RE:Erve

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Erve, als Viehfutter genutzte Hülsenfrüchte
Band VI,1 (1907) S. 556561
Linsen-Wicke in der Wikipedia
Vicia ervilia in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register VI,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,1|556|561|Erve|[[REAutor]]|RE:Erve}}        

Erve, Ervum ervilia L. = Vicia ervilia W., ngr. ἡ ῥόβη, albanes. ro’v, ital. moco (was auch für Lathyrus cicera L. gebraucht wird), capogirlo und zirlo, frz. ers. Altgriechisch ὄροβος wird mit lat. ervum identifiziert (Ed. Diocl. 1, 16 in Ἐφημ. ἀρχ. 1899, 149. 165. Corp. gloss. lat. II 62, 54. 500, 16. 526. 11. III 193, 45. 267, 2. 357, 11; vgl. Diosc. II 131. Cass. Fel. p. 91, 15. 92, 1 Rose). Wie sich beide Wörter zu einander und zu ahd. arawiz, bezw. nhd. Erbse, verhalten, ist nicht hinreichend klar (O. Schrader Reallex. der idg. Altertumsk. 1901, 197); doch hält O. Schrader (bei V. Hehn Culturpflanzen u. s. w.6 1894, 215) es in sprachlicher Hinsicht für möglich, daß Griechen und Römer mit der Kultur der Hülsenfrüchte überhaupt bereits vor ihrer Einwanderung in die Balkan- bezw. Apenninhalbinsel vertraut gewesen seien. Ja D. Laurent und G. Hartmann (Vocabul. étymolog. de la langue gr. et de la langue lat. 1900, 78. 142. 488, 3) wollen ὄροβος und ervum mit ,Erbse’ auf idg. √var = umgeben zurückführen. Jedenfalls ist so viel klar, daß ervum nicht, wie die Alten annahmen (Fest. ep. p. 82, 21. Isid. XVII 4, 11), aus dem Griechischen entlehnt ist (Schrader ebd.). Daß die E. jetzt im südlichen Mitteleuropa, im Mediterrangebiet und im Orient bis Afghanistan wild wächst, ist insofern zweifelhaft, als ihr Vorkommen in anscheinend wildem Zustande wohl nur auf Kulturland konstatiert ist; doch war sie höchstwahrscheinlich einst im Mittelmeergebiet einheimisch (A. De Candolle D. Ursprung d. Culturpfl., übers. von Goeze, 1884, 134). Auf dem Hügel von Hissarlik hat Virchow im März 1890 in den höheren Städten große Tongefässe gefunden, in welchen sich verkohlte Erven fanden (Verhandl. der Berl. Gesellsch. f. Anthropologie 1890, 342). Die Körner haben nur einen Durchmesser von 2,4–3,2 mm., sind deutlich dreieckig-rundlich und haben das lange schmale Würzelchen der E. oder, wo dieses fehlt, die dem entsprechende Rinne; auf beiden Hälften der Keimblätter, besonders jenseits des Würzelchens, finden sich meist zwei flache Gruben (L. Wittmack Verhdl. a. a. O. 617). Übrigens scheint bei den heutigen Erven die dreieckige Gestalt nicht immer ganz deutlich ausgeprägt zu sein, sondern die Gestalt mitunter fast kugelig, so daß auch die Alten von der einen Art des Pfeffers, von Piper nigrum L., sagen konnten, sie sei rund wie die E. (Theophr. h. pl. IX 20, 1), und Pillen so groß wie Erven nennen konnten (Scrib. Larg. 87. Marc. Emp. 28, 13. Cass. Fel. p. 125, 6 Rose). Wenn die heutigen Erven als rötlich-aschgrau bezeichnet werden, so schrieben ihnen die Alten nicht nur eine rötliche (Ps.-Hipp. I 154 K. Marc. Emp. 17. 52. Cass. Fel. p. 92, 2; vgl. Ps.-Hipp. III 517. 523. 676). sondern auch eine gelbe (Gal. VI 547. XIII 846. Orib. coll. med. 127) und sogar eine weisse Farbe (Theophr. h. pl. VIII 5. 1. Scrib. Larg. 165. Diosc. II 131. Gal. VI 547. Orib. a. O. und IV 8, 2. Marc. Emp. 29, 11. Geop. VII 12, 26) zu. Im heutigen Griechenland ist die E. eine häufig kultivierte Futterpflanze. In Italien wird sie wegen ihres rapiden Wachstums zu Grünfutter für das Rindvieh angebaut, welchem es eine gesunde, nahrhafte und sehr fett machende Nahrung zu gewähren scheint; auch die Samen, welche wegen ihres bitteren und [557] unangenehmen Geschmacks für den Menschen unbrauchbar sind, werden an einigen Orten, gemahlen und gekocht, in Teigform oder als Getränk von den Rindern fast immer gern gefressen; der Volksmund jedoch schreibt, vielleicht mit Recht, den Samen lähmende Wirkungen auf die hinteren Extremitäten der Rinder zu.

Bei Theophrast (h. pl.) ist die E. an mehreren Stellen erwähnt; sie hat einen schief (?) stehenden Stengel (VIII 3, 2); sie blüht länger als die meisten (?) andern Hülsenfrüchte (ebd. 2, 5 = Plin. XVIII 59), die unteren Teile zuerst (ebd.); die Hülse hat keine Scheidewände (ebd. 5, 2) und ist cylindrisch (ebd. 3); die Früchte des Holunders, Sambucus nigra L., (III 13, 6) und des Pferde-Eppichs, Smyrnium olusatrum L., (VII 6, 3) sind grösser als die (Samen) der E.; wie bei andern Hülsenfrüchten sind die weissen am schmackhaftesten (VIII 5, 1). In den Samen entsteht eine Spinne φαλάγγιον (ebd. 10, 1; nach Plin. XVIII 156 in nassen Wintern), wohl eine Epeiraart. Nach ihm (Theophr. h. pl. VIII 8, 4; c. pl. V 15, 5) und andern (Plin. XVIII 155. Gal. VI 552) umstrickt die ὀροβάγχη (eigentlich Ervenwürger) die ganze Pflanze und erstickt sie so. Unter dieser Schmarotzerpflanze kann mit Unger (im Index zu Theophrast bei Wimmer) die in Europa gemeinste Cuscutaart, Cuscuta europaea L., gemeint sein, aber, da die Angaben der Neueren über das Vorkommen derselben auf Leguminosen einander widersprechen, auch die im eigentlichen Griechenland wohl gewöhnlicheren Arten Cuscuta epithymum Murr und Cuscuta planiflora Ten. (vgl. auch oben Bd. III S. 614. 36ff.). Eine andere ὀροβάγχη, welche alle Hülsenfrüchte (Diosc. II 171), auch die E. (Plin. XXII 162), tötet, ist offenbar Orobanche speciosa I). C. Alsdann sagt Dioskurides (II 131): ,Der ὄροβος ist ein bekannter kleiner Strauch (d. h. strauchartiges Gewächs, weil der nach Plin. XVIII 57 verzweigte Stengel sehr blattreich ist) mit schmalen Blättern (Blättchen), zierlich und mit wenig (meist vier) Samen in den Hülsen‘. Der Name Ὀρόβιαι einer uralten Stadt an der Nordwestküste Euboias (Strab. X 445), jetzt Roviäs, ist von ὄροβος herzuleiten (J. Murr Haller Progr. f. 1888/1889, 35), ebenso Ὀροβίς, der Name einer Insel bei Karien (Pape-Benseler Wörterb. d. gr. Eigennamen 1884).

In Griechenland wurden die Erven zwar auch früh, d. h. im Herbst, gesät, damit sie nie fehlten (Theophr. c. pl. IV 11, 1; vgl. h. pl. VIII 1, 4), aber wohl meist im Frühjahr (ebd. h. pl. VIII 3, 2), da sie in diesem Falle leicht, im andern schwer verdaulich würden (ebd. II 4. 2). In Italien säte man sie zu Grünfutter im Herbst (Cato 27). Nach Columella (II 10. 34; vgl. XI 2, 10) eignet sich für sie ein magerer und nicht feuchter Boden, weil sie leicht zu geil wachsen, können sie im Herbst gesät werden (doch erregt ihr Same dann bei Rindern Schnupfen, Plin. XVIII 139), aber auch Ende Januar (ebenso Pall. II 8) oder im ganzen Februar, doch nicht im März, denn von diesem Monat behaupten die Landleute, daß sie, in ihm gesät, dem Vieh, namentlich den Rindern, die davon (wohl den Samen) hirnwütig würden, schädlich seien (vgl. Plin. a. a. O.). Am besten wurden sie nach ihm (XI 2, 10) im Dezember gesät. Die Saatmenge beträgt nach den Genannten [558] (und Col. II 12, 3) fünf Modien auf das iugerum (sechs nach Plin. XVIII 198). Die Bestellung erforderte pro iugero, je nachdem gebracht wurde oder nicht, 1–2 Tage Pflugarbeit und je 1 Tag für Eggen, Behacken, Jäten und Schneiden (Col. II 12, 3). Die E. saugt den Boden aus (Cato 37, 1 und bei Plin. XVII 56). Da die unteren Teile zuerst blühen, werden die Erven meist herausgerissen, wann die untersten Teile schon ihre Früchte verloren haben, während die obersten noch ganz grün sind (Theophr. h. pl. VIII 2. 5). Die Samen leiden wenig von Wurmfraß (ebd. II, 2), weshalb sie sich lange aufbewahren lassen (ebd. 6 und c. pl. IV 2, 2). Um den Rettig (Theophr. h. pl. VII 5. 4; c. pl. II 18, 1. III 10, 3) und überhaupt das Gemüse (Pall. I 35, 1. Geop. XII 7, 1; vgl. Plin. XIX 179) vor Erdflöhen zu schützen, mischt man unter dessen Saat Erven; auch streut man geschrotene Erven in die Pflanzlöcher der Reben, damit diese gut gedeihen (Geop. V 9, 2) und der Wein haltbarer werde (ebd. 24, 1), doch ist das Verfahren, in die Weingärten, um sie (vor Ungeziefer) zu schützen, Erven zu säen, nicht zu empfehlen (ebd. II, 1).

Eine Nahrung für Menschen waren die Erven entweder gar nicht (Ps. Hipp. 1 31 K. Plin. XXII 153) wegen ihres unangenehmen Geschmacks und schlechten Saftes (Gal. VI 546. Sim. Seth app. p. 134 Langk.) oder eine schlechte (Plaut. Cas. 126; vgl. Hor. sat. II 6, 117), oder nur ausnahmsweise bei Teuerung (wie im J. 375 in Athen. Dem. XXII 598) und Hungersnot (Gal. VI 547. Orib. coll. med. I 27. Sim. Seth ebd.); daher mehr für Pferde (Ps. Hipp. Plin. a. a. O.) und Rinder (ebd. Plant. Most. 62. 68. Gal. VI 567. Gal. de victu atten. 48. Hesych. s. ὠροβισμένος), wenn sie vorher durch Wässern schmackhaft für die letzteren gemacht waren (Plin. a. a. O. Gal. VI 546. Sim. Seth a. O.). Wie durch andere blähende Nahrungsmittel setzen die Rinder auch durch die Erven Fett an (Arist. hist. an. VIII 64; vgl. Diosc. II 131). Mögen sie auch manchem andern Vieh schaden (Isid. XVII 4, 11), so werden die Stiere doch davon kräftig (Verg. ecl. 3, 100) oder fett (Isid. ebd.). Sie vermehren bei den wiederkäuenden Tieren die Milch, schaden diesen aber, während sie trächtig sind, weil sie das Gebären erschweren (Arist. a. O. III 107). Bei den Menschen können sie Schmerzen in den Knieen (Ps. Hipp. III 458. 604. und bei Gal. XVII B 168; vgl. Plin. XXII 153) und Brechruhr (Ps.-Hipp. III 684; vgl. Plin. a. O.) hervorrufen; sie machen den Kopf schwer (Diosc. II 131; eup. I 25. Plin. a. O.), regen den Unterleib auf (Diosc. II 131. Plin. ebd.); reichlicher genossen lösen sie die Glieder (Diosc. eup. ebd.) und führen mit dem Urin Blut ab (Gal. XII 91. Orib. eup. II 1, 14. Aët. I. Paul. Aeg. VII 3; vgl. unten Diosc. II 131). Wenn man die Erven täglich nüchtern ißt, so schwindet nach der Behauptung der zuverlässigsten Gewährsmänner die Milz (Plin. XXII 151. Plin. Iun. p. 55, 18 Rose). Obwohl sie von Galenos (XI 745. XIII 569) zum Getreide, σπέρματα σἰτηρά, gerechnet wurden, waren sie doch von allen Hülsenfrüchten am wenigsten geschätzt (Dion Chrys. or. VI p. 98, 16). Im Maximaltarif des Diocletian v. J. 301 (1, 16) haben sie jedoch denselben Preis wie z. B. geschrotene Puffbohnen [559] und Erbsen, sofern der Doppelmodius = 17,51 l. (hervi) auf 100 Denare = 1,83 Mark angesetzt ist, was bei einem Hektolitergewicht von ca. 80 kg. für 100 kg. ca. 13 Mark ergiebt. Den Rindern gibt man das Kraut als Grünfutter (Cato 27); im Januar erhält ein Paar täglich 4 (Col. VI 3, 4) oder 6 (ebd. XI 2, 99) Sextarien = 2,2 oder 3,3 l. gewässerter Körner mit zerkleinertem Stroh, im August täglich 50 Pfund = 16,37 kg. zerkleinerten Ervenstrohs (ebd. 100). Das Mehl mischt man dem Weine bei, um ihn milde zu machen und ihm gute Farbe und angenehmen Geruch zu geben (Cat. 109) oder um ihn haltbarer zu machen (Geop. VII 12, 26. 25. 37, 2) oder um durch diesen und anderen Zusatz koischen Wein zu gewinnen (ebd. VIII 24). Früher gebrauchte man gegorenes Mehl der E. als Sauerteig zum Backen des Gerstenbrotes, indem man zwei Pfund davon auf fünf halbe Modien (Gerstenmehl) nahm (Plin. XVIII 103). Hülsen, welche noch nicht hart oder trocken geworden sind, geben, samt den Stengeln und Blättern zerrieben, dem Kopfhaar eine schwarze Farbe (Plin. XXII 153. Plin. Iun. p. 16, 11 R. Marc. Emp. 7, 12).

Als Heilmittel fanden die Erven mannigfache Anwendung. Bei den Römern hatten sie seit alters dieselbe Bedeutung in der Volksmedizin wie der Blattkohl (Plin. XXII 151). Der Kaiser Augustus verdankte ihnen seine Heilung (ebd. XVIII 139). Als allgemeine therapeutische Eigenschaften werden angegeben, daß sie reinigten (Cels. V 5) und warme Pflaster aus ihnen wie aus jedem andern Mehl erwärmten (ebd. II 33). Nach Galenos (XII 91f. = Orib. coll. med. XV 1, 15, 14; eup. II 1, 14. Aët. I. Paul. Aeg. VII 3; vgl. Gal. X 569. XI 730. 745. XIII 569. XV 457 und de victu atten. 48) erwärmen sie nur schwach, trocknen aber mehr; je bitterer sie sind, desto mehr verteilen sie (nämlich nach Gal. XV 523 dicke Säfte in entzündeten Körperteilen), reinigen und führen ab. Beim Wässern geben sie ihre Bitterkeit an das Wasser ab (Gal. VI 731), verlieren aber, wenn sie vorher auch noch zweimal gekocht sind, zugleich die Fähigkeit, zu reinigen und zu verteilen; die weissen sind weniger ekelhaft als die blonden und blaßgelben (ebd. 547. Orib. coll. med. I 27. Sim. Seth app. p. 135 Langk.). Nach den Hippokratikern stopfen sie, kräftigen, machen fett und voll und geben der Haut eine gute Farbe (Ps. Hipp. I 31 K.); dient ein Decoct davon mit darüber gestreutem Gurkenkern- und Ervenmehl als durststillendes Mittel (II 322); erhalten abgemagerte Lungenkranke bei Appetitlosigkeit in Ziegenmilch geröstete und fein zerriebene Erven u. a. (ebd. 430); äußerlich hilft ein Decoct gegen Sommersprossen (ebd. 854; vgl. unten Diosc. II 131 u. s. w.); Bähung des Oberkörpers mit Erven bei Schmerzen des Hinterkopfes und Rückgrats und Kältegefühl am Herzen (ebd. 233); Bähung der Gebärmutter mit Ervenmehl und anderem bei Geschwüren derselben (ebd. 569) und bei Unfruchtbarkeit (ebd. 747); bei Krämpfen trockene Bähungen mit Ervenmehl am ganzen Körper (III 552); bei Blasensteinen junger Frauen Bähung mit gekochten Erven (II 599); bei Gebärmutterausfluß ein Pflaster von Erven (ebd. 858). Hippokrates selbst (II 37 und bei Gal. XV 522. Cael. Aurel. acut. II 113; vgl. Alex. Trall. II 233 [560] Puschm.) verordnete bei Seitenstechen Bähungen mit Gerste und Erven sowie mit deren Kleie in warmem Eßig. Zur Reinigung der Fisteln diente ein Klystier von Wasser, in dem Erven abgekocht waren (Cels. V 28, 12 p. 215, 34 Dar.; vgl. Theod. Prisc. I 85). Meist wurde das Mehl gebraucht. Über dessen Zubereitung spricht Dioskurides (II 131) und etwas abweichend Oreibasios (coll. med. IV 8, 2, vgl. IX 38). Der erstere sagt: ,Wähle große und weiße Erven aus, laß sie gehörig Wasser ziehen und dörre sie, bis die Schale abplatzt; dann mahle sie, treibe sie durch ein dünnes Sieb und bewahre sie auf; dieses Mehl treibt Urin und gibt der Haut ein besseres Aussehen (vgl. Plin. XXII 153 und Orib. coll. med. IV 8, 3); wenn es zu reichlich in Speise oder Trank genommen wird, führt es unter Leibschmerzen durch Darm und Blase Blut ab (vgl. o. Gal. XII 91 u. s. w.); es reinigt mit Honig Geschwüre (vgl. Marc. Emp. 4, 46; in der Brust, Gal. de victu atten. 48. Gal. VI 547 = Orib. coll. med. I 27 und Sim. Seth p. 135 Langk. Cass. Fel. p. 37, 5 Rose. Alex. Trall. II 223; der Nieren. Ruf. Ephes. p. 14 Dar.), Leberflecke, Sommersprossen (vgl. o. Ps.-Hipp. II 854) und Muttermale (auch Finnen. Tryphon bei Cels. VI 5. Plin. XXII 151 = Plin. Iun. p. 100, 22, und Pusteln, Marc. Emp. ebd.) und überhaupt den ganzen Körper (vgl. II 135 = Plin. XX 20. Cels. V 16. Xenokrates bei Gal. XIII 846f. Plin. XXIII 26); es läßt fressende (vgl. Plin. XXII 151 = Plin. Iun. p. 76, 17. Gal. XIII 731. Orib. coll. med. IX 38) und krebsartige Geschwüre (Lippenkrebs, Cels. VI 15 med.; vgl. Cass. Fel. p. 80, 8) und den Brand sich nicht ausbreiten; es erweicht harte Brüste (vgl. Plin. ebd.); wilde Geschwüre, Karbunkeln (vgl. Plin. ebd. 152 = Plin. Iun. p. 83, I. Orib. coll. med. IX 38) und grindartige Ausschläge beseitigt es; mit Wein angefeuchtet heilt es Bißwunden von Hunden (vgl. Theod. Prisc. I 66). Menschen (vgl. Plin. ebd. 151) und Sandvipern (Schlangen, Scrib. L. 165. Plin. ebd. = Plin. Iun. 110. 13ff.; giftigen Eidechsen, Nic. Alex. 564. Plin. ebd.; allen giftigen Tieren, Serv. Damocr. ther. 96); in Eßig mildert es Harnbeschwerden, Leibschneiden und Hartleibigkeit (vgl. Plin. ebd. 152); in der Größe einer Haselnuß gedörrt mit Honig hilft es gegen Magerkeit (vgl. u); ein Decoct davon in warmen Umschlägen heilt Frostbeulen und juckenden Grind (vgl. Plin. ebd. 153 = Plin. Iun. p. 66, 5).‘ Nach Plinius (ebd. 152) heilt es auch in Eßig gekocht Schorf (vgl. Orib. coll. med. IX 38) und verhindert, daß geschwollene Hoden (?) in Eiterung übergehen (= Plin. Iun. p. 79, 3; vgl. Marc. Emp. 4, 46. 33, 36); nach anderen (Cels. V 27, 13. Orib. coll. med. IX 38; hilft es mit Honig bei Brandwunden. Zur Herstellung des Embonpoints (vgl. o. Ps.-Hipp. I 677. II 430. Diosc. II 131) sollen Nierenkranke einen Brei von Erven, die süß gemacht (gewässert) und gekocht sind, genießen (Ruf. Ephes. p. 16 Dar.), Frauen das Mehl in Honigwein, wozu ein Eßignäpfchen davon genügt (Orib. coll. med. IV 8, 3f.); wohl zu demselben Zwecke auch Schwindsüchtige dasselbe (Cass. Fel. p. 91, 15ff. 92, 1ff.; vgl. auch über Asthmatiker p. 94, 18). Außerdem wurden noch die Erven oder ihr Mehl zusammen mit andern [561] Heilmitteln in verschiedenen Fällen von den späteren Ärzten angewandt.

Von den Tierärzten wurde empfohlen, die Rinder im Winter öfters mit Erven zu mästen (Veget. mul. IV 1, 13; vgl. Geop. XVII 4), bei Steifheit der Glieder den Kopf der Zugtiere mit dem warmen Decoct von Erven zu bähen (Pelagon. 268. Veget. V 46, 4). den von einer Viper oder andern schädlichen Tieren gebissenen Pferden die zerriebene Wurzel in Öl und Wein auf die wunde Stelle zu streichen (Pelag. 286). Das Mehl von gerösteten Erven heilt alle Wunden (ebd. 315), ebenso das Mehl der Erven mit der Asche der Wurzel der Erdscheibe, Cyclamen europaeum L., in Honig aufgelegt (ebd. 199. Hippiatr. 161). Bei Gelbsucht ist das Mehl von E. und Puffbohnen mit Wein den Pferden ins Maul zu gießen (Pelag. 13); bei Engbrüstigkeit müssen sie das Mehl der Erven oder anderes Mehl fressen, weil es erwärmt (ebd. 205). Das Mehl dient mit Rosenöl und Ei zur Reinigung krebsartig eiternder Augen (ebd. 434. Veg. III 22, 15. Hippiatr. 50. 205). Ist der Hinterbug krank oder geschwollen, so ist er mit Ervenmehl und Honig zu bestreichen (Pel. 259). Drüsengeschwülste an den Kinnbacken sind herauszunehmen und die Stellen mit Ervenmehl in Wein und Öl zu bestreichen (ebd. 56). In Gemeinschaft mit andern Mitteln werden Erven gegen Abmagerung (ebd. 24. Veget. II 28, 23. Hippiatr. 300), gegen Krampfadern oder Geschwülste gebraucht (Pel. 194. 201. 202. Veg. III 48, 3. 4) u. s. w. Die Hühner, welche an Schnupfen leiden, müssen Stephanskraut, Delphinium staphisagria L., (dessen Samen?) mit Erven fressen (Geop. XIV 17, 5).

[Olck. ]