RE:Artaxerxes 3

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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III. [Ochos, pers. König ab ca. 357 v. Chr.
Band II,1 (1895) S. 13181321
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3) Artaxerxes III. Ochos (Ὦχος), bestieg nach dem Königskanon (Clinton Fast. Hell. II³ 378) den Thron im 390. J. Nabon. = November 359–November 358. Eine glaubwürdige Überlieferung (Polyaen. VII 17) berichtet, dass er den Tod des Vaters im Einverständnis mit den Hofbeamten zehn Monate lang geheim gehalten habe, danach hat nach aussen hin die Regierung wohl erst mit dem J. 357 begonnen (vgl. CIG 2919 = Le Bas Asie min. 1651. Judeich Kleinas. Stud. 228ff.). Der Grund für dieses Zögern ist vielleicht darin zu suchen, dass die Satrapenaufstände aus des A. Mnemon letzter Zeit noch nicht ganz zur Ruhe gekommen waren. A. selbst ist an ihrer Niederwerfung wahrscheinlich hervorragend beteiligt gewesen. Noch bei Lebzeiten des Vaters um 361 unternahm er einen Feldzug gegen das aufständische Ägypten. König Tachos (s. d.), der selbst zum Angriff auf Syrien übergegangen war, fiel in seine Hand; später scheint er mit Orontes (s. d.) haben kämpfen zu müssen (Synkell. p. 486, 20ff., vgl. Trog. prol. X. Lykeas v. Naukratis bei Athen. IV 150 b. c. Judeich a. O. 167ff. 208f.).

Die Prätendenten, die ihm noch hätten gefährlich werden können, liess A. beseitigen, angeblich 80 an einem Tage (Iust. X 3, 1. Curt. X 5, 23, vgl. Nöldeke Aufs. z. pers. Gesch. 75). 357 war er allgemein anerkannt (Polyaen. a. O.), soweit die Herrschaft seines Vorgängers gereicht hatte, aber noch galt es, Ägypten und andere widerspenstige Elemente zu zwingen, an deren Unterwerfung sich A. Mnemon vergeblich versucht hatte. A. Ochos begann wie es scheint mit dem Krieg gegen die Kadusier; es kostete einen harten Kampf, in dem sich besonders der spätere König Dareios Kodomannos auszeichnete, aber der Kampf [1319] scheint siegreich gewesen zu sein (Diod. XVII 6, 1. Iust. X 3, 2–4, vgl. Arr. anab. III 8, 5. 11, 3. 19, 3. Curt. IV 12, 12. 14, 3). Ein anderer Krieg sollte den Westen des Reiches noch fester in die Hand des Grosskönigs bringen und Ägypten zurückgewinnen. Alles wurde wohl vorbereitet; zunächst befahl A. seinen Statthaltern, ihre Söldnerscharen zu entlassen (Schol. Dem. IV 19), dann wandte er sich gegen die grossen Westsatrapen, die alten Empörer Artabazos und Orontes (Diod. XVI 22, 1. 34, 1. 2. Dem. XIV 31. Schol. Dem. III 31. IV 19. Polyaen. V 16, 7. VII 14, 2–4. Front. strat. II 3, 3. CIA II 108. Ber. üb. d. Ausgrabg. v. Perg., Jahrb. d. preuss. Kunstsammlung 1888, 86), während seine Feldherren gegen Ägypten vorstiessen (Diod. XVI 40, 4. 44, 1. 48, 1. 2, vgl. Isokr. V 101. Dem. XV 12. Trog. prol. X. Oros. III 7, 8). Die Zeit wie die Einzelheiten dieses Feldzuges stehen nicht ganz fest, wahrscheinlich fällt er in die J. 356–352, er endigte mit der Vertreibung des Artabazos, der bei Philipp von Makedonien Zuflucht suchte, und der Unterwerfung des Orontes; nur Ägypten hatte dem Angriff abermals widerstanden (vgl. Judeich a. O. 170ff. 209ff.). Die Hülfe, die der athenische Feldherr Chares (s. d.) zunächst halb gezwungen Artabazos leistete, hatte sich A. energisch verbeten und mit Krieg gedroht; indirect war er zum Veranlasser des Friedens zwischen Athen und dessen abgefallenen Bundesgenossen geworden (Diod. XVI 22, 2. 34, 1. Isokr. VII 8. 10. 81). Persiens Machtstellung hob sich nach innen und aussen. Vielleicht fällt in diese Zeit A.s Bauthätigkeit in der Königsburg von Persepolis (Spiegel Keilinschr. S. 69f. Nöldeke Einl. zu Stolze Persepolis 1882 I).

In den folgenden Jahren rüstete der König in grossem Umfange gegen Ägypten, aber noch ehe er fertig war, brach im J. 351 von Ägypten aus unterstützt die Empörung wieder los in Syrien, Phoinikien und Kypros. Die benachbarten Satrapen Idrieus von Karien, Mazaios von Kilikien, Belesys von Syrien wurden angewiesen, den Aufruhr zu bekämpfen, hatten aber nur teilweise Erfolg (Diod. XVI 40, 5. 6–42). Erst 348 etwa traf A. selbst mit dem Reichsheer in Syrien ein und machte sich rasch wieder zum Herrn des Landes: Sidon, der Hauptherd der Erhebung, wurde durch seinen König Tennes verraten, A. liess es von Grund aus zerstören, das übrige Land unterwarf sich (Diod. XVI 43–45, vgl. Jos. ant. Iud. XI 297. Trog. prol. X. Synk. p. 486. Euseb. bei Hieron. z. 1670 Abr.). Nach längerer Pause, wahrscheinlich 346, rückte A. gegen Ägypten vor, aber er verfehlte die richtige Zugangsstrasse, und der Angriff missglückte (Diod. XVI 46, 4. 5. Isokr. V 101. Front. strat. II 5, 6). 345 wurde der Vorstoss mit besserem Erfolge wiederholt: bis zum J. 343 war Ägypten, nachdem es 65 Jahre lang seine Freiheit behauptet hatte, vollständig zurückerobert (Diod. XVI 46, 4–51. Trog. prol. X). Eisern hat A.s Hand auf dem besiegten Volke geruht: die religiöse Eigenart der Ägypter schonte er in keiner Weise, er hat Mauern geschleift und Heiligtümer geplündert wie es ihm passte (Diod. XVI 51, 2). In Mende soll er den Apis geopfert und einen Teil der ägyptischen Bevölkerung nach Persien verpflanzt haben (Ael. var. hist. IV 8. VI [1320] 8. Suid. s. ἄσατο). Dafür haben ihm die Ägypter mit reichlichem Hasse gelohnt. Sie benannten ihn angeblich mit den Namen des unreinen Tieres, des Esels (Ael. var. hist. IV 8); ein ganzer Sagen- und Anekdotenkranz hat sich um diese Eroberung Ägyptens gewoben (die Stellen bei Judeich a. O. 178, 2, dazu Sulp. Sev. II 14, 4f. 16, 8).

Während A. noch in Ägypten thätig war, schaffte sein Feldherr Mentor von Rhodos (s. d.) in Vorderasien vollends Ordnung und brach die Herrschaften der kleinen Herren, die sich in der Zeit der Satrapenaufstände emporgeschwungen hatten; auch Hermias von Atarneus wurde dabei gefangen und hingerichtet (Diod. XVI 52. Ps.-Aristot. Oecon. II 1351 a. Apollod. bei Diog. Laert. V 9. Strab. XIII 610. Ps.-Dem. X 32). Kypros war schon früher befriedet worden (Diod. XVI 42, 7–9. 46, 1–3, vgl. Judeich 134ff.).

In rastlosem Schaffen, rücksichtslos, wo es not that grausam, schlau und zäh, hat A. so die grösste Zeit seiner Herrschaft der Neubefestigung der persischen Königsgewalt gewidmet und diese wirklich erreicht. Er reiht sich würdig ein in die Zahl der grossen orientalischen Despoten. Die Klagen über seine gewaltthätige Herrschaft, von denen wir hören (Diod. XVII 5, 3. Iust. X 3, 1, vgl. die ägyptische Tradition), mögen teilweise berechtigt sein, aber er bedurfte auch der Strenge und Härte, um das zerfallende Reich, die verweichlichte Bevölkerung von neuem zu einen, jedenfalls ist sein verhältnismässig frühes Ende ein Unglück für Persien gewesen.

Von A.s Beziehungen zum griechischen Festland und der mächtig aufstrebenden makedonischen Monarchie ist wenig bekannt, doch scheint er auch dort gefürchtet und geachtet gewesen zu sein. Athen fügt sich 355 rasch seinen Forderungen (vgl. o.); es bleibt auch weiter in der Perserfurcht (Dem. XIV 7. 25. 27. Hypoth. d. Liban.). Erst 353 wahrscheinlich raffte sich Athen auf kurze Zeit noch einmal zur Unterstützung des aufständischen Orontes auf, suchte aber schnell wieder mit dem Grosskönig Fühlung (CIA II 108 b c. Dem. XIV 31, vgl. Judeich a. O. 216f. 292f.): 351 kämpfte der Athener Phokion im Dienste des Idrieus für Persien (Diod. XVI 42, 7ff. 46, 1) und wenig später versicherte Athen mit Sparta A. seiner Freundschaft, ohne allerdings auf den Wunsch des Grosskönigs, ihn unmittelbar zu unterstützen, einzugehen (Diod. XVI 44, 1). Theben dagegen, das auch erst die aufständischen Satrapen unterstützt (Diod. XVI 34, 1. 2), aber schon 351 von Persien Subsidien für den phokischen Krieg erbeten und empfangen hatte (Diod. XVI 40, 1. 2), und Argos schickten Hülfstruppen für den ägyptischen Krieg (Diod. XVI 44, 1. 46, 4, vgl. Isokr. XII 159. V 126. Theop. bei Athen. VI 252 a–c).

Mit Makedonien ist A. Ochos anscheinend erst nach der Eroberung Ägyptens in Berührung gekommen; in diese Zeit fällt wohl das bei Arrian. anab. II 14, 2 erwähnte Freundschaftsbündnis zwischen Philipp II. und A. Die Gründe wie die einzelnen Bedingungen sind uns nicht bekannt. A. hielt streng an dem Vertrag fest, obwohl sich bald zeigen musste, dass Philipp ihn lediglich, um von Persien nicht in seinen europaeischen [1321] Plänen gestört zu werden, abgeschlossen hatte: eine athenische Gesandtschaft, die um Hülfe gegen Philipp bat, wurde wohl in Erinnerung an die laue Unterstützung der Athener im ägyptischen Kriege schroff abgelehnt (Dem. IX 71. XII 6. Isokr. II 162, vgl. Aesch. III 238. Dem. XIX 137), erst als Philipp Perinth hart bedrängte, griff A. ein und rettete dadurch die Stadt (Diod. XVI 75, 1. 2. Paus. I 29, 10. Dem. XI 5f. Arr. anab. II 14, 5), auch weiterhin scheint er gegen Philipp in Thrakien thätig gewesen zu sein (Arr. Dem. a. O.). Aber danach hören wir nichts von einer Einmischung des A. in die griechischen Verhältnisse, vielleicht ist er durch innere Unruhen davon abgehalten worden. Jedenfalls haben um diese Zeit wieder einmal Palastintriguen am Hofe gespielt, die des Königs alter Vertrauter Bagoas leitete. Ihnen ist schliesslich A. zum Opfer gefallen und durch Gift beseitigt worden (Diod. XVII 5, 3, vgl. Ael. var. hist. IV 8. Synk. p. 486). Das geschah vermutlich im J. 337, da der Kanon (Clinton Fast. Hell. II³ 378) als erstes Regierungsjahr von A.s Nachfolger das 411. J. Nabon. = November 338–November 337 rechnet; Diodor XV 93, 1. Synkellos p. 146. 486, Eusebios bei Hieron. z. J. 1677 Abr. geben eine abweichende Datierung, doch beruht diese wahrscheinlich auf falscher Rechnung (Judeich a. O. 148f. 181).

Von den Nachkommen des Königs wird zunächst nur sein jüngster Sohn und Nachfolger Arses (s. d.); genannt; die übrigen männlichen soll Bagoas alle beseitigt haben (Diod. XVII 5, 3); doch erscheint im Frühjahr 330 noch ein Sohn Bistanes vor Alexander d. Gr. (Arr. III 19, 4). A.s Gemahlin und drei Töchter wurden nach der Schlacht bei Issos von Alexander gefangen (Curt. III 13, 13), eine dieser Töchter, Parysatis, heiratete später Alexander (Arr. anab. VII 4, 4). Eine Enkelin, die Gemahlin des Hystaspes, geriet nach Arbela in Alexanders Gewalt (Curt. VI 2, 7).