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ADB:Seitz, Franz von

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Artikel „Seitz, Franz von“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 657–662, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seitz,_Franz_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:46 Uhr UTC)
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Seitz: Franz v. S., Maler, Kunstgewerbemeister und Kostümier, geb. am 31. December 1817 zu München als der zweite Sohn von Joh. Bapt. Seitz (s. u. S. 663), dessen Vielseitigkeit und Uebermaß von Talenten völlig auf Franz sich vererbte. Da der Vater außer seinen prächtigen Jungen mit keinen besonderen Glücksgütern gesegnet war, so suchte jeder derselben baldigsten Verdienst und Erwerb auf eigenen Wegen. Keiner schreckte vor einer Arbeit zurück, die, je ungewöhnlicher, doch nur um so größeres Vergnügen bereitete und wie spielend aus der Hand lief. Franz half seinem Vater bei dessen mechanischem Theater, machte Figuren aus Pappe und lieferte ganze Regimenter Soldaten aus demselben Stoffe, leitete die Productionen im damaligen „Schwarzen Adler“, ging dann mit dem ganzen Apparat auf Reisen, nach Salzburg, Linz und Wien, von wo er aber ziemlich abgekühlt und ausgestöbert nach München zurückkehrte. Hier mag der angehende Künstler heimlich manche Firma heruntergepinselt, manch’ rauchenden Türken als Wahrzeichen einer Tabakniederlage gemalt haben. Nach dem Beispiel seines Bruders Alexander kam Franz gleichfalls frühzeitig auf die Akademie und zu Professor Schlotthauer (vgl. A. D. B. XXXI. 554–61). hielt aber nicht lange aus und stellte sich schon auf eigene Füße, ehe er die volle Beherrschung der Form erreichte[WS 1] – ein Mißstand, welcher ihm lange noch fühlbar genug nachging; seiner eminenten Begabung wäre bei gründlicher Schulung manch bittere Erfahrung erspart geblieben. Aber das Leben machte seine Rechte geltend und S. war nicht der Mann, demselben aus dem Wege zu gehen; er wagte den Kampf um’s Dasein, wobei sein leichter Sinn und seine elastische Phantasie ihm hülfreich zur Seite standen: und schlug sich tapfer durch. Es gehört auch zu den charakteristischen Zügen dieses Originals, daß S., natürlich ohne die gehörigen Mittel, in einem Alter von zweiundzwanzig Jahren einen eigenen Herd gründete. Seine wackere Frau Wilhelmine, die Tochter des Kronfiscalrathes Königer, theilte redlich die Sturm-, Regen- und Sonnentage ihres Gatten; sie hat das anfangs wohl auch auf hochgehenden Wogen tanzende Schifflein ihres Haushaltes mit weiser Kunst gesteuert. S. arbeitete aber auch, „vor keiner Mühe bleich“, für die Seinen, immer mit Lust und Freude. Eine unübersehbare Reihe von Zeichnungen und Projecten, erst nach fremder, dann immer nach eigener Erfindung, auf Stein und Holz, bezeichnen seinen Weg. So lithographirte S. die „Judith“ und die „Fischerfamilie“ von Riedel für Piloty und Löhle’s Verlag, dann die „Geusenfahrt“ nach C. Scheuren und die „Brandschatzung eines Klosters“ nach Max Heß (im König-Ludwig-Album), führte die Radirnadel (Porträt des Lithographen Bodmer), lieferte Illustrationen zu dem gereimten „Theater-Katechismus“ von Franz Loehle (München 1840), zu Blumauer’s „Aeneide“ (Lpz. 1842) und erfand, anlehnend an Eugen Neureuther’s Vorbild, „Umrisse zu Franz von Kobell’s Gedichten in altbaierischer Mundart“ 1842 (München 1843 bei Lindauer). Nach der Skizze des Grafen Franz Pocci fertigte S. die große Zeichnung zu dem vom Juwelier Jaud in Silber ausgeführten „Ehren-Schilde“, welchen der baierische Adel dem Kronprinzen Maximilian zu dessen Vermählung 1842 verehrte (Abbildung in Nr. 61 der Illustrirten Zeitung, Leipzig vom 31. August 1844. III. Band, S. 141). Dazu kam das „Preisdiplom des Münchener Jockey-Club“ (1844). Mit diesen Arbeiten, welchen alsbald ähnliche folgten, betrat S. zuerst jenes Gebiet der kunstgewerblichen, stylgerechten Zeichnungen, worin er in der Folge so unvergleichlich [658] durch originelle Schönheit, Frische und überraschende Phantasie excellirte. Beim Beginne der „Fliegenden Blätter“ betheiligte sich auch S. mit Zeichnungen, übernahm dann 1848 die artistische Leitung der von Emil Roller in fünf Bänden redigirten, zahlreich mit Holzschnitten illustrirten „Leuchtkugeln“ (1848 bis 1851) und skizzirte, gleichfalls für Roller’s ziemlich radicalen Verlag, einen gegen Alfred Rethel’s gleichnamige großartige Composition gerichteten „Todtentanz“ (1849), welcher zur Ehre aller Betheiligten besser unterblieben wäre. Außerdem war S. auch an Trautmann’s „Nürnberger Trichter“ mit satyrischen, jene politisch wirre Zeit sattsam charakterisirenden Beiträgen thätig. Seine stark sarkastische Laune gab ihm gerne den Stift zu muthwilligen Caricaturen, mit welchen der doch so gutmüthig und jovial angelegte Mann die Lachlust der Beschauer kitzelte. Außer dem Crayon handhabte er auch das Modellirholz und schuf die köstlichen Charakterfiguren eines Südsee-Insulaner-Paares, eines Chinesen und hausirenden Tabulet-Krämers für die Schaufenster einer Handlung. Indem er wie ein Operateur an alte Gypsfiguren das anatomische Messer legte, hier Arme, Köpfe, Füße abnahm, durch anders bewegte Gliedmaßen ergänzte und neue Attribute beifügte – auf solche Manier construirte er auch eine auf kostbaren Tieger-(Katzen-)Fellen ruhende kleine Bacchantin – bildete sein neckischer Humor allerlei possirliche Gestalten zu Zier-, Haus- und Tafelschmuck. S. ätzte und tauschirte mittelalterliche Waffen, Hellebarden, Helme und Brustpanzer, schnitt in Holz und Elfenbein und imitirte oder restaurirte altdeutsche Plastik so verständnißinnig, daß Manches davon, gegen den Willen seines Urhebers, durch Zwischenhändler verbreitet und von gewiegten Kennern als ächt erklärt, zu hohen Ehren gelangte, darunter beispielsweise ein kleiner „St. Georg“, welcher, schließlich in Rothschild’s Besitz, unter dem Namen eines noch unentdeckten, altdeutschen Meisters ersten Ranges auf einer Pariser Exposition prangend, seinem überraschten Verfertiger wieder begegnete. Seiner Vielseitigkeit einen neuen Tummelplatz zu öffnen, betrieb S. auch die Oelmalerei. Er begann mit kleinen Cabinetsbildern, wobei Gisbert Flüggen anfänglich als Corrector noch die Freundeshand bot: Zuerst 1846 mit einem „Architekturbild“, 1849 kam ein „Nächtlicher Ueberfall auf einem Schloß“, 1851 eine „Einquartirung“ und eine „Maurische Halle“, 1852 ein unter seinen Schätzen eingeschlafener „Alterthums-Sammler“; 1856 malte er einen „Mundschenk“, eine „Architektur-Partie“ aus einem Kloster, einen „Zeitungsleser am Kamin“ und 1859 und 1860 zwei große „Weihnachtsbilder“ (in Aquarell). S. wäre, wenigstens theilweise nach der Wahl seiner Stoffe, ganz auf demselben Wege gewesen, wie Meissonier[WS 2], nur hielt den Deutschen die ungeduldige Rast und die zersplitternde Ubiquität von jeder strengeren Vertiefung zurück. Aber eben diese Vielseitigkeit in allen Gebieten wußte der scharfblickende Dingelstedt zu schätzen, welcher als Hoftheater-Intendant in S. den rechten, langersehnten Mann für seine reformatorischen Projecte erblickte. Dingelstedt legte vorerst die Kostümbranche in seine Hand und übertrug ihm weitere, damit zusammenhängende Obliegenheiten im Gebiete der Beleuchtung und Decoration. S. bethätigte mit der am 13. Mai 1855 nach Dingelstedt’s Bearbeitung erfolgten ersten Darstellung des „Macbeth“, eine bahnbrechende, virtuose Kenntniß. Außer Heinrich Wagner’s „Trachtenbuch des Mittelalters“ (München 1830) und Hefner-Alteneck’s[WS 3] „Trachten des christlichen Mittelalters“ (Frankfurt 1840–55, in 3 Bänden) existirte damals noch kein wissenschaftlicher Apparat; S. blieb eben auf eigene Studien angewiesen. Und doch war seine Regeneration des Bühnenwesens durchschlagend und erweckte auch bei dem ferner stehenden Laien die Ueberzeugung, daß die ganze vordem verwendete Garderobe der Rumpelkammer verfallen sei und bei weiterem Gebrauche höchstens die Heiterkeit und Lachlust des Publicums [659] reize. S. kam oft genug in den Fall, seine Zeichnungen selbst mit der Scheere in der Hand demonstriren und die Stoffe eigenhändig zuschneiden zu müssen. Seine Bemühungen um Inscenirung der „Antigone“, bei Shakespeares „Sturm“ u. A. ernteten die lauteste Anerkennung und zogen dem Künstler viele Aufträge von auswärts zu; seine Skizzen wurden bald nach Paris, London, Meiningen, Wien und Berlin verlangt und bestellt. So kostümirte er beinahe alle Tondichtungen Richard Wagner’s: „Tannhäuser“, und „Lohengrin“, die „Meistersinger“, „Tristan“, den „Fliegenden Holländer“, „Rienzi“ und die ganze Trilogie vom „Ring des Nibelungen“ – letztere freilich nur für München, da für Baireuth ein anderer Künstler beliebt wurde. Es war eine Freude, ihm zuzuschauen, wie er mit wenigen Andeutungen z. B. aus Ferd. Keller’s Pfahlbauten-Funden, Lindenschmit’s „Alterthümern der heidnischen Vorzeit“ und etlichen Abhandlungen über die sog. Bronze-Zeit, das ihm nöthige Material schöpfte, geistvoll belebte und für seine Zwecke wirksam gestaltete. Was seine sprudelnde, augenblicklich auffassende Phantasie gestaltete, floß wie ein Spiel aus dem Stift und gewann, in Form von leicht aquarellirten Skizzen, Wahrheit und Leben. Außer den genannten Opern lieferte er auch seinen Antheil für „Wilhelm Tell“, die „Afrikanerin“ und den „Nordstern“, den nach Dr. Grandauer’s Bearbeitung neu inscenirten „Don Juan“, zu den Dramen von Ibsen und Björnson „Bergkönig’s Braut“, zur „Aida“, Zenger’s[WS 4] „Wieland der Schmied“, zur „Königin von Saba“ u. dgl. S., welcher seit 1855 eine bleibende Stellung am Hof- und Residenz-Theater, 1858 den Professor-Titel und am 1. Januar 1859 die Ernennung zum Kostümier erhielt, war lange schon der artistische Director, bevor ihm am 16. Januar 1869 endlich der Förmlichkeit wegen auch dieser Titel übertragen wurde. Seine Thätigkeit blieb unermüdlich. Was leistete er bei eigenen Familienfesten und den Freudentagen der Freunde! Zu seinen „noblen Passionen“ als Jäger und Fischer kam die exquisite Kenntniß in culinarischen Künsten, die der als Gourmand bekannte heitere Mann zum Erstaunen der Beglückten gerne spielen ließ. Er nahm dann nach saueren Wochen des angestrengtesten Fleißes keinen Anstand – was theilweise auch zu seinen erquickenden Morgenspaziergängen gehörte – den Markt selbst zu besuchen und manch’ taugsamen, mit Kennerblicken ausgewählten Leckerbissen eigenhändig einzuheimsen und die selbst bereiteten Köstlichkeiten mit strahlendem Bewußtsein aufzutischen. Und wie bethätigte sich S. bei den Gesellschaftsabenden fröhlicher Genossenschaften als Arrangeur, Decorateur und Universalgenie, wie fesselte er Aug’ und Ohr mit Ueberraschungen, wie stand ihm dann in Prosa und Versen die immer skurrile Rede mit aphoristischen Impromptus zu Gebote, Eingebungen der jovialsten Laune und des blühenden Mutterwitzes, die stets einen stürmischen Jubel zündeten. Auf einem Album-Blatt (das Farbendruck-Facsimile in der Zeitschrift des Kunstgewerbe-Vereins 1883, Tafel 19) hat er sich in ganzer Figur abconterfait, bepackt, ausgerüstet und beladen mit allen möglichen Requisiten: Da liegen zu seinen Füßen die von ihm gezeichneten Tarockkarten, daneben die dampfende Pfanne und der zur Fixirung von Wandbildern durch Wasserglas (er rühmt sich in den das Ganze exegesirenden Versen als einen Maler „in Wasser und Glas“) nöthige Trittapparat mit Gummischlauch und Zerstäuber, dahinter Tafelaufsätze und Pokale; dann Partisanen, ritterliche Stech-Helme und Degen, welche er aus der ächtesten Pappe auf’s täuschendste fabrizirte, dazu ein mit Perlen, Email und Edelstein verziertes Schmuckkästchen; er selbst führt in der Rechten den Malstock mit Palette und Pinseln zu allerlei Bedarf; an der Seite hängt der Fischreusen nebst dem stattlichen Zwilling, Angelstock und Netz, welche den Sportsmann kennzeichnen, während ein mächtiger, auf den Rücken hinabhängender Landsknechthut mit wallender Feder sowohl den Kostümier bedeutet, wie auch an [660] das bewegte Sturmjahr (1848) erinnert, in welcher das schmucke Corps der Münchener Künstlerschaft auch als taktischer Körper hervortrat und unnöthiger Weise eine Menge guter Zeit verlor, – unter dem Arme schleppt S. schwere Albums und Prachtbände; die Linke faßt die Maler-Leinwand-Zange, während zwei andere mächtige Waffen in Gestalt von Schneiderscheere und Küchenmesser die anderweitigen Obliegenheiten unverkennbar andeuten. Und dann erst der Meister selbst: Wie lacht aus dem ganzen Mann mit den behäbigen, rundlichen Formen eine Lebensfrische, eine gewinnende Güte und Bonhommie? Das Blatt giebt den Künstler wie ein ganzes Programm, es ist die echteste Autobiographie! Als seine vielseitigen Gaben einmal ruchbar geworden, da gab es, etwa vom Ende der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts durch drei Decennien in München keine Veranstaltung öffentlicher Lustbarkeiten und feierlicher Manifestationen zur Ehrung im Bereiche der Kunst, der Wissenschaft und der Politik, welche nicht den Stempel der Erfindungsgabe unseres Künstlers an sich getragen hätte. Wie glänzte S. als Arrangeur bei den Festen der Gesellschaft „Frohsinn“, wovon heute noch die Tradition zu erzählen weiß. Hier inscenirte er mit gleich veranlagten Genossen, wie ehedem der erfindungsreiche Piero da Cosimo zu Florenz, unerhörte Faschingsfreuden, Festzüge und Turniere, oder stellte auch zur Abwechselung „plastische Darstellungen aus der Passion nach classischen Vorbildern“ (1845). Ein Beispiel seiner Leistungsfähigkeit aber gab S. mit dem großen historischen Festzug beim siebenhundertjährigen Jubiläum der Stadt München (1858), welcher, obwohl einzelne Künstler die befreundete Hand boten und mithalfen, doch in der ganzen Idee und ihrer detaillirtesten Durchführung als sein eigentliches Verdienst zu betrachten ist. Er verstand dabei, trotz aller Prachtentfaltung und obwohl der Festzug größere Dimensionen annahm als anfänglich projectirt war, doch innerhalb der Kosten des Voranschlags und der vom Magistrat bewilligten Summe zu bleiben. – Was den genialen Mann in allen Kreisen so beliebt machte, war sein eigenartiges Talent aus dem unscheinbarsten Material und den primitivsten Behelfen – womit übrigens, wie seine Brunnenprojecte, Festaufbauten, Prunkwagen und Denkmale beweisen, auch Albrecht Dürer zu handiren verstand – wahre Musterleistungen hervorzuzaubern. Mit geringen Mitteln konnte der zunächst „aus Holz und Grünzeug“ bestehende Grundstock beschafft werden, welcher für S. der Hauptsache nach hinreichte, um einem Saale oder einem Hintergrunde festliches Gepränge zu verleihen; das übrige Beiwerk ergab sich dann schier von selbst. Welch’ eine Anzahl von neidenswerthen Interieurs schuf S. auf diese Manier aus altem Urväter-Hausrathe, der ohne seine belebende Künstlerhand im Staube der Vergessenheit verschollen geblieben wäre. Er bewährte seine malerische Begabung für Decoration sowohl mit Salonarbeiten, als mit monumentalen Fresken, wozu die Façade und der Thurm des alten Münchener Rathhauses Platz und Gelegenheit boten (1862). Für sich selbst baute S. auf einem von König Maximilian II. geschenkten Restchen des früheren „Holzgartens“ ein längst ersehntes eigenes Gelaß, einem stattlichen Patricier-Herrenhaus vergleichbar, und gestaltete die Räumlichkeiten mit Atelier und Garten, heimlich, vergnüglich und imposant zu einem wahren Künstlerheim. Daß ein Mann mit solcher Begabung zur Uebung des Kunsthandwerks ganz geschaffen war, ist selbstverständlich, er gehörte auch mit zu den Gründern des Kunst-Gewerbe-Vereins, dessen Ziele und Bestrebungen S. mit freudiger Begeisterung förderte. In der Zeitschrift des besagten Vereins publicirte er eine Reihe von köstlichen Zeichnungen, z. B. zu Innungsschilden für Zimmerleute und Maurer (1853), allerlei Mustervorlagen für Damastwebereien, zu Tafelaufsätzen, Urkundenrollen, Festdiplomen und anderen Ehrengaben, Projecte zu Prachtkerzen, Standarten (1856), Messer- und Tisch-Nécessaire, für Silberarbeiter [661] und Juweliere (1865). Besondere Erwähnung verdienen das von einem wilden Mann getragene Straußenei (als Trinkgefäß 1870) und ein „Schiff“ mit den in die silbernen Wellen des Fußes eingelegten grünen Römern, welches, meisterlich durch Harrach ausgeführt, als Ehrengeschenk des deutschen Bühnenvereins dem Frhrn. von Hülsen[WS 5] in Berlin zu dessen fünfundzwanzigjährigem Dienstjubiläum 1876 übersendet wurde (abgebildet in der „Zeitschrift des Münchener Kunstgewerbe-Vereins 1877. Tafel 3). Die Krone aller dieser Erzeugnisse bildete aber jenes Album, welches die baierische Armee ihrem Feldmarschall, dem Prinzen Karl, bei dessen Ausscheiden aus dem Heer überreichte (1867), ein Werk, welches erfunden von Franz Seitz und ausgeführt von dessen Bruder Max Joseph Seitz – welcher, ein Meister der Kleinkunst, die minutiös durchgebildeten Waffentrophäen ciselirte –, von Rockenstein und Anderen (die Eckbilder malte Franz Adam), als ein unschätzbares Kleinod bezeichnet werden muß (photographirt in 2 Blättern von J. Albert) und nach dem Ableben des Prinzen in das Nationalmuseum als bleibendes Zierstück gestiftet und somit dem Publicum zugänglich gemacht wurde. Auch die Miniaturen auf der innen liegenden Adresse malte Franz Seitz, der sich ebenso leicht und gewandt im feierlichen Charakter des Rundbogenstyles, wie in zierlicher spitzbogiger Ornamentik, im heiteren Spiele des graciösen Cinquecento, wie im ausgelassenen Muthwillen der Renaissance und der späteren Perückenzeit bewegte. Eine im Style des königlichen Schlosses Schwanstein ausgestattete Urkunde wurde 1869 in das Fundament dieses märchenhaften Bauwerkes eingeschlossen. Heiteres Gepränge trug die Adresse zu Baron von Perfall’s zehnjähriger Bühnenleitung, jene zur goldenen Hochzeitsfeier des Herzog Maximilian (1878, wobei Emil Kirchner den landschaftlichen Theil übernahm), die von den städtischen Collegien Münchens aus gleichem Anlaß an Kaiser Wilhelm I. nach Berlin übersendete Beglückwünschung, die Adresse des oberbaierischen Landraths an den Regierungspräsidenten Freiherrn von Hermann etc. Geradezu unzählig aber ist die Menge der Diplome, Eintritts- und Einladungskarten, Menu-Zettel, welche S. zu Ernst und Scherz, bei Künstler- und Kellerfesten, Zweckessen, Bällen und sonstigen Faschingsfreuden, zu den Banketts der fröhlichen „Pappenheimer“ bereitwillig beisteuerte, immer neu, gefällig und sinnig. Manches davon verwahrt nun die im Besitze der Stadt befindliche „Maillinger-Sammlung“, deren Vorbild auch für andere Städte nachahmenswerth wäre, wie denn überhaupt nicht genugsam empfohlen werden kann, Alles mit Umsicht und Achtsamkeit zusammenzutragen, was sich auf unsere Vergangenheit und Gegenwart bezieht. S. entwarf die Zeichnungen zu den Kostümen der Banner- und Preiseträger und Zieler beim alljährigen Octoberfest (1840), für die Livreen und den artistischen Haushalt des Prinzen Adalbert (1856). Auch der höchst geschmackvolle Kronleuchter im Volkstheater am Gärtnerplatz (nun durch die elektrische Beleuchtung beseitigt) war sein Werk. Was er berührte, sei es zum Hausgebrauch oder zu Schmuck und Zier, erhielt unter seiner Hand eine neue, immer anmuthig-gefällige, geistreiche Form. Auch zu Grabdenkmalen wurde seine Erfindungsgabe in Anspruch genommen, wie denn S. auch beim Ableben seiner Gattin (1880) über sein Familiengrab einen Stein setzte, welcher durch ein sinnreiches, schmiede-eisernes Kreuz in originellster Ornamentirung bekrönt ist. Sehr Vieles entstand im Auftrage König Maximilian II. wie z. B. die Uniformirung der Hartschiere und die malerische Tracht der Georgsritter; auch die Restauration einiger Prachtsäle der alten Residenz. Ebenso wußte König Ludwig II. ein solches Talent zu schätzen und durch zahlreiche Aufträge zu ehren. Im Jahre 1876 wurde S. (gleichzeitig mit seinem berühmten Namensvetter, dem Genremaler Anton Seitz[WS 6], Hofrath Hanfstängl und Alexander Duncker) Ehrenmitglied der Akademie, nachdem ihm schon früher der Michaels-Orden, das [662] Ritterkreuz der baierischen Krone und der spanische Isabellen-Orden zutheil geworden. Mit seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 1880 erfolgte die Ludwigs-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Nun erst gedachte S. mit ungebrochener Kraft und einer immer gleichbleibenden Jugendlichkeit und Frische die wohlverdiente Ruhe für neue Arbeiten auszubeuten. Er schuf mit neuem Frohsinn und Gelingen. Eine Trübung brachte der nach schwerem Leiden 1880 erfolgte Tod seiner Gattin, welche in musterhaftester Weise das Hauswesen geleitet hatte. Sein Trost, seine Freude und sein Stolz blieb sein Sohn Rudolph[WS 7], welcher längst schon durch tüchtige Leistungen einen guten Namen errang. Aber nicht lange dauerte die Freude der innig zusammenwirkenden Thätigkeit. Am 13. April 1883 endete eine Herz-Degeneration nach kurzer aber qualvoller Krankheit seine ruhmvolle Künstlerlaufbahn. Auf seinem Arbeitstische lag eine erst begonnene Adresse zur Feier von Franz Lachner’s achtzigstem Geburtstage. – Rudolph S. vollendete selbe im Geiste des Vaters.

Vgl. Nagler 1846. XVI, 225 und dessen Monogrammisten 1860. II, 884 (Nr. 2481). – Seubert 1879. III, 296. – Maillinger, Bilder-Chronik der Stadt München 1876. II, 249. – Grandauer, Chronik des Hof- und Nationaltheaters in München. 1878. S. 159 und 205. – Nekrologe in Nr. 104 der Münchener „Neuesten Nachrichten“ vom 14. April 1883. Nr. 54 „Sammler“ Augsburg, 3. Mai 1883. Lützow. 1883. XVIII, 495. Beil. 158 „Allgemeine Zeitung“ 8. Juni 1883 und „Zeitschrift des Kunstgewerbe-Vereins“ 1883. S. 61–67.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: errreichte
  2. Jean Louis Ernest Meissonier (* 21. Februar 1815 in Lyon; † 31. Januar 1891 in Paris), beliebter französischer Maler in den 1850 und 1860er Jahren.
  3. Jakob Heinrich Hefner, ab 1856 von Hefner-Alteneck (* 20. Mai 1811 in Aschaffenburg; † 19. Mai 1903 in München), Museumsdirektor, Altertumsforscher, Kunst- und Kulturhistoriker sowie Zeichner und Radierer.
  4. Max Zenger (* 2. Februar 1837 in München; † 16. November 1911 ebenda), Komponist.
  5. Botho von Hülsen (* 10. Dezember 1815 in Berlin; † 30. September 1886 ebenda), Theaterintendant der königlich-preußischen Schauspiele und Präsident des Deutschen Bühnenvereins.
  6. Anton Seitz (* 23. Januar 1829 in Roth; † 27. November 1900 in München), deutscher Maler.
  7. Rudolf (von) Seitz (* 15. Juni 1842 in München; † 18. Juni 1910 ebenda), Maler, Zeichner und Kunstgewerbler.