BLKÖ:Széchenyi, Francisca Gräfin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 41 (1880), ab Seite: 242. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Franziska Batthyány in der Wikipedia
Franziska Batthyány in Wikidata
GND-Eintrag: 143898620, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Széchenyi, Francisca Gräfin|41|242|}}

Széchenyi, Francisca, Gräfin (barmherzige Schwester, geb. zu Groß-Zinkendorf am 4. November 1783, gest. im selbstgestifteten Kloster der barmherzigen Schwestern zu Pinkafeld am 10. October 1861). Francisca ist die Tochter des berühmten Stifters des Nationalmuseums in Pesth, Franz Grafen Széchenyi und der Juliana Gräfin von Festetics, einer Tochter des um sein Vaterland ebenfalls vielverdienten Stifters des Georgikons zu Keszthely, des Grafen Georg von Festetics. Körperlich und geistig reich begabt, wuchs sie heran und erhielt mit ihren Geschwistern Ludwig, Paul, Stephan und Sophie die sorgfältigste Erziehung. Im Jahre 1802 vermälte sich Francisca mit dem Grafen Nicolaus Batthyányi und übersiedelte nach Pinkafeld, um dort ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Bald wurde sie die Wohlthäterin, der gute Engel der ganzen weiten Umgegend und blieb es durch volle 60 Jahre. Im Jahrbuche der Schule zu Pinkafeld, das der dortige Seelsorger, Pfarrer Joseph Weinhofer, durch mehr als 50 Jahre mit besonderer Sorgfalt verfaßte, finden sich viele herrliche Züge aus dem Leben der edlen Frau, von denen wir hier nur einige kurz berühren wollen: „Im Jahre 1808 schenkte Gräfin Francisca der Schule eine goldene und silberne Medaille zur Belohnung des Fleißes und guter Sitten. 1810 spendete sie der Schuljugend eine schöne Fahne, geziert mit einem prachtvollen von ihr selbst gestickten Bande. 1808 legte zu Pinkafeld eine Feuersbrunst 22 Häuser in Asche und Graf und Gräfin schenkten den Verunglückten 2000 fl. 1815 wurden wieder 36 Häuser ein Raub der Flammen und Francisca wendete den Betroffenen 400 fl. und ihr Vater, Graf Franz 1000 fl. zu. Im Jahre 1817 wütheten mehrere Feuersbrünste und äscherten beinahe den ganzen Marktflecken ein. Das herrschaftliche Schloß war in dieser harten Winterszeit die allgemeine Zufluchtsstätte aller Bedrängten und Obdachlosen. Außer vielen Lebensmitteln schenkte Francisca den hart betroffenen Bewohnern Pinkafelds 1000 fl. und erbat ihnen von ihrem Vater 2000 fl. und von ihren Brüdern 500 fl. [243] Am Vorabende vor Weihnachten 1821 brachte die Gräfin der Pfarrkirche einen kostbaren herrlichen Ornat dar. Die Gemeinde Hochart traf bereits seit sechs Jahren Anstalten zur Erbauung eines Kirchleins, doch ihre Kräfte reichten nicht aus. Durch bedeutende Spenden des Grafen und ihrer Schwägerin wurde der Bau des gedachten Kirchleins derart gefördert, daß die Einweihung desselben am 13. August 1823 vorgenommen werden konnte. 1826 erhielt die Pfarrkirche zu Pinkafeld von der Gräfin Francisca zwei neue Altäre, die 3845 fl. kosteten. 1834 am 17. August spendete die Gräfin der Pfarrkirche fünf reichverzierte Pontificalsessel. 1835: Mittelst frommer Beiträge und ganz vorzüglich durch die Freigebigkeit der Gräfin Francisca und ihres Gemals Nicolaus B. wurde auf dem Pinkafelder Friedhofe durch den Wiener Architekten Prof. Rösner in gothischem Style eine Capelle erbaut und mit einem herrlichen Altarbild von Steinle’s Meisterhand geziert.“ So das Schulprotokoll. Außer der schönen Pfarrkirche und den Capellen zu Pinkafeld spendete Francisca auch noch vielen anderen Kirchen bedeutende Summen, unter anderen der Kirche zu Mariensdorf, zu Groß-Petersdorf und in Grafenschachen. Kostbare Meßkleider spendete sie nach Groß-Petersdorf, Mariazell, Pinkau, Mariensdorf und Gratz. Im Jahre 1832 wurde für die Kirche in Pinkafeld die große Glocke, 30 Zentner schwer, angeschafft. Als 1831 beim ersten Auftreten der Cholera Pinkafeld und die ganze Umgegend von dieser Seuche verschont blieb, verehrte Graf Nicolaus B. aus Dankbarkeit der Pfarrkirche daselbst eine kostbare Monstranze, und Francisca schmückte sie mit den Diamanten ihres Brautringes und jenes Ringes, welchen sie von ihrer sterbenden Mutter geschenkt erhielt. Bald darauf gelang ihren Bemühungen und den Bitten ihrer Gesellschaftsdame Rosa Wissinger die Begründung der Herz Jesu-Bruderschaft in der genannten Pfarrkirche, ebenfalls zum Danke für die glücklich abgewendete Choleragefahr. Es war dies der erste fromme Verein, der im Kaiserthume seit den Zeiten Josephs II. errichtet worden ist. Beim Herannahen der gedachten Seuche wurde Oesterreich und Steiermark von Ungarn durch einen Cordon streng abgeschlossen, und da kamen zahlreiche Handwerksburschen an die Grenze, konnten sie aber nicht mehr ohne Contumaz überschreiten, und ins Innere von Ungarn zurückzukehren war ihnen auch nicht leicht möglich. Francisca nahm sich dieser Bedrängten auf das liebreichste an, beherbergte sie alle in ihrem Schloß, ließ sie in ihren neuen Gartenanlagen arbeiten und beschenkte sie bei der Aufhebung des Cordons reichlich. Der dazumal angelegte Garten heißt noch heutzutage „der Gesellengarten“. Als Freundin der Kinder wendete sie den Schulen auf ihrer Herrschaft die liebreichste Obsorge zu. Nie versäumte sie bei den Prüfungen zu erscheinen und Alle, die es verdienten, reichlich mit Prämien zu beschenken, und nach jeder Prüfung gab sie der gesammten Schuljugend in ihrem Schlosse eine Unterhaltung. Bei der Namenstagfeier ihres Gemals und bei anderen festlichen Gelegenheiten arrangirte sie stets recht sinnreiche Aufzüge, wozu sie immer die ganze Schuljugend sehr passend zu verwenden wußte. Außerdem unterstützte sie auf das freigebigste studirende Jünglinge. Vielen jungen Priestern hielt sie die Primiz aus und lud bei dieser Gelegenheit stets auch die ärmsten Eltern der [244] Primizianten zur Tafel in ihr Schloß. Mit einem Worte, sie nahm an Leid und Freud’ der ganzen Gegend Theil, half, wo sie helfen und tröstete, wo sie trösten konnte. Wer sich selbst nicht zu rathen wußte, der suchte bei ihr Rath und beinahe nie ganz vergebens. Durch ihre Vermittlung und thatsächliche Hilfe sind so manche der Hilfesuchenden in ihrem Elende unterstützt, getröstet und aufrecht erhalten worden. In ihren jüngeren Jahren verbrachte sie die Wintermonate stets in Wien, und ihr Haus daselbst war der Sammelplatz der tüchtigsten, ausgezeichnetsten Männer jener Zeit, die sich dann auch oft in den Sommermonaten im Schlosse zu Pinkafeld einfanden. Von diesen wollen wir nur Zacharias Werner, P. Hofbauer, Frint, Ziegler, Zängerle, Stolzenthaler, die Fürsten Hohenlohe und Lichnovsky, Emanuel Veit, P. Job, Wurmbrand, Pilat, Passy, Viale Prelá, nennen. Werner dichtete zu Pinkafeld sein allbekanntes schönes Lied: „Wach ich früh Morgens auf, so sag ich gleich darauf: gelobt sei Jesus Christus etc.“. Unsere Gräfin setzte es in Musik, Passy nahm es in seine „Oelzweige“ auf, und bald darauf wurde es von den Zöglingen des kaiserl. Waisenhauses in Wien und seitdem weit und breit in allen Landen Oesterreichs gesungen. Außer diesem Liede componirte Francisca noch viele geistliche Melodien von bleibendem Werthe. Die Leiden und Prüfungen, mit denen sie heimgesucht ward, ertrug die Gräfin mit Geduld und Ergebung. Als sie im Jahre 1842 ihren Gemal durch den Tod in Folge eines plötzlichen Schlagflusses verlor – ihr einziges Töchterlein war schon jung gestorben – faßte sie den Gedanken, in ein Kloster zu gehen. Im Jahre 1848 kam ein Schicksalsschlag nach dem andern. Der erste betraf das fürstliche, ihr nahverwandte Haus Metternich, der zweite ihren Schwager, den Grafen Zichy in Venedig; darauf folgte der von ihr tiefbeklagte Aufstand in Ungarn, der Regierungsbevollmächtigte bedrohte sie selbst mit dem Galgen, und bald darauf starben alle, die sie liebte, die seit Jahren an ihrer Seite gelebt. Der letzte Schlag, das tragische Ende ihres geliebten Bruders Stephan Széchenyi, fand sie bereits im Kloster als Schwester Francisca. Im Jahre 1852 kamen nämlich, von Gräfin Francisca gerufen, die ersten drei barmherzigen Schwestern aus dem Mutterhause zu Gratz nach Pinkafeld und übernahmen das von der Gräfin gestiftete Spital, welches bisher noch ohne eigenes Gebäude war. Francisca’s Sorge war nun dahin gerichtet, den gedachten Schwestern ein Kloster zu erbauen und fest zu begründen. Sie kaufte demnach die erforderlichen Bauplätze an und begann den Bau. Am 25. Juni 1854 konnte bereits der Grundstein zum neuen Klosterkirchlein gelegt und im folgenden Jahre dasselbe feierlich eingeweiht werden. Bei dieser Gelegenheit stiftete die Gräfin mit 6000 fl. eine Pfründe für den Spitalpriester und versah ihn in der Anstalt mit Kost, Licht, Wäsche und Wohnung. Bald darauf am 19. Juli 1855 nahm auch sie, die Stifterin dieses Klosters, das Kleid der armen barmherzigen Schwestern, nachdem sie die Herrschaft Pinkafeld den Erben ihres verstorbenen Gemals gegen eine Abschlagzahlung von 25.000 fl. C. M. übergeben und der von ihr gegründeten Anstalt ihre zweite im Heveser Comitate liegende Herrschaft und die [245] 60.000 fl., welche ihre drei Brüder ihr jährlich in Folge des Testamentes ihres seligen Vaters als Apanage zahlten, vorbehalten hatte. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, daß Francisca der rationellen Bewirthschaftung ihrer ausgedehnten Güter die eindringlichste Sorgfalt widmete und dabei keine Kosten scheute. Die Zusammenlegung der Grundstücke und die Regulirung ihrer Liegenschaften nahm sie bereits vor Jahren mit bedeutenden Opfern vor. Sie ließ viele Tausend veredelte Obstbäume pflanzen, die Berieselung der Wiesen bewerkstelligen, eine Dreschmaschine und für die Tuchmacher eine Spinnmaschine anschaffen, wie auch eine Papiermühle und eine großartige Brennerei errichten; ferner ließ sie Gärten anlegen, Alleen pflanzen, Versuche mit der künstlichen Forellenzucht anstellen und einen artesischen Brunnen bohren. Außerdem verwendete sie große Summen auf Veredlung der Schaf-, Rinder- und Geflügelzucht. An dem von ihr gegründeten Kloster ließ sie bis zu ihrem Tode bauen. Unter Anderem versah sie es mit einem ausgedehnten schönen Garten, mit Feldern, Wiesen und Waldungen, mit einer Schweizerei und allem sonst Nöthigen und theilte es in ein Kranken- und Siechenhaus, in eine Lehr- und Erziehungsanstalt und in ein Waisenhaus ab. Im Jahre 1856 wurde durch die Schwestern mit 120 Zöglingen in zwei Classen eine öffentliche, gut eingerichtete Mädchenschule eröffnet; bald darauf eine Schule für weibliche Handarbeiten mit 20–30 Schülerinnen und eine Kleinkinderschule mit 50–60 Kindern und ein Waisenerziehungshaus mit 20 Waisen. Das Spital ist mit 30 Betten versehen, und es werden in demselben jährlich 2–300 Kranke aufgenommen. Bis 1861 belief sich die Zahl der in dieser Anstalt verpflegten Kranken auf 2470. Eine besondere Abtheilung des Spitals ist für Augenkranke bestimmt, und der Institutsarzt, Dr. Stöhr hat bisher mehrere Hundert Augenkranke, die aus Oesterreich, Steiermark und aus vielen Comitaten Ungarns bei ihm Hilfe, suchten, mit dem besten Erfolge operirt. Alle wurden durch die Mildthätigkeit Francisca’s unentgeltlich gehegt und gepflegt. Nach ihrem Eintritt in die Versammlung der Töchter der christlichen Liebe ließ sie sich nie mehr anders als nach ihrem Taufnamen „Schwester Francisca“ nennen. Die Regel des Hauses befolgte sie auf das genaueste. Sie stand ungeachtet ihres vorgerückten Alters täglich um vier Uhr Morgens auf und hielt pünktlich die sie treffende Nachtwache, bis die äußerste Schwäche sie daran hinderte. Auf den klösterlichen Gehorsam legte sie ein so großes Gewicht, daß sie nie ohne Erlaubniß was unternahm. Alle verlassenen Witwen, alle armen Kranken, alle die in Bedrängniß hilflos schmachteten, hatten an ihr eine Freundin, eine Trösterin, eine liebevolle Mutter. Francisca’s Nächstenliebe ging so weit, daß sie oft die von ihrem einfachen Mahle sich abgesparten Speisen den Kranken im Marktflecken brachte, die sie mit aufopfernder Hingebung pflegte; sie besuchte auch alle auswärtigen Kranken im Markte, sprach ihnen Trost zu und bereitete die Sterbenden auf ein seliges Ende vor. Alle im Spitale und viele, die außer demselben starben, ließ sie auf ihre Kosten beerdigen. Ihre volle Hingebung an die armen Kranken zeigte sie besonders bei ansteckenden Krankheiten und rettete durch ihren wahren Heldenmuth mehr als Einem das Leben. Den Hausarmen [246] wendete sie ihre besondere Liebe und Fürsorge zu. Unter anderen erhielten monatlich zwölf dürftige Hausfrauen je 2 fl. Fleischgeld. Am grünen Donnerstag gab sie jährlich zwölf armen Frauen und zwölf dürftigen Kindern ein Liebesmahl und bediente sie dabei auf das freundlichste. In dem, was sie selbst betraf, war sie äußerst sparsam. Das Gut der Armen, sagte sie sehr oft, muß mit aller Sorgfalt und Genauigkeit verwaltet werden. Wie in der Verwaltung ihrer Habe, so hielt sie auch in all ihrem übrigen Thun und Lassen die größte Ordnung. Zu den Kindern des ganzen Marktfleckens hatte sie stets eine außerordentliche Liebe. Ihre Freude, ihr Trost, ihre Erholungsstunden waren jene, die sie unter den Kindern, die sie in der Schule zubrachte. Sie unterrichtete die Schülerinen aller Classen im Singen. Für das Wohl ihrer ganzen großen Anstalt war sie immer auf das eifrigste besorgt; sie schien sich gleichsam selbst zu vergessen und nur für Andere zu sorgen, und dies sogar in ihrer letzten Krankheit. Wir sind hier nicht im Stande, das ganze Wesen der Schwester Francisca vollkommen zu schildern und müssen viel Interessantes aus ihrem langen Leben mit Stillschweigen übergehen. Am 3. October 1861 ergriff sie ein heftiges Fieber, und schon am folgenden Tage fühlte sie sich ernstlich krank. Das Uebel wuchs mit bedenklicher Schnelle und als am 10. October gegen Mittag vom Pfarrthurme zuerst das Zügenglöcklein und bald darauf die große Glocke läutete, und es allgemein im ganzen Markte hieß: „Die Schwester Francisca stirbt“, da rief ein alter Mann: „Jesus, die Gräfin stirbt, wer wird sich jetzt der armen Leute erbarmen?“ Der Bischof von Steinamanger erwies ihr die letzte Ehre und segnete am 14. October ihre Ruhestätte, nahe am Grabe ihres Gemals und ihres langjährigen Seelenführers, Joseph Weinhofer, im Beisein von 30 Priestern, mehreren Magnaten und einer unzähligen Volksmenge ein. Ueber ihr ganzes Vermögen und Einkommen hatte sie 1855 verfügt. Es liegt jedoch eine gesetzlich bekräftigte Erklärung vor, und kraft dieser gehört Alles, was sich nach ihrem Tode bei ihr vorgefunden, ihren geliebten Mitschwestern.

Oesterreichischer Volksfreund (Wien, Fol.) 1861, Nr. 285 u. f., im Feuilleton: „Schwester Francisco. Eine Lebensskizze“. – Pesth-Ofner Zeitung, 1861, Nr. 290, im Feuilleton: „Schwester Francisca“. – Der katholische Christ (Pesth, 4°.) 1862, Nr. 12 und 13: „Schwester Francisca“.