BLKÖ:Kaltenbrunner, Karl Adam

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 409. (Quelle)
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Kaltenbrunner, Karl Adam (Dichter und Schriftsteller, geb. zu Enns in Oberösterreich 30. December 1804). Entstammt einer der ältesten Sensenschmiedfamilien des oberen Kremsthales. Die Schulen beendete er zu Admont in Obersteyer und dann zu Linz, wo er 1823 bei der Staatsbuchhaltung in den Staatsdienst trat. Die stille, tiefinnerliche Natur K.’s neigte sich in früher Jugend schon der Poesie zu und er blieb ihr selbst im Ernste seines Berufes treu. Wie mehrere andere österreichische Poeten, so führte auch ihn Freiherr von Hormayr [Bd. IX, S. 277] in die Oeffentlichkeit ein, und das „Archiv für Historie“ u. s. w. brachte 1826 K.’s erstes Gedicht, eine Ballade; nun folgten deren mehrere in Witthauer’s „Wiener Modezeitschrift“ und in anderen Wiener Blättern, Taschenbüchern, Albums und Zeitschriften des In- und Auslandes; im Linzer „Bürgerblatte“ aber veröffentlichte er seine ersten prosaischen Aufsätze. Im Jahre 1829, als der Volksgarten in Linz errichtet wurde, trat K. mit dem ersten volksthümlichen Gedichte auf, welches allgemeinen Beifall erntete, und zwei Jahre später erschienen in Dr. Firmenich’s großem Sammelwerke: „Germaniens Völkerstimmen“, zwei Gedichte K.’s, in obderennsischer Mundart. Kaltenbrunner’s Landes- und Liedergenosse Stelzhamer trat mit seinen Dialectdichtungen geraume Zeit später auf. Im Jahre 1835 veröffentlichte K. seine erste Sammlung hochdeutscher Poesien unter dem Titel: „Paternostische Dichtungen“ (Linz, bei Eurich), worin er die hohen Schönheiten und die historischen Erinnerungen seines daran so reichen Heimatlandes mit begeisterter Liebe feiert. Denselben folgte sein dramatisches Gedicht: „Constantin XI., der letzte griechische Kaiser“ (Linz 1836), eine fünfactige Tragödie mit einem Vorspiele: „Der Streit um die Krone“, womit K. den großartigen Stoff einer ereignißreichen, verhängnisvollen Epoche, nämlich den Untergang eines welthistorischen Reiches behandelt. Der Tod des damaligen Landesregierungs-Präsidenten, dessen Hinscheiden allgemein betrauert wurde, veranlaßte die Gelegenheitsschrift: „Nekrolog des Fürsten Rudolph Kinsky“ (ebd. 1836), und ein paar Jahre später folgte ein Band „Lyrische und epische Dichtungen“ (Wien 1838, Rohrmann, 8°.), welche Mathias Leopold Schleifer zugeeignet und wohl der unmittelbarste rhythmische Ausdruck seines Gemüthes sind. Im Jahre 1842 kam K. durch die Wahl des Directors der k. k, Hof- und Staatsdruckerei, Alois Ritter von Auer, des Gründers und Leiters dieses großartigen, in seiner Art einzig dastehenden Institutes, als Directions-Adjunct und zweiter Oberbeamter in dasselbe, in welchem er seitdem ununterbrochen dient und im Jahre 1859 zum Vicedirector daselbst ernannt wurde. Indem mit dieser Ernennung K.’s amtliche Stellung zur Zeit abschließt, hatte seine literarische Thätigkeit nach manchen [410] Seiten hin immer von Erfolgen begleitete Anläufe genommen. So gab er im Jahre 1843 unter Mitwirkung vaterländischer Dichter und Schriftsteller „Das Album aus Ober-Oesterreich“ (Linz, bei Vinc. Fink) zum Besten der durch Brand verunglückten Bewohner von Spital am Pyhrn und in den Jahren 1844 und 1845 zwei Jahrgänge des von ihm begründeten „Oberösterreichischen Jahrbuches für Literatur und Landeskunde“ (ebd. und bei demselben) heraus, welches erst 1854 wieder durch den Volkskalender „Der Oberösterreicher“ (ebd.) fortgesetzt wurde. Nach mehrjähriger Unterbrechung erschienen wieder seine Dichtungen, und zwar jene im Dialecte unter dem Titel: „Obderennsische Lieder“ (Linz 1845, Vinc. Fink), an welche sich zwei spätere Sammlungen, und zwar: „Alm und Zither“ (Wien 1846, Haas) und „Oesterreichische Feldlerchen“ (Nürnberg 1857, Ebner) als 2. und 3. Band der Dialectdichtungen anschließen. In die Zwischenzeit fällt noch die Aufführung seines Drama’s „Ulrike“, welche im October 1845 im k. k. Hofburg-Theater stattfand, und die Herausgabe der „Gesammelten Gedichte Mathias Leopold Schleifer’s“ (Wien 1846, Karl Haas), welchen er die Lebensbeschreibung seines väterlichen Freundes voranschickte. Nach einem mehrjährigen Schweigen begann K. im Jahre 1860 im „Volkskalender des Vereins zur Verbreitung von Druckschriften für Volksbildung“ die Veröffentlichung oberösterreichischer Dorfgeschichten, denen bald mehrere derselben im Feuilleton der „Wiener Zeitung“ folgten. Später erschienen sie gesammelt unter dem Titel: „Aus dem Traungau. Oberösterreichische Dorf- und Volksgeschichten“ (Wien 1863, Zamarski und Dittmarsch, 8°., mit Illustr.), die Erzählungen „Die Ahnl Regina“, „Der Lotterie-Spieler“ und „Der räthselhafte Schuß“ enthaltend, welche zu den besten unverdorbenen Producten dieses durch Hypersentimentalität und Unnatur verkrüppelten Zweiges der Dichtung zählen und aus der vollen Kenntniß des Volkes, dem er selbst angehört, mit dem er Jahre gelebt, stammend, ein treues und doch poetisches Bild desselben geben. In jüngster Zeit erst, im Winter 1862, kam sein Volksdrama: „Die drei Tannen“, auf dem Carl-Theater in Wien zur Aufführung, fand ungetheilten Beifall und wurde viele Male wiederholt. Ein zweites Volksstück: „Die beiden Vormoser“, liegt für die Aufführung bereit. Druckfertig und der Herausgabe harren ein vierter Band seiner obderennsischen Gedichte, ein zweiter Band Dorfgeschichten, ein Band hochdeutscher Gedichte, ein Band geschichtlicher Dramen und ein Werk: „Ueber die Sprichwörter und Redensarten nach der alten Volkssprache im Lande Oesterreich ob der Enns“. Theils aus früherer Neigung, hauptsächlich aber angeregt durch die sprachlichen Aufgaben und Leistungen der großartigen Anstalt, an welcher K. bedienstet ist, beschäftigte er sich stets mit Sprachstudien, namentlich über die alte Volkssprache seines Heimatlandes, gleichwie über das Sanskrit, über welches er in den Jahren 1846 und 1847 die Vorlesungen Boller’s an der Wiener Hochschule hörte. Kaltenbrunner ist zum zweiten Male vermält. Seine erste Frau, Pauline Kner, die geist- und gemüthvolle Schwester des Zoologen Dr.Rudolph Kner, war bereits im ersten Jahre von K.’s Uebersetzung nach Wien gestorben; worauf K. zur Beruhigung seines, durch diesen Verlust tief ergriffenen Gemüthes in Gemeinschaft mit Otto Prechtler eine Reise durch ganz Deutschland bis an die [411] Nordsee machte, und zahlreiche Bekanntschaften in geistesverwandten Kreisen anknüpfte. Im Jahre 1844 schritt K. zur zweiten Ehe mit Therese Schleifer, der Tochter des k. k. Bergrathes Math. Leopold Schleifer in Gmunden, dessen Poesien K., wie erwähnt, nach seinem Tode herausgegeben hat. Als K., um seine Anstellung in der Residenz anzutreten, im Jahre 1842 sein Heimatland Oberösterreich verließ, ehrte ihn seine Vaterstadt Enns durch Verleihung des Ehrenbürgerrechtes. Seine königl. Hoheit Maximilian, Herzog in Bayern, der mehrere von Kaltenbrunner’s oberösterreichischen Liedern in Musik gesetzt hat, zeichnete ihn 1846 durch Verleihung der goldenen, mit dem Bildnisse des in Tönen und Worten dichtenden Prinzen aus. Mit Franz Stelzhamer und dem außer Oberösterreich noch wenig gekannten Norbert Purschka bildet K. die Trias der obderennsischen Dialectdichter und zählt zu den Lieblingen seiner Landsleute. Viele Gedichte im Dialecte und in hochdeutscher Sprache finden sich zerstreut in der Nürnberger „Monatschrift für Deutschlands Mundarten“, in M. Auer’s Zeitschriften „Faust“ und „Gutenberg“, darunter mehrere in sehr sinniger Weise illustrirt, in verschiedenen Taschenbüchern und den besseren Wiener Kalendern. Als Dialectdichter zählt K. zu den besten in der Gegenwart. Sein eigentlichstes Sprachgebiet ist der alte Traunkreis Oesterreichs, zwischen den Flüssen Enns und Traun, gleichwie Stelzhamer der eigentliche Repräsentant des Innkreises ist. Kaltenbrunner ist, wie Dr. Friedrich Hoffmann ihn schildert, „so ein ganzer Obderennser und Oberösterreicher, daß er sich sogar in Wien, wo ihn seine Dienstverhältnisse festhalten, vorkommt wie „der versötzte Bám“. Wo aber ein rechter Stolz auf den Kaiserstaat sein Herz packt, da stimmt er gar tapfere und handfeste Lieder an, fragt weder links noch rechts nach Anderer Meinung, sondern geht schnurstraks heraus mit seiner eigenen Farbe, die allemal gut kaiserlich ist; das Lied jedoch bleibt obderennsisch und der Mund, der es singt, und die Faust, die das „Fahnerl“ mit der Leibfarb emporhebt. Das ist der feste und gesunde Kern in K.’s Volksdichtungen. Ueberall frischer Humor und nirgends versalzen“.

Oesterreichische illustrirte Zeitung (Wien, 4°.) 1852, Nr. 56: Biographie mit Porträt im Holzschnitt (Bader sc.). – Wiener allgemeine Musik-Zeitung 1846, S. 644; 1847, S. 48. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 149; Bd. VI und Supplement S. 508. – Lorm (Hieronymus), Wiens poetische Schwingen und Federn (Leipzig 1847, Grunow, 8°.) S. 238. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrg. 1845, Bd. II, S. 1242; Jahrg. 1857, Bd. II, S. 663. – Oesterreichischer Parnaß, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar (Freysing, bei Athanasius u. Comp. [Hamburg, Hoffmann und Campe], 8°.) S. 25. [Komisch ist es und muß es für Jeden sein, der K. kennt, über ihn zu lesen: „lang, hager, militärische Haltung, schroffes Benehmen u. s. w.“, während K. von mehr kleiner Gestalt, die durchaus nichts Militärisches an sich hat, und von sehr zuvorkommendem Wesen ist. Es waltet hier offenbar eine Personsverwechslung mit Franz Ritter von Erco vor, der Oberlieutenant und Adjutant des Commandirenden in Oberösterreich war, 1830–1834 in Linz lebte und mehrere lyrische Gedichte geschrieben hat.] – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut. 8°.) Bd. XVII, S. 410 [berichtet (im Jahre 1850), daß K. in Linz als k. k. Beamter lebt, nachdem er bereits seit 1842 in Wien angestellt ist; von seinen Dialectdichtungen schreibt es aber, daß er in ihnen die biderbe Gesinnung und naive Treuherzigkeit seiner Landsleute meisterhaft getroffen und [412] ihren Charakter in lebensvollen Zügen gemalt hat]. – Frommann (G. Karl Dr.), Die deutschen Mundarten. Eine Monatschrift für Dichtung u. s. w. (Nürnberg, v. Ebner). IV. Jahrg. (1857), S. 242 u. 381. – Iris, redigirt von Cajetan Cerri (Gratzer Mode- und Musterblatt), 1851, im März, [Cerri entwirft in derselben folgende Silhouette K.’s: „Ein süßer „Schwärmer“ im Leben und Poesie, besonders seit einigen erschütternden Familienereignissen; stille, bescheidene, fast menschenscheue Dichternatur, jedoch voll Innerlichkeit und weicher Gemüthstiefe; mittelgroße hagere Gestalt, leidende Züge, sinniger Ausdruck der Miene, ungemein wortkarg und einfach in Haltung und Benehmen; als Sänger in der oberösterreichischen Mundart behauptet er neben Stelzhamer jedenfalls einen hohen Rang, ist auch in philologischen Studien sehr bewandert und hat es im Sanskrit sehr weit gebracht. Sehr geachteter Charakter, verdienstvoller Beamter der Wiener Staatsdruckerei, und jeder Zoll ein Conservativer.“] – Wolff (O. L. B. Dr.), Encyklopädie der deutschen Nationalliteratur oder biographisch-kritisches Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten (Leipzig 1838, Otto Wigand, 4°.) Bd. IV, S. 312. – Kaltenbrunner theilt mit Hilscher und Halirsch u. A. das Loos, in den deutschen Literaturgeschichten nicht genannt zu sein, eine Nachlässigkeit, welche nicht seinen Werth, wohl aber jenen der verschiedenen Literaturgeschichten schmälert. – Porträte. Außer dem schon erwähnten Bader’schen Holzschnitte in der „Oesterr. illustrirten Zeitung“ ist von K. eine Lithographie von Joseph Kriehuber und eine von Schlossareck ausgeführte treffliche Photographie im Visitkartenformate vorhanden. –