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Rosen-Monate heiliger Frauen/Olympias

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« Adelheid Wilhelm Löhe
Rosen-Monate heiliger Frauen
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LX.
17. Dezember.
Olympias.


 Olympias, im Chore der Wittwen und Diakonissen schier der leuchtendste Stern, den wir kennen, wurde im Jahre 368 geboren. Ihre Eltern starben, da sie selbst noch in sehr zartem Alter war, und ihr fiel dadurch, wie die Alten zu sagen pflegen, „unermeßlicher“ Reichthum zu. Ihre Erziehung übernahm nun Theodosia, die Schwester des heiligen Amphilochus, eine Wittwe, welche nach dem Zeugnis Gregors von Nazianz ein Muster der Frömmigkeit war. Die hohe Geburt des Mädchens, ihr großer Reichthum, ihre aufblühende Schönheit, der große geistige Erfolg ihrer Erziehung lenkten alle Augen auf Olympias. Sehr frühzeitig wurde sie mit Nebridius, welcher bei Theodosius dem Großen Güterverwalter und hernach Präfekt der Residenzstadt Constantinopel war, vermählt; allein die Ehe dauerte nicht länger, als zwanzig Monate, so| daß nun Olympias bereits Wittwe wurde. Unter ihren Umständen konnte es nicht fehlen, es mußte sich ihr der reichlichste Ersatz für ihren heimgegangenen Gatten darbieten. Der Kaiser selbst warb zweimal im Namen eines jungen Verwandten von ihm um ihre Hand. Allein Olympias, welche schon unter ihrer Erzieherin Theodosia das Leben und die Geschäfte des christlichen Wittwenstandes kennen und lieben gelernt hatte, erklärte standhaft, daß sie fortan ihr Leben als Wittwe zubringen wolle, und ließ sich auch dann nicht irre machen, als ihr der zürnende Kaiser die Verwaltung ihres Vermögens entzog und diese Maßregel bis zu ihrem 30. Jahre ausgedehnt wißen wollte. Der ihr gegebene Vormund, der Präfekt von Constantinopel, behandelte sie mit aller Strenge und gestattete ihr auch nicht, persönlich ihren frommen Neigungen und der Theilnahme an kirchlichen Dingen und den Gottesdiensten sich so hinzugeben, wie sie gewollt hätte. Allein das alles wußte Olympias von der Seite aufzufaßen, nach welcher hin selbst die strengsten kaiserlichen Anordnungen ihr zum Heile gereichen konnten, und anstatt daß ihr Herz dadurch geneigt geworden wäre, sich einem neuen Bräutigam zu überliefern, fand sie| die Sache so förderlich, daß sie den Kaiser schriftlich bat, ihr Vermögen doch nicht bloß ihr zu entziehen, sondern unter die Armen vertheilen zu laßen. Theodosius war jedoch auf drei Jahre im Abendlande abwesend, und als er wiederkehrte, und das Lob des heiligen und unsträflichen Wandels der Wittwe Olympias vernahm, setzte er sie 391 in den vollen Genuß ihrer Güter wieder ein, und begehrte nicht mehr, sie zu beschränken.
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 Konnte sie sich auch in ihren vielfach abhängigen Verhältnissen nicht alsbald so völlig dem Leben der Entsagung hingeben, wie sie es wünschte, so floh sie doch auch alle Pracht, lebte einfach und übte ihren durch die Erziehung immerhin einigermaßen verwöhnten Leib im Fasten, Wachen und mancherlei Entbehrung. Den Armen und Leidenden, ja nicht blos denen in der Nähe, sondern auch allen, von denen sie hörte in der Ferne, diente sie mit einer solchen Freudigkeit, daß der heilige Chrysostomus ihre Almosen mit einem Strome vergleicht, der sich bis an die Grenzen der Erde ergieße, und von deßen Waßer jedermann schöpfen könne. Dabei war es ihr keineswegs bloß darum zu thun, sich ihrem Drange zum Wohlthun hingeben zu können: sondern sie suchte allewege die Wohlthat also anzuwenden,| daß andere dadurch gebeßert werden konnten, – und vergaß am wenigsten ihre eigene Seele. Sie hielt sich so ferne von Eitelkeit, so bescheiden und demüthig, so schlicht und einfältig, daß man nicht allein ihre Gaben mit Dank empfieng, sondern sie selbst, die Geberin, höher schätzte, als die Gaben, daß ihr alle Herzen in Liebe zufielen. –

 Der HErr, welcher gesagt hat, daß Geben seliger ist als Nehmen, gönnte ihr aber nicht allein die reiche Seligkeit, zu geben, sondern er übte sie auch reichlich in einer noch sichereren und erziehenderen Gnade, nemlich in der, Ihm in allerlei Ungemach und Leiden nachzufolgen und Seinen Namen durch Geduld zu verherrlichen. Krankheiten, Verläumdungen und Verfolgungen kamen über sie. Es fehlte ihr aber auch im Jammerthale der Hirtenstab nicht. Ihr großer Freund und Seelsorger, Chrysostomus, von welchem so schöne Briefe an sie bis auf uns gekommen sind, wachte über ihr in all ihrem Ergehen, warnte sie vor allem Uebermaß, tröstete und richtete sie in ihrem Leiden auf. Er ärntete aber auch die größte Freude an ihrem geistlichen Gedeihen, und die größten Hirten und Bischöfe ihrer Zeit bewunderten mit ihm das Werk der Gnade in ihr.

|  Schon der Vorgänger des heiligen Chrysostomus auf dem bischöflichen Stuhle von Constantinopel, Nectarius, hatte sie an seiner Kirche zur Diakonissin geweiht, und sie hatte als solche, wie die andern, das Gelübde der Ehelosigkeit abgelegt, und freute sich, nun eine Stätte im Hause Gottes und an Seinen Altären gefunden zu haben. Da sorgte sie für Kleid und Schmuck des Altars, und verrichtete alle die weiblichen Dienste im Haus des HErrn, welche den Diakonissinnen von Constantinopel zugewiesen waren. Dabei war sie die kindlichste und anhänglichste Schülerin der Bischöfe, namentlich des heiligen Chrysostomus, und mußte daher am Ende mit Gewalt von seinen Füßen weggerißen werden, als er aufbrach und in die Verbannung gieng, die über ihn ausgesprochen war.
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 Nicht blos ihre Anhänglichkeit an Chrysostomus war es indes, sondern vielmehr ihre Treue gegen den HErrn und ihr Beharren auf der von Ihm selbst gewollten Bahn, wodurch sie nach dem Weggang ihres Seelenhirten mitten in der christlichen Kirche die Ehre der Verfolgung und großer Leiden fand. Chrysostomus war nemlich nicht lange von Constantinopel weggegangen, da brach in seiner Kirche und zwar unter| dem bischöflichen Throne Feuer aus, welches mit Ausnahme der Sakristei und ihrer Kostbarkeiten die ganze Kirche verzehrte, und von einem heftigen Winde getragen unter Verschonung der Zwischenhäuser den Pallast des Senates ergriff und ihn niederbrannte. Obwohl der Schade groß war, so gieng doch kein Menschenleben verloren, und es war daher das Ereignis selber, und die Deutung, welche ihm von verschiedenen verschieden gegeben wurde, was Aufregung erzeugte. Die Feinde des großen Patriarchen Johannes Chrysostomus waren frech genug, seinen Anhängern, die sie Johanniter nannten, (wo nicht gar ihm selbst,) die Brandlegung zuzuschreiben: weshalb nicht blos der Pöbel sie verfolgte und in jeder Weise schändlich behandelte, sondern auch viele von ihnen eingekerkert wurden, mehrere im Kerker starben. Da aber bei der gerichtlichen Verfolgung auf den Gefangenen gar nichts sitzen blieb, wurden sie auf kaiserlichen Befehl freigelaßen. Dennoch aber begann der neue Stadtpräfekt nach ein paar Monaten wiederholte Untersuchungen, bei welchen die Folter gebraucht wurde, als wäre die Zeit der Heiden zurückgekehrt. Ein Priester hatte grauenvoll zu leiden, ein Lector starb unter der Folter. Auch andere, Männer,| Frauen und Jungfrauen, hatten, weil sie an Christo und Seinem Hirten Chrysostomus hiengen, und mit dem neuen aufgedrungenen Patriarchen keine Kirchengemeinschaft halten wollten, vieles zu leiden. Auch Olympias wurde verhört und gefragt, weshalb sie das Feuer angelegt hätte. Die Einfalt und Kraft ihrer Verantwortung aber und wohl auch ihr leuchtender Christenwandel verursachten, daß man sie unangefochten gehen ließ. Doch war ihre Bewegung groß, so daß sie in eine langwierige Krankheit fiel. – Kaum genesen, wurde sie aus der Stadt verbannt, und als sie nach einiger Zeit und vielem Umherirren zurückkehrte, schleppte man sie mehrfach vor den Richtstuhl und legte ihr große Geldstrafen auf, weil sie den neuen Patriarchen nicht anerkennen wollte. Ihre Güter wurden verkauft, ihre Landhäuser vom Volke geplündert, die Schergen zerrißen ihr bei ihren Verantwortungen die Kleider und mishandelten sie, und ihre eigenen Diener, die ihr so großen Dank schuldig gewesen wären, versündigten sich an ihr mit Wort und That. Sie leitete einen Kreiß von Jungfrauen, die aber von dem Nachfolger des bisherigen Patriarchen Arsacius, dem Atticus, zerstreut und verbannt wurden.| Bei all diesem Jammer hatte Olympias über nichts mehr zu klagen, als über den Weggang des heiligen Chrysostomus, durch welchen ja allerdings all das geistliche und leibliche Elend der Gemeinde von Constantinopel herbeigeführt worden war. Ihr Schmerz war oft so groß, daß sie von Chrysostomus in seinen Briefen nicht blos getröstet, sondern auch zuweilen gestraft wird. Er, der auch in seiner Verbannung von ihr mit alle dem versehen wurde, was er für sich und viele andere bedurfte, erwies ihr die größte Treue, und suchte ihrem Jammer zu wehren. Sie aber erlag den Schmerzen ihrer Seele und starb im Jahre 410, eine Bekennerin der Wahrheit und eine Märtyrin des Hirtenamtes, eine treue Diakonissin ihres Bischofs bis in den Tod.
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 Wenn Olympias als junge Wittwe allen Ansprüchen aufs Leben und seinen Freuden entsagt, und die Fülle der ihr von Gott geschenkten irdischen und geistlichen Gaben zur Verherrlichung Jesu und des ihr gewordenen Diakonissenamtes anwendet; wenn sie, selbst in freier Armuth lebend, ein Strom wird, welcher sich wohlthätig über die Erde hin ergießt; – so werden ihr wenige nachahmen, die meisten aber werden ihre reine Absicht und ihr edles Streben ehren. Wenn sie| aber hernach nicht in einer Heidenverfolgung, sondern in einem Streite, der sich über den Weggang eines frommen Hirten erhebt, zur Bekennerin wird; so wird das vielleicht mehr als einem sehr kläglich erscheinen, weil eine kleinere Glorie der Leiden das Haupt derer umgibt, die um des Hirtenamtes und eines in der Christenheit öfter sich ereignenden Misverhältnisses willen leiden, als das Haupt derer, die unmittelbar um des Namens Jesu willen zu dulden haben. Allein der HErr richtet anders, als Menschen. Vor Seinen Augen sind die Thränen und das Hinwelken der frommen Olympias kein ihrem früheren Leben voll christlichen Glanzes nicht zupaßendes Ende. Er weiß es, wie schwer es gerade in solchen Fällen ist, zu leiden, und wie hoch die fromme Treue anzuschlagen ist, die scheinbar andern, Bischöfen oder Freunden, in der Wahrheit aber doch Ihm selbst gewidmet wird. Märtyrer, die aus der Hand blinder tobender Heiden die Krone der Ehren hinnehmen dürfen, sind in unseren Zeiten seltener, dagegen aber steht die letzte Heilige dieses Buches, die Diakonissin Olympias wie ein Fingerzeig Gottes auf unsere Verhältnisse da, und deutet auf Leiden, die sich allenthalben bei uns finden| oder doch finden können, auf die nemlich, welche fromme Schafe in der Gemeinschaft frommer Hirten zu erdulden haben. Nicht den Heiden, sondern der Menge der abgefallenen Christen hat unsere Treue zu leuchten. Nicht Heiden, sondern ein abtrünniges Juda oder Ephraim soll die Werke der heiligen Bekenner unserer Tage sehen und daran den Vater im Himmel preisen lernen. Da kann eine Jüngerin unserer Tage von Olympias lernen und an ihr sichs absehen, wie man sich nicht scheuen dürfe, eine Johanniterin genannt zu werden, – wie man aber auch bei aller Weiblichkeit und Abhängigkeit doch mehr sein und werden könne, als eine bloße Anhängerin von Hirten und Lehrern, nemlich eine Nachfolgerin des Lammes Gottes, welche den Jammer der Gemeinden und deßen Quellen richtig erkannt und in Leid und Verkennung, sei es auch mit Schmerz und Thränen, die edle dunkle Bahn geht, welche einst das Lamm Gottes Selbst gegangen ist. – Glück zu den muthigen Kämpferinnen dieser oder der kommenden Tage; die rechte Hand des HErrn kann alles ändern und über ein Kleines tritt die Ruhe ein, welche für das Volk Gottes annoch vorhanden ist.




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