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RE:Dodona 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Orakelstätte in Epirus
Band V,1 (1903) S. 12571264
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Dodona. 1) Dodona in Epirus. Über die Namensform dieser neben Delphoi berühmtesten Orakelstätte des Altertums orientiert uns am besten der Artikel Δωδώνη bei Steph. Byz. p. 246. Darnach ist Δωδώνη die übliche Form. Bei den Dichtern (Soph. Odysseus ἀκανθοπλήξ, Nauck FTG² 417. 422; Trachin. 172. Kallim. Euphor.) begegnet aber in den obliquen Casus die Form Δωδών. Simmias der Rhodier dichtete Ζηνὸς ἕδος Κρονίδαο μάκαιρ’ ὑπεδέξατο Δωδώ (Steph. a. a. O.). Dodon hiess auch der bei D. vorbeifliessende Fluss nach Eustath. Il. II 750 p. 335, 45. Über die Herkunft des Namens D. schwankten schon die Gelehrten des Altertums. Apollodor leitete ihn von dem Verbum διδόναι ab; denn nach Steph. Byz. hat er im ersten Buche περὶ θεῶν erklärt: καθάπερ οἱ τὸν Δία Δωδωναῖον μὲν καλοῦντες ὅτι δίδωσιν ἡμῖν τὰ ἀγαθά, Πελασγικὸν δὲ ὅτε τῆς γῆς πέλας ἐστίν. Man würde bei dieser Deutung an die grosse Fruchtbarkeit der Gegend um D. zu erinnern haben (vgl. Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 123, 3, der an Δώς, Δωτώ, [1258] Δωρίς, Δώτιον πεδίον erinnert; aber Δώς und Δώτιον πεδίον werden schwerlich hierher gehören; darüber s. jetzt P. Kretschmer Bormannheft der Wiener Studien XXIV 1903, S. 4 des Separatabdrucks). Üblicher war im Altertum die Vorstellung, dass D. seinen Namen von einer Nymphe Namens Δωδώνη bekommen habe (so Epaphroditos κατὰ Θρασύβουλον im Commentar zum zweiten Buch der Aitien des Kallimachos Susemihl. Gesch. der griech. Litt. der Alexandrinerzeit I 369, 99] bei Steph. Byz. p. 247, 11, vgl. Eustath. zu Hom. Il. II 750 p. 335, 45). Akestodoros sprach von Dodon, dem Sohn des Zeus, und der Europe, und andere dachten an den Fluss Dodon (Steph. und Eustath. a. a. O.). O. Gruppe (Griech. Myth. und Religionsgesch. 354) leitet den Namen in durchaus unwahrscheinlicher Weise von der Göttin Dione ab. Wir werden vorsichtiger auch diesen Ortsnamen zu den vielen bisher angedeuteten stellen.

Die Lage des epeirotischen D., um das es sich hier zunächst handelt, war lange Zeit umstritten. Erst die Ausgrabungen von Const. Carapanos (Dodone et ses ruines, Paris 1878, Text und Tafelband) haben Gewissheit darüber verschafft, dass das berühmte Heiligtum des Zeus am Fusse des Gebirges Tomaros oder Tmaros, der heutigen Olytsika, gelegen ist. Während Leake und andere die Reste von D. im Thal von Janina selbst suchten, hat vor Carapanos zuerst der Engländer Lincoln, der am 12. September 1832 von Janina aus den Ort Dramisus (auch Drameschus genannt) besucht hat, in dessen Nähe die Ruinen von D. thatsächlich gelegen sind, D. an der richtigen Stelle gesucht (vgl. darüber und über die Bemühungen und Sammlungen des polnischen, jetzt noch in Athen lebenden Ingenieurs Menejko die aus dem Nachlasse des Frhr. v. Warsberg von Joh. Frischauf, Graz 1893, (herausgegebene Schrift Eine Wallfahrt nach Dodona 41, 145). Nach Alfred Schiff, der D. am 21. September 1899 besucht hat, sind die Grabungen von Carapanos aber nur als Versuchsgrabung aufzufassen; denn er schrieb in sein Tagebuch, wie er mir freundlichst mitgeteilt hat, ,dass hier alles noch zu haben sei: wissenschaftliche Resultate und Funde‘. Das Theater z. B. sei noch garnicht ausgegraben; wogende Maisfelder ständen über den Resten der Tempel, deren Grundrisse man nicht mehr erkennen könne. Er schliesst seine Beschreibung von D., dessen Landschaft auf diesen vortrefflichen Kenner der Länder der alten Welt mit den erhabensten Eindruck gemacht hat, den er je gehabt habe, mit den zuversichtlichen Worten: ,Man lasse D. schlafen – seine Zeit wird kommen‘. Bei dieser Sachlage wird es gut sein, sich über die noch heute vorhandenen Reste von D. hier möglichst kurz zu fassen (vgl. zu Carapanos Werk den Aufsatz )von Conr. Bursian S.-Ber. Akad. Münch. 1878, II 1ff.) D. liegt in dem Thal, das sich in einer Länge von etwa 12 km. und einer Breite von 300–1800 m. am östlichen Fusse des Olytsikagebirges, auf dessen Spitze wohl der Zeus Τμάριος verehrt wurde (Hesych. s. v. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 123, 3), hinzieht. Für diese Gegend bezeugen die Autopten noch heute übereinstimmend den Reichtum an prächtigen, dickstämmigen [1259] Eichen und vielen Quellen (s. u.). Die zahlreichen Quellen vereinigen ihr Wasser in zwei grösseren Rinnsalen. Die alte Stadt D. ist auf dem nördlicheren Teile der Hügelkette gelegen, die das Thal gegen Osten begrenzt und heute den Namen der Hügel von Kosmira führt. Die auf einem Vorsprung liegenden Ruinen waren längst vor Carapanos Ausgrabungen bekannt und führten im Volksmund den Namen der Palaeokastro von Drameschus. Hier ist wohl die älteste Stadtgründung anzuerkennen, wenn auch, wie A. Schiff hervorhebt, von einer eigentlichen Akropolis nicht gesprochen werden darf und die Stadt jedenfalls lange nach der Stiftung des Zeusheiligtums erst gegründet worden ist. Mit Recht hat man dabei aber an Hesiod. frg. 134, 5 Rzach² erinnert: ἔνθα δὲ Δωδώνη τις ἐπ’ ἐσχατιῇ πεπόλισται. Am Südwestabhange dieser sog. Akropolis liegt das noch schön erhaltene Theater, das sich nach dem Urteil von A. Schiff allerdings nicht mit dem von Epidauros messen kann. Das χρηστήριον selbst, das Hesiod a. a. O. v. 6 erwähnt, liegt am Südostabhange des Theaters und zieht sich mit seinen Mauern bis in die fruchtbare Ebene hinab. Es ist Carapanos Verdienst, durch seinen scavo festgestellt zu haben, dass hier das Temenos des Zeus und der Dione gelegen hat, in dem die vielbenützte Orakelerteilung stattfand. Der Haupteingang in dasselbe befand sich an der Südwestecke und war durch zwei viereckige Türme geschützt. Im Inneren des Temenos ist die später in eine christliche Kirche verwandelte ἱερὰ οἰκία (Polyb. IV 67; damit ist der σηκός bei Diod. XXVI frg. 10 schwerlich identisch) durch die Ausgrabungen constatiert worden; in diesem Bau fanden sich mehrere Bronzestatuetten des Zeus und die meisten Bronze- und Bleitäfelchen mit den Wünschen der Orakelfrager und den Antworten der Priester. Ausser diesem Hauptgebäude sind noch drei andere Bauten gefunden worden, deren Zweck nicht sicher bestimmbar ist. In dem einen ist vielleicht ein Thesauros (Schatzhaus), in dem andern nach Bursian a. a. O. 6 ein Gymnasium zu erkennen; der dritte Bau soll nach demselben Gelehrten ein Prytaneion vorstellen. Man kann allen diesen Benennungsvorschlägen nur mit Misstrauen und Skepticismus begegnen; neue Ausgrabungen werden erst Sicherheit bringen.

Das Orakel von Dodona wird bereits bei Homer erwähnt und ist höchst wahrscheinlich das älteste Orakel Griechenlands, wenn wir auch über die älteste Art der Orakelbefragung in D. nicht sicher orientiert sind. Ausgehen muss die Untersuchung von dem Gebet des Achilleus in der Patroklie XVI 233 Ζεῦ ἄνα Δωδωναῖε Πελασγικέ, τηλόθι ναίων, Δωδώνης μεδέων δυσχειμέρου· ἀμφὶ δὲ Σελλοὶ σοὶ ναίουσ’ ὑποφῆται ἀνιπτόποδες χαμαιεῦται. Es ist dafür gleichgültig, ob man in diesen Versen (höchst unwahrscheinlich) eine ,Rhapsodennotiz‘ zu erblicken hat (s. darüber Ameis-Hentze Anhang zu Homers Ilias VI 1881, 48), oder ob das Gebet in die von Robert (Studien zur Ilias 1901, 441) angenommene ,zweite Ilias‘ gehört. Denn niemand wird daran zweifeln, dass uns in diesen Versen die älteste und gewiss authentische Kunde über das Heiligtum von D. erhalten ist. Darnach haben die [1260] Seller (so und nicht ἀμφὶ δὲ σ’ Ἑλλοί hat sicher bereits Soph. Trach. 1167 gelesen; vgl. darüber den Art. Helloi und O. Gruppe Griech. Myth. und Religionsgesch. I 355 mit den Bemerkungen von E. Maass Griechen und Semiten auf dem Isthmos 7) den pelasgischen Zeus von D. ,auf dem Erdboden lagernd und mit ungewaschenen Füssen‘ verehrt. Man kann dies nur als eine rituelle Vorschrift für die ὑποφῆται Gottes auffassen und findet für diese Art Askese Parallelen im indischen Cultus (vgl. P. Kretschmer Einl. in die Gesch. d. griech. Sprache 1896, 87f.). Für Kleinasien ist diese merkwürdige Art von Kasteiung durch die Inschrift aus Tralles (Bull. hell. VII 1883, 276 nr. 19; zuletzt abgedruckt bei Mich. Pappakonstantinu Αἱ Τράλλεις ἤτοι συλλογὴ Τραλλιανῶν ἐπιγραφῶν, Athen 1895, 32 ἀρ. 33) bezeugt; da weiht eine gewisse Αὐρηλία Ἀπουλία (nicht Αἰμιλία nach dem Facsimile bei Pappakonstantinu auf πίν ε’) einen unbekannten Gegenstand παλλακεύσασα καὶ κατὰ χρησμὸν Διί (natürlich dem Zeus Larasios von Tralles) und bezeichnet sich als ἐκ προγόνων παλλακίδων καὶ ἀνιπποπόδων. Man kann nicht zweifeln, dass man es hier mit einem einheimischen, lydischen Brauch zu thun hat, wenn auch wohl die Bezeichnung ἀνιπτόποδες sicher aus Homer entlehnt ist (vgl. O. Kern Archaeol. Anz. 1896, 40. P. Kretschmer Einl. 421). Da es sicher unstatthaft ist, bei dem Wort χαμαιεῦναι, das Sophokles a. a. O. durch χαμαικοῖται Kallim. hymn. IV 286 durch γηλεχέες wiedergeben, an Incubation (mit Eustath. zu Hom. Il. XVI 233 p. 1057, 64) zu denken, können wir aus den Worten des Achilleus für die Kenntnis der ältesten Orakelgebung in D. nichts gewinnen, lernen aber die wichtige Thatsache, dass die Diener des dodonaeischen Zeus Asketen besonderer Art waren, für die es in der griechischen Religion meines Wissens keine Parallele giebt. Ob die Σελλοί oder vielleicht richtiger Ἑλλοί (so zuerst wohl bei Pindar in dem verlorenen Paian auf den dodonaeischen Zeus frg. 591 Schroed. [p. 404]; vgl. aber nach Nieses Vorgang auch Hesiod. frg. 134 Rzach ed. II p. 367) mit vollerem Namen Ἕλλοτες ,die Stummen‘ hiessen, und ob aus diesem Namen etwas für die Art der Orakelerteilung (ἐχρησμῴδει δ’ οὐ διὰ λόγων, ἀλλὰ διά τινων συμβόλων, ὥσπερ τὸ ἐν Λιβύῃ Ἀμμωνιακόν Strab. VII 329 frg. 1) wirklich zu erschliessen ist, kann nicht entschieden werden. Giebt so die Ilias noch keinen Anhalt dafür, an ein wirkliches Orakel des dodonaeischen Zeus denken zu müssen, so zeigt uns die Odyssee den dodonaeischen Orakelbetrieb bereits in voller Blüte (XIV 327 = XIX 296 τὸν δ’ ἐς Δωδώνην φάτο βήμεναι, ὄφρα θεοῖο ἐκ δρυὸς ὑψικόμοιο Διὸς βουλὴν ἐπακούσῃ, ὅππως νοστήσει Ἰθάκης ἐς πίονα δῆμον). Darnach muss man annehmen, dass die Stimme des Gottes aus dem Blätterrauschen der heiligen Eiche gehört wurde. Über die dem Zeus heilige Eiche, die bald δρῦς bald φηγός genannt wird (s. darüber den Artikel Baumcultus Bd. III S. 163), vgl. namentlich Aisch. Prometh. 830 τὴν αἰπύνωτόν τ’ ἀμφὶ Δωδώνην, ἵνα μαντεῖα θᾶκός τ’ ἐστὶ Θεσπρωτοῦ Διός, τέρας τ’ ἄπιστον, αἱ προσήγοροι δρύες. Soph. Trach. 1165 μαντεῖα καινά, τοῖς πάλαι ξυνήγορα, ἃ τῶν ὀρείων καὶ χαμαικοιτῶν ἐγὼ Σελλῶν ἐσελθὼν ἄλσος εἰσεγραψάμην [1261] πρὸς τῆς πατρῴας καὶ πολυγλώσσου δρυός. Platon Phaidr. 275 οἱ δέ γ’, ὦ φίλε, ἐν τῷ τοῦ Διὸς τοῦ Δωδωναίου ἱερῷ δρυὸς λόγους ἔφησαν μαντικοὺς πρώτους γενέσθαι. Paus. VII 21. Suid. s. Δωδώνη. Noch heute zeichnet sich, wie oben gesagt, die Gegend um Janina und namentlich auch die nähere Umgebung von D. durch mächtige Eichen aus; vgl. v. Warsberg Wallfahrt nach Dodona 38. 57. Schwerlich ist aber die Verbindung des Gottes von D. mit der Eiche, die fast bei allen indogermanischen Völkern als Baum des höchsten Himmelsgottes vorkommt (vgl. o. Bd. III S. 158) ursprünglich. Wir müssen vielmehr annehmen, dass in ältester Zeit in D. ein Quellgott verehrt worden ist, der erst später mit dem panhellenischen Zeus identificiert worden ist. Denn der Zeus von D. führt im Cult stets den Beinamen Νάϊος, den man von dem Wort ναίω fliessen nicht trennen kann. Der Gott von D. ist also ein alter Localgott, der an einer Quelle im Eichenwalde verehrt wurde. Er war der Hauptgott der Gegend und hatte als solcher die Ehre, zu einer Form des panhellenischen Zeus erhoben zu werden, als dieser Gott seinen Eroberungszug durch Griechenland antrat. Zeus Νάϊος oder Νᾶος häufig auf den Bleitäfelchen von D. (Carapanos; s. auch Dittenberger Syll.² 203, 4. 793, 1. 797, 2), selten in der Litteratur. Demosthen. XXI 53 (dazu Inschriften von Magnesia nr. 32, 35 mit der Anmerkung). Steph. Byz. s. Δωδώνη p. 247, 4 und anderes bei Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 123, 3 und Gruppe a. a. O. 354, 3. Zusammen mit Zeus Naios wurde in D. von alters her Dione verehrt, die hier und auch auf der Akropolis von Athen die Stelle der Hera vertrat (für Athen s. Milchhoefer bei Curtius Stadtgesch. von Athen XXVI 85); auch dafür vgl. namentlich die Bleitäfelchen bei Carapanos und den Art. Dione. Wir werden auch Dione als eine uralte Göttin von D. auffassen müssen, die vielleicht von jeher das weibliche Correlat zum Zeus von D. war (anders Strab. VII 329 wohl nach Apollodor; s. Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 125, 2). Auch sie scheint Beziehung zum Wasser gehabt zu haben, da der Name Dione unter den Okeaniden Hesiods erscheint (Theog. 353). Man muss also vielleicht annehmen, dass in D. von alters her zwei Quellgottheiten verehrt wurden, die später durch den üblichen ἱερὸς γάμος mit einander verbunden sind. Die weibliche Gottheit erhielt dann den Namen Διώνη, der sich zu Zeus verhält wie Iuno zu Iuppiter, als der Gott der Feuchte (Νάϊος) mit Zeus identificiert war. Über die Quelle am Fuss der heiligen Eiche (den Iovis fons) vgl. Plin. n. h. II 228. Serv. Aen. III 466. Pomp. Mela II 43; dazu Lucr. VI 879. Eine besondere Rolle spielen im Cult von D. heilige Tauben, die sich auf den Zweigen des Baumes wiegten. Über die Tauben steht der locus classicus bei Herodot. II 55, der lediglich eine rationalistische Erklärung der dodonäischen Gründungssage giebt, nach der das Orakel auf Geheiss einer Taube, die den alten Dodonaeern den heiligen Baum gezeigt haben soll, gegründet ist (Preller-Robert a. a. O. I⁴ 125, 1). Auf die Stelle des Herodot allein geht die Meinung zurück, dass die dodonaeischen Priesterinnen, die neben den ὑποφῆται der Ilias genannt werden, Peleiaden [1262] geheissen hätten; von Herodot ist hier, wie so oft, Sophokles Trachin. 171 (s. auch Schol.) abhängig. Auch Paus. X 12, 10 (αἱ Πέλειαι παρὰ Δωδωναίοις ἐμαντεύσαντο μὲν ἐκ θεοῦ καὶ αὖται), der die Priesterinnen von D. mit den Sibyllen zusammenstellt, geht offenbar auf die Herodotstelle zurück. In dieser heissen aber die Priesterinnen nicht Peleiades, sondern προμάντιες und ἱέρειαι. Strabon a. a. O. nennt sie γραῖαι und προφήτιδες und bringt ihre Einsetzung mit der Einführung des Dionecults zusammen. Lipsius bei Schoemann Griech. Altert. II⁴ 333 nimmt dagegen an, dass sich aus Sophokles Trach. a. a. O. die Existenz eines Taubenorakels in D. ergebe. Drei Priesterinnen nennt Herodot a. a. O. (Promeneia, Timarete, Nikandre); die Dreizahl bezeugt auch Euripides nach dem Schol. Soph. Trach. 172 (frg. 1021 Nauck²). Für die Dreizahl im Cult vgl. H. Usener Rh. Mus. N. F. LVIII (1903) 1ff. 161ff. Die Zweiheit hat nach dem Trachinierinnenscholion u. a. Pindar (Schroeder frg. 58 p. 403) bezeugt. Auf den Bleitäfelchen werden nie Priesterinnen gefragt, sondern immer die Priester (Δωδωναῖοι). Vielleicht ist die Orakelerteilung durch Priesterinnen erst durch den Vorgang von Delphoi veranlasst worden und überhaupt nur eine vorübergehende gewesen. Über die Mitwirkung der Taube bei der Orakelgründung vgl. ausser Herodot und Pausanias namentlich Philostr. imag. II 33. Schol. Il. XVI 234, die den Gründer des Orakels Hellos nennen, und Proxenos beim Schol. Od. X IV 327, bei dem der Gründer Mardylas oder Mandylas heisst. Eine Zeusbronze mit Taube in der Linken erwähnt v. Warsberg Wallfahrt 100; vgl. auch die Göttin mit einer Taube, Bull. hell. XV 1891 pl. IX. X p. 461ff. und die Münzen.

Die Art der Orakelerteilung war auch sonst offenbar noch manchem Wechsel unterworfen. Für das 4. Jhdt. ist ein Weissagen aus dem Klingen eines χαλκεῖον bezeugt, mit dem später sprichwörtlich ein schwatzhafter Mensch verglichen wurde (Menandros im Arrhephoros frg. 3 Mein. Demon FHG I 381 frg. 17. 18. Kallim. hymn. IV 286. Polemon FHG III 124 frg. 30. Strab. VII 329 frg. 3 u. a.; s. dazu Ed. Meyer Forsch, zur alten Gesch. I 1892, 51); vgl. A. B. Cook Journ. hell. stud. XXII 1902, 5f. Die Ausgrabungen haben uns zahlreiche Bleitäfelchen geliefert, aus denen wir noch den Verkehr der Gläubigen mit dem Orakel kennen lernen. Die Bleitäfelchen sind in dem grossen Werk von Carapanos sämtlich publiciert und befinden sich jetzt zum grössten Teile im Nationalmuseum zu Athen. Einige Proben auch bei Dittenberger Syll.² 793–800. Für die Art der Orakelbefragung durch Bleitäfelchen (πινάκια, sortes) ist neben Cic. de div. I 76 wichtig die von Lolling gefundene Inschrift des Apollon Koropaios auf der Halbinsel Magnesia (Dittenberger Syll.² 790; dazu O. Kern in der Festschrift für Otto Hirschfeld 1903, 322f.), die C. Robert Herm. XVIII 1883, 466ff. zur Erklärung der dodonäischen Täfelchen mit Recht herangezogen hat; vgl. auch Bursian a. a. O. 9ff. H. Pomtow Jahrb. f. Philol. CXXVII 1883, 305ff. Näheres darüber auch im Art. Orakel. Dem Zeus Naios und der Dione zu Ehren wurden in D. die Naia (Zeugnisse bei Carapanos [1263] Texte 157 und unter Naia; s. z. B. Dittenberger Syll.² 700, 17) gefeiert. In mehreren Inschriften (Carapanos pl. XXV 2 ter. XXXII 3) wird ein ἀγωνοθέτης erwähnt. Einmal (pl. XXIX 3) wird auch ein Ναίαρχος ernannt (Bursian a. a. O. 7). Auf einer von Cyriacus von Ancona in Janina abgeschriebenen Inschrift aus der 68. Aktias (304 n. Chr.) kommt ein φιλόπατρις καὶ φιλόσοφος Πόπλιος Μέμμιος Λέων als ἀγωνοθέτης Διὸς Νάου καὶ Διώτης, ἱερεὺς σεβαστῶν καὶ ἀγωνοθέτης μεγάλων Ἀκτίων Καισαρήων vor (O. Riemann Bull. hell. I 294, 89. Carapanos Texte 158). Ob an diesem Fest auch Rhapsodenkämpfe stattfanden, wie Bursian a. a. O. meint, kann aus der Inschrift Τερψικλῆς τῷ Δὶ Νάιῳ ῥαψωδὸς ἀνέθηκε (pl. XXIII 2) nicht mit Sicherheit geschlossen werden.

Das Orakel von D. kann sich an Ansehen und Bedeutung mit dem von Delphoi nicht messen. Aber immer hat es unter den Orakeln Griechenlands die zweite Stelle bewahrt. Sein Einfluss war nicht nur in Griechenland ein grosser. Auch ausländische Fürsten, z. B. Kroisos (Herod. I 46) beschickten es. Gross war sein Ruhm zur Zeit des Pindaros, der es in einem Paian auf den dodonäischen Zeus (O. Schroeder p. 403 frg. 57–60) besang. Die Ausgrabungen haben seine Bedeutung für die Folgezeit, namentlich für das 3. und 4. Jhdt., gelehrt. Aber eine schwere Prüfung brachte die Plünderung des Heiligtums durch Dorimachos im J. 219 v. Chr. (Polyb. IV 67. Diod. XXVI 10). Auch sonst hatte es in schweren Kriegsläuften, z. B. zur Zeit des Mithradates, zu leiden (Cass. Dio frg. 99, 2 Melb.). Doch lehren die Bleitäfelchen, dass der Betrieb bis zu Strabons Zeit nie ganz unterbrochen war. Damals lag allerdings ganz Epirus schwer darnieder; das Orakel war verstummt (ἐκλέλοιπε δέ πως καὶ τὸ μαντεῖον τὸ ἐν Δωδώνῃ, καθάπερε καὶ τἆλλα, Strab. VII 327). Grösseren Einfluss hat es dann später wohl nie wieder gehabt. Die Klage des Zeus bei Lukian Ikaromenipp. 24 hat nur wenig Nutzen gehabt, wenn auch das Fortbestehen des Orakels bis in die christliche Zeit hinein nachweisbar ist (Carapanos Texte 172). Die jüngsten, in den Ruinen des Temenos gefundenen, Münzen stammen aus der Zeit Constantins und seines Sohnes Crispus. Der Tempel des Zeus Naios wurde in eine christliche Kirche verwandelt und auf der Stätte des ältesten Orakels Griechenlands ein Bischofssitz errichtet, der in den Acta conciliorum öfters erwähnt wird (Carapanos Texte 173, 2). Im 6. Jhdt. scheint dann auch diese Kirche verschwunden zu sein. Die Geschichte der Stätte von D. ist von dieser Zeit an, aus der Bischöfe von D. nicht mehr bekannt sind, in das tiefe Dunkel gehüllt, das die Geschichte von Epirus dann überhaupt Jahrhunderte lang umgiebt.

Zeus und Dione scheinen in dem alten Temenos von D. wenig andere Götter neben sich geduldet zu haben. Denn aus dem kleinen Rad aus Bronze mit der Inschrift Ὠφελίων Ἀφροδίτα ἀνέθηκε (Carapanos pl. XXVI 1) darf man nicht mit Carapanos Texte 23. 156 auf einen Cult der Aphrodite schliessen; der Fund eines einzelnen Weihgeschenks an eine Gottheit berechtigt uns nicht zu der Annahme eines Cults. Er kommt hinzu, wie Bursian a. a. O. 8 mit [1264] Recht hervorgehoben hat, dass die Stelle des Serv. Aen. III 466 nimmermehr die Existenz eines Aphroditetempels für D. beweisen kann. Erst neue Ausgrabungen werden mit Sicherheit die Frage entscheiden können, ob das Temenos in D. der Altis von Olympia glich und ob in ihm auch anderen Gottheiten als Zeus und Dione Tempel und Altäre errichtet waren. Aus Polyb. IX 35, 6 τοὺς ἐν Δίῳ καὶ Δωδώνῃ ναοὺς καὶ τὰ τεμένη τῶν θεῶν ist natürlich für D. allein nichts zu folgern. Ebensowenig wie aus vereinzelten Weihinschriften können wir für den Cult aus dem Funde einer kleinen Herme des bärtigen Dionysos (Carapanos pl. LXI 4), einem Silenskopfe in Relief (auf einer Lampe, pl. LXI 1), einer archaischen Satyrstatuette aus Bronze (pl. IX) und einer Mainadenstatuette aus Bronze (pl. XIV 1) schliessen. Schwerlich wird man das Recht haben, hierbei an Euripid. Antig. frg. 177 Nauck² I zu erinnern, wo Dionysos der Sohn der Dione genannt wird; nach Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 125, 2 hat Euripides die Dione nur einer falschen Etymologie zu Liebe (= Θυώνη) zur Mutter des Dionysos gemacht.

Litteratur: Aus dem Altertum ist uns keine zusammenhängende Abhandlung über D. erhalten, so dass wir hier von vorneherein schlechter beraten sind als für Delphoi und Olympia, wo wir der Führung des Pausanias folgen können. Die antike Überlieferung (Strabon, Steph. Byz., Homerscholien) knüpft bei D. immer an die Homerstellen an und geht auf Apollodor zurück, der nach seiner Gewohnheit auch die früheren Forschungen (Kineas, Suidas) berücksichtigt hat. Wieviel davon aus Apollodors Commentar zum Schiffskatalog oder aus dem ersten Buche περὶ θεῶν stammt, wird sich allerdings nicht mit Sicherheit eruieren lassen (s. über die antike Litteratur über D. die Untersuchung von Ed. Meyer Forsch, z. alten Gesch. I 1892, 50ff.). Von moderner Litteratur seien erwähnt: Fred. Cordes Disputatio de oraculo Dodonaeo, Groningae 1826. E. v. Lasaulx Studien des classischen Altertums, Regensburg 1854, 283–315 (Rectoratsrede Würzburg 1840). Stützle Das griechische Orakelwesen, Ellwanger Gymn.-Progr. 1887 und 1891. Iul. Machnig De oraculo Dodonaeo capita V, Breslauer Dissert. 1885. Preller-Robert Griech. Mythol. I⁴ 1894, 122–126. O. Gruppe Griechische Mythol. und Religionsgesch. I 1897, 353–356. Schoemann-Lipsius Griech. Altert. II⁴ 1902, 332–337.

[Kern. ]