm mit ihre Einführung in die Oeffentlichkeit. Diese Namen wie der Chamisso’s werden zeigen können, daß er sich nicht in den engsten Kreis des idyllischen Schwabenthums einschließen wollte. Man wird trotzdem eine gewisse Enge des Horizontes nicht ganz ableugnen können. Der Poesie Heine’s und der philosophisch-theologischen Bewegung der dreißiger Jahre ist S. nie völlig gerecht geworden. Seine sonst oft bewiesene Liberalität findet ihre Grenze, wo nach seiner Ansicht Religion und Sitte gefährdet sind, und es ist die Achillesferse seiner litterarischen und wissenschaftlichen Anschauung, daß sie nicht sowohl auf dem positiven Princip einer ganz bestimmten Ansicht, als auf dem an sich unproductiven ne contra bonos mores beruhte. Von dieser Schranke seines Vermögens abgesehen, ist seine litterarische Thätigkeit eine durchaus rühmenswerthe und gesunde gewesen. Von seinen Bestrebungen für deutsche Litteratur mögen nur die in litterarischer Form zu Tage getretenen erwähnt sein: Ausgaben, bzw. Auswahlen, von Rollhagen’s Froschmäuseler 1819; Paul Flemming 1820; die Legende von den hl. 3 Königen von Joh. v. Hildesheim 1822; Andr. Gryphius’ Karl Stuart 1829; Wilhelm Müller’s Schriften 1830; Wilhelm Hauff’s Schriften 1830 f.; Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte, zuerst 1835; die deutschen Volksbücher, zuerst 1835; Niklas Müller’s Gedichte 1837; Franz Horn’s Psyche 1841; Die deutsche Prosa von Mosheim bis auf unsre Tage, zuerst 1842; Wegweiser durch die Literatur der Deutschen (zusammen mit seinem Schwiegersohn Karl Klüpfel) zuerst 1846 (s. a. u.). Besondere Erwähnung verdienen die Arbeiten über Schiller. S. hatte bei der Enthüllung von Thorwaldsen’s[WS 1] Schillerbildniß in Stuttgart 1839 die Festrede gehalten. Eine von pietistischer Seite ausgehende Opposition gab ihm Anlaß zu dem Artikel in den Theologischen Studien und Kritiken „Der Cultus des Genius, mit besonderer Beziehung auf Schiller und [155] sein Verhältniß zum Christenthum“, der nebst dem des befreundeten Ullmann 1840 besonders herausgegeben wurde. Dann veröffentlichte S. 1840 „Schiller’s Leben“. Während diese Arbeit, noch vor der Publication des Schiller-Körner’schen Briefwechsels erschienen, jetzt veraltet ist, hat die Nebenarbeit „Urkunden über S. und seine Familie“ (1840) bis jetzt ihren Werth bewahrt. – Auch zur Verbreitung fremder Litteraturwerke hat Schwab mitgewirkt; von französischen Dichtern hat er 1816 Lamartine’s[WS 2] Méditations, 1829 Barthélemy’s[WS 3] und Méry’s[WS 4] Napoléon en Egypte, 1831 Gedichte Victor Hugo’s[WS 5] übersetzt. Bedeutsamer ist seine Thätigkeit für die Popularisirung der antiken Litteratur; neben der Anthologie „Die Dichter des alten Griechenlands für die weibliche Jugend bearbeitet“ (1835) sind zu nennen: das ausgedehnte noch jetzt bestehende Unternehmen der Metzlerischen Buchhandlung in Stuttgart „Uebersetzungen griechischer und römischer Prosaiker und Dichter“, seit 1827, die größte deutsche Uebersetzungsbibliothek antiker Autoren, von Schwab mitbegründet und einige Zeit redigirt; sowie das musterhafte Jugendbuch „Die schönsten Sagen des classischen Alterthums“, seit 1838/40, jetzt auch in besseren und geringeren Bearbeitungen aus fremden Händen. – Endlich die Werke local-schwäbischen Charakters: eine Abhandlung über Uhland in Menzel’s „Moosrosen“ 1826, woran man die 1823 erschienene lat. Uebersetzung von Uhland’s Vaterländischen Gedichten anreihen kann; Artikel über schwäbische Personen und Zustände in mehreren Zeitschriften; die mit Recht hochgeschätzten geographischen Schilderungen: „Die Neckarseite der Schwäbischen Alb“, zuerst 1823; „Der Bodensee nebst dem Rheinthale von St. Luciensteig bis Rheinegg“, zuerst 1827; „Das malerische und romantische Deutschland“, Bd. 1: Schwaben, zuerst 1837, später unter dem Titel „Wanderungen durch Schwaben“; endlich „Die Controverse des Pietismus und der speculativen Theologie in Würtemberg“ 1840, eine Frucht der durch Strauß’ Leben Jesu verursachten Bewegung. – Gustav Schwab’s ältester Sohn Christoph Theodor S., geboren in Stuttgart am 2. Oct. 1821, gestorben daselbst als Professor am Katharinenstift am 17. Oct. 1883, hat sich, neben einer geschätzten Schrift über Arkadien 1856 (der Frucht einer Reise mit Graf Prokesch-Osten), verdient gemacht durch seine Bemühungen um das Andenken Hölderlin’s. Nachdem er schon 1842 mit seinem Vater zusammen eine neue Auflage von Hölderlin’s Gedichten besorgt hatte, gab er 1846 Hölderlin’s sämmtliche Werke sammt Biographie und Briefwechsel heraus, 1874 noch eine Auswahl derselben. Außerdem hat er Hölderliniana im größten Umfang lebenslang gesammelt, und die neue Ausgabe der Correspondenz Hölderlin’s durch Litzmann beruht zum größten Theil auf seinen Sammlungen. Außerdem hat C. Schwab eine Biographie seines Vaters verfaßt, die aber erst in seinem Todesjahr von anderer Hand vollendet wurde.

Biographisches Hauptwerk von Karl Klüpfel 1858; von demselben eine kürzere Skizze 1881 in der kleinen Sammlung „Lebensbilder schwäbischer Dichter“; von C. Schwab 1883, s. o. – Die Werke Schwab’s sind aufgeführt in Goedeke’s Grundriß III, besonders S. 342–344, bei Klüpfel (1858) und in der von einem Verwandten besorgten vollständigen Ausgabe der Gedichte in Reclam’s Universalbibliothek (1881). Es ist jetzt noch hinzuzufügen die Sammlung: Kleine prosaische Schriften ausgewählt und hgg. v. Klüpfel, 1882.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Bertel Thorwaldsen (1770–1844), dänischer Bildhauer.
  2. Alphonse de Lamartine (1790–1869), französischer Dichter, Schriftsteller und Politiker.
  3. Auguste-Marseille Barthélemy (1796–1867), französischer Dichter.
  4. Joseph Méry (1798–1866), französischer Dichter.
  5. Victor Hugo (1802–1885), französischer Schriftsteller.