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ADB:Wyß, David (1737 bis 1815)

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Artikel „Wyß, David von (der Aeltere)“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 404–417, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wy%C3%9F,_David_(1737_bis_1815)&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 21:10 Uhr UTC)
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Wyß: David von W. (der Aeltere), Bürgermeister von Zürich, geboren zu Zürich am 6. März 1737, † daselbst am 26. Januar 1815. – David v. W. (der Jüngere), Bürgermeister von Zürich, geboren zu Zürich am 8. Juni 1763, † zu Erlenbach (bei Zürich) am 18. August 1839.

Die Familie Wyß hat als ersten erkennbaren Vorfahren einen Fischer und Zunftmeister der Züricher Schiffleutenzunft, 1350 bis 1360. Nikolaus war 1460 bis 1490 in höheren Beamtungen – das von ihm geführte und weiter vererbte Wappen zeigt noch den Angel –, Mitglied des Kleinen Rathes. Sein Sohn Matthias wurde 1501 Bürgermeister, legte aber 1510 sein Amt nieder, aus Abneigung gegen das Unwesen des Reislaufens; doch blieb er Rathsmitglied bis zu seinem Tode 1530 und vertrat Zürich auch fortwährend auf zahlreichen Tagsatzungen. Diesem Matthias hatte Maximilian I. 1503 einen Wappenbrief mit Bestätigung des schon bisher geführten Wappens geschenkt. Ein Sohn des Bürgermeisters, Nikolaus, 1507 Chorherr am Zürcher Großmünsterstifte, schloß sich der Reformation an und trat in die Ehe. Das Geschlecht stammt in weiterer Folge von ihm ab.

Ein Nachkomme dieses Nikolaus in siebenter Geschlechtsfolge ist Heinrich. Als Landschreiber der kleinen Gemeinde Ebmatingen war er in dieser untergeordneten Function zugleich Privatsecretär des ersten Bürgermeisters. Daneben stand er als kritischveranlagter Historiker bei Bodmer in voller Schätzung und bethätigte sich als Mitarbeiter des viel anregenden Litterators in der Autorschaft der sehr bemerkenswerthen „Geschichte des Regiments der Stadt Zürich bis zur Einführung [405] der Zünfte“, die in den „Historischen und critischen Beyträgen zu der Historie der Eydsgenossen“ erschien. Aber er starb schon 1741, nur 34 Jahre alt.

Des Sohnes Heinrich’s, David, als seines Enkels, nahm sich nun der ausgezeichnete Bürgermeister Johann Kaspar Escher (A. D. B. VI, 357–359) an, mit dessen Tochter Elisabetha W. verheirathet gewesen war. Der bis 1762 lebende Großvater gewann auf die geistige Entwicklung des jungen Enkelkindes erfreulichsten Einfluß. Der junge W. wurde nach Vollendung des Lehrganges in Zürich nach Lausanne und Paris geschickt. Dann trat er in die Staatskanzlei zu Zürich ein, um hier die Stufenleiter obrigkeitlicher Aemter zu beginnen. Seine erste nahezu ein Jahr ausfüllende politische Mission erlebte W. 1766 als Sekretär zürcherischer Abgeordneter nach Genf. Zürich gedachte da, weil es, gleich Bern, Garant der 1738 vereinbarten Pacification war, bei den erneuerten innern Händeln zwischen Magistrat und Bürgerschaft – gemeinschaftlich mit Frankreich – zu vermitteln, und W. fand Gelegenheit, seine Energie zu zeigen, als er sich der von dem ersten Vertreter Zürichs, Heinrich Escher (A. D. B. VI, 352–353), begehrten Entlassung anschloß, nachdem ein Conflict mit dem französischen Gesandten ausgebrochen war; doch hielt die volle Erklärung der Zufriedenheit, von Seiten der heimischen Regierung, mit Escher auch W. fest. 1768 wurde W. „Unterschreiber“ – zweiter Staatsschreiber – und Mitglied des Großen Rathes in Zürich. Die freimüthige Art des Politikers, der sich in die Staatsverwaltung durch den fortgesetzten Kanzleidienst immer tiefer einlebte, erwies sich 1771 in einer unverhohlenen Enthüllung zahlreicher Gebrechen des Staatswesens – „Trägheit und Schläfrigkeit“ in der Regierung, Willkür, Unselbständigkeit, vorwiegende Particularinteressen, und Anderes –, die er in einem vor Bodmer’s Gesellschaft für vaterländische Geschichte gehaltenen Vortrage brachte. Es sprach für die aus den regierenden Kreisen W. entgegen getragene Achtung, daß er dennoch im gleichen Jahre – bis 1778 – die so wichtige Züricher Landvogtei Kiburg zur Verwaltung zugewiesen erhielt. Hier auf Kiburg befolgte W. die ausgezeichneten Maximen, die sein Großvater Escher in der gleichen verantwortungsreichen Stellung ein halbes Jahrhundert zuvor festgehalten und selbst schriftlich niedergelegt hatte (a. a. O., 358), und er erwarb sich dergestalt bei seinen zahlreichen Unterthanen die allgemeine Anerkennung. Der Aufenthalt auf Schloß Kiburg war auch wichtig für die Entwicklung des mit nahezu neun Jahren dorthin gekommenen ältesten Sohnes David. Nach der Rückkehr in die Stadt wurde W. Mitglied des Kleinen, nachher auch des Geheimen Rathes. 1781 erwuchs bei den abermals in Genf ausbrechenden inneren Unruhen für W., der in genauer Kenntniß der Genfer Angelegenheiten geblieben war, insbesondere den weitgehenden Einfluß Frankreichs auf die Verschärfung des Parteigegensatzes zu beurtheilen verstand, eine neue Aufgabe. Als der Rath von Genf nach einer bewaffneten Erhebung der sich beschwerenden Bürgerschaft – der Représentants – die Mediation der garantierenden Staaten wieder anrief, war W. einer der Zürcher Abgeordneten und nahm jetzt seinen Sohn als Begleiter mit sich, damit dieser so gewissermaßen einen praktischen Cursus in der Politik vollenden könne. Aber die vier Monate dauernden Bemühungen der Zürcher und Berner Gesandten für ein Pacificationswerk scheiterten am Begehren Frankreichs, die Verhandlung an den Sitz des französischen Botschafters, nach Solothurn, zu verlegen. Dabei hatte W. den Vorzug, wegen seiner Festigkeit in Paris, als „eine Art Demagog in Zürich“, besonderes Mißfallen zu erregen. Als dann im Juni die bisherigen Gesandten Genf verließen, wurde der 18jährige Sohn W. als Secretär des dem Vater zum Nachfolger gegebenen zürcherischen Repräsentanten in Genf gelassen. Danach ging der Vater Anfang Juli selbst zu jener Verhandlung nach Solothurn ab; doch blieb diese erfolglos, und auch W., „der Genfersache müde“, hätte es [406] jetzt für das Bequemste gehalten, daß Zürich aus der Garantie austrete. Dazu kam es denn, nachdem ein anfangs vorgeschlagener Mittelweg abgelehnt worden war, im Januar 1782, und nunmehr verließ auch der junge W. Genf. Der ältere W. sah die darauf folgenden Ereignisse – die revolutionäre Beseitigung der Genfer Regierung, die hiergegen wieder sich richtende bewaffnete Einmischung Frankreichs, Savoyens, Berns, die Entwaffnung der Bürgerschaft –, an denen Zürich sich jetzt nicht mehr betheiligte, mit tiefem Kummer; er erblickte sehr richtig im Schicksal Genfs „ein sehr unglückliches Ereigniß für die Eidgenossenschaft“.

Der Sohn W. bezog hierauf im Frühjahr 1782 die Universität Halle, wo er bei dem Philosophen Eberhard (A. D. B. V, 569–571) im Hause wohnte, und kehrte im November 1783 nach einer längeren Reise durch Deutschland, Holland, England nach Zürich zurück, wo der Vater inzwischen zu dem verantwortungsvollen Amte des Seckelmeisters erwählt worden war. Dann trat der Sohn, nach einer nochmaligen Abwesenheit in Paris, in die Staatskanzlei und somit in die Stufenreihe bürgerlicher Aemter ein. Aber auch noch in diesen Geschäften – zumal als erster Rathssubstitut, als welcher er Gehülfe des ersten Staatsschreibers war – fand er Zeit zu litterarischen Arbeiten. Die 1790 erschienene Biographie seines Urgroßvaters Johann Kaspar Escher, die ihm in einem originellen Briefe die Anerkennung Pestalozzi’s eintrug, Aufsätze in der Zeitschrift „Schweizerisches Museum“ – darunter ein Nachruf an Salomon Geßner, dem eifrige Mithülfe zur Durchführung des Denkmals des Dichters folgte – gehören diesen Jahren an; noch 1796 kam das „Politische Handbuch für die erwachsene Jugend der Stadt und Landschaft Zürich“, ein unentbehrliches Hülfsmittel zur Orientirung in den bald darauf ganz aufgehobenen alten Staatseinrichtungen. Außerdem war W. Secretär einer von Dr. J. H. Rahn (A. D. B. XXVII, 175 und 176) begründeten Gesellschaft „zur Beförderung häuslicher Glückseligkeit“, Mitglied der helvetischen Gesellschaft, die ihn mit Johann Georg Müller (A. D. B. XXII, 538–546) in Verbindung brachte.

Mit dem Ausbruche der französischen Revolution, vollends seit dem Anfang des ersten Coalitionskrieges und seit den Augusttagen und den Septembermordthaten von 1792 in Paris fing nun eine immer gefährlichere Stellung an für die schweizerische Eidgenossenschaft, für ihren Vorort sich herauszustellen. Auf der Aarauer Tagsatzung im September 1792, wo der ältere W. der zweite Zürcher Gesandte und sein Sohn der Secretär der Versammlung waren, hatte W. zum ersten Male die Gelegenheit, in Entschlüssen, auf die er einen wesentlichen Einfluß ausübte, seine politische Ueberzeugung hinsichtlich der von der Eidgenossenschaft zu wählenden Politik zum Ausdruck zu bringen. Diese ging – einer in Bern vorhandenen, wenn auch zurückgedämmten Strömung entgegen (vgl. A. D. B. XXXV, 586 und 587) – dahin, daß die Schweiz trotz der von Frankreich her geschehenen Dinge an der Neutralität festhalten müsse, möge auch, besonders von österreichischer Seite, eine solche Neutralität, nach der den Schweizer Regimentern von Frankreich zugefügten Schmach, als eine dem Ruhm und der Ehre der Schweiz unzuträgliche Politik bezeichnet werden. Allerdings dauerte von da an mit dem nicht mehr als Ambassadeur amtlich angeredeten französischen Gesandten Barthelemy kein officieller Verkehr mehr fort; in Privatcorrespondenz wurden vom Bürgermeister von Zürich die Geschäfte mit Frankreich vermittelt. Die gleichfalls in Aarau erlassene Erklärung, die Neutralität vertheidigen zu wollen, wurde vorzüglich bei der alsbald folgenden Bedrohung von Genf thatsächlich durchgeführt, und der Sohn W. hatte im Herbst des Jahres als Legationssecretär einer nach Bern abgeordneten zürcherischen Repräsentantschaft zu dienen, bis dann mit dem Abzug der schweizerischen Truppen aus Genf Ende November die Ursache dieser Sendung dahinfiel. Für W. war der Aufenthalt wegen der daraus sich ergebenden [407] genaueren Bekanntschaft mit den Berner Verhältnissen werthvoll gewesen. Ein Jahr später, Ende November 1793, erhielt er den Auftrag, gegen Ausfuhrverbote der vorderösterreichischen Regierung in Constanz, dann auf dem schwäbischen Kreistage in Ulm, hernach in Stuttgart und in Freiburg Vorstellungen zu machen, durch die er wenigstens die ganze östliche Schweiz für den Verkehr wieder zu öffnen vermochte. 1794 ließ er anonym eine Schrift erscheinen, in der die bisher befolgte Neutralitätpolitik beleuchtet und vertheidigt wurde.

Das Jahr 1795 brachte am 20. Juni, nach der dem greisen Bürgermeister Ott gewährten Entlassung, die vom Großen Rathe einstimmig vollzogene Erwählung des Vaters W. zum Bürgermeister, als College des Bürgermeisters Kilchsperger. Aber diese Wahl fiel schon mitten in die Anfänge innerer Unruhen, die, angefacht durch die Vorgänge in der vom französischen Vorbilde ergriffenen welschen Schweiz, Ende 1794 im Kanton Zürich sich ankündigten (vergl. A. D. B. III, 23 u. 24). Die gegen die Gemeinde Stäfa durch die Zürcher Regierung durchgeführte militärische Maßregel, die gefällten Strafurtheile stellten die Ruhe für einmal wieder her; durch die ernsten Bemühungen Lavater’s – auch W. stimmte gegen Erlaß von Todesurtheilen – war die von der Leidenschaft in der Stadt vielfach geforderte Anwendung der strengsten Maßregeln glücklich vermieden worden. Aber die Spannung blieb nothwendigerweise. Darüber kam, schon vor dem Abschluß des Friedens von Campo Formio, Ende September 1797, die Absicht des französischen Directoriums, die Eidgenossenschaft nicht länger zu schonen, sondern durch ein aggressives Vorgehen und durch Förderung der inneren Auflösung in die Revolution hineinzureißen, stets deutlicher zu Tage. Zwar wurden gegenüber der im December von Frankreich her begonnenen militärischen Action auf der letzten zu Aarau abgehaltenen altschweizerischen Tagsatzung, wo Bürgermeister W. erster Gesandter des Vorortes Zürich war und als solcher das Präsidium führte, die alten Bünde am 25. Januar 1798, seit der Reformationsepoche zum ersten Male wieder, feierlich beschworen; aber für eine zum Nothfall kriegerischer Vereinigung ausreichende Einigkeit der Stände unter einander war geringe Hoffnung. W. selbst war auch jetzt noch, so weit möglich, auf Erhaltung des Friedens gegenüber Frankreich bedacht und stimmte mit ihm voreilig scheinendem kriegerischem Eifer nicht überein; doch war er sich der drohenden Gefahr wohl bewußt und suchte für jenen Nothfall den Willen der Stände, sich gegenseitig Hülfe zu leisten, zu stärken, und über den wahren Sinn der trügerischen, die Absichten des Directoriums noch für den Augenblick verhüllenden Worte Mengaud’s, der unter der Maske des diplomatischen Vertreters die Agitation gegen die noch bestehende Staatsform betrieb, war er durchaus nicht im Unklaren. Eine Woche nach dem Bundesschwur, wo W. vor einer Menge von mehr als 30 000 Anwesenden bei dem öffentlichen Acte die Rede gehalten hatte, ging die Tagsatzung auseinander, und jetzt entwickelten sich die Dinge rasch. Auch unter den Füßen der Zürcher Regierung begann der Boden zu zittern, als andere eidgenössische Gebiete in der Annahme der neuen demokratischen Grundsätze vorangegangen waren. Der von W. – noch von Aarau her – geäußerte Gedanke, bei Anlaß der Bundesbeschwörung Deputationen auf die Zürcher Landschaft behufs Anhörung der Volkswünsche zu senden, hatte nicht Anklang gefunden. So erschienen endlich geschehende entgegenkommende Maßregeln – Aufstellung völliger Amnestie gegenüber den Verurtheilten von 1794 und 1795, am 29. Januar – verspätet. Auch die am 5. Februar ertheilte Erklärung der Gleichheit der Rechte zwischen Hauptstadt und Landschaft beruhigte die Bewegung nicht. Die provisorisch neben der neubestellten Landescommission noch im Amt gebliebene alte Regierung raffte sich zeitweilig noch zu kräftigen Beschlüssen auf, und es ist anzunehmen, daß Bürgermeister W. zu solchen wesentlich mithalf. Aber nachdem Bern an [408] die französischen Invasionstruppen am 5. März übergegangen war, legte der bisherige Große Rath am 8. d. M. seine Regierung nieder.

Da der gewesene Bürgermeister als einer der thätigsten und rührigsten Repräsentanten des gestürzten Regierungssystems galt, sah er sich gezwungen, um Mißhandlung zu entgehen, zugleich mit seinem Sohne am 13. März Zürich zu verlassen. In der schwäbischen Reichsstadt Lindau, wo bald auch Flüchtlinge aus andern Schweizer Gebieten ankamen, wurde Zuflucht gefunden. Schon im April konnte der jüngere W. nach Zürich zurückkehren, und ihm wurde nun die Aufgabe, als Schriftführer bei den Verhandlungen zu dienen, die geführt wurden, um eine Erleichterung der am 8. April vom französischen Commissär Lecarlier ausgeschriebenen Contribution von drei Millionen Franken, die von den bisherigen obrigkeitlichen Personen, also auch von der Familie des Bürgermeisters, eingetrieben werden sollte, zu erzielen. Es handelte sich dabei besonders um eine Milderung hinsichtlich der letzten drei Fünftheile der Forderung, und nicht zum mindesten seinen Anstrengungen war es zu verdanken, daß nach unendlichen Schwierigkeiten die Sache eine verhältnißmäßig günstige Wendung nahm. Ueberhaupt suchte W., wie er selbst sich äußerte, in dieser Zeit der Bedrängniß für sich „Erlangung und Bewahrung inneren Friedens“ zu erringen. Der Vater weilte noch bis in den Juni außerhalb der Schweiz und lebte dann nach der Heimkehr zurückgezogen im Privatstande, in einer geistig belebten Muße, die er schon längst sich gewünscht hatte, völlig fern von den Plänen der ausgewanderten Träger der alten Einrichtungen, die sich auf den in der Vorbereitung liegenden Krieg der Coalition gegen die französische und damit auch gegen die an die Pariser Regierung gefesselte helvetische Republik richteten (vergl. A. D. B. XIII, 205, XXXV, 589 und 590).

Die von Laharpe ausgegangene terroristische Maßregel der Deportation traf dessen ungeachtet im Frühjahr 1799, nach Ausbruch des Coalitionskrieges, auch W., neben ihm seinen Sohn, sowie zwölf andere angesehene Männer aus Zürich. Am 2. April geschah in der rücksichtslosesten Weise die Durchführung der Maßregel. Aber die Festhaltung – Basel war der Platz des Aufenthaltes – wurde für das helvetische Directorium bald eine Sache der Verlegenheit, da sich aus den mit Beschlag belegten Papieren ein Anhaltspunkt des Verdachtes nirgends ergab, und so wurde die Deportation nunmehr als Abführung von Geiseln ausgegeben und die härtere Behandlung mit einer milderen Ueberwachung vertauscht. So vermochte der junge W. Gefangenen, die wegen ihrer politischen Haltung, oft ganz unschuldig, vor Kriegsgericht gestellt wurden, zu Hülfe zu kommen. Am 19. August wurde den Deportirten die Freilassung verkündet. Allein da inzwischen durch das Vorrücken des Erzherzogs Karl Zürich von der helvetischen Republik gelöst worden war, konnte der Rückweg nur auf dem Wege einer heimlichen Flucht, auf dem Rhein, über Freiburg und Donaueschingen, gewählt werden. Obschon nun der ehemalige Bürgermeister Zürich unter Leitung der nach Abwerfung der helvetischen Ordnung eingesetzten Interimsregierung vorfand, obwol ein am 7. September aus Wien an ihn geschriebener Brief Johannes Müller’s sehr bestimmte Erwartungen hinsichtlich der geplanten Herstellung der alten Staatsform aussprach, so ist doch keine Spur vorhanden, daß W. an Verhandlungen, die dahin zielten, betheiligt gewesen sei. Außerdem gestaltete alsbald Massena’s Sieg in der zweiten Schlacht bei Zürich, am 25. September, die Dinge wieder völlig um. Schon am Abend des Schlachttages mußte W. mit dem Sohn, dem jetzt auch die Frau und der älteste Sohn sich anschlossen, neuerdings Zürich flüchtig verlassen und über Constanz wieder nach Lindau den Weg einschlagen, dann aber wegen Ueberfüllung dieses Zufluchtsortes erst in Kempten, dann in Augsburg Bergung suchen. Der englische Minister Wikham, [409] mit dem W. schon seit 1795 bekannt war, hatte jetzt die Idee, nach dem Tode des Hauptes der Emigration, des Berner Schultheißen Steiger (A. D. B. XXXV, 584–591), W. an die Spitze des Schweizercomités zu stellen. Doch konnte dann dieses bei der rasch immer ungünstiger werdenden Wendung der Kriegsereignisse, nach dem Rückzuge der Russen aus der Schweiz, gar nicht zur Constituirung gelangen. Immerhin blieb die Schweiz den Flüchtlingen noch bis in den Februar 1800 verschlossen – Schwiegertochter und Enkel waren zwar schon im November heimgekehrt –, und erst die Nachwirkungen der Umwälzung des 18. Brumaire des Jahres VIII von Paris her führten mit dem Vater auch den Sohn W., der, obschon er für sich ohne Schwierigkeit die Rückkehr hätte bewerkstelligen können, das Schicksal des Bürgermeisters freiwillig getheilt hatte, wieder nach Zürich.

In der helvetischen Republik war durch den Sturz des französischen Directoriums, der den Fall der von dem Werkzeuge der Pariser Gewalthaber, Laharpe, vertretenen, von Bern aus geübten Willkürherrschaft nach sich zog, für W. der Boden zum Wiedereintritte in die öffentlichen Angelegenheiten gegeben. Der in die helvetische Verwaltung neu eingetretene Müller-Friedberg (A. D. B. XXII, 694–698) frischte die schon seit den achtziger Jahren bestehende Verbindung mit W. wieder auf, und dieser war durch dessen Briefe über das eigenthümliche stets von Frankreich her beeinflußte Getriebe der Parteien in der helvetischen Hauptstadt gut unterrichtet. Es war deutlich, daß eine Tendenz gewisser Annäherung an die föderalistische Auffassung, unter Billigung des Consuls Bonaparte und seiner Organe, einer nach einem ersten Zwischenfalle neuerdings eintretenden Aenderung der Dinge entgegentrieb. So trat am 30. April 1801 in der zu Malmaison ertheilten Audienz ein Verfassungsentwurf zu Tage, der zwar den Wünschen keiner Partei recht entsprach; nach diesem Plane, der am 29. Mai in Bern veröffentlicht wurde, sollte auf den September eine allgemeine Tagsatzung zum Behuf der Annahme des von Bonaparte aufgestellten Entwurfes folgen, in der Art, daß vorher durch Kantonstagsatzungen Kantonsorganisationen aufgestellt würden, diese Kantonstagsatzungen ferner die Mitglieder der allgemeinen Tagsatzung wählen sollten. Am 15. Juli war nun als Mitglied der Zürcher Kantonstagsatzung auch W. gewählt, wie er auch schon vorher in die Municipalität der Stadt Zürich zugezogen und als ein Mitglied des neu bestellten kantonalen Erziehungsrathes ernannt worden war. Aber schon am 22. Juli zeigte W. in einem an den Minister Reinhard, der seit Februar 1800 der Vertreter Frankreichs in Bern war (s. A. D. B. XXVIII, 54 u. 55), geschriebenen Briefe, daß er alle seine besseren Erwartungen durch den Gang der Wahlen für die Kantonstagsatzungen zerstört sehe, da an die Stelle der versöhnlichen Gesinnung abermals eine ausgeprägt revolutionäre Wendung getreten sei, und W. gab dann auch nach Schluß der Commissionsarbeiten der Zürcher Versammlung ein schriftliches Minoritätsvotum dagegen ein. Als Mitglied einer von Municipalität und Gemeindekammer der Stadt Zürich gemeinsam bestellten Commission wurde W. beauftragt, in Bern eine Eingabe dieser Commission, Bemerkungen und Wünsche der Stadt die Verfassung betreffend, persönlich zu übergeben und während der Dauer der allgemeinen Tagsatzung über die Dinge gemäß der Beobachtung aus der Nähe regelmäßig Bericht zu erstatten. So sah sich W. in Bern in den Gang der Angelegenheiten hineingestellt, und er war, als am 17. October dreizehn föderalistisch gesinnte Abgeordnete ihren Austritt aus der Tagsatzung nahmen, der Verfasser der Erklärung dieser Minorität über deren Hauptbeschwerden gegen die Verfassung, ebenso eines rechtfertigenden Schreibens an die französische Gesandtschaft, von der indessen infolge der Umtriebe und verleumderischen Anschuldigungen des helvetischen [410] Gesandten in Paris, Stapfer (s. A. D. B. XXXV, 451–456), Reinhard am 21. August abberufen worden war (W. selbst hatte Bern schon am 12. October verlassen). Aber nun kam es in der Nacht vom 27. zum 28. October, infolge der einseitig unitarischen Bestellung der neuen Behörden, zu einem Staatsstreiche in Bern, zu dem der Nachfolger Reinhard’s, Verninac, im Gegensatz zu seinem gemäßigten, von aufrichtigem Wohlwollen für die Schweiz erfüllten Vorgänger ein vollendeter Meister der Intrigue, die Hand gereicht hatte. Unter Aufhebung der kaum erst zu Ende geführten Verfassung geschah die Rückkehr zum Entwurf von Malmaison und die Erwählung neuer Behörden im föderalistischen Sinne. Unter den 25 sogleich zu Senatoren ernannten Candidaten, die am 28. ein Ausschuß von fünf Mitgliedern ernannte, befand sich auch W., und schon am 29. erhielt er das Decret, das ihn nach Bern berief.

Die Betheiligung an diesem nach seinem Haupte, dem Schwyzer Alois Reding, als erstem Landammann der Schweiz (s. A. D. B. XXVII, 525 u. 526), so genannten Reding’schen Senate, die bis in den April 1802 sich erstreckte, bildet eine wichtige Episode im Leben des Zürcher Staatsmannes. Er hatte schon gleich nach der Wahl, im November, vom eigenen Vater eine richtige Schätzung der Lage der Dinge erhalten. Dieser schrieb: „Das Schlüpfrige Deiner neu zu betretenden Bahn stellte sich mir oft nur zu lebhaft vor. Denn die Zukunft für das Vaterland und für Dich müssen Besorgnisse erwecken, und beruhigen kann man sich am Ende allein damit, daß man die heiligsten Pflichten bei Seite setzen würde, wenn man Dich nicht nur zurückgehalten, sondern auch nur Deinen Muth vermindert hätte, die Rettung von den Leuten, die über uns geherrscht haben, zu vervollkommnen zu suchen“. Und allerdings mußte ja eine Reihe der größten Schwierigkeiten aus der vollkommen ungesetzlichen Weise, in der auch diese neue Centralregierung eingesetzt worden war, entstehen, und nothwendig stellte sich auch für sie die Unselbständigkeit gegenüber dem französischen Consul und dessen Werkzeugen heraus; dazu kam der Haß der aus der Macht verdrängten Unitarier, der auch gemäßigtere Föderalisten, zu denen W. sich zählte, nicht verschonte. Ganz besonders aber schloß Reding’s aus besten Absichten erwachsener, doch mit nicht genügender Umsicht bewerkstelligter Versuch, für die helvetische Republik durch eine persönliche Vorstellung bei Bonaparte in Paris bessere Bedingungen zu erzielen, mit einem totalen Mißerfolg. Denn die wahren Absichten der Consulatsregierung enthüllten sich schon, als der Landammann, anscheinend von berechtigten Hoffnungen erfüllt, kaum erst in Bern wieder eingetroffen war. Die am 28. October 1801 eingesetzte Regierung wurde durch den erzwungenen Eintritt ausgeprägter Unitarier in ihrer Zusammensetzung so modificirt, daß ihr ganzer Charakter abgeschwächt erschien; dann folgte die gewaltsame Abreißung des für Frankreichs Vergrößerung begehrten Landes Wallis, daß heißt eben das, was Reding’s Reise hätte verhüten sollen. Endlich brachte, nachdem sich die am 27. Februar vom Senate vollendete neue Verfassung als ein todtgeborenes Kind erwiesen hatte, der Staatsstreich vom 17. April 1802 den Plan Bonaparte’s zur Vollendung. W. hatte anonym „Betrachtungen, die jeden Vaterlandsfreund zur Annahme des Verfassungsentwurfes vom 27. Hornung bewegen sollen“ veröffentlicht; jetzt verfaßte er noch am 21. April das Concept für die von ihm und von elf Senatoren, darunter Reding, dem Kleinen Rathe eingereichte Verwahrung gegen den centralistischen Staatsstreich. Dann kehrte er nach Zürich in den Privatstand zurück. In aller Ruhe hatte er am 20. geschrieben: „Der entschiedene fränkische Einfluß bei allem Vorangegangenen und die in so mancher Hinsicht äußerst verworrene Lage, in der wir uns schon lange befanden, machen das Geschehene für unsere Personen eher zu einem Glück, und [411] unvermeidlich wäre der nämliche Streich in Kurzem gewesen, vermuthlich unter weniger erträglichen Formen“.

Jetzt folgten die stürmischen Monate des nochmaligen Waltens einer einzig von Frankreichs Gnade bestehenden centralistischen Regierung. Nach der Scheinannahme des in That und Wahrheit von der Volksmehrheit abgelehnten unitarischen Verfassungsentwurfes in der Abstimmung vom 19. Mai kam, nach Abzug der allein noch die Regierung aufrecht haltenden französischen Truppen, im August und September die Reaction in den inneren und den östlichen Gegenden des Landes zum Ausbruch. Als der helvetische General Andermatt auf die gleichfalls den Gehorsam weigernde Stadt Zürich seine Bomben warf, war W. schon wieder, als Mitglied der am 7. September erweiterten Municipalität, zunächst auf dem Boden der städtischen Angelegenheiten in öffentlicher Stellung; am 8. ging er als einer der Abgeordneten dieser Behörde nach Bern, um auch mündlich ein Schreiben mit Vorstellungen gegen Andermatt’s Maßregeln, das schon vorher ausgefertigt worden war, vor dem helvetischen Vollziehungsrathe zu unterstützen. Doch fanden diese Deputirten kein Gehör, sondern wurden unter Bewachung eines helvetischen Officiers zurückgeschickt; freilich mußte dann dieser selbst am 13. von Baden flüchtig davon gehen, als eine Erhebung bewaffneter Bauern die dort befindlich gewesenen helvetischen Truppen zersprengt hatte, und so konnten die der freien Bewegung zurückgegebenen Abgesandten ungehindert nach Zürich zurückkehren, vor dem allerdings stets noch Andermatt’s Belagerungscorps lag. Allein nun mußte Andermatt von Zürich abziehen; in Schwyz versammelte sich die alteidgenössische Tagsatzung; die volle Niederlage der helvetischen Regierung schien vorzuliegen. Da wurden alle Hoffnungen der Föderalisten durch die Anerbietung der unabweislichen Intervention von seiten Bonaparte’s, am 4. October, niedergeschmettert.

Auch W. gelangte auf Grund der vom Mediator Bonaparte am 19. Februar 1803 an die Schweizer Consulta übergebenen Vermittlungsacte im Kanton Zürich in die neu bestellten Behörden. Seine städtische Zunft wählte ihn in den Großen Rath, aus dem er in den Kleinen Rath befördert wurde. Hier wirkte er in einer Reihe von Commissionen, besonders derjenigen zum Entwurf der Gesetze für die organischen Einrichtungen des Kantons, mit; weitere gesetzgeberische Arbeit, Theilnahme an den Tagsatzungen, diplomatische Aufträge, so Ende 1803 zu einer Conferenz in Schaffhausen, wegen der aus dem Reichsdeputationshauptschlusse für schweizerische Rechtsansprüche sich ergebenden streitigen Fragen, füllten die nächsten Jahre. 1807 fiel für Zürich als Directorialkanton eine größere Aufgabe ab, und zugleich hatte in diesem Jahre W. als Präsident der Aufsichtsbehörde des in Zürich neu geschaffenen politischen Institutes (s. A. D. B. XXI, 623) noch eine weitere Pflicht übernommen.

1813 hatte Zürich abermals unter der Landammannschaft seines Bürgermeisters Reinhard (A. D. B. XXVIII, 41) die Leitung der allgemeinen schweizerischen Angelegenheiten zu besorgen. Da wuchs seit dem October, als sich der Krieg der Alliirten gegen Napoleon den schweizerischen Grenzen näherte, die Gefährdung der schweizerischen Neutralität, weil ja die ganze Verfassung von 1803 einzig an die Person des Vermittlers gebunden war, so daß nach den fortgesetzten Niederlagen des französischen Kaiserthums alles in das Wanken gerieth. So wurde es bei Zürichs vorörtlicher Stellung dessen Aufgabe, die schweizerischen Kantone auch beim Wegfalle der Mediationsacte zusammenzuhalten und den Boden für die Gestaltung eines neuen Bundesverhältnisses zu ebnen. Auch W. war an den Anstrengungen für Auffindung der Ueberleitung in eine neue Vereinigungsform für die Kantone betheiligt, an Berathungen, die unter unendlichen Schwierigkeiten sich vollzogen. Schon am 28. December wurde er Mitglied [412] einer durch die Tagsatzung aus Angehörigen von vier Kantonen gebildeten Commission, die ein Gutachten aufstellen sollte, wie im Geiste der alten Bünde ein neues Band unter den dreizehn alten Kantonen zu knüpfen sei, doch in der Weise, daß den seit 1798 neu entstandenen Kantonen der Beitritt offen stehe. Das war die Einleitung der unendlich mühseligen und langwierigen Verfassungsarbeit, während deren Dauer 1814 einige Zeit hindurch eine eigentliche Spaltung zu Tage trat, als neben der allgemeinen Tagsatzung zu Zürich die Sondertagsatzung der renitenten alten Kantone in Luzern beisammen war. W. war dann der Verfasser des Conceptes für den Entwurf, der am 4. Februar 1814 zur Vorlage kam, dessen 25 Artikel dann wirklich die Grundlage des endgültigen Bundesvertrages von 1815 nachher geworden sind. Im März 1814 wurde W. erstgewähltes Mitglied einer Abordnung an jene in Luzern tagende achtörtige Conferenz, und diese brachte die Entscheidung für den Wiederanschluß jener Abgesonderten an die Zürcher Tagsatzung. Zu der am 6. April wieder eröffneten allgemeinen Tagsatzung der neunzehn Stände sah sich danach W. als einer der Vertreter seines Kantons abgeordnet. Daneben war seine Thätigkeit für die Schöpfung der dem eigenen Kanton neu zu gebenden Verfassung in Anspruch genommen. Zuerst war es da schon gelungen, den auch in Zürich gemachten Versuch, in Nachahmung dessen, was in Bern geschehen war, die Zurückführung auf die vor 1798 gültig gewesene Ordnung zu erringen, gleich schon im Keime zu besiegen. Dann stand W. im Großen Rathe in einem längeren eindringlichen Votum für die Annahme des ausgearbeiteten Verfassungsentwurfes ein, und auf Grund dieser Verfassung wurde er als Mitglied des Kleinen Rathes erwählt. Nach der Annahme des Bundesvertrages am 9. September, wodurch der durch Zürich vertretene vermittelnde politische Gedanke gesiegt hatte, konnte der Amtsbürgermeister Reinhard als ersterwählter Gesandter der Tagsatzung zum Congresse nach Wien abgehen. Die Leitung der Tagsatzung übernahm an seiner Stelle der zweite Bürgermeister Hans Konrad von Escher (A. D. B. VI, 350). Aber er starb an einem Schlaganfall nur ein Vierteljahr später. Jetzt wurde W., der im Sommer infolge der gehäuften Arbeit und der gemüthlichen Nachwirkungen der vorangegangenen schweren Kämpfe eine längere Erholung nothwendig gehabt hatte, am 16. December vom Großen Rathe als Bürgermeister erwählt; dadurch sah er sich den neuerdings übernommenen Gesetzgebungsarbeiten für den Kanton Zürich entzogen und vor eine viel verantwortungsvollere Aufgabe gestellt. Denn als W. am 21. des Monats das Präsidium der Tagsatzung antrat, war die Lage der Schweiz vielfach noch recht beunruhigend. Zu Wien dauerten die Verhandlungen über die Stellung der Schweiz in Europa, über ihre Grenzgestaltung noch stets fort; Mißstimmung und Abneigung herrschten in Folge der bisherigen Entwicklung der Dinge zwischen Zürich und Bern; innere Unordnung, nahezu Auflösung war in einer Reihe von Kantonen vorhanden. Allein die Tagsatzung kam W. mit Vertrauen und Achtung entgegen, und auch die Berner waren seinem gemäßigten Charakter gewogener, als dem einseitig Zürichs Interesse betonenden Reinhard.

Unter diesen Verhältnissen stand W., als er am 41. Tage nach seiner Ehrenerhöhung seinen Vater verlor, mit dem er stets in regstem Austausch, in enger geistiger Gemeinschaft geblieben war. Dieser war seit 1800 nirgends mehr im öffentlichen Leben hervorgetreten. Als das liebevoll hochgehaltene Haupt der Familie, als ein eifriger geistiger Theilnehmer an den staatlichen Angelegenheiten, in fortgesetzter verständnißreicher Fühlung mit den litterarischen Erscheinungen hatte er gelebt, während der Sommermonate gern zu Meilen auf seinem Landgute am Gestade des anmuthigen Zürichsees sich dem Genusse der Natur hingegeben. Schon 1800 hatte er, als Dank für die Zusendung der Uebersetzung von [413] Cicero De officiis, an den gelehrten Philologen Hottinger (A. D. B. XIII, 198) geschrieben: „Das Studium der Philosophie der Alten schenkt auch mir nun so manche Stunde der angenehmsten Unterhaltung und eine Gemüthsverfassung, die in dem Abend meines Lebens mitten unter all’ den unser Vaterland drückenden und zerstörenden Ungewittern die weit meisten Tage und Stunden ruhig und heiter dahin fließen läßt“. Am Beginn des Jahres 1815 war ihm, der auch in der Zurückgezogenheit bis zuletzt für die öffentlichen Dinge rege Aufmerksamkeit behalten hatte, die Nachricht, daß vom Wiener Congresse die Anerkennung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz sicher zu erwarten sei, zur lebhaften Freude geworden. Dann nahm ihn ein sanfter Tod hinweg. –

Als Tagsatzungspräsident stand W. mit den Vertretern in Wien, voran mit Reinhard, in steter Correspondenz und folgte deren Bemühungen für die Geltendmachung des schweizerischen Begehren; dabei traten die Angelegenheiten Bündens – wegen der 1797 abgerissenen italienisch sprechenden Herrschaften im Addagebiete, voran Veltlin –, des Wallis, das wieder erlangt werden mußte, von Genf, das gleichfalls entfremdet worden war, dann die des Bisthums Constanz, der Neutralisation von Nordsavoyen besonders hervor. Innerhalb der Schweiz galt es, die Ordnung zu behaupten, Ausbrüchen der Parteiwuth vorzubeugen. Aber erst Napoleon’s Flucht von Elba brachte in Wien auch die Schweizer Sachen rasch zum Abschlusse, sodaß Reinhard im April zurückzukehren vermochte, und ebenso führte diese neue Störung des europäischen Friedens zur erwünschten, beinahe völligen Einstimmigkett der Tagsatzung, im Entschlusse der Abwehr der zu befürchtenden Eingriffe von Frankreich her. Denn die Kriegsgefahr nöthigte zu umfangreicher Waffenrüstung gegen das hergestellte Kaiserthum der hundert Tage. Die ruhige Festigkeit des Bürgermeisters W. in allen diesen sich häufenden Aufgaben wurde voll anerkannt. Der spätere College im Bürgermeisteramte, v. Muralt (A. D. B. XXIII, 54 und 55), der als Mitglied der eidgenössischen Militärcommission diese Dinge miterlebt hatte, äußerte: „W. entwickelte damals eine mit Weisheit verbundene, die größte Anerkennung verdienende Thätigkeit; er flößte der Tagsatzung eine Thatkraft ein, welche sich schnell in Aufstellung eines eidgenössischen Heeres kund gab. Ich war Augenzeuge der nie ermüdenden Thätigkeit, mit der der Bundespräsident die Geschäfte beförderte, Eintracht erhielt und excentrische Bestrebungen wieder in die gehörigen Schranken zurückwies“. Aber in einem Punkte blieb den Mitlebenden noch ganz verhüllt, in einem wie hohen Grade sich W. mit seiner Person geradezu einsetzte. Er hielt, um eine gefährliche Zerklüftung der Tagsatzung zu verhüten, eine von dem Minister Caulaincourt sehr schlau abgefaßte Note vom 5. Mai, die mit Napoleon’schen lügnerischen Schmeichelworten die Schweiz umgarnen sollte, geheim; denn für die Schweiz war schon am 20. des Monats durch die Convention mit den gegen Frankreich verbündeten Mächten, auf deren Abschluß die Truppenzüge der alliirten Armeen durch die Schweiz folgten, eine bindende Verpflichtung gegeben. Daß W. angesichts so schwieriger Lage die Nachricht von Napoleon’s Vernichtung am 18. Juni mit dem Rufe: „Wir sind gerettet!“ aufnahm, ist leicht zu begreifen. Doch der Einmarsch der schweizerischen Armee auf französischen Boden, die hiermit sich verbindenden Meinungsverschiedenheiten im Hauptquartier (A. D. B. VII, 26) brachten neue peinliche Vorgänge; zu scharfen Beschlüssen wurde die Tagsatzung gegen Nidwalden genöthigt, weil dieser Halbkanton, von ehrgeizigen Demagogen irre geführt, sich weigerte, dem eidgenössischen Bunde beizutreten. Allein dessen ungeachtet fand am 7. August zu Zürich die feierliche Beschwörung des Bundesvertrages statt, und W. hatte als Präsident der Tagsatzung den Act einzuleiten, was in einer dem wichtigen Augenblicke wohl ans gemessenen Rede geschah. Dann schloß, nachdem noch letzte Aufgaben – eben [414] die Pacification Nidwalden’s, darauf die Uebernahme des aus dem französischen Territorium ausgelösten Bisthums Basel – geordnet waren, als am 26. August mit der Capitulation der Festung Hüningen bei Basel die letzte von Frankreich drohende Gefahr beseitigt erschien, am 31. des Monats die Tagsatzung, die wegen der Dauer ihrer Session die Bezeichnung „lange Tagsatzung“ behielt. Immerhin wurden noch dem Zürcher Staatsrath wichtige Vollmachten zur Vollendung einzelner schwebender Geschäfte übertragen, und zwar, wie der Beschluß sich ausdrückte, infolge des Vertrauens „in die Weisheit des Vorortes“ und desjenigen, „welches sich das würdige Präsidium so unbegrenzt erworben habe“.

Solche Sorge galt ganz besonders noch der Mission des Genfer Staatsmannes Pictet de Rochemont an die Alliirten nach Paris, zum Behuf der Verfechtung schweizerischer Interessen beim Abschlusse des zweiten Pariser Friedens. Allerdings mußten die anfangs gehegten Erwartungen von den Resultaten dieser Sendung, wenn auch der Gesandte redlichsten Eifer und beste Einsicht zeigte, wesentlich herabgestimmt werden; aber dessenungeachtet durfte der Vorort mit Fug gegenüber Pictet, nach dessen im November geschehener Rückkehr, den vollsten Dank bezeugen. Durch eine vom Kaiser Franz I. an W. ertheilte Ordensauszeichnung, die dieser freilich erst nach langem Bedenken und nach der ausdrücklichen Billigung durch den zürcherischen Kleinen Rath annahm, wurde die hohe Zufriedenheit der österreichischen Regierung hinsichtlich des Verhaltens der ersten schweizerischen Magistratsperson bezeugt. Doch boten die endgültige Abgrenzung des Genfer Kantonalgebietes und die Frage der Neutralisation savoyischer Gebietsstücke letzte Schwierigkeiten, sodaß Pictet eine zweite Sendung, nach Turin, übertragen erhielt. Indessen ging für W. das ereignißreiche Jahr 1815 unter dem Hinblick auf die glücklich gelungene Befestigung der schweizerischen politischen Zustände in befriedigender Weise zu Ende. Doch zeigten sich die Nachwirkungen des Jahres schon gleich nach Neujahr 1816 für W., indem eine zeitweise ernste Besorgniß erweckende, erst im März völlig nachlassende, nervöse Fieberkrankheit auf die vorangegangenen Ueberanstrengungen folgte.

Von 1816 an trat W. bis 1830 wieder in eine ruhigere Zeit ein; abwechselnd mit Bürgermeister Reinhard stand er an der Spitze der Zürcher Regierung und in den Jahren 1821 und 1827, wo er Amtsbürgermeister war, hatte er, weil in diesen Zürich eidgenössischer Vorort war, die hier versammelte Tagsatzung zu leiten. In den Fragen der auswärtigen Politik verursachten die Maßregeln und Zumuthungen, die aus der Angst der europäischen Regierungen vor neuen revolutionären Erschütterungen erwuchsen (vgl. A. D. B. XXXIX, 253), allerlei Schwierigkeiten. Für die Beziehungen innerhalb der Eidgenossenschaft selbst dagegen suchte W. insbesondere das förderliche Einvernehmen mit Bern aufrecht zu erhalten, und so wenig etwa politische Erwägungen 1817 ihn zum Abschlusse seiner dritten Ehe mit der ältesten Tochter des Berner Schultheißen v. Mülinen (A. D. B. XXII, 783–789) vermocht hatten, wurde doch diese trotz des Altersunterschiedes von dreißig Jahren sehr glückliche Eheverbindung auch dadurch von Bedeutung, daß nothwendigerweise zwischen W. und seinem Schwiegervater das gute Einvernehmen noch mehr sich befestigte. Die intime Correspondenz der Beiden, die sich, auch als Mülinen 1827 in das Privatleben zurücktrat, selbstverständlich fortsetzte, ist eine der wichtigsten Quellen für die Erkenntniß der Stellung, die W. gegenüber öffentlichen und persönlichen Fragen einnahm. So war es für ihn sehr peinlich, daß von 1822 an in der Angelegenheit des von Bern herbeigeführten Retorsionsconcordates, behufs Ergreifung von Repressalien in Zollsachen gegen Frankreich, Zürich officiell mit einer kleineren Zahl weiterer Kantone eine die Kraft der angehobenen Politik lähmende abweichende Stellung – im Gegensatz gegen die von ihm gehegte Auffassung – einnahm. Im [415] Kanton Zürich begann mit dem Jahre 1828, zuerst in der Art und Weise, wie der Große Rath gegenüber der Regierung eine unabhängigere und einflußreichere Stellung anzustreben anfing, wie die Presse im Sinne liberaler Umgestaltungen zu wirken sich anschickte (vgl. d. Art. Nüscheler: A. D. B. XXIV, 58 u. 59), eine neue Strömung sich anzukündigen. Dann traf 1829 der Sturz des Staatsraths Finsler (A. D. B. VII, 26 u. 27) das Ansehen der Regierung schwer und wurde bei den persönlichen Beziehungen, die W. zu dem langjährigen Amtsgenossen hatte, für ihn selbst eine Ursache des Kummers. Die Opposition wuchs an Kraft, und so kam es zunächst, da die Ausübung der Censur als unmöglich erachtet werden mußte, zur Ausarbeitung eines zürcherischen Preßgesetzes. Dann versuchte die Regierung im Anfang des Jahres 1830 durch ein neues Reglement des Großen Rathes, das diesem ungleich größere Freiheit ihr gegenüber verschaffte, den Weg der ruhigen Reform zu beschreiten, und W. selbst hoffte, zumal da gerade Mitglieder der Landschaft in mäßigendem Sinne eingewirkt hatten, von diesem Statut, das eigentlich ein umfassendes organisches Gesetz über die Anwendung der Verfassung darstelle, eine versöhnende Wirkung. Dann aber führte ihn eine vom Vororte Bern zugewiesene Aufgabe, betreffend den Strafcodex der Regimenter im französischen Dienste, auf zwei Monate nach Bern, und ebenso war er wieder daselbst, als Abgeordneter zur Tagsatzung, die unter dem Präsidium des Schultheißen Fischer (A. D. B. VII, 52–61) versammelt war, wie die Nachricht von der Pariser Julirevolution eintraf.

Auch im Kanton Zürich geriethen nunmehr die Dinge in einen rascheren Gang. Gegenüber den auftauchenden Projecten für Verfassungsänderung hielt es W. für Pflicht, Begehren billigen Inhalts nicht entgegenzutreten, da durch solche Handbietung die Regierung sich wol noch werde halten können. Aber ein vom 13. October datirtes Memorial von 31 in Uster sich versammelnden Kantonsräthen der Landschaft, das noch ein gemäßigtes Vorgehen in Aussicht nahm, zunächst eine außerordentliche Einberufung des Großen Rathes verlangte, wurde durch das sogenannte Küßnacher Memorial des Dr. Ludwig Snell (A. D. B. XXXIV, 509) weit überholt, und während in den ersten Novembertagen jene außerordentliche Session zu Anträgen über das künftige Repräsentationsverhältniß im Großen Rathe, zur Erwägung, ob nicht noch andere Theile der Verfassung einer Revision bedürftig seien, führte, stellte die Volksversammlung zu Uster vom 22. November (vgl. A. D. B. XI, 277), wo zwar mit Nachdruck erklärt wurde, daß, obschon die Verfassung schlecht, die Regierung gut sei, die ganze Frage auf einen anderen Boden. In äußerlich friedlicher Weise vollzog sich eine tief eingreifende politische Umwandlung, indem jetzt, in rascher Erfüllung der Begehren, nach einem neuen Repräsentationsverhältniß ein ganz neuer Großer Rath zur Revision der Verfassung erwählt wurde. W., der in der einstweilen bestehen bleibenden, doch ihres maßgebenden Einflusses verlustig gewordenen Regierung in gewohnter Ruhe seine Pflicht weiter erfüllte, war am 6. December der Erstgewählte seiner städtischen Zunft; mit dem Anfang des Jahres 1831 hatte er dann, da die Regierung provisorisch noch bestand, als Amtsbürgermeister das Präsidium des Kleinen und Großen Rathes zu führen. Besonders schwer traf ihn persönlich der am 13. Januar in Bern eingetretene gänzliche Umschwung, unter dessen Nachwirkung am 29. des Monats ein zwar nicht tödtlicher Schlaganfall den greisen Mülinen berührte. Vom 15. Februar an hatte W. den Vorsitz bei den Verhandlungen des Zürcher Großen Rathes bei der Berathung über die Vorlage der Verfassungscommission, und wie er in der an diesem Tage gehaltenen Rede betonte, daß seine Ueberzeugung zwar ihre Wurzel in der früheren Zeit und den früheren Erfahrungen habe, daß sie aber dem Neuen nicht bloß abweisend sich entgegenstelle, sondern mit [416] warmer Vaterlandsliebe zu besserer Wendung der Dinge noch nach Kräften mitzuhelfen suche, so wies er schließlich nach Annahme der neuen Verfassung, unter Ueberwindung des Entschlusses zurückzutreten, die ihn treffende Wahl zum Bürgermeister nicht ab. Die dringenden Bitten seines neuen Amtsgenossen Usteri (A. D. B. XXXIX, 408), die vom Rathe einmüthig unterstützt wurden, bewogen ihn dazu; dagegen schied jetzt Reinhard aus dem öffentlichen Leben endgültig aus. So trat W. am 28. März in die zweite Stelle an der Seite des ersten Bürgermeisters Usteri ein. Doch schon am 9. April wurde durch Usteri’s Tod die neue Combination in empfindlichster Weise erschüttert, während freilich W. in Usteri’s Nachfolger Muralt einen ihm in politischen Ansichten weit näher stehenden Collegen gewann.

Für W. war die Geschäftslast bei der sich äußerst fruchtbar entwickelnden gesetzgeberischen Thätigkeit der Räthe eine sehr große, zumal da Muralt vielfach 1831 als Amtsbürgermeister durch eidgenössische Angelegenheiten von Zürich fern gehalten wurde. Dazu zeigte es sich, insbesondere bei Behandlung von Fragen, die in anderen Kantonen – voran in Basel – herrschende innere Wirren betrafen, daß in den Endentscheidungen die Mehrheit des Großen Rathes von der Majorität der Regierung abweiche. Ungleich besser befand sich W. in Uebereinstimmung mit den meisten Theilen des Ausbaues der kantonalen Gesetzgebung. Er hatte im Juni den ehrenvollen Auftrag des Vorortes, zugleich mit dem Genfer Syndic Rigaud den neuen König der Franzosen Louis Philipp im Elsaß zu begrüßen, zur Durchführung zu bringen, eine Mission, die bei dem geflissentlichen Entgegenkommen des noch dem Vater W. von 1793 und der Folgezeit her zu Danke verpflichteten Königs einen sehr befriedigenden Ausgang nahm. Mit 1832 hatte W. als Amtsbürgermeister die Functionen zu übernehmen, und er that das, obschon immer wieder, besonders in der Basler Angelegenheit, Zwiespalt zwischen dem conservativen Theil der Regierung und der Mehrheit des Großen Rathes erwuchs, nicht ohne Hoffnung für die nächste Zukunft. Allein schon in den ersten Wochen des Jahres schwoll durch die Versuche, den in Langenthal, im Kanton Bern, gegründeten sogenannten „Schutzverein“ – „zum Schirm des Bestandes der geschaffenen volksthümlichen Verfassungen“ – auch im Kanton Zürich auszubreiten, die radical geführte Agitation neuerdings an (vgl. A. D. B. VIII, 266). Der Große Rath wies einen hiegegen aufgestellten regierungsräthlichen Antrag, einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten zu lassen, zurück, und jetzt reichten am 9. März die beiden Bürgermeister, sowie sechs Regierungsräthe ihre Entlassungsgesuche ein, W. mit der Motivirung, daß er bei der Annahme der Wahl 1831 den Vorbehalt des Rücktrittes gemacht habe, falls der Gang der Geschäfte mit seiner Ueberzeugung in entschiedenen Widerspruch trete.

W. behielt noch bis 1836 die Stelle im Großen Rathe bei und nahm noch in wichtigeren Fragen als Mitglied der Minorität an der Discussion activen Antheil. Doch trat er mehr und mehr in die Rolle eines beobachtenden Zuschauers zurück. Mit ruhigem, heiteren Gemüthe, froh, den Seinigen jetzt seine Fürsorge viel mehr widmen zu können, im lebhaften brieflichen Verkehr mit den heranwachsenden jüngeren Söhnen Georg (s. u.) und Friedrich, als diese ihre Studien außerhalb Zürichs fortsetzten, aber ganz besonders in reger litterarischer Beschäftigung verlebte W. die letzten Jahre. Für die „Schweizerischen Annalen“ des gleichfalls aus dem öffentlichen Leben ausgeschiedenen Müller-Friedberg, mit dem der alte Verkehr wieder anhob, schrieb er für Band I, S. 267 ff., eine übersichtliche Darstellung der Verwaltung der zürcherischen Regierung von 1815 bis 1830. Ferner hatte er das Präsidium der Moralischen Gesellschaft beibehalten, wobei er jährlich in seinen Vorträgen die Jahresereignisse mit besonderer Hinsicht auf das religiöse und sittliche Wohl des Volkes musterte und [417] seine religiöse Ueberzeugung nachdrücklich zum Ausdruck brachte. Eine schwere Erkrankung am Beginn des Jahres 1836 wurde glücklich überwunden. 1839 folgte W. gleich von Beginn des Jahres an mit gespannter Aufmerksamkeit der stets heftiger werdenden Erörterung nach der Wahl von Dr. Strauß an die Zürcher theologische Facultät. Aber schon mit dem Monat April sanken die körperlichen Kräfte, und wenn auch der in einem schönen Landsitz am rechten Seeufer gewählte Sommeraufenthalt Erleichterung verschaffte, war eine Besserung nicht mehr zu erwarten. Die aus Berlin an das Krankenlager eilenden jüngeren Söhne fanden den geliebten Vater schon nicht mehr bei ungetrübtem Bewußtsein. Dem Leichenbegängnisse schloß sich am 22. August die gesammte eben in Zürich versammelte Tagsatzung an.

Vgl. Friedrich von Wyß, Leben der beiden Zürcherischen Bürgermeister David von Wyß Vater und Sohn aus deren schriftlichem Nachlaß als Beitrag zur neueren Geschichte der Schweiz geschildert (Band I und II, Zürich 1884 und 1886).