RE:Iulius 386
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Philippus, M. Röm. Kaiser 244-249 | |||
Band X,1 (1918) S. 755–770 | |||
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386) M. Iulius Philippus, römischer Kaiser 244-249.
I. Quellen und Literatur.
[Bearbeiten]1. Erlässe und Verordnungen, zusammengestellt von Haenel Corpus legum, 1857, 166f.; Index 14; dazu IGE IV 598.
2. Inschriften. Eine knappe Auswahl bietet Dessau ILS 505–513. Ich zitiere unten in der Regel nur eine Publikation der betreffenden Inschrift; wo die Inschriften nicht einzeln aufgeführt werden, sind die Belege in den Indices des CIL, besonders in denen des III. Bandes zu finden.
3. Die Münzen findet man bei Eckhel VII 320-327. Cohen² V 94-180. Die alexandrinischen Münzen bei Mionnet VI 419-435, Suppl. IX 120–123. Cat. Greek coins Brit. Mus., Alexandria 1892, 251–268; vgl. v. Sallet Die Daten der alexandrinischen Kaisermünzen 60–66 und Dattari Numi Augg. Alex. I 330–342. Münzen dieser Regierung in Die antiken Münzen Nordgriechenlands: I 1, 8ff. nr. 1–34. 38ff. nr. 94–122 121ff. nr. 348-367. 321ff. nr. 1194-1216. I 2, 901ff. nr. 3559-3623. III 1, 183ff. nr. 826–859. 190f. nr. 864-871.
4. Die Papyri aus der Zeit der Philippi sind bei Hohmann Zur Chronologie der Papyrusurkunden 17 verzeichnet (es soll dort aber unter 5. heißen: Teb. II 319, nicht III 319). Dazu Pap. Oxyrrh. VIII 1119, 22.
5. Literarische Quellen: Die Geschichte des Philippus wird noch gestreift in der Vita Gordians III. (Hist. aug. Gordiani tres 22–34); da die Viten der Philippi verloren sind – ein bei der Dürftigkeit unserer Quellen immerhin beklagenswerter Verlust, so sind wir ausschließlich auf folgende Berichte angewiesen: Dexippus frg. 18 (FHG III 675). Euseb.-Hieron. zum J. 2261–2267 Abr. Chron. min. in M. G., Auctt. antt. IX, XI, XIII; Chronicon paschale ed. Dindorf im Bonner Corpus 1832, 502f. Aurelius Victor 28. [756] Eutrop. IX 3. Victoris epitome 28. Orosius VII 20. Iordanes Getica §§ 89–92. 94. Zosim. I 19–22. Ioh. Antiochenus frg. 148 (FHG IV 597f.). Zonaras (ed. Dindorf Bd. III 1870) XII 19. Über die das Christentum betreffenden Nachrichten s. u. S. 768. Eine Analyse der angeführten Quellen kann hier nicht gegeben werden; hinsichtlich der Ausgaben und der einschlägigen Literatur ist jetzt zu verweisen auf Kornemann bei Gercke-Norden Einleitung in d. Altertumswissensch. III 247ff. (Dexippus und Hist. aug.). 250f. (Eusebius u. Hieron.). 252 (Victor, Eutrop, Epitome). 254ff. (Oros., Iord., Zosimus, Ioh. Ant.).
6. Neuere Literatur: Vollständige Sammlung des literarischen Materials bei Tillemont Histoire des empereurs usw. III 561–585 und 815–834 (Brüssel 1712); ferner H. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 2, 1881, 800–803. L. v. Ranke Weltgeschichte III 1, 1883, 407–413. E. Herzog Geschichte und System der römischen Staatsverfassung II 1, 1887, 515–520. 535f. 546f. v. Domaszewski Geschichte der Röm. Kaiser 1909, II 290-292. B. Niese Grundriß der röm. Gesch.⁴ 367f.; ferner E. Wietersheim-F. Dahn Geschichte der Völkerwanderung² I 1880, 193-198. B. Rappaport Die Einfälle der Goten in d. röm. Reich bis auf Constantin 1899. L. Schmidt Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgange der Völkerwanderung I 1 (Quellen und Forschungen zur alten Geschichte und Geographie. Herausg. von W. Sieglin Heft 7), 1904. Sadée De imperatorum Romanorum tertii post Chr. n. saeculi temporibus constituendis 1891. Nichts Neues bietet Lehmann Der Kaiser Gordianus III., 1911, nützlich dagegen ist Assmann De coloniis oppidisque Romanis, quibus imperatoria nomina vel cognomina imposita sunt, 1905. Die das Christentum des Philippus betreffende Literatur s. u. S. 770; spezielle Untersuchungen werden im folgenden an der betreffenden Stelle zitiert. Die Consuln sind dem Verzeichnis von Vaglieri (bei de Ruggiero Dizionario epigrafico II 689ff.) entnommen.
II. Bis zum Regierungsantritt.
[Bearbeiten]M. Iulius Philippus (daß er auch den Namen Sergius geführt habe, hat Assmann a. a. O. 144 nr. 163 aus den Münzen von Neapolis in Samaria [Cohen² V 143, 17 und 157, 118–120] geschlossen; da sonst dieser Name aber nirgends (erscheint, so ist die Ansicht Vaillants ansprechender, der an einen Zusammenhang mit der tribus Sergia denkt [s. Eckhel III 438]) wurde um das J. 204 (Chron. pasch. 503 Bonn, gibt ihm bei seinem Tode 45 Jahre, allerdings widerspricht dieser Angabe der sonst verläßlichere Vict. 58, 10, wo der Kaiser als alt bezeichnet wird) in der Trachonitis, vielleicht dort, wo er später eine seinen Namen tragende Kolonie gründete, geboren (Vict. 28, 1; vgl. Le Bas-Waddington zu 2072). Er war arabischer Abkunft, weshalb er von den Späteren vielfach Philippus Arabs genannt wird. Sein Vater war Iulius Marinus (s. d.); daß - die Worte in Vict. epit 28, 4: is Philippus humitlimo ortus loco fuit den Tatsachen nicht entsprechen dürften, hat v. Domaszewski (Rh. Mus. N.F. LTV 160) mit Recht aus der ritterlichen Laufbahn des Bruders des Kaisers, C. Iulius Priscus (s. d.) geschlossen. Über die früheren Schicksale [757] des Philippus sind wir nicht unterrichtet; daß der praef. vigilum von 241, der CIL VI 1092 genannte …ltius Philippus mit unserem Philippus identisch sei, wie es A. Stein o. Bd. VII S. 367 für möglich erklärt, ist in Anbetracht der verschiedenen Gentilnamen sehr unwahrscheinlich. Wir begegnen ihm erst als zweithöchstem Funktionär, neben Timesitheus im Perserkrieg Gordians III. (seit 242, vgl. Krauss Rh. Mus. LVIII 630 und die treffende Kritik von dessen Ausführungen bei A. Stein o. Bd. VII S. 366f., der vermutet, Philippus sei beim Tode des Timesitheus vice praefecti praetorio gewesen). 243 trat Philippus an des Timesitheus Stelle (vgl. IGR III 1033. Ammian. XXIII 5, 17. Fest. 22. Vict. 27, 8. Epit. 27, 2. Euseb.-Hieron. zum J. 2257) und wurde vielleicht gleichzeitig in den Senat inter consulares adlegiert (vgl. Hirschfeld Verwaltungsbeamte2² 416f.; aber sicher ist es nicht, vgl. Thiele De Severo Alexandro imp. 74 und Hönn Quellenuntersuchungen zu den Viten des Heliogab. und Sev. Alex. 124); im Februar oder März (und zwar wohl vor dem 14. März, da von diesem Tage das Cod. Iust. III 42, 6 überlieferte Gesetz des Philippus datiert ist; freilich scheint es Costa bei de Ruggiero Diz. epigr. III 550f. möglich, daß dieses Datum fehlerhaft sei. Eine nubische Inschrift [IGR I 1330 nach CIG 5006] datiert noch am 25. Februar 244 nach Gordianus) des folgenden J. 244 räumte er den Kaiser Gordianus aus dem Wege und ließ sich selbst zum Augustus ausrufen (s. v. Rohden o. Bd. I S. 2627f.; was Costa a. a. O. III 550 in engstem Anschluß an die Gordiansvita und in Verkennung des historischen Unwerts der von ihm zitierten, angeblich noch bei Lebzeiten des Gordianus geprägten Münzen des Philippus ausführt, ist abzuweisen). Philippus war mit Marcia Otacilia Severa vermählt (s. d.), die ihm (237 oder 238 nach Vict. epit. 28, 3) einen Sohn gebar.
III. Regierung.
[Bearbeiten]1. Titulatur. In der offiziellen Titulatur der Militärdiplome und in der Mehrzahl der Inschriften und Münzen heißt Philippus Imp. Caesar M. Iulius Philippus Pius Felix Augustus; daneben kommt auf Inschriften nicht selten Pius Felix invictus Augustus und die verschiedensten Abkürzungen der Titulatur vor. Auf das Wort Augustus folgt im vollständigen Titel der Oberpontifikat, die tribunizische Gewalt, der Titel pater patriae, der Consulat und der Proconsulat; der letztere fehlt stets auf Münzen; imperatorische Akklamationen scheint der Kaiser nicht gezählt zu haben. Trotz vorkommender Fehler in der Zählung der trib. pot. ist nicht anzunehmen, daß Philipp von der Sitte, sie am 10. Dezember zu erneuen, abgewichen sei; es beginnt also seine zweite trib. pot. am 10. Dezember 244, die dritte am 10. Dezember 245, die vierte 246, die fünfte 247, die sechste 248 am selben Monatsdatum. In der Führung des proconsularischen Titels wird Philippus der seit Severus geltenden Regel gefolgt sein, ihn nur innerhalb des stadtrömischen Pomerium abzulegen. Bezeichnungen wie restitutor orbis u. a. sind nicht als Titel zu betrachten, dagegen führt nach Beendigung des Perserkrieges der Kaiser Inschriften infolge eine Zeitlang der Beinamen Persicus maximus (CIL VI 1097) oder [758] Parthicus maximus (CIL III 4634. 10619 [auf diesen beiden Particus geschrieben]. 14354⁶ und so deutet nach dem Vorgange v. Sallets auch Pick Die ant. Münz. Nordgr. I 1 p. 38 die Legende der dort unter nr. 96–98 verzeichneten Münzen; 246 nennt ihn eine phrygische Inschrift (IGR IV 635) Germanicus, wohl fehlerhaft für Germanicus maximus; denn dieser Titel erscheint neben Carpicus maximus auf dem Bronzemedaillon bei Cohen² V 135f., nr. 3 vom J. 248 und Pap. Lond. III 321, nr. 951 vom J. 249. Carpicus maximus heißt Philippus jedenfalls seit seinem Karpensieg von 247 (s. u. S. 762). – Der von P. M. Meyer Herm. XXXIII 271 erwähnte Pšilaan Augustus ist nach Krall Denkschr. Wiener Ak. XLVI 9 kein anderer als unser Philippus.
2. Chronologie, a) Begierungsdauer. Vict. 28, 11; epit. 28, 1 und Eutrop IX 3 geben 5 Jahre, Euseb.-Hieron. (Schöne II 181) 7 Jahre, Chron. 354 5 Jahre 5 Monate 29 Tage; auf die genannten Quellen gehen alle anderen zurück. Den Regierungsantritt des Philippus näher zu bestimmen, als es oben geschehen, ist nicht statthaft. Aus alexandrinischen Münzen (Cat. Brit. Mus., Alexandria, nr. 1991. 1996. 2012) erhellt, daß man dort noch nach dem 29. August 249 eine nicht geringe Zahl von Münzen des Philippus geprägt hat; vor diesem Datum kann der Untergang des Kaisers schon deshalb nicht erfolgt sein, weil die Papyrusurkunden (z. B. BGU III 937 vom 14. Februar 250 u. a.) das J. 249/50 als erstes des Decius bezeichnen (vgl. Kubitschek Num. Ztschr. 1908, 49, 4). Da andererseits Cod. Iust. X 16, 3 ein vom 16. Oktober 249 datiertes Gesetz des Decius überliefert ist und kein Anlaß vorliegt, das an der angeführten Stelle gebotene Datum zu verdächtigen, so werden wir schwerlich irren, wenn wir den Untergang der Philippi in die letzten September- oder ersten Oktobertage verlegen und den Ansatz dieser Ereignisse auf den 18. August, den Costa a. a. O. II 1490 bietet, verwerfen.
b) Die Erhebung des Decius. Daß sich Decius im J. 248 zum Kaiser aufwarf, hat Mommsen Bull. d. Inst. 1865, 27ff. daran erkannt, daß auf manchen Inschriften des J. 250 die dritte tribunizische Gewalt erscheint; wäre das auch, wie Sadée a. a. O. 33ff. gezeigt hat, noch kein Beweis, so ist ein Zweifel doch infolge der die vierte tribunizische Gewalt verzeichnenden gewiß echten Inschriften CIL II 4957. 4958. 6219 ausgeschlossen, was immer auch Costa a. a. O. II 1481ff. dagegen einwenden mag; den von mir vertretenen Standpunkt scheint auch (nach der Besprechung von Costa Boll. di filol. class. XV 177f. zu schließen) die mir nicht zugängliche Abhandlung von Corradi Le potestà tribunizie dell’ imperatore Traiano Decio, 1908 zu teilen. Sadée hat p. 34 die Stelle epit. 29: Decius … imperavit menses triginta auf die Zeit vom Abfall bis zum Tode des Decius bezogen, der vermutlich im Juni 251 erfolgte (s. Kubitschek Num. Ztschr. 1908, 73ff.). Wir hätten dann den Abfall des Decius vom Kaiser etwa Ende November 248 zu setzen, aber man wird gut tun, den Wert der Angabe der Epitome nicht zu überschätzen.
[759] c) Wie man aus dem Vorstehenden ersieht, ist selbst in den wichtigsten Punkten die Chronologie dieser Regierung eine unsichere. Im folgenden wird versucht, die aus den J. 244–249 bekannten Tatsachen nach Jahren geordnet zu verzeichnen, es muß aber vorausgeschickt werden, daß die Richtigkeit dieser Annahmen bei dem Stande des Quellenmaterials sich nur vermuten, nicht behaupten läßt.
3. Geschichte.
244: pont. max. Pers. (oder Parth.) max. trib. pot. cos. des. p. p. procos. | coss.: Ti. Pollenius Armenius Peregrinus, … Fulvius Aemilianus.
Es ist natürlich, daß Philipp, wie alle Usurpatoren in ähnlicher Lage, sich bemühte, den Verdacht, er habe seinen Vorgänger gewaltsam beseitigt, zu zerstreuen. Er schrieb sogleich dem Senat, daß Gordianus an einer Krankheit gestorben und er von allen Soldaten zu dessen Nachfolger erwählt sei; und der Senat zögerte nicht – Zon. XII 18 ex. bietet nichtiges Geschwätz, das nur Ranke (p. 409) seltsamerweise für bare Münze annimmt – die Wahl des Heeres zu bestätigen und dem Philippus den Augustustitel und die übrigen dem Kaiser zukommenden Würden zu verleihen, vielleicht auch die tribunizische Gewalt auch Philippus dem Caesar, jedenfalls im Einvernehmen mit dem Kaiser, zu übertragen (s. u. S. 771). Zum Stadtpraefekten wurde vielleicht der Consul Fulvius Aemilianus ernannt, da er allein unter Philippus ein zweites Consulat bekleidet hat (s. Groag o. Bd. VII S. 234 Nr. 35; auf die Angabe des Ioh. Ant. frg. 148 [FHG IV 598], wo Decius als ἔπαρχος τῆς πόλεως bezeichnet wird, dürfte niemand etwas geben wollen). Der Haltung des Kaisers gegenüber seinem Vorgänger, für dessen Andenken er stets die größte Verehrung zur Schau trug, entspricht es, daß er ihn vom Senat unter die Divi aufnehmen, ihm am Orte seines Todes, 20 Millien von Circesium, ein Grabdenkmal errichten und seine sterblichen Reste nach Rom überführen ließ (s. v. Rohden o. Bd. I S. 2627f.), sowie daß er ihm zu Ehren seine Familie von der Verpflichtung, Vormundschaften und Staatsämter zu übernehmen, eximierte (Gord. 32, 4). Nachdem der Kaiser in dieser Weise seine Regierung eingeleitet hatte, beeilte er sich, mit den Persern Frieden zu schließen (Zosim. I 19, 1. Zonar. XII 19. Syncell. I 683 Bonn.; hieher gehören die Münzen Cohen² V 105 nr. 113. 114 mit der Legende pax fundata cum Persis, die in Antiochia geprägt sind [Brock Ztschr. f. Num. II 213ff.]). Zonaras (a. a. O.) berichtet ferner, der Kaiser babe bei diesem Friedensschluß Armenien und Mesopotamien abgetreten, als die Römer aber darüber ihren Unwillen äußerten, sei er vom Friedensvertrag zurückgetreten; diese Erzählung wird schon durch die Tatsache widerlegt, daß im ganzen weiteren Verlauf von Philipps Regierung von Feindseligkeiten mit den Persern keine Rede mehr ist; Mesopotamien blieb beim Reiche, wie die Inschrift IGR III 1202 lehrt, in der des Kaisers Bruder, Priscus, den Titel eines ἔπαρχος Μεσοποταμίας führt. Nur insofern dürften die Römer - darauf deutet der Tadel dieses Friedens bei Zosim. III 32,4 – eine Einbuße erlitten haben, ,als die Abhängigkeit des Lehenskönigs von Großarmenien nach dem Frieden wohl nur eine nominelle [760] war‘ (Mommsen R. G. V⁶ 422, 1 nach Euagrius V 7 [Migne Gr. 86, 2806]). Aber ein so eklatanter Mißerfolg, wie ihn Zonaras behauptet, würde doch auch in zu grellem Kontrast zu dem o. (S. 757f.) erwähnten Umstande stehen, daß der Kaiser den Titel Parthicus maximus oder Persicus maximus geführt hat. Nach Abschluß des Friedens ließ Philippus seinen Bruder als praefectus Mesopotamiae in der Grenzprovinz im Osten zurück, während er selbst sich nach Rom begab (Zosim. I 19, 2). Bevor er Syrien verließ, erteilte er der Stadt Neapolis (dem alten Sichem) in Syrien das Kolonialrecht und den Namen colonia Iuliaa Sergia Neapolis; an der Stelle seines mutmaßlichen Geburtsortes, des heutigen Schuhba, gründete er die Stadt Philippopolis, die er gleichfalls zur Kolonie erhob (Belege bei Assmann 144f. nr. 163. 191), während Bostra seit ihm auf Münzen durch die Bezeichnung als colonia metropolis geehrt erscheint (Eckhel III 502. Cohen² V 132 nr. 372-374. 177 nr. 140. 141); Singara und Nisibis in Mesopotamien erhielten den Beinamen ,Iulia‘ (Assmann 131 nr. 142 und 136 nr. 151). Vielleicht als er auf dieser Reise durch Thrakien kam, wahrscheinlich aber erst in den Zeiten des Karpen- oder des Gotenkriegs, hat Philippus das thrakische Philippopolis, die Gründung Philipps von Makedonien, zur Kolonie erhoben (Assmann 144 nr. 162). Auch durch Makedonien ist der Kaiser damals gekommen: in Beroia wurden ihm zu Ehren bei diesem Anlasse prächtige Spiele gefeiert, wie Gaebler Ztschr. f. Num. XXIV 312ff. an der Hand der Münzen nachweist. Spätestens am 23. Juli (das darf man aus CIL VI 793 schließen) traf der Kaiser in Rom ein. Darauf beziehen sich die Adventus-Münzen Cohen² V 95 nr. 3–6 und 140 nr. 2. 3. Wenn, wie anzunehmen ist, Priscus im Orient zurückblieb, so muß auf 140, 2 eine andere Person als er dargestellt sein. Über diese Adventus-Münzen vgl. Brock 217f. Philipps Beziehungen zum Senat gestalteten sich freundlich; durch sein gewinnendes persönliches Verhalten überwand er das Vorurteil, das anfangs in der erlauchten Körperschaft gegen den nichtsenatorischen Emporkömmling und mutmaßlichen Mörder des Senatskaisers Gordianus bestand. In diese Zeit fällt die erste liberalitas für das Volk, Cohen² V 102 nr. 83–85. 134 nr. 5. Die ausgesprochene Familienpolitik des Philippus zeigte sich wie in der Konsekrierung seines Vaters Marinus (Cohen² V 180. IGR III 1199. 1200), so in der Tendenz, seine engsten Angehörigen an der höchsten Staatsleitung teilnehmen zu lassen: von seinem Bruder Priscus war schon die Rede und wird noch zu sprechen sein; seinem Schwager (als solchen fassen ihn auf Dessau PIR III 231 nr. 440 und Kubitschek Num. Ztschr. 1908, 45, als Schwiegervater andere, zuletzt v. Domaszewski Kaisergesch. II 290) Severianus übertrug er, wohl noch in diesem Jahre das Kommando der bedrohten Provinzen Moesien und Makedonien (Zosim. I 19).
245: pont. max. (Pers. [oder Parth.] max. ?) trib. pot. II cos. p. p. procos. | coss.: Imp. Caes. M. Iulius Philippus Pius Felix Augustus, Titianus.
Diese letztere Maßregel wird mit der Beunruhigung [761] zusammenhängen, der die Donaugegenden schon seit Jahren von Seiten barbarischer Völkerschaften ausgesetzt waren. Die Goten hatten im J. 238 die Stadt Istros eingenommen und gebrandschatzt (vgl. Pick Die ant. Münzen Nordgriechenlands I 147). An diesem Zuge war auch der dakische Stamm der Karpen beteiligt gewesen, der schon unter Severus Antoninus den Römern zu schaffen machte (CIL III 14416. v. Domaszewski Korr. d. westd. Ztschr. 1900, 146ff.). Als Gordianus sich von den Goten den Frieden mit Tributzahlungen erkaufte, wünschten die Karpen, an den Jahrgeldern ebenfalls Anteil zu erhalten. Dieses Begehren wurde abgewiesen, gleichwohl aber verstand es der tüchtige Consularlegat von Moesia inferior, Tullius Menophilus (238-241, Pick Num. Ztschr. XXVIII 50), die Karpen während seiner Statthalterschaft im Zaume zu halten und auch während der weiteren Regierung des Gordianus scheinen sie sich ruhig verhalten zu haben (vgl. Gord. 31, 1, danach Schmidt a. a. O. 59; anders Rappaport 34; den dort nach Gord. 34, 4 berührten Alaneneinfall halte ich für eine Erfindung des Biographen). Im J. 245 aber brachen die Karpen von neuem über die Donau. Es scheint, daß weder der Statthalter von Untermoesien, Prastina Messallinus, noch der Oberbefehlshaber Severianus gegen sie etwas ausrichteten, denn die Lage gestaltete sich so ernst, daß der Kaiser es für notwendig hielt, sich selbst auf den Kriegsschauplatz zu begeben (gegen Ende des Jahres).
246: pont. max. (Pers. [oder Parth.] max.?) trib. pot. III cos. p. p. procos. ∣ coss.: C. Bruttius Praesens, C. All … Albinus.
Über diesen Karpenkrieg des Kaisers sind wir durch den knappen Bericht bei Zosim. I 20 und durch die Münzen sehr schlecht unterrichtet. Im Juli des J. 246 muß der Kaiser in Dakien geweilt haben, wo er der von den Barbaren schwer geschädigten (vgl. Rappaport 32f.) Provinz das Münzrecht verlieh; damals beginnt die dakische Provinzialaera (vgl. a. a. O. I 2ff.). Das geschah um dieselbe Zeit, zu welcher in Makedonien, Moesia inferior und Thrakien die noch bestehenden Münzstätten geschlossen wurden; vielleicht wurden sie von den Barbaren zerstört. Damals hat der Kaiser auch germanische Stämme mit Erfolg bekämpft und darauf den Beinamen Germanicus maximus angenommen (o. S. 758); Schmidt a. a. O. Anm. 5 verlegt diese Germanenkämpfe an die obere und mittlere Donau.
247: pont. max. Germ. (max.) trib. pot. IIII cos. II p. p. procos. | coss.: Imp. Caes. M. Iulius Philippus Pius Felix Augustus II. M. Iulius Severus Philippus nobilissimus Caesar (seit Juli oder August: Imp. Caes. M. Iulius [Severus] Philippus Pius Felix Augustus).
In diesem Jahr, in welchem der Kaiser zugleich mit seinem Sohn das Consulat bekleidete, fiel der entscheidende Schlag gegen die Karpen: der Kaiser besiegte sie (nach Zosim. a. a. O.) in einer Feldschlacht, belagerte sodann einen Teil von ihnen in einem Kastell, in das sie sich geflüchtet hatten, warf einen Ausfall der Belagerten und einen gleichzeitigen Versuch der anderen karpischen Scharen, das Kastell zu entsetzen, durch [762] die ungestüme Tapferkeit der maurischen Truppen zurück und zwang die Barbaren zum Frieden. Nach diesen Erfolgen, infolge deren er den Beinamen Carpicus maximus annahm (o. S. 758. Cohen² V 110 nr. 158. 160. 138 nr. 11. 165 nr. 44. 117 nr. 238 mit victoria Carpica, ferner die Münzen des thrakischen Bizya, Mionnet I 375 nr. 77. II Suppl. 237 nr. 190f. Cat. Brit. Mus., Thrace, p. 89ff.; vgl. Weil Ztschr. f. Numism. 1871, 102ff.; bei diesem Anlaß erfolgte die zweite liberalitas, Cohen² V 102f. nr. 86–90 u. 162 nr. 15. 16. 141 nr. 8), kehrte der Kaiser im Triumphe nach Rom zurück, bei weloher Gelegenheit der junge Philippus zum Augustus erhoben worden sein mag. Das war der Höhepunkt in Philipps Regierung; bald aber trat ein Umschwung ein, der für die Zerrüttung, in die das Reich seit dem Ausgang der Severer mit unheimlicher Schnelligkeit verfiel, typisch ist. Nicht lange, nachdem der Kaiser die Donaugegenden verlassen hatte, erhoben nämlich die Legionen daselbst einen Offizier (als ταξιάρχης bezeichnet ihn Zon.), den Ti. Claudius Marinus Pacatianus, zum Kaiser (Zosim. I 20, 2. Zonar. I 19).
248: pont. max. Germanicus max. Carpicus max. trib. pot. V cos. III p. p. procos. | coss.: Imp. Caes. M. Iulius Philippus Pius Felix Augustus III, Imp. Caes. M. Iulius (Severus) Philippus Pius Felix Augustus II.
So traten die beiden Kaiser unter wenig erfreulichen Umständen am 1. Januar 248, der Vater sein drittes, der Sohn sein zweites Consulat an. Der Aufstand des Pacatianus war für die Goten, die sich während des Karpenkrieges ruhig verhalten hatten, das Signal zu einem neuerlichen Einfall. Den unmittelbaren Anlaß bot die von Schmidt 59 mit Unrecht bezweifelte Sistierung der seit Gordianus gezahlten Jahrgelder, welche Iordanes Get. § 89 berichtet und die ganz natürlich erscheint, da die Reichsregierung, damals in jenen Gegenden aller Autorität beraubt, den Tribut gar nicht hätte den Goten zukommen lassen können, dem Pacatianus aber, selbst wenn er es gewollt hätte, die erforderlichen Geldmittel dazu wohl nicht zur Verfügung standen. So fielen denn die Goten, durch Karpen, Taifalen, asdingische Vandalen und Peuciner verstärkt – Iordanes gibt übertreibend die Gesamtzahl auf 300 000 an – unter Führung des Argaithus und Gunthericus in Moesia inferior ein. Damals wurde Marcianopolis, die Hauptstadt der Provinz, von ihnen belagert; aber dank der Tüchtigkeit des Befehlshabers, eines Thrakers namens Maximus, und der Befestigungen, die der früher genannte Menophilus angelegt hatte, gelang es, nicht nur einen zweimaligen Ansturm der Barbaren zurückzuschlagen, sondern bei dem zweiten diesen selbst solche Verluste beizubringen, daß sie unverrichteter Dinge abzogen (Iord. Get. §§ 91. 92. Dexippus frg. l8 [FHG III 675]. Rappaport 35. Schmidt 59f.). Rappaport hat 29f. gegen Mommsen R. G. V 218, 1 und Pick 187, 2 u. 3. 193f. sehr wahrscheinlich gemacht, daß die Belagerung von Marcianopolis, so wie Iordanes berichtet, hieher und nicht ins J. 238 gehört; Schmidt ist ihm gefolgt. Über den Ioh. Iordanes in diesem Zusammenhang genannten König Ostrogota, der einer späteren Zeit angehört, vgl. Schmidt 56. Wahrscheinlich [763] nicht lange nach der Nachricht vom Aufstande des Pacatianus traf in Rom eine zweite Hiobspost, diese aus dem Orient, ein. Vermutlich nachdem Priscus in Mesopotamien die durch den Perserkrieg gestörte Ordnung wiederhergestellt und sich damit der ihm als praefectus Mesopotamiae zuteil gewordenen Hauptaufgabe entledigt hatte, war er von seinem kaiserlichen Bruder unter dem Titel eines praef. praet. rectorque Orientis mit der Generalstatthalterschaft des Ostens betraut worden (CIL III 14. 149⁵, vgl. v. Domaszewski Rh. Mus. LIV 159f.). Als solcher verursachte er durch allzu strenges Anziehen der Steuerschraube und sonstige Bedrückungen einen Aufruhr, in welchem ein gewisser M. F… Ru… Iotapianus, der sich als Nachkommen Alexanders ausgab (nach Polemius Silvius, M. G., Auctt. antt. IX 521, 38 in Kappadokien, nach Vict. 29, 2 dagegen in Syrien), zum Kaiser ausgerufen wurde, der sich bis in die erste Zeit des Decius gehalten zu haben scheint (so Vict. a. a. O.; dagegen läßt ihn Zosim. I 21, 2 noch unter Philippus umkommen).
Die Auflösung, in der sich damals das Reich befand, wird noch weiter durch die Tatsache beleuchtet, daß gleichzeitig in Syrien ein dritter Prätendent, Iulius Aurelius Sulpicius Uranius Antoninus ( s. d.), sich erhob, der noch im J. 253/4 sein Wesen trieb. Der Kaiser Philippus war auf die Kunde von diesen Ereignissen so bestürzt, daß er dem Senat seine Abdankung anbot; die Senatoren schwiegen und nur der spätere Kaiser (C. Messius Quintus Traianus) Decius erhob sich, um den Kaiser zu ermutigen. Bald darauf wurde Pacatianus von seinen eigenen Soldaten umgebracht (daß es nicht vor dem 21. April dieses Jahres geschah, beweist die Münze dieses Kaisers bei Cohen² V 182 nr. 7 mit der Legende Romae aeter. an. mill. et primo) und Decius erhielt, wie früher Severianus, den Oberbefehl in den untern Donauprovinzen, um die Disziplin wiederherzustellen und die Goten zu bekämpfen, obwohl er sich angeblich, die Zukunft vorausahnend, geweigert hatte (Zosim. I 21. Zonar. a. a. O.). Decius löste die ihm gestellte Aufgabe; damals, so nehme ich mit Schmidt gegen Tocilescu (Arch.-epigr. Mitt. XI 19) und v. Domaszewski (a. a. O. 160, 6) an, ist Romula (rechts der Aluta gelegen) befestigt, vielleicht auch zur Kolonie erhoben worden (CLL III 8031; vgl. v. Domaszewski CIL III p. 1421). Die Goten wurden damals offenbar zum Rückzug gezwungen; der von Iord. Get. § 94 erwähnte Konflikt derselben mit den Gepiden scheint einer späteren Zeit anzugehören (s. Schmidt a. a. O.) und kann daher nicht als Grund für das Zurückweichen der Goten angesehen werden. Die zuletzt erwähnten Ereignisse fallen zeitlich nach der Jahrtausendfeier der Stadt Rom, die inmitten der geschilderten Wirren vom Kaiser an den Palilien des J. 1001 Varr. am 21. April 248 eröffnet wurde (pro conclusionet millesimi anni, wie es in den Acta Sanctorum heißt [zitiert bei Neumann Der Röm. Staat und die allgemeine Kirche I 330], also abweichend von dem unter Claudius und Antoninus Pius [?] beobachteten Vorgang, wonach die Feier im J. 800 bezw. 900 stattfand). Daß er vor dieser kostspieligen und xu seiner und des Reichs gefahrvollen Lage seltsam und traurig kontrastierenden [764] Festlichkeit nicht zurückschreckte, sondern sie im Gegenteil mit großartigem Pompe beging, läßt den Schluß zu, daß es ihm in erster Linie darum zu tun war, angesichts des überall in den Provinzen lauernden Abfalls einen Rückhalt in der Stadt Rom zu gewinnen. Bei den Tierhetzen im Circus maximus kam eine Menge wilder Tiere in die Arena, die Gordianus seinerzeit für seinen Persertriumph vorbereitet hatte (Gord. 33, vgl. (die Tierbilder auf den von Marg. Bieber Röm. Mitt. XXVI (1911) 234, 2 zitierten Münzen); auch fanden die bei den Säkularspielen üblichen Feiern und große Lustbarkeiten statt (Euseb.-Hieron. z. J. 2262; danach Cassiod. chron., M. G. Auctt. antt., XI 147 z. J. 249, vgl. Zosim. II 5, 2 und CIL VI 488. Die Feier erwähnen Vict. 28, 1; Epit. 28, 3. Eutrop. IX 3. Oros. VII 20, 2. 3. Chron. 354, M. G. Auctt. antt. IX 147, 33; die Münzen bei Cohen² V 103f. nr. 95–97. 112ff. nr. 172-204. 138f. nr. 12–14. 146 nr. 25–27. 149f. nr. 62–71. 163 nr. 20. 169f. nr. 72-82; dritte liberalitas 103 nr. 91–94. 162 nr. 17. 18. Die Münze war damals vorübergehend in sechs Sektionen geteilt, Brock 234). Soviel sich aus dem unklaren Bericht des Iordanes (Get. § 90) entnehmen läßt, muß ein Teil der römischen Truppen in den Donauprovinzen – wohl nach der Ermordung des Pacatianus – zu den Goten übergegangen sein; die übrigen riefen den Decius, der mit Strenge die militärische Zucht wiederherzustellen suchte (vgl. CIL III 12 351), zum Kaiser aus, wodurch er es sich mit Philippus verderben und in Abhängigkeit von ihnen geraten mußte (Zosim. I 21, 3).
249: pont. max. German. max. Carp. max. trib. pot. VI cos. III p. p. procos. | coss.:… Fulvius Aemilianus II, L. Naevius Aquilinus.
In die ersten Monate dieses Jahres fallen Unruhen in Alexandria, wo der Pöbel die Häuser der Christen plünderte und von diesen selbst einige lynchte; daran schlossen sich Kämpfe der Heiden untereinander. Wir erfahren nicht, wie die Regierung dazu Stellung nahm (Euseb. hist. eccl. VI 41). Unterdessen hatte Decius, der sich ernstlich gesträubt und erst nachgegeben hatte, als die Soldaten sein Leben bedrohten, dem Philippus geschrieben, er möge unbesorgt sein, denn sowie er, Decius, nach Rom komme, wolle er die kaiserlichen Abzeichen niederlegen (Zon. a. a. O.); Philippus aber schenkte diesen Worten keinen Glauben, sondern zog in den nächsten Monaten, während deren Decius noch an der Donau verweilte, bedeutende Streitkräfte zusammen, befestigte wahrscheinlich damals durch die vierte liberalitas die Treue der Stadtrömer (Cohen² V 162 nr. 19; vgl Ferrero Ztschr. f. Numism. III 381f.) und rückte, obwohl kränkelnd (Vict. 28, 10), dem Decius entgegen. Bei Verona (Eutrop. a. a. O. Vict. a. a. O. Epit 28, 2) kam es zur Schlacht, in der Philippus trotz der numerischen Überlegenheit seiner Truppen unterlag; seinen Tod scheint er in der Schlacht selbst gefunden zu haben (Eutrop. a. a. O. Vict. a. a. O. Epit. a. a. O.: media capite supra ordines dentium praeciso. Zosim. I 22. Zon. a. a. O., dessen Erzählung keineswegs, wie Schiller 803, 3 meinte, kindisch ist; eine Parallele bietet das Verhalten des Vetranio gegenüber Constantius II., der das, wozu sich Decius erbot, wirklich vollbrachte, vgl. [765] besonders Schiller II 250ff., auch Seeck Gesch. d. Untergangs d. ant. Welt IV 97ff.). Da Decius aus des Philippus Verhalten ersah, daß ihm von diesem Gefahr drohe, wenn er sein Anerbieten verwirklichte, so blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Philippus ebenfalls feindlich entgegenzutreten (Chron. pasch. 503 Bonn, läßt den Kaiser vom Pferde stürzen und an den Folgen in Rom sterben. Die Annahme Picks a. a. O. 25, daß sich noch über den Tod des Kaisers philippianische Streitkräfte in Viminacinm gehalten haben, ist unrichtig, s. Kubitschek a. a. O. 49). Auf die Kunde vom Tode des Kaisers wurde der jüngere Philippus im Lager der Prätorianer in Rom, wo er zurückgeblieben war, ermordet (Vict. 28, 11. Eutrop. a. a. O. Epit. 28, 3. Euseb.-Hieron. z. J. 2267, danach Chron. 354 a. a. O. u. Cassiod. a. a. O. Oros. VII 20, 4. Joh. Ant. frg. 148 [FHG IV 598]). Zosimus und Zonaras lassen ihn mit dem Vater in der Schlacht umkommen. Eutrop. IX 3 ex. sagt, die beiden Philippi seien konsekriert worden. Da sie aber auf Inschriften als Divi niemals vorkommen, im Gegenteil ihr Name sehr oft radiert ist, und auch die anderen Quellen von der Konsekrierung schweigen, so ist die Angabe des Eutrop, die an sich schon bei der Lage der Dinge nach Philipps Tode sehr befremdend wäre, als falsch zu bezeichnen. In die letzten Monate von Philipps Regierung gehört wahrscheinlich der Brand, der das Theater des Pompeius und das Hekatonstylon auf dem Marsfelde verheerte (Euseb.-Hieron. z. J. 2263 Abr.).
IV. Regierungstätigkeit.
[Bearbeiten]Die Regierung des Philippus trägt den Stempel des Verfalles an sich, nachdem unter der vorhergehenden Herrschaft noch einmal – nicht ohne Erfolg – der Versuch gemacht worden war, dem hereinbrechenden Unheil zu steuern. Durch den Geldmangel hervorgerufener harter Steuerdruck, Disziplinlosigkeit der Truppen, Aufruhr und Gegenkaiser in den verschiedensten Landschaften, von Barbaren verheerte Provinzen – das ist das traurige Bild, das durch den Nebel unserer trüben Überlieferung hindurchscheint und an dem auch die ernstlichen Bemühungen des Kaisers nichts ändern konnten. Diese selbst sind zu allen Zeiten bestritten worden: aber die unsympathische Persönlichkeit des orientalischen Parvenü, die perfide Art seines Emporsteigens und die Abneigung des Heiden Zosimus gegen den um die Zeit des genannten Autors wohl allgemein als Christ geltenden Kaiser (s. u. S. 768), die sich an zwei Stellen I 23, 1 (διὰ τὴν Φιλίππου περὶ πάντα ἐκμέλειαν) und III 32, 4 (Φιλίππου … εἰρήνην αἰσχίστην πρὸς Πέρσας θεμένου) unverhohlen äußert, dürfen uns nicht an der Erkenntnis hindern, daß Philippus, einmal Kaiser, sich der hohen Pflichten seines Amtes voll bewußt war und ihnen mit Würde und Eifer, wenn auch mit wenig Glück, nachgekommen ist. Es ist schon erzählt worden, daß er sich mit Erfolg bemüht hat, den Senat sich freundlich gesinnt zu machen; diese guten Beziehungen scheinen bis zum Ende seiner Herrschalt gedauert zu haben. Wir wissen nicht, bei welcher Gelegenheit er seine milden Begierungsgrundsätze in einer allgemeinen Amnestie für die Verbannten und Deportierten betätigt hat (Cod. Iust. IX 51, 7). Dem Volke der Stadt Rom erwies [766] er sich freigebig; 4 liberalitates fanden unter ihm statt; der Chron. 354 bemerkt M. G., Auctt. antt. IX 147 wie bei seinem Vorgänger: ,cong(iarium) ded(it) CCCL‘. Die sicherlich mit Strapazen verbundenen Kämpfe in den Donauprovinzen haben zum großen Teil unter der persönlichen Leitung des Kaisers stattgefunden, dem wir wohl nicht mit Unrecht ein beträchtliches Feldherrntalent zuschreiben können; wenigstens deutet nichts darauf hin, daß einem seiner Generäle in dem siegreichen Karpenkrieg ein besonderes Verdienst zukäme. Das militärisch so wichtige Verkehrswesen fand sorgfältige Pflege wie aus den in vielen Provinzen errichteten Meilensteinen hervorgeht (Dalmatia CIL III 3203. 10166. 10169. 10174. 13306; Pannonia sup. CIL III 4626. 4631. 4634. 4648. 11326. 11328. 11329. 11334. 11336. 11337; Pannonia inf. CIL III 3717. 3718. 10619. 10620. 10627. 10640. 10654. 14354⁶; Noricum CIL III 5718. 5719. 5730; Moesia sup. CIL III 8269; Asia CIL III 12270; Cappadocia CIL III 6914. 6915. 6917. 6933. 6941. 6942. 6946. 6947. 12165. 12181. 12183. 12192. 12199. 12206. 12212; Africa proconsularis CIL VIII 1077. 1078. 10022. 10049. 21952. 21958. 21963-21965. 21970. 21974. 22057. 22059. 22089. 22107. 22127; Numidia CIL VIII 10120. 10139. 10140. 10216. 10241. 22314 a. 22373. 22380. 22381. 22395. 22397. 22426. 22533, Rev. arch. 1903 nr. 95; Mauretania Caesariensis CIL VIII 10453. 22590. 22596. 22607. 22613. 22623; Sardinia CIL X 7996. 7997. 7999. 8001. 8009. 8027. Eph. epigr. VIII 739. 743. 772. 798; Gallia Narbonensis CIL XII 5531; Aquitania CIL XIII 8873. 8878. 8889. 8905; Germania superior CIL XIII 9100. 9108; Britannia CIL VII 1172. 1173. 1178. 1179). Von Bauten in der Stadt Rom wird ein Reservoir (lacus) in Trastevere erwähnt, durch welches dem Wassermangel dieses Stadtteils abgeholfen wurde (Vict. 28, 1). Auch den Provinzen scheint die Regierung Wohlwollen entgegengebracht und für ihre Sorgfalt die dankbare Anerkennung der Untertanen gefunden zu haben (s. z. B. CIL VIII 8809). Dem Schutze Italiens diente die Befestigung von Concordia in Venetien, wo unter Philippus Auxiliartruppen stehn, und die Verstärkung des Lagers von Aquileia, wohin damals die Legio XIII Gemina aus Dakien verlegt wurde; beide Maßnahmen erwiesen sich im Kampfe gegen Decius als unwirksam (s. v. Domaszewski Die Rangordnung d. röm. Heeres, Bonn. Jahrb. CXVII 185ff.). Das schon seit Jahrhunderten immer weiter greifende Räuberunwesen wurde offenbar energisch bekämpft: in der später berühmten umbrischen Festung Petra Pertusa stand im J. 246 ein Detachement ravennatischer Marineinfanterie, das seiner Aufgabe, dem Brigantaggio entgegenzutreten, wie es scheint, mit Erfolg nachgekommen ist (Henzen Röm. Mitt. 1887, 14ff. CIL XI 6107). Die löblichen Absichten des Kaisers offenbaren sich auch in seinem Verbot der Päderastie, das er nicht lange nach der Milleniumsfeier erließ (Vict. 28, 6. Hist. aug. Heliogab. 32, 6; Alex. Sev. 24. 4). Hier sei auch die merkwürdige, am besten von Dittenberger Or. Gr. inscr. sel. II 519 herausgegebene Inschrift IGR IV 598 (hier etwas anders, aber kaum besser, ergänzt; vgl. Schulten Röm. Mitt XIII [1898] 221–247) erwähnt. Sie fällt in die J. 244–247 [767] und enthält zwei Schriftstücke; in dem ersten gibt der Kaiser auf eine Petition hin bekannt, daß er den Proconsul Asiae angewiesen habe, die Beschwerdepunkte zu untersuchen und für Abstellung der etwa vorhandenen Mißstände zu sorgen; das andere ist die Petition selbst, in der die an die Scholle gefesselten Inquilinen und Kolonen des kaiserlichen Dorfes Aragua in der Nähe von Appia in Phrygien durch ihren Magister vici sich beim Kaiser zum zweitenmal über die Bedrückungen beklagen, denen sie ausgesetzt seien von Seiten des Militärs, lokaler Machthaber und der Caesariani, jener kaiserlichen Subalternen, deren Aufgabe es war, von durch Konfiskation oder sonstwie der Krone zugefallenen Gütern Besitz zu ergreifen (vgl. Seeck o. Bd. III S. 1295f.) und die nach unserer Inschrift also schon in der Zeit des Philippus vorhanden sind. – Beiläufig sei hier noch die Notiz im Chron. pasch, p. 502 Bonn, erwähnt, wonach Philippus ‚Iunior‘ die später an siebenter Stelle unter den als scholae bezeichneten Garden stehenden candidati iuniores eingerichtet habe; vgl. dazu Mommsen Ges. Schr. VI 231, 1. – Über die Politik des Philippus den Christen gegenüber s. den folgenden Abschnitt.
V. Persönlichkeit des Philippus.
[Bearbeiten]Nach den Münzbildnissen hatte Philippus der Ältere einen länglichen Kopf, eine stark gefurchte, über der Nasenwurzel senkrecht geteilte Stirn, eine gebogene Nase; er trug einen kurzgestutzten Bart. Auf manchen Münzen tritt sein Mund im Profil stark hervor, was im Verein mit der gerunzelten Stirn und den eckig angesetzten Brauen dem Kaiser einen mißmutigen, oft finsteren Zug verleiht. Die auf ihn bezogenen Büsten sind bei Bernoulli Röm. Ikonogr. II 3, 141–144 beschrieben (Abb. a. a. O. Taf. XL-XLII; auch Brising Antik Konst i Nationalmuseum [Stockholm] Taf. LX). Die Beziehung zweier Medaillons der Nordseite des Konstantinsbogens auf Philippus durch Margarete Bieber Röm. Mitt. XXVI (1911) 231ff. ist irrig; vgl. Sieveking Berl. Philol. Wochenschr. XXXI (1911) 1239f.
Die Bildung des Philippus war sicherlich eine geringe; von Beziehungen zu zeitgenössischen Literaten wird eine Gesandtschaft des athenischen Sophisten Nikagoras an den Kaiser erwähnt, über deren Gegenstand und Erfolg nichts verlautet (Suid. s. Νικαγόρας); Origenes hat an den Kaiser und dessen Gattin Briefe gerichtet (s. u.). Von diesem Kaiser ist das Gesetz überliefert: Poetae nulla immunitatis praerogativa iuvantur (Cod. Iust. X 53, 3), was indessen noch nicht als Beweis seiner Bildungsfeindlichkeit angesehen werden darf. Von Anekdoten über den Kaiser wird uns eine einzige berichtet: Die Epitome des Victor 28, 3 erzählt, der Vater Philippus habe bei den Säkularspielen allzu ausgelassen gelacht und der Sohn habe dies Benehmen mißbilligt. Dazu ist, ohne daß die Möglichkeit dieses Vorfalles bestritten werden soll, zu bemerken, daß ein solches Verhalten des Vaters in Widerspruch stünde mit dem Bilde des ernsten und eher mürrischen Mannes, das wir uns sonst von Philippus machen möchten. – Angeblich hat der Kaiser Licinianus Licinius (308-324) den Anspruch erhoben, von Philippus abzustammen (Gord. 34, 5) – eine ganz unkontrollierbare Nachricht.
[768] Das, was für den Kaiser Philippus schon in früher Zeit ein lebhaftes Interesse erweckte, ist sein angebliches Bekenntnis zum christlichen Glauben. Der Bequemlichkeit wegen mögen an dieser Stelle die literarischen Zeugnisse für das Christentum des Philippus folgen, soweit ihnen ein selbständiger Wert zukommt oder zukommen könnte (im wesentlichen nach der Zusammenstellung von Clinton Fasti Romani II 51-53).
Euseb. hist. eccl. VI 34: τοῦτον (sc. den Philippus) κατέχει λόγος Χριστιανὸν ὄντα ἐν ἡμέρᾳ τῆς ὑστάτης τοῦ πάσχα παννυχίδος τῶν ἐπὶ τῆς ἐκκλησίας εὐχῶν τῷ πλήθει μετασχεῖν ἐθελῆσαι, οὐ πρότερον δὲ ὑπὸ τοῦ τηνικάδε προεστῶτος ἐπιτραπῆναι εἰςβαλεῖν, ἢ ἐξομολογήσασθαι καὶ τοῖς ἐν παραπτώμασιν ἐξεταζομένοις μετανοίας δὲ χώραν ἴσχουσιν ἑαυτὸν καταλέξαι … καὶ πειθαρχῆσαί γεπροθύμως λέγεται, τὸ γνήσιον καὶ εὐλαβὲς τῆς περὶ τὸν θεῖον φόβον διαθέσεως ἔργοις ἐπιδεδειγμένον …
Euseb. hist. eccl. VI 36, 3: (φέρεται δὲ αὐτοῦ (des Origenes) καὶ πρὸς αὐτὸν βασιλέα Φίλιππον ἐπιστολὴ καὶ ἄλλη πρὸς τὴν αὐτοῦ γαμετὴν Σευήραν.
Euseb. hist. eccl. VI 39, 1: Δέκιος ὃς δὴ τοῦ πρὸς Φίλιππον ἔχθους ἕνεκα διωγμὸν κατὰ τῶν ἐκκλησιῶν ἐγείρει.
Euseb. hist. eccl. VII10, 3 zitiert einen Brief des Bischofs Dionysius von Alexandria, in welchem Vorgänger des Valerianus auf dem Throne als οἱ λεχθεντες ἀναφανδὸν Χριστιανοὶ γεγονέναι bezeichnet werden. Diese Stelle ist ohne Beweiskraft, denn es ist hier von mindestens zwei Kaisern die Rede, und daß Severus Alexander, der außer Philippus gemeint sein muß, ein Christ war, wird niemand behaupten wollen.
Euseb.-Hieron. (Schöne II 181) zum J. 2261:
Filippus …. primusque omnium ex Romanis imperatoribus Christianus fuit; ebd. zum J. 2268:
Decius cum Filippos … interfecisset, ob odium eorum in Christianos persecutionem movet.
Ioh. Chrysostomus de S. Babyla, contra Iulianum et gentiles 6 (opp. II 554ff. Montfaucon) erzählt weitschweifig, daß der hl. Babylas, Bischof von Antiochia, zur Zeit der Decischen Verfolgung einen von Chrysostomus nicht genannten Kaiser, der, von seinem prunkvollen Hofstaat umgeben, die Kirche habe betreten wollen, daran gehindert habe.
Hieron. de viris inlustribus c. 54: (Origenes) … et ad Philippum imperatorem, qui primus de regibus Romanis Christianus fuit, et ad matrem eius literas fecit, quae usque hodie exstant.
Hieron. a. O. … De crudelitate autem persecutionis, quae adversum Christianos sub Decio consurrexit eo, quod in religionem Philippi desaeviret… …
Oros. VII 20, 2. 3: Hic (sc. Philippus) primus imperatorum omnium Christianus fuit, ac post tertium imperii eius annum miilesimus a conditione Romae annus impletus est. ita magnificis ludis augustissimus omnium praeteritorum hic natalis annus a Christiano imperatore celebratus est. nec dubium est, quin Philippus huius tantae devotionis gratiam et honorem ad Christum et Ecclesiam reportavit, quando vel ascensum fuisse in Capitolium immolatasque ex more hostias nullus auctor tradit.
[769] Oros. VII 21, 2: idem (Decius) continuo, in quo se etiam ob hoc Philippum inierfecisse docuit, ad persequendos interficiendosque Christianos ……
Vincentius Lerinensis, Commonitorium primum XVII (Migne Lat. 50, 662f.: Sed et eiusdem (sc Origenis) epidtolae testimonium perhibent, quas ad Philippum imperatorem qui primus Romanorum Principum Christianus fuit, Christiani magisterii auctoritate conscripsit.
Chron. pasch. I 503f. Bonn.: κατὰ διαδοχὴν δὲ ἦλθεν εἰς ἡμᾶς καὶ τοῦτο περὶ τοῦ ἁγίου Βαβυλᾶ, ὡς διηγήσατο τοῖς πρὸ ἡμῶν ὁ μακάριος Λεόντιος ὁ ἐπίσκοπος Ἀντιοχείας· οὗτος Δέξιος ἀνεῖλε τὸν ἅγιον Βαβυλᾶν, οὐχ ὡς χριστιανὸν μόνον, ἄλλ’ ὅτι καὶ ἐτόλμησεν ἐπισχεῖν τοῦ βασιλέως Φιλίππου τὴν γυναῖκα καὶ αὐτὸν Φίλιππον χριστιανοὺς ὄντας εἰσελθεῖν εἰς τὴν ἑκκλησίαν, παρανομήσαντος τοῦ Φιλίππου usw.
Für den, der dieses Zeugnis liest, liegt es auf der Hand, daß Eusebius dem Hieron., Oros. und Vincent, zugrunde liegt; das hat Theiner in seiner Ausgabe der Annales ecclesiastici des Baronius (II 620) erkannt, und vergebens sucht Aubé Les chrétiens dans l’empire romain (1881) 476 diese Tatsache zu bestreiten.
Was den Chrysostomus anlangt, so deutet gerade der Umstand, daß dieser gebürtige Antiochener, der lange Jahre hindurch in Antiochia wirkte, sich so verschwommen ausdrückt, darauf hin, daß man irgendwelche sicheren Kenntnisse nicht besaß und er gegen das Gerede seiner Landsleute mißtrauischer war als Eusebius, nicht aber, daß er eine zweite, selbständige Quelle darstellt, wie Aubé a. a. O. will; die rhetorischen Ausschmückungen des Chrysostomus beanspruchen gar nicht historischen Wert. Auch der im Chron. pasch, erhaltene Bericht des Leontius, der um 350 Bischof in Antiochia war, geht auf die Gerüchte zurück, die in seiner Metropole im Umlauf waren.
Diese Gerüchte, die von dem ältesten und wichtigsten Gewährsmann, Eusebius, zum Teil nur unter Vorbehalt (κατέχει λόγος) wiedergegeben werden, müssen wir als unhistorisch verwerfen, denn es ist undenkbar, daß ein römischer Kaiser des 3. Jhdts., unmittelbar bevor die gegen die Christen herrschenden Vorurteile in der Decianischen Verfolgung ihren blutigen offiziellen Ausdruck fanden, es gewagt hätte, sich einer Demütigung auszusetzen, die damals wie ein Faustschlag gegen das römische Staatsbewußtsein empfunden worden wäre und die noch eineinhalb Jahrhunderte später in den Zeiten des hl. Ambrosius und des Kaisers Theodosios d. Gr., als der Katholizismus Staatsreligion war, ungeheures Aufsehen erregte. Undenkbar ist es ferner, daß ein Kaiser sich zum Christentum bekannte, ohne daß die uns erhaltene zeitgenössische christliche Literatur auf diese Tatsache auch nur anspielen würde, daß Philippus als Christ seinen Vater konsekrieren ließ, obwohl es von einer ganz vereinzelten eineinhalb Jahrhunderte zurückliegenden Ausnahme (dem Divus Traianus pater) abgesehen, keinen Präzedenzfall für die Versetzung eines Privatmannes unter die Götter gab und er diese Ehre demnach mit gutem Anstande hätte verhindern können, daß er, wie aus den Inschriften hervorgeht, seinen zehnjährigen Sohn zum Pontifex maximus machte, wozu gleichfalls [770] eine Nötigung nicht vorlag, daß er das Saeculum and Millenium nach heidnischem Ritus feierte (das geht hervor aus den Münzbildern bei Cohen² V 139 nr. 14. 170 nr. 82; auch das Bronzemedaillon mit der Reversumschrift ex oraculo Apollinis [Cohen² V 135, 2] ist mit einer christlichen Glaubensmeinung des Kaisers kaum in Einklang zu bringen). Was endlich die Briefe des Origenes an den Kaiser und die Kaiserin anlangt, so hat ihre Beweiskraft K. J. Neumann folgendermaßen aufs treffendste gekennzeichnet: ,Die Briefe des Origenes an Philippus und Severa haben doch ohne Zweifel religiöse Dinge berührt; Origenes selber kannte den Glauben des Kaisers und der Kaiserin und seine Briefe ließen denselben gewiß erkennen. Also auch Eusebius hat darum Bescheid gewußt, und wenn er das Christentum des Philippus nicht mit diesen Briefen bewiesen hat, so ist Philippus nicht Christ gewesen, weder getaufter, noch Katechumene‘ (Der röm. Staat u. d. allg. Kirche bis auf Diokletian I [1890], 249).
Diese Tatsachen scheinen mir so überzeugend, daß dagegen den oben zitierten gegenteiligen Angaben der christlichen Quellen ebensowenig wie dem bekannten Aufhören der Arvalakten unter Gordianus III. (vgl. de Rossi Ann. d. Inst 1858, 73, aber dagegen Mommsen Grenzboten 1870, 175) eine Bedeutung beizumessen ist. Den wahren Grund jener Legendenbildung finden wir bei demselben Eusebius in den Worten von Philipps Zeitgenossen, Bischof Dionysius von Alexandria (hist. eccl. VI 41, 9) angedeutet: ἡ τῆς βασιλείας ἐκείνης τῆς εὐμενεστέρας ἡμῖν μεταβολὴ … Wohlwollend und duldsam war den Christen gegenüber die Regierung des Philippus; so war er es wahrscheinlich, der dem Papste Fabianus die Überreste von dessen Vorgänger Pontianus aus Sardinien feierlich nach Rom zu überführen erlaubte (Lib. pont. v. Pontiani 3 [I p. 145 Duchesne = M. G., Gesta pont. Rom. I p. 25 Mommsen]), und es ist zu vermuten, daß diese Tendenz des Kaisers in ihrem scharfen Kontrast zu der vom Nachfolger angeordneten Verfolgung die Legende verursacht hat. Auch läßt sich mit Wahrscheinlichkeit einräumen, daß die christenfreundliche Haltung des Philippus mit Anschauungen zusammenhängt, die er auf dem heimatlichen Boden aufgenommen hatte; war dieser doch den Orten benachbart, an denen sich die Heilsgeschichte vollzogen hat. Für das Christentum des Philippus ist auch noch Allard Histoire des persécutions pendant la première moitié du troisième siècle eingetreten (2. Aufl. 1894, 229ff.; die 3., 1905 erschienene Auflage war mir nicht zugänglich); doch scheint dieser Gelehrte in seinem Buch Le christianisme et l’Empire romain de Neron à Théodose⁵ 1903, 93f. seine Auffassung einigermaßen abzuschwächen. Der wahre Sachverhalt liegt dagegen den kurzen Ausführungen von Harnack Mission u. Ausbreitung d. Christentums in den ersten drei Jahrhunderten II² 1906 39 zugrunde.