Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte/Die weltlichen Herrschaften

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| III. Die weltlichen Herrschaften

1. Das Markgrafentum Ansbach

 Wie schon im ersten Teil dieses Buches in dem Abschnitt von den alten „Landesherren“ (S. 35) dargelegt wurde, war die westliche Hälfte der Pfarrei mit den Orten Külbingen, Neukirchen, Hirschbronn, Untereichenbach, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden und Oberrammersdorf den Markgrafen von Ansbach untertan. Sachsen war zwar lichtenauisch und darum nürnbergisch, aber die Pfarrstelle samt der Kirche war ebenfalls markgräflich, da die Markgrafen als Nachfolger des Gumbertusstiftes das Besetzungsrecht (Patronat) innehatten und daraufhin die Kirchenhoheit beanspruchten.

 Von einzelnen Markgrafen haben wir schon gehört. Bei den „alten Kriegsläuften“ vernahmen wir von dem Markgrafen Albrecht mit dem Beinamen „Achilles“, der wegen seiner kriegerischen Fehden nach einem alten griechischen Helden so benannt wurde. Ebenso traten uns in der Geschichte der Reformation in Franken (S. 97) die beiden Brüder Kasimir und Georg entgegen. Auf Markgraf Georg, genannt der Fromme, der von 1515–1543 regierte, folgte sein Sohn

 Georg Friedrich I. von 1543–1603. Unter ihm wurde viel gebaut, unter anderem ein neues Schloß und ein neues Kanzleigebäude, das noch stehende jetzige Landgericht. Da er kinderlos blieb, fiel die Regierung des Landes an die Brandenburger (preußischen) Hohenzollern. Diese sandten als Regenten das jüngste Glied der Familie nach Ansbach, nämlich

 Joachim Ernst, der von 1603–1625 regierte. Als er starb, waren seine drei Söhne noch unmündig, weshalb die Markgräfinwitwe Sophie die Regentschaft übernehmen mußte. Sie hatte gerade die schwerste Zeit des Dreißigjährigen Krieges durchzumachen. Der noch jugendliche älteste Sohn Friedrich verlor in der Schlacht bei Nördlingen sein Leben. Die Regentin mußte vor den kaiserlichen Horden nach Kitzingen fliehen und mußte zusehen, wie ihr Land in Zwangsverwaltung (Sequestration) genommen wurde (1634–1638). Erst dann konnte sie zurückkehren und an den Wiederaufbau des verwüsteten Landes herantreten. Die Regierung übernahm hernach ihr zweiter Sohn

 Albrecht mit dem Beinamen „der Rechtschaffene“. Seine Regierung währte bis 1667. Er hatte die Fürstengruft unter dem Chor der Johanniskirche in Ansbach erbaut und wurde als erster aus der markgräflichen Familie dort beigesetzt, nachdem bis dahin die| Klosterkirche zu Heilsbronn als Grabstätte für sie gedient hatte. Ihm folgte sein Sohn

 Johann Friedrich von 1667–1686. Unter ihm und weiter unter seinen Nachfolgern wurde Triesdorf zu einer Sommerresidenz ausgebaut. Schon im Jahre 1600 war der kleine Ort von dem damaligen Markgrafen Georg Friedrich angekauft worden. Einige Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde dort ein Tiergarten angelegt, dann 1682 das „Weiße Schloß“ errichtet, später ein Marstall und andere Bauten hinzugefügt; auch die Alleen sowie die großen Weiher entstanden nach und nach, sogar ein Raubtierhaus wurde eine Zeitlang unterhalten. Die drei Söhne des Markgrafen kamen nacheinander zur Regierung, da die beiden älteren früh verstarben:

 Christian Albrecht 1686–1692.

 Georg Friedrich II. 1692–1703.

 Wilhelm Friedrich 1703–1723. Ihm folgte nach einer wenig glücklichen Regierung der Sohn

 Karl Wilhelm Friedrich 1723–1757. Er war zunächst noch minderjährig, weshalb die tatkräftige Mutter Christiane[WS 1] Charlotte bis 1729 die Regentschaft zu führen hatte. Unter ihr wurde vor allem der Bau des jetzigen großen Schlosses kräftig gefördert. Das bisherige Schloß war 1710 durch einen Brand teilweise zerstört worden, weshalb 1713 ein Neubau begonnen wurde. Der äußere Bau zog sich bis 1732 hin, die innere Einrichtung und Ausschmückung noch bis 1760. Auch der schöne Hofgarten wurde damals in den Jahren von 1723–1727 angelegt. Der Sohn Karl regierte dann selbständig von 1729–1757. Er war ein zu heftigem Jähzorn geneigter Mann, dem viele Gewalttätigkeiten nachgesagt wurden, weshalb er im Volksmunde heute noch als der „wilde Markgraf“ bekannt ist. Gewiß ist manches wahr von dem, was ihm nachgeredet wird, aber vieles wird ihm zu Unrecht zur Last gelegt. Auch daß er seiner Frau die Treue nicht hielt und mit anderen Frauen in einem üblen Verhältnis stand, ist leider richtig; nur darf auch hierbei nicht übersehen werden, daß an der unglücklichen Ehe die Frau selbst, eine preußische Prinzessin, die Schwester Friedrichs des Großen, ihr gut Teil Schuld trug. Vor allem aber muß hervorgehoben werden, daß er als Regent sehr viel tat zur Hebung und Förderung seines Landes. Ganz besondere Fürsorge ließ er den Kirchen und Schulen des Landes angedeihen. Der Bau des Gymnasiums zu Ansbach und der Gumbertuskirche (ohne den Chor) geben davon Zeugnis neben sehr vielen Kirchen und Schulen auf dem Lande. Er gab Anregung und Beihilfen zum Ausbau der Stadt Ansbach nach Süden zu (der neue Stadtteil bis zum Bahnhof), ferner zum Bau des Herriedertorturmes. Er starb an| einem Schlaganfall in seinem Jagdschloß zu Gunzenhausen im Alter von erst 45 Jahren. Seine Leiche ruht in einem einfachen Sarg in der Fürstengruft unter der Johanniskirche. Sein Brustbild ist auf dem Brunnen bei der Gumbertuskirche zu sehen. Ihm folgte sein Sohn

 Alexander (Christian Friedrich Karl Alexander). Er ist der letzte Markgraf geworden von 1757–1791. Auch er genießt keinen guten Ruf. Mit Recht wird ihm schwer angerechnet, daß er 1777 mit England einen Vertrag schloß, nach dem er den Engländern seine Soldaten gegen Geld zur Verfügung stellte für ihren Krieg gegen die für ihre Freiheit kämpfenden Nordamerikaner. Zwei Regimenter Infanterie zu je 570 Mann, dazu 101 Jäger und 44 Artilleristen, im ganzen 1285 Mann, überließ er ihnen gegen eine Entschädigung von rund sieben Millionen Mark (nach heutigem Geldwert). Dazu kam noch, daß die Zahl der Truppen regelmäßig ergänzt werden mußte, so oft sie durch den Krieg Einbuße erlitt. Es war ein richtiger Handel mit Menschen, der gewiß schärfste Verurteilung verdient. Doch muß zur Milderung des Urteils gesagt werden, daß niemand gegen seinen ausdrücklichen Willen dazu gezwungen wurde und daß der Markgraf das so erworbene Geld zur Tilgung der übergroßen Schulden seines Landes verwendete. Auch darf sonst zu seinem Lobe angeführt werden, daß er sich um das Wohl seines Landes und Volkes sehr bemühte. Er förderte in jeder Weise die Landwirtschaft, wozu er besonders fremdes Vieh aus der Schweiz einführte, und den ehedem so rühmlich bekannten „Triesdorfer Schlag“ züchtete. Auch eine Stuterei richtete er in Triesdorf ein, suchte die Schafzucht zu heben und ließ sich den Kartoffel- und Kleebau angelegen sein. Die jetzt noch vorhandenen guten und breiten Landstraßen um Ansbach her (Staatsstraßen) sind zumeist ihm zu danken, so auch die große, an Neukirchen vorüberführende Straße nach Heilsbronn und weiter nach Nürnberg, sowie die andere Straße im Süden von der Pfarrei von Ansbach nach Gunzenhausen. Hervorzuheben ist weiter die Neugründung der Universität Erlangen, die heute noch seinen Namen trägt.

 Seine Ehe mit einer koburgischen Prinzessin blieb kinderlos. Das führte bald zur Entfremdung zwischen den beiden Eheleuten und schließlich zu völligem Zerwürfnis. Während die Markgräfin einsam auf dem Schloß zu Unterschwaningen ihre Tage zubrachte, wendete der Fürst seine Gunst zuerst der französischen Schauspielerin Clairon und dann der englischen Lady Craven zu. Als die Markgräfin gestorben war, trat er sein Land im Jahre 1791 an den preußischen König gegen eine jährliche Leibrente von 300000 fl. ab, heiratete die Engländerin und zog mit ihr nach England, wo er am 5. Januar 1806 starb.

|  Das Ansbacher Land war zuletzt in eine Reihe von Oberämtern eingeteilt. Der markgräfliche Teil der Pfarrei Sachsen gehörte zum Oberamt Ansbach. Westlich schlossen sich die Oberämter Feuchtwangen und Colmberg, östlich das Oberamt Windsbach mit der Vogtei Merkendorf und das Oberamt Gunzenhausen an. Das Gebiet um Burgbernheim, Windsheim, Neustadt, Markterlbach und Erlangen gehörte damals nicht zu Ansbach, sondern zum Markgrafentum Bayreuth und bildete das „Bayreuther Unterland“. Erst im Jahre 1769, als die Bayreuther Markgrafen ausstarben, fiel die ganze Markgrafschaft Bayreuth an die Ansbacher Linie.


2. Die freie Reichsstadt Nürnberg

 Die Osthälfte der Pfarrei stand unter der Herrschaft der Reichsstadt Nürnberg (S. 37). Es waren die Dörfer Sachsen, Milmersdorf, Volkersdorf, Rutzendorf, Unterrottmannsdorf, Zandt, und ehedem noch die zu den jetzigen Pfarreien Lichtenau und Immeldorf zählenden Orte Boxbrunn, Gotzendorf, Wöltendorf, Wattenbach, Fischbach, Rückersdorf, Waltendorf, Malmersdorf, Herpersdorf, außerdem noch Bammersdorf und Langenlohe. Für die genannten Orte war ein eigenes Pflegamt zu Lichtenau gebildet worden, an dessen Spitze meist ein Herr aus den vornehmen Geschlechtern (Patriziern) Nürnbergs als „Pfleger“ stand. Er war zugleich Kommandant der Festungsbesatzung in Lichtenau. Unter ihm war noch ein Gerichtsschreiber und ein Richter tätig, die ihn nötigenfalls zu vertreten hatten. Alle wichtigeren Angelegenheiten mußten nach Nürnberg berichtet werden, an den „Rat der Stadt“, der dann die Entscheidung fällte. Das Pflegamt vertrat auch in allen grundherrlichen Sachen die betreffenden Nürnberger Herrschaften; nur das Landalmosenamt (früheres „Reiches Almosen“) machte sich in der Folgezeit selbständig und trat vielfach neben dem Pflegamt in Tätigkeit, besonders in Angelegenheiten der Pfarrei Sachsen.

 Als praktische Handelsstadt legte Nürnberg viel Gewicht auf den Erwerb und Besitz von Waldungen in dem Bezirk von Lichtenau. Schon im ältesten Salbuch von 1515 werden aufgeführt: Die Winterleiten (zwischen Sachsen und Neukirchen) und das „Espan“ mit der „Gern“ und dem Weinlingschlag (der große Wald zwischen Neukirchen, Wicklesgreuth, Herpersdorf und Milmersdorf). Letzterer erhielt später die Bezeichnung „Herrenholz“, das ist das Holz der Nürnberger Herren. Im Jahre 1600 werden weiter benannt: Eine Holzmarkt bei Immeldorf, als „Weinberg“ bezeichnet, und das Fürstenloh| bei Herpersdorf. Neu zugekauft wurden dann noch: Die Laimengrub bei Wöltendorf und Fischbach, ein Stück Wald im Rosenberg bei Zandt, dann nochmals ein Stück in der Laimengruben. Daneben wurden angekauft zwei große Weiher im Rosenberg hinter Zandt, drei Äcker bei Wöltendorf, zwei Höfe in Malmersdorf, und später noch kleinere Wälder und Grundstücke bei Lichtenau. Auch die grundherrlichen Rechte über Güter und Höfe, z. B. in Rutzendorf und Volkersdorf, wurden stark erweitert. Die beiden 1615 erworbenen Weiher wurden 1794 an die Gemeinde Zandt abgetreten, vorher schon 1773 die Gehölze im Rosenberg.

 Nürnbergs Herrschaft war für die Untertanen in der Lichtenauer Pflege sicher nichtdrückend. Der freie Geist der alten Reichsstadt ließ auch den Untertanen die nötige Freiheit. Aber anderseits kann man auch nicht sagen, daß Nürnberg für die Entwicklung und Entfaltung seines Landgebietes viel getan habe. Wir hören nichts von Straßenbauten, von Förderung des Gewerbes, Hebung der Viehzucht und der gesamten Landwirtschaft, so wie wir es im Markgrafentum gesehen haben. Man ließ da alles gehen, wie es von altersher ging, und achtete nur streng darauf, daß den „Gerechtsamen“ der Reichsstadt kein Abbruch geschehe. Wir werden hernach sehen, in welch kleinlicher Weise dies oft geschah. Nürnberg befand sich eben nach dem Dreißigjährigen Kriege in einem steten Niedergang. Während es im Jahre 1650 noch etwa 40000 Einwohner zählte, hatte es um 1800 nur noch 25000, war also fast um die Hälfte zurückgegangen. Es fehlte an dem alten Unternehmungsgeist, der einst Nürnberg groß gemacht hatte. Eine unfähige Regierung trieb schlechte Finanzwirtschaft und machte große Schulden trotz hoher Steuern. Viele überflüssige Ämter zehrten an den Finanzen der Stadt, ohne etwas Ersprießliches zu leisten. So war es eine Erlösung für die Stadt, als Preußen 1796 einen Teil des Landgebietes besetzte und als zehn Jahre später 1806 Bayern die Oberhoheit gewann. Erst von da an begann sie wieder langsam aufwärtszusteigen bis zu seiner heutigen Größe.


3. Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach

 Die Lichtenauer Pflegschaft war rings von markgräflichem Gebiete eingeschlossen und seine Festung lag allzu nahe vor der markgräflichen Hauptstadt Ansbach. Es war begreiflich, daß die Markgrafen danach trachteten, dieses Gebiet in ihre Herrschaft einzubeziehen. Wiederholt boten sie darum den Nürnbergern einen Tausch an gegen ein Gebiet, das sie selbst in der Nähe von Nürnberg südlich der Stadt besaßen. Schon 1528 hören wir von einem solchen für| Nürnberg nicht unvorteilhaften Angebot, dann wieder 1559 nach dem Kriege des Markgrafen Albrecht Alcibiades mit noch weitergehendem Entgegenkommen, endlich nochmals 1666. Aber Nürnberg verhielt sich stets ablehnend gegen alle derartigen Vorschläge. Und das ist sehr zu bedauern; denn eine Fülle von Streitigkeiten und sogar von Kriegen wäre dadurch vermieden worden. Es gab eben so viele Reibungspunkte um Lichtenau, daß Zwistigkeiten unvermeidlich waren, zumal wenn beide Teile auf ihren Rechten zu bestehen suchten und wohl gar noch mehr Rechte in Anspruch nehmen wollten, als ihnen zustanden.

 Den meisten Anlaß zu Streitigkeiten bot die Pfarrei Sachsen, weil sie einerseits markgräfliches Patronat war, anderseits mit Kirche und Pfarrhaus auf Nürnberger Gebiet lag. Es wird später bei dem Abschnitt über die Kirchenhoheit noch ausführlich darüber zu reden sein, auch sonst da und dort, wie beim Fraischgericht, beim Friedhof u. a. Hier sei zunächst nur ein Doppeltes berührt, einmal der Streit um die Jagdgerechtigkeit, und dann der Krieg des Markgrafen Albrecht Alcibiades.

 In sämtlichen Wäldern der Pflegschaft Lichtenau gehörte die sogenannte „hohe Jagd“ dem Markgrafen, während die „niedere Jagd“ den Nürnbergern zustand. Zur hohen Jagd zählte man gewöhnlich die Jagd auf Hirsche, Rehe und Wildschweine, während die niedere Jagd sich nur mit Hasen, Füchsen, Dachsen, Rebhühnern und dergleichen befaßte. Aber die Abgrenzung zwischen beiden war doch nicht so feststehend. So wollte der Pfleger in Lichtenau auch die Rehe zur niederen Jagd gerechnet wissen, was wiederholt zu üblen Auseinandersetzungen führte. Die Markgrafen dagegen beanspruchten auch die niedere Jagd um Lichtenau, wogegen Nürnberg Beschwerde zum Reichskammergericht erhob, das den Markgrafen 1575 abwies. Im Jahre 1619 legten die Lichtenauer einen Vogelherd vor dem Rosenberg an, um Lerchen und andere Vögel zu fangen, aber der Markgraf bestritt ihnen das Recht hierzu. Vorher hatte Lichtenau sich das Recht auf Wildschweine aneignen wollen, konnte aber damit nicht durchdringen (1608). So gab es fortwährend scharfe Auseinandersetzungen hin und her. Sogar ein herrenloser Bienenschwarm, der bei Sachsen gefangen worden war, veranlaßte 1663 einen Streit, weil der markgräfliche Wildmeister zu Hirschbronn ihn als zu seiner „Wildfuhr“ gehörig ansah, das Pflegamt Lichtenau aber anderer Meinung war und deshalb sogar an den Rat der Stadt Nürnberg berichtete.

 Wir erkennen aus diesen, zum Teil recht kleinlichen Vorfällen, daß beiderseits eine stete Gereiztheit bestand, aus der heraus man dem anderen Teil möglichst viel zu bestreiten suchte. Daß solche Streitigkeiten| auch zu offenen Fehden ausarten konnten, haben wir schon bei der Darstellung der „alten Kriegsläufte“ gesehen (Krieg des Albrecht Achilles gegen Nürnberg, und Krieg des Markgrafen Kasimir gegen die Stadt).

 Hier sei nur noch einer besonderen Fehde gedacht, der des Markgrafen Albrecht Alcibiades gegen die Bistümer Bamberg und Würzburg und gegen die Reichsstadt Nürnberg. Albrecht, dem nach einem griechischen Helden der Beiname „Alcibiades“ gegeben wurde, war eigentlich kein Ansbacher, sondern ein Bayreuther Markgraf. Er hatte im Schmalkaldischen Krieg eine nichts weniger als rühmliche Rolle gespielt, indem er bald auf seiten des Kaisers, bald gegen ihn kämpfte. Als sich dieser Krieg südwärts zog, blieb er zurück und setzte in Franken und hernach in Mitteldeutschland den Krieg auf eigene Faust fort. Er brandschatzte die beiden genannten Bistümer, die sich mit hohen Geldsummen loskaufen mußten. Dann wandte er sich gegen Nürnberg, wo er das Landgebiet in barbarischer Weise verwüstete, bis ihm die Stadt ebenfalls eine außerordentlich hohe Summe bezahlte. Bei diesen seinen Streifzügen kam er am 4. Mai 1552 auch vor Lichtenau. Da die Festung mit Geschütz und Proviant wohl versehen war, verweigerte der Pfleger Ludwig Schnödt die Übergabe. Aber der Markgraf ließ das Haus des Pflegers im Markt durchsuchen, wobei man den einzigen Sohn Schnödts fand. Nun ließ der Markgraf am 5. Mai eine neue Aufforderung zur Übergabe der Festung ergehen mit der Drohung, wenn Schnödt die Festung nicht sofort übergebe, werde er seinen Sohn vor seinen Augen aufhängen und sein Haus im Ort plündern und niederbrennen lassen. Schnödt ließ sich wirklich einschüchtern und übergab die Feste ohne jede Gegenwehr. Hernach ließ der Markgraf ganz Lichtenau von seinen Soldaten plündern und verbrennen, mit Ausnahme des dem Pfleger Schnödt gehörigen Hauses und der Kirche. Die übrigen Orte um Lichtenau scheint er verschont zu haben, wohl mit Rücksicht auf seinen Vetter, den Markgrafen von Ansbach. Schnödt wurde dann von der Stadt Nürnberg des Landes verwiesen und sein Vermögen eingezogen (1555).


4. Die preußische Regierung

 Schon im Oktober 1791 waren die Verhandlungen des letzten Markgrafen Alexander mit dem König Friedrich Wilhelm II. von Preußen wegen Abtretung der beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth soweit gediehen, daß von Berlin aus der Freiherr von Hardenberg nach Ansbach gesandt werden konnte, um zunächst| als markgräflicher Minister die Übergabe des Landes an Preußen vorzubereiten. Unterm 2. Dezember legte dann Alexander endgültig die Regierung nieder, und König Friedrich Wilhelm II. von Preußen erklärte in einer Proklamation vom 5. Januar 1792, daß er die Regierung über das Markgrafentum Ansbach–Bayreuth angetreten habe. Mit der Leitung der beiden Fürstentümer wurde weiter Hardenberg betraut, nun als preußischer Staatsminister mit weitreichenden Vollmachten.

 Hardenberg ging mit Umsicht, Wohlwollen und zugleich Entschiedenheit vor. Er führte eine neue Verwaltung ein, sorgte gleicherweise für das Schulwesen, die Landwirtschaft und Industrie, und brachte überall straffe Ordnung ins Land. Die Landeshoheit dehnte er auch auf die kleineren Staatsgebiete im Fürstentum aus, wie das Deutschordensgebiet in Eschenbach und Ellingen. Selbst gegen Nürnberg ging er vor und ließ durch seine Truppen einen Teil des Landgebietes und sogar die Vorstädte besetzen, nachdem Ansbach schon früher Hoheitsrechte darauf geltend gemacht hatte. Zu einer Unterwerfung der Stadt selbst kam es um deswillen nicht, weil die anderen Reichsstände lebhaft dagegen protestierten. Eben darum blieb auch das Pflegamt Lichtenau von ihm unbehelligt.

 Am 1. Januar 1796 wurde im Markgrafentum das Preußische Landrecht eingeführt. Dagegen blieb im Lichtenauer Bezirk das alte Nürnberger Recht weiterbestehen. Beide Rechte galten bis zum 1. Januar 1900, wo sie von dem für das ganze Deutsche Reich fortan geltenden „Bürgerlichen Gesetzbuch“ abgelöst wurden.

 Als König Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1797 starb, erreichte Hardenbergs Wirken sein Ende. Der folgende König Friedrich Wilhelm III. rief ihn nach Berlin zurück, und das Markgrafentum wurde nun von Berlin aus regiert. Das war nicht zum Vorteil des Landes. Überhaupt dauerte der Friedenszustand nicht mehr lange. Als der französische Kaiser Napoleon I. im Jahre 1805 neuerdings einen Krieg gegen Österreich, Rußland und andere Staaten zu führen hatte, ließ er seinen Marschall Bernadotte durch das Ansbacher Land marschieren, obwohl Preußen volle Neutralität bewahrt hatte. Noch im Dezember des gleichen Jahres wurde Preußen von Napoleon gezwungen, Ansbach überhaupt an Frankreich abzutreten, das wiederum am 15. März 1806 das Land an Bayern überließ. Nun wurde das alte Markgrafentum bayerisch, mit Ausnahme der beiden Ämter Crailsheim und Creglingen, die an Württemberg fielen. Die tatsächliche Übergabe an Bayern verzögerte sich jedoch; denn Marschall Bernadotte, der schon am 24. Februar mit seinem Heer in Ansbach erschienen war, beeilte sich gar nicht, die Übergabe zu vollziehen.| Er blieb vielmehr fast sieben Monate im Land, wobei er mit seinem und seines Heeres Unterhalt dem Volke unerhörte Kosten verursachte. An ihn erinnert noch heute die sogenannte „Bernadotte-Wiese“ hinter dem Weinberg, auf der die französischen Offiziere am Geburtstag ihres Kaisers (15. August) ein fröhliches Gelage hielten.


5. Die bayerische Regierung

 Am 20. Mai 1806 ergriff König Maximilian I. förmlich Besitz vom einstigen Fürstentum Ansbach. Nach der Rheinischen Bundesakte vom 12. Juli 1806 fiel auch Nürnberg mit seinem ganzen Gebiete an Bayern. Man hatte in Nürnberg schon seit längerem mit dem Ende der alten Herrlichkeit einer freien Reichsstadt gerechnet. Seit 1793 hatte man schon keinen eigenen Pfleger mehr nach Lichtenau abgeordnet, sondern das Amt durch den Gerichtsschreiber und die Kommandantur durch einen Leutnant versehen lassen. Von den langen und starken Einquartierungen französischer Truppen in den Jahren 1800 und 1806 blieb auch das Amt Lichtenau nicht verschont. So war es nicht überraschend, als am 30. Juli 1806 eine bayerische Kommission in Lichtenau erschien und alle Beamten in Pflicht nahm. Der Bezirk wurde dann dem Landgericht Heilsbronn unterstellt. Nach Anordnung der Behörde mußten am 20. Oktober alle Häuser mit Nummern versehen werden, eine bis dahin unbekannte Ordnung. Die Festung Lichtenau wurde 1807 in eine Strafanstalt umgewandelt, was sie bis zum Jahre 1927 geblieben ist, um dann wechselnden Bestimmungen zugeführt zu werden (Gefangenenobsorgeheim, Arbeitsdienstlager, Außenstelle des Zellengefängnisses Nürnberg). Für die im Zuchthaus Verstorbenen wurde 1817 ein eigener Begräbnisplatz in einem Teil des alten Steinbruches angelegt; er ist heute noch zu sehen.

 Der früher markgräfliche Teil der Pfarrei Sachsen wurde dem Landgericht Ansbach zugeteilt[WS 2]. Dabei muß im Auge behalten werden, daß die alten Landgerichte beide Ämter in sich vereinigten, die heute getrennt sind: Das Bezirksamt und das Amtsgericht. Was dagegen heute als Landgericht bezeichnet wird, nämlich das höhere Gericht, das hieß damals Appellationsgericht. Erst 1862 wurde die Trennung von Verwaltung und Gericht durchgeführt. Das Bezirksamt Heilsbronn wurde später zum Bezirksamt Ansbach gezogen, nur das Amtsgericht verblieb noch weiter dort.

 Was die bayerische Regierung unter den Königen Maximilian I. (1806–1825), Ludwig I. (1825–1848), Maximilian II. (1848 bis 1864), Ludwig II. (1864–1886), denn dem Prinzregenten Luitpold| und seinem Sohne König Ludwig III. seit 1806 alles leistete, kann kurz mit den Worten bezeichnet werden: Sie hat das Land aus der langen Kriegszeit, die noch bis 1814 währte, in eine gedeihliche Friedenszeit hinübergeleitet; sie hat vor allem die schweren Kriegsschulden getilgt und dann das Land emporzubringen gesucht. Es wurde im Laufe der Jahrzehnte die Landwirtschaft außerordentlich gefördert; es entwickelte sich eine reiche Industrie, besonders in den Städten; es ist viel für Wissenschaft, Kirche und Schule geschehen. Hier sei nur kurz das Verkehrswesen besonders angeführt, soweit es unsere Heimat berührt. Im Jahre 1859 wurde die Bahnlinie Gunzenhausen–Ansbach fertiggestellt, 1875 die Linie Nürnberg–Ansbach–Crailsheim eröffnet, 1903 die Nebenbahn Ansbach–Bechhofen vollendet. Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde die Kreisstraße Ansbach–Kinding durch das Rezattal gebaut, wobei die Unterhaltung der Straße den angrenzenden Gemeinden auferlegt wurde. 1880 wurde die Straße Sachsen–Volkersdorf als Distrikt- (jetzt Bezirks-)Straße ausgebaut. Nach der Eröffnung der Bahnlinie Nürnberg–Ansbach wurde am Bahnhof Sachsen eine Poststelle eingerichtet, die die Orte Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf, Alberndorf, Steinbach, Hirschbronn, Kaltengreuth, Untereichenbach, Katterbach, Gebersdorf, Wippendorf, Neukirchen und Milmersdorf zu versehen hatte. Erst nach dem Weltkrieg, im Jahre 1920, wurde die Poststelle nach Lichtenau verlegt im Anschluß an das Postamt Ansbach. Nunmehr werden Hirschbronn und Neukirchen von Ansbach aus bedient, Ratzenwinden, Oberrammersdorf, Zandt und Unterrottmannsdorf von Winterschneidbach aus, die übrigen Pfarrorte durch Lichtenau.


6. Das Deutsche Reich

 Ein Deutsches Reich hat es seit den Tagen Karls des Großen gegeben. Es war lange unter den deutschen Königen, die seit dem Jahre 800 n. Chr. zugleich die römische Kaiserkrone trugen, ein kraftvolles, mächtiges und blühendes Reich. Aber mit der Zeit gewannen die einzelnen Fürsten, die Herzöge und Grafen, dazu die gefürsteten Bistümer und Abteien, schließlich auch die aufkommenden freien Reichsstädte immer mehr Macht und Gewalt, und in gleichem Maße sank das kaiserliche Ansehen und damit das Ansehen des Deutschen Reiches. Besonders als die Kaiser aus dem Hause Habsburg sich so sehr gegen die Reformation und gegen die evangelischen Fürsten einsetzten, als sie den furchtbaren dreißigjährigen Krieg entfachten, wurde das Deutsche Reich fast zur Ohnmacht herabgedrückt. Napoleon I.| gab ihm den Todesstoß; das Reich löste sich auf, der letzte Deutsche Kaiser legte i. J. 1806 die Krone nieder und behielt nur noch den Titel eines Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn.

 Die deutschen Fürsten waren fortan völlig selbständig. Aber eben darum hatten sie nur wenig Bedeutung im Völkerleben Europas. Eine Ausnahme bildete lediglich das Königreich Preußen, das sich im Laufe der[WS 3] Zeit mächtig entfaltet und vor allem seit Friedrich dem Großen (1740–1786) europäische Geltung gewonnen hatte. Es trat damit in Gegensatz zu Österreich, das sich als erste Macht in Deutschland betrachtete und die deutschen Fürsten nach seinem Willen lenken wollte. Der Krieg von 1866 zwang Österreich, diese seine Ansprüche aufzugeben und überhaupt aus der Reihe der deutschen Fürsten auszuscheiden. Preußen schloß zunächst unter Bismarcks Leitung mit der Mehrzahl der deutschen Fürsten den „Norddeutschen Bund“ i. J. 1867. Als es 1870 zum Kriege mit Frankreich kam, schlossen sich auch die süddeutschen Fürsten dem Bunde an, und es zog Deutschland wieder einmal geeinigt in den Kampf wider seine Feinde. Die Einigkeit wurde dann noch während des Krieges auf eine feste Grundlage gestellt, indem die deutschen Fürsten dem Könige von Preußen die Deutsche Kaiserkrone anboten. Im Königsschlosse zu Versailles erfolgte am 18. Januar 1871 die Proklamation des neuen Deutschen Kaisers und damit die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches.

 Wenn in diesem neuen Reiche auch die deutschen Fürsten noch viel von ihrer Selbständigkeit behielten, so schritt doch die Einigung in den nächsten Jahren rüstig vorwärts. Es wurde ein einheitlicher Deutscher Reichstag geschaffen, allerdings unter Beibehaltung der verschiedenen Landtage in den Einzel-Staaten. Die Fürsten und freien Reichsstädte bildeten zusammen einen Bundesrat. Ein einheitliches Münzwesen wurde hergestellt auf der Grundlage der Mark; ein einheitliches „Bürgerliches Gesetzbuch“ wurde am 1. Januar 1900 eingeführt; das Strafrecht, das Heereswesen, Post und Bahn usw. wurden mehr und mehr vereinheitlicht. Das Deutsche Reich stieg in dieser Zeit mächtig empor; es gelangte zu hoher Blüte und zu gewaltigem Ansehen im Rate der Völker.

 Aber dann kam als Abschluß der Einkreisungspolitik Englands der Weltkrieg und als dessen Abschluß das berüchtigte Friedensdiktat von Versailles, das eine neue Entmächtigung Deutschlands brachte. Das Deutsche Reich wurde zur Republik erklärt, alle Fürsten mußten abdanken; die einzelnen Länder blieben zwar noch bestehen, aber als Freistaaten. Eine neue Reichsverfassung wurde ausgearbeitet, ein neuer Reichstag mit einer Menge von Parteien gewählt.| Auf die an die Feinde zu leistenden unerhörten „Reparationen“ folgte die Inflation mit ihrer vollständigen Geldentwertung; nach einer vorübergehenden Scheinblüte der Industrie kam die furchtbare Arbeitslosigkeit mit den Millionen feiernder Volksgenossen. Die allgemeine Unzufriedenheit führte einen neuen Umschwung herbei. Durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei wurde ein Führerstaat gegründet, als dessen erster Führer und zugleich Reichskanzler Adolf Hitler gewählt wurde.

 Die Vereinheitlichung des Deutschen Reiches – des „Dritten Reiches“, wie man es zu nennen pflegt – wurde nun vollkommen durchgeführt. Die Einzel-Landtage verschwanden, die Regierungen der einzelnen Länder wurden zu Verwaltungsorganen des Reiches umgestaltet. Nach außen hin wurde das Reich wieder in seinem früheren Umfange hergestellt, soweit dies möglich war (Rückgliederung des Saargebietes, Einverleibung Österreichs und des Sudetenlandes, Wiedereinbeziehung Danzigs und der anderen Provinzen im Osten). Im Innern wurde die Wehrhoheit Deutschlands wiedergewonnen, auch die Hoheit über die entmilitarisierte Zone am Rhein; es wurde die Arbeitslosigkeit beseitigt, die Judenfrage gelöst, das Erbhofgesetz erlassen und eine Reihe weiterer Gesetze im Sinne des Dritten Reiches herausgegeben. Im übrigen befindet sich die Ausgestaltung des neuen Deutschen Reiches noch im Flusse.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Christane
  2. Vorlage: zugteilt
  3. Vorlage: des


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