Zum Inhalt springen

Krokodile in München

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Krokodile in München
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 34, S. 531–534
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Dichterbund in München
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[531]
Krokodile in München.


Die große Zahl von Wandergästen, die sich in friedlichen Sommern der bairischen Hauptstadt zuwenden, wird nicht blos von den landschaftlichen Reizen der nahen Alpen und des Oberlandes angezogen, auch die Stadt selbst lockt gar viele Besucher herbei, denn durch König Ludwig den Ersten ist dort bekanntlich eine Menge merkwürdiger Bauten und Kunstschätze aller Art geschaffen und angesammelt worden, welche gesehen zu haben zu den Cardinalpflichten jedes Touristen gehört. Dieser Fürst hatte seine Neigung mit großem Uebergewichte den bildenden Künsten zugewendet, wie er denn durch die Berufung von Architekten, Malern und Bildhauern recht eigentlich der Gründer einer neuen Kunstschule geworden ist. Die Wissenschaften hatten sich einer solchen Begünstigung nicht zu erfreuen; mindestens weiß man nicht viel mehr von solcher Förderung zu erzählen, als daß er in jüngern Jahren einem deutschen Dichter einen Jahrgehalt zu verleihen beschloß, lange Zeit zwischen Heine und Platen schwankend und endlich für Letzteren sich entscheidend.

Es ist eine nicht seltene Erscheinung in der Geschichte der Fürsten, daß der Nachfolger, in der Absicht, seiner Thätigkeit ein neues Feld zu schaffen, gerade das Gebiet bebaut, das der Vorgänger brach gelassen; so war es auch, als König Maximilian 1848 auf den sturmumbrandeten Thron stieg und, von dem Drange seiner persönlichen Neigungen und Studien geleitet, sich bald als Schirmherrn der Gelehrten und Dichter ankündigte, als den er sein ganzes schönes, nur zu kurzes Leben hindurch sich bewährte. Für alle Fächer wurden die ausgezeichnetsten Männer der Wissenschaft berufen und bald hatte sein königliches Wort auch die meisten der gefeiertesten Dichternamen der Gegenwart um sich versammelt, sicher in der Hauptabsicht, die Dichtkunst selber zu fördern, eine eigene neue Dichterschule entstehen zu lassen, wie sein Vater eine Malerschule sich hatte bilden sehen und wie er selbst im Gebiete der Architektur sich mit der Lieblingsidee trug, einen neuen selbstständigen Baustyl hervorrufen zu können.

Es war keine sehr ebene Bahn, welche die Dichter in München zu wandeln hatten; wenn aber auf ihr mehr der Dornen lagen, als eben nothwendig gewesen wären, so mag die Schuld sich wohl auf beide Seiten vertheilen: auf die eine, weil sie den Wildgarten, der zu einem Park umgeschaffen werden sollte, etwas sehr geringschätzig betrachten mochte, auf die andere, weil durch den Charakter des bairischen Volksstammes – sei es zu Lob oder Vorwurf – unleugbar ein starker nativistischer Zug geht, der ihn zurückhaltend und abwehrend gegen alles Fremde macht.

In wie fern der Gedanke des Königs, der mit seinem Volke Frieden haben wollte und hatte, verwirklicht ward und eine Dichterschule entstand, läßt das Bild von Th. Pixis, das die Gartenlaube diesmal bringt, erkennen, das Bild der in München von den „Berufenen“ (so heißen sie in der Volkssprache noch immer) gegründeten Dichtergesellschaft der „Krokodile“ oder „vom Krokodil“. Was dieser Name eigentlich zu bedeuten hat, ist wohl schwer zu ermitteln; die scherzhafte Veranlassung dazu soll ein kleines Gedicht von Hermann Lingg gegeben haben, also lautend:

Im heil’gen Teich zu Singapur,
Da liegt ein altes Krokodil
Von äußerst grämlicher Natur
Und kaut an einem Lotusstiel.

Es ist ganz alt und völlig blind,
Und wenn es einmal friert des Nachts,
So weint es wie ein kleines Kind,
Doch wenn ein schöner Tag ist, lacht’s!

Wahrscheinlicher liegt eine geheime Hindeutung auf Aegypten als die Urstätte aller menschlichen Cultur zu Grunde, denn besser [532] Eingeweihte behaupten, die Gesellschaft heiße eigentlich „der heilige Teich“ und die Mitglieder sollen allerlei befremdliche Namen von mythischer Bedeutung führen, wie Ibis, Ichneumon oder Scarabäus; Emanuel Geibel selbst heißt das Ur-Krokodil. Bei den Versammlungen der Freunde steht eine Pyramide auf dem Tisch, welche zur Aufbewahrung von Schriften dient; nicht minder das kleine Steinbild eines Krokodils auf einem mit Bilderschrift-Zeichen bedeckten niedrigen Sockel. Die Gesellschaft besitzt aber auch ein wirkliches ausgestopftes Krokodil, das Geibel einmal als Weihgeschenk von größerer Reise mitgebracht haben soll, welches indeß seines Umfangs wegen unhandlich zu haben ist und daher nur bei ganz feierlichen Anlässen zum Vorschein kommt.

Unser Maler stellt den Augenblick dar, wie dies Krokodil zum ersten Male in die Gesellschaft gebracht und feierlich von ihr empfangen wird. Seitdem ist es noch bei mancher festlichen Gelegenheit erschienen, wir versetzen uns in Gedanken aber in eine der gewöhnlichen Versammlungen, die früher nur ein paar Abendstunden währten und erst in neuerer Zeit zu längerer Dauer erstreckt worden sind. In einer schmalen Stube an einem noch schmäleren, langen Tische sitzt eine Reihe verschiedener Gestalten, schwach beleuchtet, denn das Gas brennt schlecht und läßt die Züge aller der braungelockten, silberhaarigen und kahlen Häupter nicht recht erkennen. Der vermischte Duft verschiedener Glimmstengel wölkt sich empor und durch den Rauch tönt die Stimme des Vorlesenden, welchen eben die Reihe traf, ein dichterisches Erzeugniß zur Besprechung vorzutragen; wie eine magische Begleitung klappern aus dem anstoßenden Zimmer die Billardbälle darein. Eben hat er geendet und neigt sich auf seine Handschrift herab, als ob er darin blätterte, und einen Augenblick waltet tiefes Schweigen, wie wenn die Geschworenen in den Saal treten, einen wichtigen Wahrspruch zu verkünden. Jetzt erhebt Geibel die sonore Stimme und macht eine Einwendung gegen den Grundgedanken des Gedichts, welcher ihm nicht besonders neu und innerlich wahr erscheint. Das spinnt sich in das Gebiet der Psychologie hinüber, und weder der dichterische Philosoph Carrière, noch der philosophische Dichter Melchior Meyr lassen sich die Gelegenheit entgehen, die Berechtigung des zum Liede gewordenen Gefühls zu untersuchen; das Gespräch will sich in’s Breite verlieren und zu rechter Zeit wendet Paul Heyse den jugendlichen Apollokopf nach dem geängstigten Poeten. Er fragt nicht nach dem Beweise der Berechtigung, er sucht diese nur im Gedichte selbst, in der Art, wie der Gedanke zur Form geworden, und findet hierin den Fehler des Gedichts. „Es ist nicht herausgekommen, wie es empfangen und empfunden ward,“ sagt er mit feinem Lächeln; der witzige Hans Hopfen fällt ihm in’s Wort und meint, es sei eben gar nichts herausgekommen, das sei lediglich gereimte Prosa. Mit noch gröberem Geschütze rückt der Schweizer Leuthold in’s Gefecht; er untersucht die Echtheit der Reime, die grammatische Richtigkeit der Wendungen mit unerbittlicher Sonde und bedauert, daß der „wackere Freund“ diesmal mit einem so gänzlich verfehlten Producte sich blamirt. Herman Lingg neigt das sinnende Haupt in nachdenklichem Schweigen vorwärts, und sein Nachbar und Landsmann Herman Schmid, in Allem dem richtigen Maße nachstrebend, flüstert ihm ein Wort zu, wie allzu scharf schartig mache und man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten solle. Der Vorleser wählt den einzig möglichen Weg: er retirirt; er will das Gesagte auf sich wirken lassen und das darnach umgearbeitete Unglücksgedicht später wiederbringen.

Ein Anderer harrt schon auf das Zeichen zu lesen; ein Gast, ein junger Mann, den ein zu wohlwollender Gönner eingeführt, damit er seine Sporen verdiene. Er liest; Schweigen ist die Antwort auf das kurze Liebesgedicht von der Art, wie sie nach dem Dutzend gemacht werden. Der Leser stutzt, es überläuft ihn kalt, aber er nimmt sich zusammen und liest noch eins, und siehe da, wie bei Klopstock, „die Stille ward stiller“. Jetzt wird dem Unglücklichen siedend heiß, das dritte Liebesgedicht geht vom Stapel, aber nicht mit besserem Erfolg. Dem Vorleser bricht der Angstschweiß aus, er liest noch einmal und siehe da, ein erträgliches Bild nimmt den Alp von allen Gemüthern, denn es macht doch möglich, ohne ästhetische Felonie ein „Recht hübsch“ oder „Erinnert an Heine“ hinzuwerfen. Der Vorleser, der das für Lob nimmt, ist überglücklich, und im entscheidenden Augenblick dröhnt der Glockenschlag der achten Stunde vom Thurme Sanct Peter’s; die Krokodile müssen fort, denn das Local gehört von dieser Stunde an einer Gesellschaft friedlicher Bürgerschützen, deren bunte Scheiben an der Wand hängen und deren ungeduldige Stimmen schon im Hausgange laut werden. Die Sitzung ist für diesmal zu Ende; man scheidet mit freundlichem Gruß und freut sich des Wiedersehens am nächsten Donnerstag, an welchem auch Bodenstedt zu erscheinen versprochen habe und Wilhelm Hertz eines der altfranzösischen Lays von Marie de France vortragen werde, die er so meisterlich zu übertragen versteht.

Doch es ist wohl an der Zeit, zu Pixis und seinem Bilde zurückzukehren und die Gruppen und Köpfe desselben zu deuten.

Die Hauptfigur des Ganzen mit der hohen Stirn ist Emanuel Geibel, ein Lieblingssänger deutscher Nation, dessen Lieder von den ersten süßduftenden Jugendblüthen an bis zu den reifen Früchten der Mannstage in Aller Hand und in Aller Mund sind und dessen Tragödie „Brunhild“ ihn den ersten Dramatikern beigesellt. Er nimmt mit Recht die Mitte ein, denn er ist der Gründer und Träger des Ganzen, er und sein neben ihm stehender Freund Paul Heyse, dessen Novellen mit ihren prickelnden Conflicten in ihrer reizenden Ausführung kleinen Alabaster-Bildwerken gleichen und der mit seinen ebenso dichterischen wie formschönen „Hermen“ und den andern versificirten Erzählungen, wie „die Braut von Cypern“, „Raphael“ etc., in jedem gebildeten Hause einen Ehrenplatz besitzt, gleichzeitig aber mit seinen Dramen, wie „Hans Lange“, „Elisabeth Charlotte“ u. a., auf der deutschen Bühne sich eingebürgert hat. Der Mann seitwärts im Vorgrunde, der behaglich in den Fauteuil gelehnt seine Pfeife schmaucht, ist Friedrich Bodenstedt, der Schöpfer des unsterblichen Mirza Schaffy, und der zweite neben ihm, eine feine, geschmeidige Gestalt, ist Moritz Carrière, der berühmte Aesthetiker und Religionsphilosoph, der als Kritiker und Lehrer eingreifende Wirksamkeit ausübt. Das sind sie, welche den Kern bilden, um den die Krystalle anschießen, die wir weiter mustern wollen.

Da ist vor Allen Hermann Lingg, den Geibel einst in die Literatur eingeführt und der seither sich neben seinem Meister ebenbürtig niedergelassen und sich durch seine wahrhaft eigenthümlichen Dichtungen voll tiefer Gedanken, glühender Farbenpracht und ergreifender Plasticität der Bilder in die ersten Reihen gestellt hat. Gelänge es ihm, das große Gedicht, die „Völkerwanderung“, so zu beenden, wie sie als Torso jetzt vorliegt, so könnte sie mit den größten Epopöen aller Zeiten wetteifern. Neben ihm (unter dem Krokodile) sitzt Melchior Meyr, der Verfasser der berühmten Dorfgeschichten aus dem Ries, mehrerer achtungswerthen Dramen und einiger philosophischer Werke wie „Gott und sein Reich“, worin er den alten metaphysischen Zwiespalt der Welt in geistvoller Weise zu lösen bestrebt ist. Auch seine Romane („Vier Deutsche“, „Ewige Liebe“) gehören dieser philosophirenden Richtung an. Ganz anders geartet ist der behäbige Herr vor dem einzigen Officier im Bilde. Das ist Herman Schmid, der Gartenlaube ein gar lieber Freund, der Dichter der Dorfgeschichten aus dem bairischen Gebirge, die ihn, wie „die Huberbäurin“, „Almenrausch und Edelweiß“, „das Schwalberl“, „das Wichtel“ etc., in kurzer Frist zu einem der beliebtesten und gefeiertesten Autoren gemacht haben. Auch in seinen geschichtlichen Romanen, „der Kanzler von Tyrol“, „Mein Eden“, „Im Morgenroth“, geht er unverkennbar darauf aus, ein Volksschriftsteller in der edelsten Bedeutung des Wortes zu sein und das Volk mit seiner eigenen Begeisterung für Freiheit und Recht zu erfüllen. Seine bisherigen dramatischen Leistungen haben trotz einiger Erfolge, wie „Columbus“, ein durchschlagendes Talent in dieser Richtung nicht bewiesen.

Hinter dem Tische mit der Pyramide sitzt Julius Große, der bekannte Epiker, der in seinen versificirten Erzählungen „das Mädchen von Capri“, „Gundel von Königssee“, in seinen Dramen, zumal in seinem jüngst erschienenen „der letzte Grieche“, Kraft des Gedankens und Fülle der Empfindung mit vollster Formbeherrschung verbindet und auch in der Novelle Tüchtiges geschaffen hat. Der Träger des Krokodils ist der Schwabe Wilhelm Hertz, der Dichter von „Lancelot und Ginevra“ und „Hugdietrich’s Brautfahrt“, sowie einer Sammlung von Gedichten, sämmtlich von reizender Frische und gesunder Ursprünglichkeit, von echt Uhland’schem Geiste durchweht. Der zweite Träger des Krokodils ist Hans Hopfen, der derzeitige Secretär der Schillerstiftung, jetzt in Wien, Verfasser des Romans „Peregretta“, ein Lyriker

[533]

Braun. Mai. Heigel. Scheffel. Hopfen. Wilhelm Hertz.     Im Krokodil. Originalzeichnung von Th. Pixis.     Leuthold. Dahn. Carrière.     Bodenstedt.
Köppel. Lingg. Melchior Meyr.     H. Schmid.     Reder. P. Heyse. Geibel.     Zeising. Große.     

[534] voll seltenen Wohllauts und bei tiefer Empfindung mit einem sarkastischen Zuge, der im besten Sinne an Heine gemahnt. Hinter Hopfen kommt Köppel, ein Landsmann und begabter Schüler von Hertz, neben diesem Victor Scheffel, der Schöpfer des „Ekkehard“ und des „Trompeters von Seckingen“, und an dessen Seite Carl Heigel, der die Tragödie „Marfa“ geschrieben, seither aber unter die Modejournale gegangen und Mitredacteur des – Bazar geworden ist. Der Officier mit dem Glase in der Hand ist Heinrich Reder, der Dichter von reizenden Liedern, deren die „Fliegenden Blätter“ eine Auswahl brachten, und Verfasser des trefflichen Reisehandbuchs „der Baierwald“. Hinter Lingg werden noch ein paar Köpfe sichtbar; der Reisende und Alterthumsforscher Julius Braun und der Gerichts-Rath A. Mai, ein höchst bedeutender Dramatiker, Verfasser von „Cinqmars“, „Zenobia“, der aber die tragische Muse über den Schwurgerichts-Acten etwas zu negligiren scheint.

Zwischen Große und den Ellbogen Geibel’s wird das ernste Antlitz des bekannten Aesthetikers und Romanschriftstellers Adolph Zeising („Hausse und Baisse“, „Joppe und Crinoline“, „Gunst und Kunst“) sichtbar; der scharfgeschnittene Kopf über ihm gehört Felix Dahn, Professor der Rechte und Dichter und in beiden Hinsichten durch sein Geschichtswerk „die Könige der Germanen“ und durch Dichtungen wie „Harold und Theana“ wohl bewährt. Auf seine Schulter stützt sich Leuthold, der Schweizer, der mit Geibel „fünf Bücher französischer Lyrik“ herausgegeben und sich als Meister in der Kunst des Uebersetzens, richtiger des Nachdichtens erprobt hat. Die Gruppe rechts besteht aus den musikalischen Mitgliedern der Gesellschaft, dem trefflichen Componisten Robert von Hornstein; Nohl, dem Biographen von Mozart und Beethoven; dem Musikkritiker Grandauer mit Oscar Horn, einem hoffnungsvollen Dichtertalente. Das sind die Krokodile so ziemlich alle; mit Ausnahme einiger, die jetzt anderwärts hausen, wie der Kunsthistoriker Lützow u. a.

Man sieht, es ist eine ansehnliche Zahl, die sich zusammengeschaart hat, und man kann in allen Ehren von einer Münchner Dichter-Schule sprechen und behaupten, daß sie, wie einst der Göttinger Hainbund, die schlesische oder schwäbische Dichtergruppe, eine bestimmte Stellung in der Literaturgeschichte einnehmen werde. Fragt man nach deren gemeinsamem Kennzeichen, so ist ein solches unschwer zu finden und giebt sich Jedem kund, der das vor ein paar Jahren erschienene „Münchner Dichterbuch“ aufmerksam durchblättert. In der Stoffwahl ist es ein idealer Aufschwung aus der unruhigen Bewegung der Zeit und des Lebens, der alles Stürmende und Drängende wie etwas Unlauteres von sich abhält; in der Form ist es das Streben nach durchaus gleichgehämmerter Glätte, Correctheit und Anmuth; im Ganzen eine aristokratisirende oder akademische Richtung, die in der Classicität wurzelnd zu ihr wieder zurückstrebt. Bei der größten Zahl der Mitglieder wird diese Charakteristik auf’s Haar zutreffen. Ist es Seligen vergönnt, die Werke ihres Lebens aus der Vogelperspective des Jenseits zu überschauen, so wird König Maximilian befriedigt hernieder lächeln. Wird auch nach seinem raschen und verfrühten Heimgang sein Gebäude mit mancher andern seiner Schöpfungen achtlos dem Verfalle überlassen und durch eine ebenso entschiedene musikalische Richtung verdrängt, so ist doch das Geleistete ein schönes Monument für ihn; ein schöneres lebt ihm im Herzen Aller, die sich zum „heiligen Teich“ bekennen.

Niemand ahnt, was die Zukunft bringt; Eines aber ist gewiß: was nach dem Unvergänglichen ringt und es dadurch in sich aufnimmt, das bleibt!