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ADB:Schick, Gottlieb

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Artikel „Schick, Christian Gottlieb“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 161–166, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schick,_Gottlieb&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:15 Uhr UTC)
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Schick: Christian Gottlieb S., Maler, geboren zu Stuttgart am 15. August 1776 (nicht 1779 s. Repert. f. Kunstwissensch. Jg. 9. 1886 S. 118 f.), † daselbst am 7. Mai 1812 (falsche Todesdaten s. ebenda), war der Sohn eines Schneiders und Schankwirths. Obwohl nicht ganz einverstanden mit der Wahl einer Kunstlaufbahn ließ ihn der Vater doch im J. 1787 als Oppidaner mit der Bestimmung „Künstler“ in die Karlsschule eintreten. Der Knabe schloß dort Freundschaft mit einem jungen Israeliten, Moses Benedict, welcher Bildhauer werden wollte, aber später zum Handelsstand übertrat und mit einem Bruder in Stuttgart ein angesehenes Bankhaus gründete (vgl. Sechs Briefe von Chr. G. Schick an M. Benedict in der Schwäb. Kronik Jg. 1885 S. 1985 f.). Die Jungen schwärmten mit einander auf Waldspaziergängen und lasen zusammen Shakespeare. Schick’s Lehrer in der Malerei war Professor Ph. Fr. Hetsch, welcher, selbst ein Meister blühender Farben, das coloristische Talent des Schülers frühe zu wecken verstand; er erwirkte ihm beim Vater die Erlaubniß, sich ganz der Malerei zu widmen und setzte seinen Unterricht fort, auch nachdem im J. 1794 die Karlsschule aufgehoben war. Jedoch schon im J. 1797 finden wir den Jüngling im Atelier des Bildhauers Dannecker, der damals in Ermanglung einer öffentlichen Kunstschule junge Leute, Maler wie Bildhauer, zur Weiterbildung aufnahm. An die Person dieses Lehrers, in welcher S. das [162] Genie verehrte und den Humoristen liebte, schloß er sich mit lebhaftester Hingabe an und wollte später alles, was er in der Kunst habe und wisse, nur ihm allein zu danken haben. Die Stuttgarter Staatsgallerie besitzt von seiner Hand ein Bildniß von Dannecker’s erster Frau und ein Brustbild von Dannecker selbst, das durch seine scharfe Auffassung und geschickte Ausführung überrascht.

Wie fast alle aus der Karlsschule hervorgegangenen Künstler suchte S. seine nächste Förderung in Paris. Er trat im J. 1798 dort in das Atelier von J. L. David ein, der schon der Lehrer seines Lehrers Hetsch gewesen war. Auch dieses jungen Schwaben nahm sich der französische Meister mit großer Liebenswürdigkeit an (vgl. Nr. 2–5 der gen. Briefe an Benedict). Seine Schule verläugnet sich, obwohl S. in Italien bald wenig genug bei den Franzosen gelernt haben wollte, in keinem von dessen späteren Werken ganz, wenn auch ihre Einwirkung nicht mehr so deutlich zu Tage tritt, wie in zwei Oelgemälden aus der Pariser Zeit: „Eva im Garten Eden an dem Saume eines klaren Wassers“ (seit 1861 im Kölner Museum) und „Die Abgesandten Agamemnons vor Achilleus“ (in Stuttg. Privatbesitz). Nach Stuttgart im J. 1802 zurückgekehrt, kam S., vermuthlich durch Dannecker’s Schwager Heinrich Rapp (s. A. D. B. XXVIII, 290 ff.), in nähere Beziehung zu dessen Freund, dem Buchhändler J. F. Cotta. Er malte das Bildniß von dessen Gattin (im Besitze der Familie) und schloß mit ihm einen Vertrag über Lieferung von Zeichnungen für Taschenbücher. Hierdurch, sowie durch den Ertrag eines kleinen von den Eltern ererbten Vermögens und durch ein Jahrgeld seines Herzogs, des späteren Kurfürsten und Königs Friedrich, gewann S. die Mittel, um noch im September desselben Jahres nach Rom zu gehen. Wie ein aufgeschlagenes Buch liegt das ganze römische Leben und Schaffen des Künstlers vor uns in den zahlreichen Briefen, welche er aus Italien an seine Geschwister und an Dannecker schrieb. Nachdem sie schon ungedruckt von Fr. Eggers (Deutsches Kunstblatt Jg. 1858 S. 129 ff.) und von D. Fr. Strauß (Allgem. Zeitung Jg. 1854 Beil. S. 1149 ff., auch: Kleine Schriften S. 361 ff. u. Ges. Schriften Bd. 2 S. 305 ff.) benützt worden waren, wurden sie – nur leider nicht ganz getreu und vollständig – zum Gemeingut der deutschen Nation gemacht von Adolf Haakh in seinen Beiträgen aus Württemberg zur neueren deutschen Kunstgeschichte, Stuttg. 1863. Als Führer in den römischen Kirchen und Museen dienten dem Neuangekommenen sein Lehrer Hetsch, der sich damals in Italien aufhielt, und sein ehemaliger Mitschüler in der Karlsschule, der Landschaftsmaler Jos. Ant. Koch, Tiroler von Geburt, eine bizarre Persönlichkeit, aber ein Mann, von dem in der Kunst viel zu lernen war. Zu seinem ersten Bilde, das er im November 1802 begann, wählte S. nicht einen antiken Stoff, wie man von dem Schüler Dannecker’s erwarten mochte, sondern einen biblischen: „David vor Saul die Harfe spielend“. Schon während der Arbeit machte das Gemälde großes Aufsehen unter den römischen Kunstfreunden, welche bald in S. auch den geist- und gemüthvollen Menschen zu schätzen wußten. Wilhelm v. Humboldt, der im November 1802 als preußischer Gesandter nach Rom gekommen war, und seine Gattin Karoline, geb. v. Dachröden, nahmen den ihnen schon von Paris her bekannten jungen Mann unter ihre intimsten Hausfreunde auf (vgl. die herzlichen Briefe von Karoline an den kranken S. bei Haakh und was G. Schlesier in seinen Erinnerungen an W. v. Humboldt Bd. 2 S. 102 ff. über Schick’s Verhältniß zu der Familie und die in Schloß Tegel vereinigten Gemälde desselben berichtet). In dem humboldtischen Kreise lernte der schüchterne Schwabe eine Reihe der gebildetsten Männer und Frauen aus allen Nationen kennen und erweiterte mit Eifer in ihrem Umgange seine eigene Bildung. Bald wimmelt es in den Briefen des „ehrlichen Gottlieb“, wie er sich zu unterschreiben liebte, von Geburts- und [163] Geistesaristokraten, mit denen er, wie selbst mit dem Erbprinzen von Mecklenburg-Strelitz, dem Bruder der Königin Luise von Preußen, der sich von ihm malen ließ, auf den vertrautesten Fuß kam. An ihrer Seite sah er auf die „faden deutschen Malersknechte“ in Rom hoch herab, eine Ueberhebung, die er später hart genug büßen sollte. Nach Jahresfrist war sein David vollendet. Mehr als durch neue Formen und Farben mochte das Werk des siebenundzwanzigjährigen Künstlers der damaligen römischen Gesellschaft als etwas Ungewöhnliches erscheinen durch die klare Ausprägung des scharf gespannten dramatischen Momentes. Man sieht sofort und ganz sicher, daß der finstere König im nächsten Augenblick den krampfhaft gefaßten Speer nach dem nichts ahnenden Jünglinge schleudern wird. Eine solche Energie der Phantasie, so viel Vertiefung des Gemüthes leuchtete den Beschauern nicht aus den Bildern der Mengs’schen und David’schen Schule entgegen, wo man sich ängstlich an Studienbücher, Gliederpuppen und müde Modelle hielt. S. hatte einst nicht umsonst seinen Shakespeare gelesen und, wie schon sein ganz moderner, ungewöhnlich flüssiger Briefstil beweist, sicher auch seinen Lessing, Schiller, Goethe u. A.

Das Lob der römischen Freunde, welches dem jungen Meister gefährlich süß im Ohre klang, fand einen merklich schwächeren Widerhall in den Nachrichten aus der Heimath, wohin das Bild alsbald abging. Kurfürst Friedrich, der – nicht ganz mit Unrecht, wie S. selbst zugab – die Farben matt fand, nahm es als Entgelt für die gewährte Reiseunterstützung ohne besondere Belohnung entgegen; doch hatte er S., noch ehe dasselbe ankam, ein neues Reisegeld anweisen lassen. Dieser erhielt hierdurch, sowie durch Porträt-Aufträge, zunächst aus der Familie Humboldt, die Mittel, um länger in Rom zu bleiben. Schon im Frühjahr 1804 fing er ein neues Bild mit vielen lebensgroßen Figuren an „Das Opfer Noahs“. Zur Rechtfertigung der abermaligen Wahl eines religiösen Stoffes schrieb er an Dannecker: „Ich wähle gern bekannte Gegenstände, dazu noch solche, die ehrwürdig durch den Volksglauben sind – die man heilig nennt. Jeder erkennt sie auf den ersten Blick und überläßt sich ruhig dem Eindrucke, den das Bild auf ihn macht“. Bei der Arbeit hörte er auf den Rath einiger italienischer Maler, des V. Camuccini und des P. Benvenuti, welche, wie er selbst, von der französischen Schule ausgegangen durch ernsteres Studium der Antike und der alten Meister ihre Kunst zu vertiefen suchten. Die von S. mit Vorliebe getriebenen Raphael-Studien waren allmählich in Fleisch und Blut bei ihm übergegangen und führten zu einer Stilwandlung, die ihm die Arbeit sichtlich erschwerte. Daneben störte der Kampf mit einer heißen Liebe zu der Tochter eines Hausmitbewohners, des englischen Landschaftsmalers Wallis, jahrelang die Ruhe seines Gemüthes. Zum Glück fand er Stärkung in anregendem Umgange mit Neuankömmlingen wie A. W. Schlegel und Frau Bernhardi, der geistreichen Schwester der beiden Tieck. Neben manchen Bildnissen und einigen kleinen Bildchen vollendete der rastlose Arbeiter sein Gemälde mit 98 Figuren im Juni 1805. Auch diesmal hatte es der Meister, in welchem etwas vom dramatischen Poeten steckte, verstanden, durch energische Zusammenfassung der Handlung eine große Wirkung zu erzielen. Alles in dem Bilde geht auf in dem Ausdruck des hochfeierlichen Gefühles, welches die Opfernden beim plötzlichen Heranschweben Gottes und seiner Engel ergriffen hat; auch die großartige Landschaft, worin die Frucht der Freundschaft mit Koch nicht zu verkennen ist, zeigt sich in Linien und Farben durchaus auf diese Grundstimmung angelegt. Das Colorit dieses Werkes ist weit lebhafter als das seines ersten; aber es steckt darin etwas von der unruhigen Stimmung unter der Arbeit. In den Gestalten der Frauen und Kinder entfaltete S. jene vorwiegende Befähigung für das Anmuthige und Liebliche, die ihm vorzüglich als Maler von weiblichen Bildnissen zu statten kam [164] und dem Zeitgeschmack ganz besonders entsprach. Bei einer vierzehntägigen Ausstellung im Pantheon labte er sich mit vollen Zügen an dem reichlich gespendeten Lobe. Doch darf man neben den oft fast französisch klingenden Aeußerungen der Eitelkeit und Ruhmsucht die vielen Ausdrücke der tiefsten Entmuthigung nicht übersehen, die ihn oft bei dem harten Ringen mit der Arbeit überschlichen hatte. Fanden beide doch auch in seinem eigenen Humor ihre Ausgleichung!

Seine Liebe, die vermeintliche Feindin seiner Kunst, schwer niederkämpfend, suchte S. noch einmal Ersatz dafür in einer neuen Freundschaft. Der Bildhauer Friedrich Tieck, mit dem er schon in Paris viel umgegangen war, kam mit seinem Bruder Ludwig, dem Dichter, im August 1805 in Rom an. „Die Tiecks“, schreibt S. an die Geschwister, „sind mir wie Engel vom Himmel erschienen, in der Zeit, wo ich sie am meisten nöthig hatte. Ludwig Tieck, der Dichter, ist ein herrlicher interessanter Mensch, der mich ordentlich für die Widerwärtigkeiten des Lebens entschädigt“. Zu den selbstverschuldeten Verstimmungen, wie sie einem leidenschaftlichen Naturell nie ausbleiben, gehörte damals die Reue über eine Prügelei mit dem Bildhauer Schweickle, zu welcher sich S. von dem Maler Koch hatte hinreißen lassen. Sie glaubten einige abfällige Urtheile, welche A. von Kotzebue in seinen Reise-Erinnerungen über sie und ihre Freunde hatte drucken lassen, seien von diesem schwäbischen Landsmann Schick’s eingegeben. Es war Zeit, daß der junge Mann in ein ruhigeres Fahrwasser einlenkte, indem er sich mit „seinem Mädchen“ verlobte. In der glücklichen Stimmung gesicherter Liebe malte er die Skizze zu einem neuen Bilde, welches in der Größe zwischen dem David und dem Noah steht, „Apollo unter den Hirten“. Aber er sollte es nicht lange gut haben. Die Bewunderung, welche auch dieses Gemälde schon unter der Arbeit fand, erregte den Neid der deutschen Kunstgenossen – Namen hat S. nie genannt – gegen den verhätschelten Liebling der hohen Gesellschaft in solchem Maße, daß ihm durch ihre Anzettelungen im October 1806 Festsetzung auf der Engelsburg oder Verweisung aus Rom drohte. Was Ad. Haakh (S. 300 ff. seiner Beiträge) zur Aufklärung dieser von S. selbst nur ganz kurz erwähnten Dinge von niemand verschonenden Caricaturen erzählt, welche ihm diese Verfolgung zugezogen hätten, klingt sehr unwahrscheinlich. In keiner Handzeichnung und in keinem Skizzenbuche des Meisters (im stuttg. Kupferstich-Cabinet) findet sich eine satirische Anwandlung; weder in den Briefen von und an S., noch in irgend einem Berichte der Zeitgenossen über ihn, ist von Caricaturen die Rede; Eggers und Strauß, welche gleichfalls aus den Ueberlieferungen der Familie schöpften, wissen nichts von dem Vorfall.

Im December 1806 führte S. in der evangelischen Kirche zu Livorno seine Emilie zum Altar. Freilich blieb seine Hoffnung, durch Uebersendung des Noah eine ständige Pension bei seinem Landesherrn zu erwirken, unerfüllt; er erhielt für das Bild (jetzt in der Stuttg. Staatsgallerie) nur eine Belohnung von 80 Louisdor, aber Bildnisse, wozu ihm die Aufträge nie ausgingen, und kleinere Bildchen, die der Unermüdliche neben seinem Apollo malte, brachten genügenden Erwerb für sein kleines Hauswesen. Es zeugt für das gesunde Herz des Mannes, daß er trotz des vornehmen Umganges keinen vorzeitigen Versuch machte, den großen Herren zu spielen. Der fertige Apollo wurde im November 1808 mit 7 anderen Arbeiten Schick’s, darunter drei Landschaften und ein „Christus, der den Kelch segnet“, in dem Palast des baierischen Gesandten, Bischof von Häffelin, zwei Monate lang ausgestellt (vgl. den Bericht von K. G. Graß im Morgenblatt 1809 S. 338 f.). Der Apollo zeigt mit dem ruhigeren Feuer seines (jetzt durch Uebermalung ganz entstellten!) Colorits und anderen Vorzügen einen unverkennbaren Fortschritt über den Noah hinaus. Ein freudiger Strahl von [165] geistiger Morgenhelle bricht aus den von allen Seiten auf den Gott gerichteten Blicken der um ihn gelagerten Naturkinder, wie das kräftige Licht aus der Luft der heiteren Landschaft. Erst in diesem Bilde tritt ein glücklicher Einfluß zu Tage, welchen Schick’s Freunde schon früher erwartet haben mochten, der von Asmus Jakob Carstens, dem Propheten des reinen Classicismus. S. ging viel mit dem Maler und Aesthetiker K. L. Fernow um, der die Carstens’sche Verlassenschaft bewahrte; auch ist bezeugt, daß er selbst von tiefer Verehrung für Carstens durchdrungen war. Aber von Haus aus war ihm der herbschöne Geist der Carstens’schen Zeichnungen doch fremd genug. Er brauchte längere Zeit, um soviel davon aufzunehmen, als sich mit seinem süddeutschen Naturell und seiner künstlerischen Gewöhnung überhaupt vertrug. In einem kleineren Bildchen des Jahres 1810 (in der Stuttg. Staatsgallerie) tritt die Frucht des Studiums von Carstens und von der Antike noch deutlicher zu Tage, aber ein Classicist von strengster Observanz konnte und wollte S. nicht werden. – Nach dem Schlusse einer Gemälde-Ausstellung auf dem Capitol, bei welcher der Apollo neben Werken von Künstlern aller Nationen zu sehen war, kam zuerst eine französische, dann eine italienische Deputation zu S., welche im Namen aller ihrer Landsleute (Künstler, Kenner und Liebhaber) ihm den „Preis und die Krone“ überreichten. Seine Hoffnung, an dem König von Neapel einen Käufer für das Bild zu gewinnen, schlug fehl, doch erhielt er von diesem Fürsten einen anderen Auftrag. Der damals in Rom weilende geniale Kupferstecher Friedrich Müller, dem wir den herrlichen Stich der sixtinischen Madonna verdanken, bestellte eine Copie des Apollo in halber Größe, um dieselbe zu stechen, was aber nicht zur Ausführung kam. Das Original wurde erst nach Schick’s Tod an den Buchhändler v. Cotta und von diesem an König Friedrich von Württemberg verkauft, wodurch es später gleichfalls in die Stuttgarter Staatsgallerie kam. (Ueber einen Stich desselben von G. Rist s. den Aufsatz von S. Boisserée im Cotta’schen Kunstblatt Jg. 1820 S. 201 ff.; es giebt außerdem davon eine Lithographie von C. Schmidt und Stiche bei Förster u. Raczynski.)

In der Heimath führte der Ruf, den S. in Rom gewonnen hatte, da und dort, in München, Berlin, Stuttgart zu dem Gedanken, ihn in eine feste Stellung nach Deutschland zurückzurufen, aber er war, wie er öfter an die Geschwister und in einem geistvollen Brief vom December 1808 auch an den Philosophen Schelling schrieb, ein geschworener Feind der Akademien, die er „Kunstställe“ und „Treibhäuser“ schalt. Er zog es vor, mit Bildnißmalen, worin er einen immer größeren Namen gewann, sein oft durch die unkünstlerischen Zumuthungen der Besteller recht saueres Brod zu verdienen. Jedoch seine Gesundheit litt unter den übermäßigen Anstrengungen und immer häufiger werden in seinen Briefen die Anwandlungen von Trübsinn und Heimweh. Im scharfen Gegensatze zu dem Widerscheine reinen Glückes, der aus jedem Zuge seines Apollo-Bildes strahlt, wählte er im Herbst 1810 als Stoff für ein neues großes Bild: „Christus als Jüngling, der auf Wolken über der Erde in den Armen der Engel schlafend sehnsüchtig im Traume die Arme nach dem in einer Glorie über ihm schwebenden Kreuz ausstreckt“. (Ein Stich nach der Farbenskizze, welche die beginnende Erschöpfung Schick’s in technischen Mängeln verräth, ist Beilage zu dem erwähnten Aufsatz von Fr. Eggers.) S. hatte neben den besprochenen religiösen Bildern früher schon auch ein kleineres Gemälde, „Die drei Marien am Grabe Christi“ gemalt und außerdem in den letzten Jahren eine „Himmelfahrt Christi“ in Oelfarben skizzirt. Aber der symbolisch-mystische Zug an dem Christus mit dem Kreuze überrascht doch. Es war eine neue Geistesströmung in die deutsche Welt gekommen, welcher sich unser Meister nach seiner entwicklungsfähigen Natur nicht entziehen konnte und wollte – die Romantik. Mit Schriftstellern dieser Richtung [166] wie A. W. Schlegel, E. Platner und L. Tieck war er längst umgegangen, neuerdings auch mit Chr. Schlosser und Z. Werner; Schelling hatte er schon im April 1808 schreiben können, daß er seinen Bruno und anderes gelesen. Von Künstlern, welche zur Romantik neigten, hatten sich W. Schadow, der spätere Akademiedirector in Düsseldorf, J. Veit und die Brüder Riepenhausen an ihn angeschlossen. Als Frucht dieses Verkehres kann schon eine kleine „Höllenfahrt Fausts“ (in stuttg. Privatbesitz) angesehen werden, welche S. im J. 1809 malte. Deutlicher tritt die katholisirende Richtung jenes Kreises zu Tage in zwei Entwürfen, welche sich in seinem Nachlasse fanden, einem „h. Antonius am Tische seiner Eltern“ und einer „Verlobung der h. Katharina mit Christus“. Wer will sagen, wie weit S. seinen Freunden auf dieser Bahn noch gefolgt wäre, hätte ihm das Schicksal nicht noch gerade vor dem Scheidewege Halt geboten? Eine durch manche Vorboten seit Jahren angekündigte Krankheit, die der Arzt für einen nervösen Rheumatisms hielt, warf ihn im Februar 1811 auf ein wochenlanges Krankenbett. Den nur halb Genesenen zog es mit unwiderstehlicher Sehnsucht in die Heimath, welche er in Rom keinen Augenblick vergessen hatte. Im Anfang des September reiste er mit seiner Frau, zwei Knäbchen und seinem Apollo-Bilde von Rom ab und über die Schweiz nach Stuttgart. Wenige Tage nach der Ankunft bannte ihn die jetzt als Erweiterung der Herzschlagader erkannte Krankheit wieder an das Lager, von dem ihn am Himmelfahrtsfest 1812 der Tod erlöste.

Für die deutsche Kunst war der vorzeitige Hingang des Meisters ein großer, wenn auch schwer genau zu berechnender Verlust. S. war keineswegs ein frühreifes Talent, von dem man glauben müßte, daß es mit 35 Jahren schon sein Bestes gegeben; er erscheint weder in seinen Briefen als Mensch, noch in seinen Bildern als Künstler fertig und abgeschlossen. Seinem älteren Landsmanne Eberh. Wächter, welcher gewöhnlich mit Carstens und ihm zusammen genannt wird, war er an technischer Geschicklichkeit überlegen. Nach Art und Maß seiner Begabung möchten wir ihn lieber mit einem jüngeren Schwaben zusammenstellen, dem Cornelius-Schüler Bernhard Neher; wie dieser hätte S. sicher als Fresco-Maler sein Höchstes geleistet, wenn ihm Gelegenheit dazu geworden wäre. Sein reiches Gemüth, sein aller Pedanterie abholder Sinn, seine gewandte Rede und Schrift hätten ihn auf einer vorgerückteren Stufe seiner Kunst auch befähigt, eine glückliche Lehrerthätigkeit zu entfalten. Ein Miniatur-Selbstporträt von S. findet sich als Holzschnitt vor dem Titelblatt von Haakhs Beiträgen.

Vgl. A. W. v. Schlegel, Schreiben an Göthe über einige Arbeiten in Rom lebender Künstler. Im Sommer 1805. in dess. Krit. Schriften T. 2 S. 337 ff.; den Nekrolog [von Heinrich Rapp] im Morgenblatt Jg. 1812 S. 477 ff. – E. Platner, Ueber Schick’s Laufbahn u. Charakter als Künstler in Fr. Schlegel’s deutsch. Museum Bd. 4 S. 26 ff. – Förster, Gesch. d. d. Kunst T. 3 S. 69 ff. – Riegel, Deutsche Kunststudien S. 166 ff. -– Ders., Gesch. des Wiederauflebens d. d. Kunst S. 98 ff. – Ders. in s. Ausg. des Fernow’schen Carstens S. 334 f. – Reber, Gesch. d. n. d. Kunst 2. Aufl. S. 156 ff. – Rosenberg, Gesch. d. modern. Kunst Bd. 2 S. 64 ff. – Becker, Deutsche Maler S. 30 f.