RE:Libra 3
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Sternbild im Tierkreis | |||
Band XIII,1 (1926) S. 116–137 | |||
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3) Sternbild der Wage im Tierkreis. Die Griechen der älteren Zeit kennen das Sternbild der Wage nicht, sie haben diese Sterne wohl nach babylonischem Vorbild als integrierenden Bestandteil in das Sternbild des Skorpion einbezogen. Kleostrat und die Älteren nennen diese Sterngruppe nach dem Zeugnis der Palamedes im Schol. Eur. Rhes. 529 πρῶτα σημεῖα τοῦ Σκορπίου: Diels Vorsokr. II³ 197, dazu Boll Antike Beobacht. farbiger Sterne = Abh. Akad. Berlin XXX (1918) 1. Abh. 70f., vgl. auch οἱ πρῶτοι ἀστέρες τοῦ Σκορπίου Euktemon. ed. Rehm S.-Ber. Akad. Heidelb. 1913, 3. Abh. S. 23 und [117] das Fortleben dieser alten Bezeichnung in dem Ausdruck ἡ πρώτη μοῖρα τοῦ Σκορπίου bei Antiochos = Catal. cod. astr. VII 112, 1. Die übliche Astrothesie faßte aber diese Sterne als die Scheren des Skorpion; Eudoxos, Aratos, Eratosthenes und Hipparchos wenden fast ausschließlich dafür die Bezeichnung χηλαί an. Später ist zu diesem Namen ὁ ζυγός als gleichberechtigte Benennung getreten, diese wird in der astrologischen Literatur bevorzugt. Als ältester Beleg konnte früher eine Stelle aus dem Parapegma des Kallippos gegeben werden, wo die älteren Ausgaben ζυγός geben; da aber die Handschriften ζυγοί und χηλαί bieten (vgl. Gemin. ed. Man. 230, 2 und Boeckh Über die vierjähr. Sonnenkreise der Alten 174), bleibt die Vermutung, Kallippos habe bereits das Sternbild der Wage gekannt, sehr zweifelhaft. Als das älteste griechische Zeugnis gilt heute Ptol. synt. IX 7 p. 267, 14 Heib., wo in einer astronomischen Beobachtung aus dem J. 237 v. Chr. die Stellung Merkurs ἐπάνω τοῦ νοτίου ζυγοῦ erwähnt wird; wir haben hier wahrscheinlich die Übersetzung des babylonischen Namens der Wage vor uns: Ideler[s 1] Abh. Akad. Berl. 1838, 10f. Boll Sphaera 186, 2. Kugler Sternkunde und Sterndienst in Babel, Erg.-Bd. I 64. Die südliche Wage (Wagschale) setzt notwendig eine nördliche Wage voraus, so daß für das ganze Bild οἱ ζυγοὶ als Name zu postulieren wäre, es muß also diese ältere Bezeichnung sekundär durch den Singular verdrängt worden sein. Das scheint mir noch besonders deutlich erkennbar in der handschriftlichen Überlieferung bei Geminus, vgl. p. 20, 2 und 230, 2 Man. Hipparch. wendet nur p. 222, 9 Man. ζυγός an; da die ganze Stelle korrupt ist, streicht es Manitius p. 303 adn. 41 mit Rücksicht darauf, daß Hipparch sonst nur χηλαί anwendet, als eine spätere Interpolation. Im sog. Sternkatalog des Hipparch. ed. Boll Bibl. Math. III. Folge II 187, 19 heißt es : χηλαὶ ἤτοι ζυγός; von Boll wird der Zusatz als späte Interpolation beanstandet. Dagegen hat Tannery Recherches sur l’histoire de l’astronomie ancienne 279 in der Wage gerade eine Erfindung Hipparchs vermutet. Wenn auch diese Vermutung unhaltbar ist, so ist es doch denkbar, daß Hipparch diesen Namen gekannt und auch verwertet hat. Wahrscheinlich hat sich die doppelte Bezeichnung auch im Werke des Nechepso-Petosiris gefunden; vgl. Manetho II 136ff. Catal. cod. astr. VII 137, 20 und Darmstadt De Nechepsonis Isagogae quaestion. sell., Diss. Bresl. 1916, 13f. Kaum richtig dürfte die Behauptung von Manitius sein, daß Geminus überhaupt nicht ζυγός gekannt habe (p. 263 adn. 15); dagegen spricht einmal die handschriftliche Überlieferung, die einwandsfrei besonders die Casus obliqui dieses Namens überliefert, und dann die Tatsache, daß Accius, Nigidius, Varro und Cicero bereits dieses Bild gekannt haben müssen. Ptolemaios gebraucht χηλαί in der synt. math. vornehmlich zur Bezeichnung des Sternbildes, ζυγός für das Zeichen; in der Tetrabiblos finden sich dagegen beide Ausdrücke für das Sternbild, Näheres Boeckh 169. Darmstadt 13. Von sonstigen Benennungen wäre zu erwähnen : πλάστιγγες Dorotheos Catal. cod. astr. VI 94 v. 55. Teukr.-Rhetor. ebd. VII 204, 15 und λίτρα Anon. brev. [118] expos. in Verg. Georg. I 33, dazu Ideler Untersuch. über den Urspr. und die Bedeutung der Sternnamen 176. Einen Geheimnamen nennt der Londoner Zauberpapyrus CXXI ed. Wessely Denkschr. Akad. Wien 1893, 49 v. 882.
Die Römer haben entweder chelae übernommen, z. B. Verg. Georg. I 33, weitere Belege gibt Bannier Thes. ling. lat. s. v., dazu noch die späteren Abarten Corp. gloss. lat. V 176, 35. 494, 49, teils mit bracchia übersetzt; vgl. Verg. Georg. I 34 bracchia contrahit ardens Scorpios. Ovid. met. II Scorpius bracchia concavat. Schol. German. B P p. 63, 7 Br. bracchia Scorpii. Avien. 1152 venenati bracchia monstri. Avien. 1136 bracchia Chii siqni. Avien. 525 u. ö. bracchia Chelarum. Gebräuchlicher ist die Wiedergabe des griechischen ζυνός mit libra, so schon Varro de l. l. VII 14. Verg. Georg. I 208. Horat. carm. II 17, 20. Seltenere Abarten sind liber (der Wagemann) Comm. in Arat. p. 119, 4 M. Librem (die Übersetzung von χηλαί ebd. p. 134, 13 M. Libri (Nom. plur.), ebd. p. 165, 121 M. Nicht als Wage, sondern als Joch interpretiert Cicero de div. II 47, 98 den Namen ζυγός, von den iuga Chelarum spricht Manil. I 611, dazu Macrob. Sat. I 12, 11. Ideler Sternnamen 174. Eisler Weltenmantel und Himmelszelt II 490 Anm. Sonstige Bezeichnungen sind: labium Schol. German. p. 123, 14 Br. Labia Arat. latin. = Comm. in Arat. p. 196, 15 M., pondera librae Sen. Thyest. 858 und pondus librae Manil. IV 548, cornua Schol. Lucan. IX 533. Schol. Germ. B P p. 64, 6 Br. Avien. 251; zu letzterem stelle man die babylonische Ausdrucksweise, welche von den ‚Hörnern‘ oder von dem ‚Gehörn‘ des Skorpions spricht: Jastrow Rel. Babyl. u. Assyr. II 681. Kugler Erg.-Bd. I 63, 16. 220, 15, Bezold bei Boll Sternglaube und Sterndeutung² 9. Isoliert stehen die Bezeichnungen in den Hexasticha de duodecim signis: Libra qui Caesar habet = Anthol. lat. ed. Buecheler-Riese 618, momentumque sequens ebd. 619, trutinae species ebd. 624, aequale iugum zbd. 626.
Die Scheren und die Wage sind ursprünglich lediglich ein Teil des Skorpions gewesen, vgl. Eratosth. catast. cap. VII p. 72 Rob., Teukr.-Rhetor. Catal. VII 204, 15. Hygin. astron. II 26 p. 68, 13 Bu. Die richtige Auffassung, daß die Chaldäer dieses Sternbild über zwei Tierkreiszeichen ausgedehnt und noch nicht in zwei selbständige Bilder zerlegt haben, vertreten Schol. Arat. 644 p. 462, 16 M. Serv. Verg. Georg. I 33. Schol. Germ. S p. 187, 25. 189, 21 Br. Sowohl die Scheren als auch die Wage sind heute endgültig als babylonische Erfindungen erkannt. Näheres Kugler I 37, 9. 229f. 260; Erg.-Bd. I 63, 16. 220, 15. Bezold—Kopff—Boll S.-Ber. Akad. Heidelb. 11. Abh. 13, 17. 23, 16 u. ö. 12 Zeichen erscheinen nach Bezold bei Boll Sternglaube² 9 in rein astronomischen Texten der Seleukiden- und Arsakidenzeit. Unhaltbar sind andere Urteile, die in der Wage eine ägyptische Erfindung erblicken (z. B. Manetho II 136ff. Serv. Verg. I 33. Schol. Germ. S p. 187, 25. Ideler 174. Maass Zeitschr. f. christl. Kunst XII 361, dazu Boll Sphaera 186, 2), oder ein genuin griechisches Sternbild darin erkennen u. a. Buttmann bei Ideler Histor. Unters. [119] über die astron. Beob. d. Alten 373. Tannery a. O. Thiele Antike Himmelsbilder 13. Baumgartner Zur Geschichte und Literatur der griech. Sternbilder, Basel 1904, 32 (Erfinder Archimedes).
Der Grund, warum diese Sterne als die Scheren des Skorpions bezeichnet wurden, ist leicht ersichtlich (vgl. den Art. Skorpios), nicht ganz so einfach dürfte die Antwort sein, warum hier später eine Wage oder ein Joch gesehen wurde. Eine der zunächst liegenden Deutungen will in der Konstellation wirklich das natürliche Sternbild einer Wage erkennen; vgl. Manetho II 137 ἐπεί τ’ ἐτάνυσ’ ἑκάτερθεν οἵαι περ πλάστιγγες ἐπὶ ζυγοῦ ἑλκομένοιο und Schol. Arat. 88 p. 355 M. Eine andere Begründung gibt dasselbe Scholion aus der Lage dieser Sterne bei der Jungfrau, denn diese halte als Dike die Wagschalen in der Schwebe — die Erklärung selbst dürfte von einem Globus oder einer Sternkarte entnommen sein, auf der die Jungfrau die Wage hält (s. u.). Am verbreitetsten ist die Idee, daß hier ein ‚uraltes‘ Symbol der Tag- und Nachtgleiche vorliegt: Varro de l. l. VII 14. Verg. Georg. I 208. Q. Tull. Cic. bei Auson. p. 107, 9 Peip. Manil. III 659. IV 340. Ps.-Hipparch. ed. Maass Anal. Eratosth. = Philol. Unters. VI 144, 25 u. ö., dazu Buttmann Abh. Akad. Berl. 1826, 29. Ideler Histor. Unters. 374. Eisler II 490 Anm. Andere bringen den Sonnenlauf, die Beendigung der Ernte, die gleichmäßige Mischung der Elemente so zu der Zeit, da dieses Bild das Regiment hat, und endlich die persische Vorstellung von der Wage und dem jüngsten Gericht als ursprüngliche Motive vor, vgl. Antiochos-Rhetor. Catal. cod. astr. I 144, I. Nonn. Dion. XXXVIII 274ff. Comm. in Arat. v. 121ff. p. 164 M. Maass a. O. 144, 23ff. Eisler a. O. und II 507, 8. 527, 1. Lidzbarski Das Johannesbuch der Mandäer II 232. Das Problem scheint mir noch nicht eindeutig geklärt zu sein. Da es sich um ein spätes babylonisches Sternbild handelt, können rein astrologische Motive mitsprechen, die ihrerseits wieder durch die astronomische Beobachtung der Farbe der hellsten Sterne des Bildes veranlaßt sein können. In Keilinschriften wird nämlich der Planet Merkur oder Saturn, die beide als Wagegestirne gedeutet werden, mit diesem Sternbild zusammengestellt, und Saturn, der als Richter Gott in babylonischen Lehren erscheint, hat in den meisten astrologischen Systemen seinen Wohnort in diesem Gestirn, vielleicht liegt hier die Lösung, warum das Sternbild die auffallende Bezeichnung als Wage bekommen hat, dazu Prob. Georg. I 32-35. Kugler Erg.-Bd. II 220, 15. 196f. Jastrow 681, 2. Weniger Beachtung hat seither die Tatsache gefunden, daß ζυγός außer der Wage auch das Joch bedeuten kann und als solches gelegentlich auch im Altertum gedeutet wurde (s. o.). Nur Eisler geht II 490 darauf ein und behauptet, daß die Abbildung eines Joches oder Kummets auf Grenzsteinen, wie jetzt allgemein anerkannt sei, dem ζυγός entspräche. Er faßt dieses Joch als das Symbol ,der Eintracht im Lauf des kosmischen Gespannes der 4 Elemente‘. Dagegen spricht einmal die Unsicherheit, ob wirklich dieses Symbol auf den Grenzsteinen ein Sternbild bedeutet, und die für [120] die primitive Zeit zu gekünstelte symbolische Erklärung. Jochgestirne hat es am babylonischen Himmel mehrere gegeben — Kugler nennt Erg. Bd. II 213, 13 drei Jochgestirne, aber gerade die Wage fehlt unter diesen — es wäre denkbar, daß die Deutung des Arkturus als Eselsjoch (Kugler Erg.-Bd. II 211, 10) die Veranlassung gewesen ist, daß die Wage zu einem Jochgestirn wurde.
Das Sternbild der Wage gehört zu der südlichen Hemisphäre, es ist kleiner als das ihm zugewiesene Zwölftel. Die Füße der Jungfrau, die das Bild im Westen begrenzt, ragen in das Zeichen hinein: Hipparch. p. 126, 14. Man. Mart. Cap. VIII 310, 9 Eyss. Im Norden liegt die Windung der Schlange des Ophiuchos und die linke Hand desselben, Arat. 89, dazu Schol. Arat. 86. 88 p. 355 M. Im Osten folgt der Körper des Skorpion, im Süden liegen nach Arat. 438 die pferdeartigen Teile des Kentaur, nach Hipparch. p. 86, 12 Man. nur die rechte Schulter, die rechte Hand und die Vorderbeine desselben. Nach Ptolemaios synt. VIII 1 p. 106f. Heib. dehnt es sich in der Länge auf 16°, in der Breite etwa auf 10° aus. Die astronomischen Bestimmungen werden erklärlicherweise in der Hauptsache nach der Lage der Sterne im Bilde der Scheren, selten im Bilde der Wage gegeben. Die Mitte der Scheren verlegt Eudoxos auf den Äquator, nach Hipparchos liegt nur der helle der nördlichen Schere auf demselben, alle übrigen dagegen weit südlicher: Hipp. p. 108, 18. 110, 2. 132, 10 Man. Eudoxos verlegt die Mitte der Scheren der Breite nach auf den Kolur der Tag- und Nachtgleiche: Hipparch. p. 118, 19. 134, 1 Man. Eine Breitenangabe der beiden letzten Sterne am Ende der Scheren geben Timocharis und Hipparchos, sie ist für Ptolem. synt. VII 3 p. 22 Heib. mit ein wichtiger Beweis für die Darlegung der Präzession.
In der älteren Zeit werden nur 4 Sterne in den Scheren gezählt. Eratosth. Catast. cap. 7 p. 72, 23 Rob. Attalos bei Hipparch. p. 42, 11 M. und ebenso Hipparchos im Sternkatalog p. 187, 19 Boll. Dagegen hat Hipparchos in seinem Jugendwerk, dem Aratkommentar, sicher 5 Sterne zum mindesten bezeichnet, nähere Belege bei Manitius im Index astronomicus der Ausgabe 369 s. Libra. Hipparch muß das Zeichen bis zur Stirne des Skorpion ausgedehnt haben, denn als letzten Stern läßt er p. 248, 15 Man. den südlichsten und letzten von denen in der Stirn desselben untergehen. Übrigens rechnet noch Hephaest. p. 85, 29 Ε. τὸ στόμα τοῦ Σκορπίου in das Zeichen der Wage. 5 Sterne zeigt auch der Zodiacus im Porticus des großen Tempels zu Esne über der Trägerin der Wage: Lenormant Mémoir. de l’institut. Royal de France XVI (1846), Taf. III und IV. Dagegen macht Ptolemaios synt. VIII 1 p. 106f. Heib. 8 Sterne namhaft, weiter gibt er für 9 ἀμόρφωτοι die genauere Position und Größe; vgl. noch Ptolem.-Theon. procheir. canon. III p. 46 Halma und Kazwini bei Ideler Sternnamen 174 (12 Sterne). Eratosthenes bezeichnet die beiden ersten Sterne als groß (μεγάλοι p. 72 Rob.), den hellen an der nördlichen Schere πάντων φαιδρότερος (p. 74 Rob.), Hipparchos notiert den Stern am Ende der nördlichen (β) und den am Ende der südlichen [121] Schere (α) als helle Sterne (λαμπρός). Die beiden anderen Sterne nennt Eratosthenes αμαυροί, Ptolemaios zählt in dem Bilde 2 Sterne II., 4 IV. und 2 V. Größe.
Das Bild enthält also weder einen besonders charakteristischen Umriß, noch eine größere Zahl auffallend heller und großer Sterne. Daher kennzeichnet die Scheren Arat. 90: ἀλλ’ ἁὶ μὲν φαέων ἐπιπεμφέες, οὐδὲν ἀγαυαί. Er empfiehlt zum Auffinden der χηλαὶ λεπτὰ φάουσαι 607ff. als Merkgestirn den Bootes; dazu die Ausführungen von Attalos und Hipparchos bei Hipparch. p. 42, 6ff. Man., ferner Cic. Arat. 393 obscuro corpore chelae und Avien. 1129 (chelas) sideris expertis et clara luce carentis. Doch finden sich wohl mit Rücksicht auf die beiden Sterne II. Größe auch gegenteilige Äußerungen, vgl. Cic. Arat. 323 proiectae claro cum lumine chelae. German. 90 insigni caelum perfundent lumine chelae. 416 candentes chelae. Avien. 1128 flagratae chelae, dazu Maximos v. 11 p. 5. v. 118 p. 13. v. 552 p. 43 Ludw. Über die Farbe einzelner Sterne vgl. Boll Abh. Akad. Münch. XXX (1918), 35, 7. 49. 75. 80, 25. 135, 7. Die übliche Benennung einzelner Sterne knüpft an ihre Lage in den beiden Scheren, seltener an das Bild der Wage an. Eudoxos und Arat unterscheiden die Spitze und die Mitte der beiden Scheren: Arat. 230. Hipparch. p. 110, 2. 118, 9 Man. Die beiden hellen Sterne α und β werden seit alters als ὁ ἐν ἄκρᾳ τῇ βορείῳ χηλῇ u. ä. bezeichnet: Timocharis bei Ptol. synt. VII p. 22, 17 Heib. Hipparch. p. 270, 4. 258, 16. Man. Ptol. synt. VIII 1 p. 106, 4. 6 Heib. u. ö. Die übrigen Sterne werden entweder danach benannt, daß sie diesen vorangehen bezw. nachfolgen, oder daß sie in der Mitte der Scheren und deren Nähe liegen. Bei der Aufteilung der Sterne in das Bild der Wage scheint man den Wagebalken und die beiden Schalen besonders markiert zu haben, so findet sich Hephaest. p. 93, 17 E ὁ ἔσχατος τοῦ ζυγοῦ καὶ ὁ νότιος ὁ ἐν τῇ Πλάστιγγι. Bei den Bildern, welche die Scheren mit den Wageschalen oder den Wagemann mit der Wage darstellen (s. u.), scheint man keine Eingruppierung der Sterne in die hervorgehobenen Einzelteile vorgenommen zu haben. Genauere Alignements für die beiden hellen Sterne (α und β) geben Hipparchos und Ptolemaios; vgl. Ptol. synt. VII 1 p. 5, 18. 10, 12ff., Heib., dazu Manitius Das Weltall 1904, 15.
Die Abbildungen dieses Gestirns zeigen entsprechend der Doppelbenennung eine ganze Anzahl von Varianten. Auf die ältesten Bilder werden diejenigen Darstellungen zurückgehen, welche nur die Scheren des mit ihnen eng zu einem Ganzen verbundenen Skorpion in das Zeichen stellen, z. B. Thiele Antike Himmelsbilder 95 (Einzelbild des Skorpions, der mit Ophiuchos ein Sternbild ausmacht, aus der Leidener Germanicushandschrift), die Basler Sternkarte, beigegeben der Aratausgabe von Maass, und Thiele 61 (attischer Bilderkalender), dazu die richtige Erklärung von Svoronos Journal internat. d’archéol. numism. II 1 (1899) 31f., hier sind die Skorpionscheren vom Körper getrennt. Eine Art Übergang stellen diejenigen Bilder dar, welche in den Skorpionscheren eine Wage darstellen. So wird auf dem Atlas Farnese der Wagebalken [122] von den Zangen der Scheren gehalten. Da ein großer Teil des Sternbildes von der linken Hand des Atlas verdeckt ist, sieht man nur einen Teil des Balkens und der Wagschale, die an Schnüren herabhängt: Thiele Taf. VI und p. 29. 33, ebenso sind die Scheren und die Wagschalen auf der südlichen Hemisphäre im Cod. Vatican. gr. 1291, 4v abgebildet von Boll S.-Ber. Akad. Münch. 1899, 121, dazu die Bemerkungen von Boll ebd. 120. In der Literatur wird darauf gelegentlich angespielt z. B. Manil. III 305. IV 548. Prob. Georg. I 33-35. Macrob. Sat. I 21, 25. Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 203 und Joh. Kamater. 985f. Ein weiterer Typus stellt in das Zeichen lediglich eine Wage, sie hängt entweder senkrecht, wird von einer Hand aus dem Himmel gehalten oder schwebt in der Ekliptik mit den Schalen nach dem Skorpion zu; dessen Scheren sind wesentlich gekürzt, sie greifen nur wenig in dieses Bild über, oder sind ganz in das Zeichen des Skorpions zurückgenommen. Die Wage selbst hat mitunter das Zünglein und die Handhabe, doch finden sich auch weniger sorgfältig ausgeführte Bilder, bei denen dieses fehlt. Beispiele bei: Gaedechens Der marmorene Himmelsglobus . . . zu Arolsen, Götting. 1862, 23. Thiele 139 Taf. VII. Boll Sphaera 186, 2. 421, 3. 422 Anm. 432. Hauber Planeten-Kinderbilder in: Studien z. d. Kunstgesch., Heft 194, p. 176 und Taf. IV, VI, XI, vgl. auch Ovid. fast. IV 385 (pendula libra). Petron. cap. 35. Sen. Thyest. 858. Eine seltenere Kombination bringt die Wage mit dem Sternbild der Jungfrau zusammen: so hält in dem Planetarium der Leidener Germanicushandschrift die Jungfrau eine Wage an einer langen Kette in der Rechten; die Wage selbst füllt ganz allein das ihr zukommende Zeichen aus, die Schalen sind rot, hängen an schwarzen Ketten mit gelben Bändern, abgebildet bei Thiele Taf. VII, dazu p. 139 und Schol. Arat. 89 p. 355 Man. In dem Planisphärium, das Boll Sphaera Taf. I aus dem Vatican. gr. 1087 abbildet, ist die Wage ganz in das Zeichen der Jungfrau aufgerückt, sie wird auch hier von der Jungfrau mit der gesenkten Rechten gehalten, der Skorpion aber greift mit den langen Scheren fast bis an die Knie der Jungfrau über; vgL auch Dieterich Abraxas 108ff. Maass Comm. in Arat. p. 585, 9. 388 v. 83 und Ztschr. f. christliche Kunst XII 1899, 305. Dazu kommen dann die vielen Varianten, die einem besonderen Träger die Wage zuweisen. Noch das große Sternbild ist die Wage auf dem runden und auf dem rechteckigen Tierkreis zu Dendera, abgebildet bei Boll Sphaera Taf. III und IV, auf dem ersteren ist jedoch über dem Wagebalken, auf dem letzteren zwischen den Wageschalen ein Kreis mit einer sitzenden, menschenartigen Figur angebracht. Dieser Typus wurde dann verdrängt durch solche Bilder, welche die Wage ganz klein geben , die Hauptbedeutung kommt dem männlichen oder dem weiblichen Träger der Wage zu. Diese sind bald nackt, bald bekleidet dargestellt, wir finden stehende, schreitende und auch sitzende und schwebende Träger; die Wage hängt teils in der linken, teils in der rechten Hand. Bilder dieser virgo iusta quae et libra vocatur (Comm. in Arat. p. 602 Man.) finden sich im Porticus des großen [123] Tempels zu Esne abgebildet von Lenormant a. O. Pl. III und IV, auf pompeianischen Wandbildern, auf Sternbildkarten und Darstellungen des Tierkreises; Näheres bei Thiele 65. 68. 71. 164, dazu Rehm S.-Ber. Akad. Münch. 1916, 3. Abh. 39, Abb. 4. Wissowa s. Tellus im Myth. Lex. 343, Abb. 3. Was er s. Thanatos ebd. 517 Abb. 13. Cumont Zodiacus in Daremberg-Saglio Dict. d. ant. 1057. Ein Wagemann, also der personifizierte ζυγός, findet sich auf dem ägyptischen griechischen Fragment des Bianchini, abgebildet bei Boll Sphaera, Taf. V, auf der Marmorplatte aus Ägypten mit Tierkreis und Dodekaoros ebd., Taf. VI, auf einem orphischen Kultbild bei Eisler 400 Fig. 47, weitere Belege bei Thiele 71. 167. Boll 441. 445. 470. Hauber 176. Cumont a. O. Liegende Wagehalter geben die Mithrasdenkmäler zu Osterburken und Heddernheim: Cumont Textes et Monum. II Taf. VI und VII. Ein schwebender, sehr jugendlicher Träger erscheint auf dem Altar von Gabii, abgebildet bei Reinach Répertoire de la Statuaire Gr. et R. I 64; er trägt die ihm gleich große Wage über dem Nacken. In der Literatur wird öfters auf den Träger der Wage angespielt; vgl. Manil. II 251. III 305. Lucan. IV 57. X 227. Odapsos und andere haben nach Hephaest. p. 57, 11 E (der Cod. Parisin. Catal. cod. astr. VIII 2, 43 gibt als Quelle οἱ ἀρχαιότεροι) in dem Gestirn folgende Teile unterschieden: Stirn, Kopf, Brust, Bauch, Mitte, Hinterteile und Rechte. Firm. VIII 4, 7 nennt das Herz Librae; ferner erwähnt er die Brust, Nieren, Füße und rechte Hand derselben, außerdem noch den rechten und linken Teil des Wagebalkens und der Wagschale. Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 204 teilt die ersten 7 Grad des ζυγός dem Bild der Wage zu (Anfang, Loch, Stricke), die übrigen Grade werden auf den Körper des Trägers verteilt. Dieser Wagehalter mag wohl deswegen dem leblosen Bild der Wage beigegeben worden sein, damit dieses so den religiösen Ideen von der Wirkung der als lebendige Wesen empfundenen ζῴδια des Tierkreises besser gerecht wurde. Jedenfalls muß diese Einfügung des Wagemanns bereits vor Nigidius Figulus geschehen sein (s. u.). In der Astrologie kennzeichnen die typischen Beinamen: ἀνθρωποειδές ἀρρενικόν φωνῆεν δίκαιον δημόσιον πολιτικόν ζῴδιον Valens I 2 p. 10, 18 Kr. Hephaest. p. 57 E. Teukr.-Rhetor Catal. Cod. astr. VII 203. Manil. II 529. Firm. VII 11, 1 u. ö. die Wage als ein menschenartiges Lebewesen. In der Zeichnung des 1. Dekans[s 2] bei Apomasar[s 3] und Achmet, in der Gestalt des Hades mit der Wage und in dem Wagemann der Mandäer (s. u.) sind weiter die bildlichen Darstellungen des Wagehalters lebendig geblieben.
Ihre besondere Bedeutung hatte die Wage durch ihre Lage an dem Punkte der Herbst- Tag- und Nachtgleiche. Euktemon und überhaupt die älteren Astronomen haben diesen auf den 1. Grad bzw. auf den 1. Tag des Zeichens der Scheren gelegt: Gemin. p. 216, 5 Man. Hipparch. p. 132, 7 Man. Aratos gibt ebenfalls den Anfang der Scheren dafür an, dazu Hipparch. p. 128, 21 Man., während Eudoxos in den astrognostischen Schriften den 15. Grad, Hipparch. 132, 10ff. 48, 3 Man. Boll Sphaera 338, 5 in den kalendarischen Schriften [124] den 8. Grad annahm, dazu Cumont Text. et Mon. ... de Mithra I 92, 1; vgl. auch Manil. III 680ff. Thrasyll. Catal. cod. astr. VIII 3. 99. Columella in der Ausgabe von Wachsmuths Lydus de ost. p. 303, 17². Vielleicht sind beide Neuerungen des Eudoxos mit Boll auf babylonische Vorbilder zurückzuführen, von denen die Fixierung der Herbst- Tag- und Nachtgleiche auf den 8. und 10. Grad auch anderweitig nachgewiesen ist: Cumont N. Jahrh. XXVII (1911) 17. Bezold S.-Ber. Akad. Heidelb. 1911, 2. Abh. 17. Auch in den 4. Grad der Wage wurde gelegentlich dieser Wendepunkt verlegt : Schol. Germ. p. 226, 9 Br.; weiteres bei Boeckh Vierjähr. Sonnenkr. 185ff. Boll a. O. Ginzel Handb. d. mathen. u. techn. Chronol. II 420ff. Rehm S.-Ber. Akad. Heidelb. 1913, 3. Abh. 5ff. Auf die Tatsache, daß die Wage die Stunden des Tages und der Nacht gleichmacht, wird besonders gern von den römischen Dichtern angespielt z. B. Verg. Georg. I 208. Manil. II 212. 427. III 252. 659 u. ö. Lucan. IV 57. VIII 467. IX 534. Die Astrologen haben dies durch die Attribute ἰσημερινόν, μετωπορινόν τροπικόν z. B. Anon. Laur. III p. 105 Ludw. hervorgehoben. Den Zeitpunkt der Herbst-Tag- und Nachtgleiche, d. h. den Eintritt der Sonne in das Zeichen der Wage, verlegen Euktemon und die älteren Astronomen auf den 26. September, Ptolemaios und Aetios auf den 25., Clodius auf den 21. September, Näheres Boll S.-Ber. Akad. Heidelb. 1911, 1. Abh. 32, dazu das Notat in den Fasti Philocali CIL I 1², 272 (20. Sept.). Während die Sonne durch dieses Zeichen wandert, werden die Tage kürzer, die Nächte länger, die Sonne selbst wendet sich weiter nach Süden den winterlichen Sternen zu, es beginnt die kältere Jahreszeit: Gemin. p. 82, 23. 86, 15 Man. Achill. Isagoge p. 54, 24. 66, 8 Maass. Rhetor. aus Antiochos Catal. cod. astr. I 144, 1ff. und VII 128, 20. Die Sonne benötigt nach Euktemon 30 Tage, um dieses Zeichen zu durchlaufen, Gemin. p. 216, 3, weiteres über die Zeitdauer und ihre verschiedenen Begrenzungen Boeckh. Ginzel. Rehm a. O. Manitius Anm. zu Gemin. p. 253, 2; über die Zunahme der Nächte sind die widerspruchsvollen Tabellen in den Menol. Rust. CIL I 1², 281. Ps.-Hipparch. p. 145 Maass. Manil. III 443ff. und die Tabelle bei Breiter Komm. zu Manil. p. 98 einzusehen. über die Schattenlänge des menschlichen Körpers orientiert Sextus: Catal. cod. astr. VII 189, 25ff.
Das Sternbild gehört zu den steil aufsteigenden Gestirnen und benötigt nach der Theorie der ‚Alten‘ von den Tierkreiszeichen die längste Zeit zum Aufgang s. Björnbo o. Bd. IX S. 431f. Gemin. p. 92, 23 Man., dazu die Bemerkungen von Manitius p. 262 und von Bilfinger Die babylon. Doppelstunde, Progr. Eberh.-Ludw.-Gymn. Stuttg. 1888, 49ff. Das Problem hat Hipparchos praktisch gelöst, er bestimmt die Zeit des Aufgangs auf 1½ Stunden und gibt die wichtigsten astronomischen Begleiterscheinungen dazu p. 248, 10 Man.; zuerst erscheint der südlichere von den hellen am Ende der Scheren (α), zuletzt der südlichste von denen in der Stirne des Skorpion (π Scorpii). Andere Werte über die Zeitdauer, die nach der Breite des Beobachtungsortes verschieden ist, geben Manil. III 286. 305. 410. [125] Valens I 7 p. 23 Kr. Mart. Cap. VIII 312 Eyss. Die Fixierung der Zeit, die das Zeichen oder das Sternbild für den Aufgang benötigt, war für die Astrologie von besonderer Wichtigkeit, um die Lebensdauer des Neugeborenen zu bestimmen, s. Björnbo o. Bd. IX S. 431, darauf zielen auch die Epitheta ἀνωφερές Valens I 2 p. 10, 19 Kr. ὀρθόν Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 203, 28. δυσανάφορον Serv. Georg. I 32. πολυανάφορον Apomasar Catal. cod. astr. V 1. 164, ed. 10 Dyroff bei Boll Sphaera 517. Wie bei anderen Tierkreisbildern sind auch bei diesem Bilde die gleichzeitig mit heraufkommenden Sternbilder nördlich und südlich der Ekliptik und die im Westen untersinkenden Gestirne bereits von Eudoxos eingehend beobachtet worden, vgl. Arat. 606ff. und die Kritik von Hipparch. p. 158ff. Man. Diese alten Beobachtungen sind von Hygin. astr. IV 12 und Martianus Capella VIII p. 311, 14 Eyss wiederholt worden , dazu Dittmann De Hygino Arati interprete, Diss. Leipz. 1900, 11ff. 19. Zu den Verzeichnissen des Teukros ist Boll Sphaera 19. 28. 47. 517 einzusehen, zu den Paranatellonta, die Manil. V 294 und nach ihm Firm. VIII 12, 1ff. gibt, ebd. 386. 388f.
Der Früh- und der Spätaufgang des Gestirnes wird im Kalender nur selten erwähnt. Kallippos notiert zum 12. Oktober den Beginn des Frühaufgangs, Gemin. p. 218, 1 Man.; sein Notat zum 29. Oktober, p. 218, 17 Man., daß die Stirn des Skorpions aufgeht, könnte das Ende des sichtbaren Aufganges der Scheren bedeuten. Clodius ed. Bianchi S.-Ber. Akad. Heidelb. 1914, 3. Abh. 42 notiert zum 10. Oktober den Beginn des Frühaufganges. Ptolemaios gibt als Daten des Aufganges von α den 28. und 29. Oktober, für β den 30. Oktober bis 1. November, dazu Ideler Abh. Akad. Berlin, math. Kl. 1816-1817, 206f. und Vogt S.-Ber. Akad. Heidelb. 1920, 15. Abh. 60 und 13f. Antiochos ed. Boll S.-Ber. Akad. Heidelb. 1910, 16. Abh. 15 gibt den 31. Oktober für α, falsch ist sein Notat zum 7. Oktober, daß an diesem Tage α aufgeht, es kann nur der Spätuntergang gemeint sein: Boll ebd. 30, 85. Von dem Spätaufgang finde ich nur die Notate von Ptolemaios, der für α den 1. und 2. April, für β den 2.-6. April angibt, und von Antiochos, der für α p. 12 Boll den 1. April nennt, dazu Ideler a. O. Vogt a. O. Boll 22, 28. Allgemein sagt Macrob. Somn. Scip. I 18, 14. daß die Wage bald sichtbar aufgebt, wenn die Sonne im Widder untergeht, und ebd. 16, daß sie ganz aufgegangen ist, wenn die Sonne im Stier untersinkt; die Wage steht dann bereits so hoch am Himmel, daß der Skorpion ganz sichtbar ist.
Betreffs des Untergangs haben die älteren Astronomen der Wage die kürzeste Untergangszeit zugemessen: Hypsikles und Geminos a. O. Die Zeitdauer berechnet Hipparch. p. 260, 25 auf 1¼ Stunden (vgl. auch Manilius, Hypsikles und Martian. Cap. a. O.). Zuerst sinkt α, zuletzt der in der Mitte der nördlichen Schere unter. Der Frühuntergang erfolgt nach Euktemon. p. 228, 8 Man. am 21. März, das ist ein viel zu früher Termin, noch früher scheint Caesar diese Phase gelegt zu haben; Plin. n. h. XVIII 237 gibt den 15. März und den 8. April, ebd. XVIII 247, vgl. auch Ovid. fast. IV 385; gemeint sein kann [126] mit Ideler Abh. Akad. Berl. a. d. J. 1822. 1823, 158 nur der wahre Frühuntergang; Columella p. 306, 8. 23 und 27 Wa.² setzt ihn auf den 15., 16. März und den 1., 10. und 13. April; Kallippos läßt denselben am 14. April beginnen: Gemin. p. 230. 2 Man.; Clodius gibt als Daten den 28., 31. März, den 1. und 8. April (p. 30ff. Bianchi). Es kann sich hier lediglich um den wahren Frühuntergang handeln, denn Ptolemaios gibt für α den 22., 24., 26. und 30. April, für β den 5., 9., 14., 20. und 26. Mai für die verschiedenen Breiten; weiteres geben: Ideler Abh. Akad. Berl., Math. Kl. 1816-1817, 206f. und die Tabellen p. 284f. Wa.². Ptol. oper. II p. CLXV Heib. und Vogt 61 (hier sind oben die Überschriften Spätuntergang und Frühaufgang umzustellen). Wahrscheinlich hat Kleostrat in dem Fragment, das von dem Frühuntergang spricht, diesen richtigen Termin genannt: Boll Sphaera 192, 1. Den Spätuntergang notiert nur Ptolemaios, er nennt für α den 3., 9. , 14., 18., 22. September und für β den 29. September, den 1., 3., 4. und 5. Oktober (die Belege wie oben). Aus ihm verwertet vielleicht Antiochos den 16. September als Datum für α und den 7. Oktober für β, ed. Boll p. 14. 15 und 29, 78. 30, 85.
Als Wettergestirn hat die Wage ebensowenig populäre Bedeutung gehabt wie als Merkgestirn für bestimmte Praktiken. Zum Frühaufgang gibt Kallippos am 12. Oktober das Notat ἐπισημαίνει (dazu Pfeiffer Stud. z. ant. Sternglauben = Boll Stoicheia II 84ff. 89ff. und Aristot. Probl. Physic. 941 b, 9ff.), Clodius vermerkt zum 10. Oktober ζέφυρος πνεῖ, Ptolemaios zum 30. Oktober ἐπισημασία. Zum Frühuntergang am 21. März notiert Euktemon βορέας ψυχρός, Caesar und Ovid am 8. April Regen, Columella am 10. zuweilen Sturm, am 13. April hiemat, Kallippos am 14. April πολλαχῇ δὲ καὶ χάλαζα. Germanicus charakterisiert das Bild II 11: lenius est librae signum, vix rorat in illo, Ptolem. tetrab. edit. Basil. 1553 II fol. 95 und nach ihm Hephaest. p. 57 E nennt es καθόλου τρεπτικὸν καὶ μεταβολικόν, dazu Boll Abh. Akad. München XXX 1. Abh. 89f. Von den Attributen der Astrologen spielen auf die meteorologische Beschaffenheit an: ἀερῶδες und εὐμετάβολον Anecd. astrol. p. 105 Ludw. Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 203, kalt und trocken ist weiterhin die Wage wie auch die übrigen Zeichen des Herbstes nach Catal. cod. astr. VII 104, daher kann auch Claudian. III 366 von der gelida libra sprechen. Diese Eigenschaften lassen sich auch in den Wahrsagetexten erkennen, welche die Sonnen- und Mondfinsternisse, Färbungen dieser Gestirne und Kometenerscheinungen in diesem Sternbild, oder auch Donner und Blitz, Erdbeben u. a. nach dem momentanen Stand des Mondes oder der Sonne in der Wage besonders beurteilen, z B. Anon. excerpt. ex Nechepson. et Petos. Catal. cod. astr. VII 137. 139. Herm. Trism. ebd. VII 169. 26ff. Eudox. ebd. VII 166, 5ff, dazu ebd. III 27. IV 129f. VIII 3. 193ff. Lydus de ost. p. 105, 6 Wa.² u. ö. Daß außer Trockenheit auch gerade das Gegenteil, übermäßiger Regen, Anschwellen der Ströme, Nebel u. ä. gelegentlich in solchen Texten prophezeit wird, darf bei der widerspruchsreichen Mannigfaltigkeit derartiger Texte nicht wundernehmen, zumal dem Trigonon, zu dem die Wage gehört, [127] z. B. Catal. cod. astr. VII 104, 1 Feuchtigkeit zugeschrieben wird. Ähnliche Gegensätze zeigen diejenigen Texte, welche den Einfluß der Wage als Jahresregent weiter ausführen, näheres Boll Aus der Offenbar. Joh. = Stoicheia I 85ff. Von den Winden weisen die älteren Astrologen dem Trigonon, zu dem die Wage gehört, den Westwind zu, d. h. wenn der Mond in einem dieser Zeichen steht und Westwind weht, dann herrscht diese Luftströmung längere Zeit vor: Gemin. p. 20, 7ff. Man., auch hier finden sich Variierungen, z. B. Ptol. tetr. p. 40. 59. Firm. II 17 (Nordwind und Ostwind). Eudox. Catal. VII 185, 25 und Antiochos ebd. VIII 3. 112 (Südwind).
Gewöhnlich wird der Wage die Herrschaft über den Oktober zugeschrieben, doch finden sich auch Texte, die ihr den September zuweisen; vgl. Wissowa Apophoreton Philol. Vers. XLVII 1903, 29ff. Wenn die Sonne in das Zeichen tritt, dann beginnt die kältere Jahreszeit. Antioch.-Rhetor. Catal. cod. astr. I 144. 1, daher bedeutet die Wage die Erniedrigung der Sonne und dementsprechend die Erhöhung des Saturn: Ptol tetr. p. 41. Dorotheos Catal. cod. astr. VI 95. Teukr.-Rhetor, a. O. Firm. II 3, 5 u. ö. Der Aufenthalt der einzelnen Planeten beeinflußt entsprechend ihrem Charakter die astrometeorologische Wirkung des Sternbildes, darüber orientiert German. frg. III 17ff. und Catal. cod. astr. IV 84ff. Von der genaueren meteorologischen Analyse der einzelnen Teile des Bildes ist nur die Einteilung bei Ptolemaios tetr. II p. 95 erhalten, danach sind die vorangehenden und die mittleren Partieen εὔκρατα, die nachfolgenden ὑδατώδη, die nördlichen πνευματώδη und die südlichen ἔνικμα καὶ λοιμικά; es ist Boll Abh. Akad. Münch. XXX 1. 89ff. und 94 gelungen, die babylonische Herkunft und als Ursache dieser Analyse die Aufteilung des Sternbildes an die verschiedenen Planeten auf Grund der Farbenbeobachtung aufzudecken. Für sich steht Manil. IV 410ff. 498 mit der Lehre von der meteorologischen Verschiedenheit einzelner Grade, die genauere Angabe für die Wage gibt er 473ff. Dieselbe Einteilung wie bei Ptolemaios wird in einer florentinischen astrologischen Handschrift Cat. cod. astr. IV 180. 29ff. Valens zugeschrieben.
In den Sternsagen haben die Scheren naturgemäß keine Beachtung gefunden, als enge Bestandteile des Skorpions gilt für sie dasselbe, was über die Verstirnung des Skorpions erzählt wird (s. Gundel Art. Skorpion). Auch die Wage hat nur geringe mythologische Kombinationen gefunden, das gilt sowohl von der personifizierten Wage als auch von der Wage, welche dem Sternbild der Jungfrau oder einer besonderen weiblichen Trägerin zugewiesen wird. Die fabricata libra Vulcani Manil. II 442 ist wohl eine rein individuelle poetische Erfindung des Dichters, die nicht in einer Sternsage, sondern in der Lehre der tutela (s. u.) ihre Erklärung findet. Lediglich der männliche Wagehalter hat eine Verstirnungssage bekommen. Nach dem Berichte des Ampelius II 7, der auf Nigidius basiert, ist es Mochos, der Erfinder der Gewichte und ein überaus gerechter Mann. Er ist in die Zahl der Sterne aufgenommen worden, denn diese Erfindung war für die Sterblichen außerordentlich [128] wertvoll: Nigidius p. 118 , LXXXXV Swob. Boll Sphaera 186, 2.
Über die religiösen Vorstellungen, welche mit diesem Sternbilde verbunden waren, läßt sich nur wenig Genaues ermitteln. Nach Manil. II 442 führt Vulcanus die tutela über die Wage, was mit dem ägyptischen Glauben zusammenhängt, daß Ptah, der ägyptische Hephaistos, den Monat Oktober regiert: Boll Sphaera 476. Wissowa 35f. Reminiszenzen finden sich gelegentlich auch in Wahrsagetexten, so ist wohl Vulcanus die Ursache, wenn es z. B. Heph. p. 57 E. von dem unter dem 1. Dekan der Wage Geborenen heißt, daß er an Hand und Fuß verbrannt sein wird, von einem hohen Ort herabgestürzt, aber trotzdem nicht sterben wird. Im römischen Bauernkalender CIL I² 1, 281, der die Götter um ein Zeichen verschiebt, führt Mars die Herrschaft über die Wage; Näheres Boll und Wissowa a. O. In einer allein von Cosmas Hierosolym. überlieferten Liste wird Anteros mit der Wage als σύνοικος verbunden : Catal. cod. astr. VIII 3. 121, 19f. - An Stelle der Gottheiten übernahmen, wie bei den übrigen Tierbildern, später Patriarchen, Apostel, Engel oder Heilige den Schutz über dieses Gestirn, aber Namen dieser Schutzherren der Wage sind, so viel ich sehe, aus dem Altertum nicht überliefert, dazu Kopp Paläogr. crit. III 382 § 327. Piper Mythol. u. Symbol. d. christl. Kunst II 281. Boll Aus der Offenb. Joh. 82. 111. Von den Engeln der Wage sprechen astrologische Zauberrezepte Catal. cod. astr. III 46, 12. 45, 21 (hier wird der Engel κεφαλῆς ζυγοῦ befohlen), die 30 Engel, die den einzelnen Graden der Wage präsidieren, sind abgebildet im Lapidario del rey. D’Alfonso X fol. 57r. Als Schutzheilige nennt ein byzantinischer Traktat Catal. cod. astr. IV 163, 19. 31 Demetrius und Anastasia, andere Heilige sind in den von Delatte cbd. X 112f. 171f. 216f. 223f. aus jüngeren astrologischen Handschriften veröffentlichten Texten angegeben.
Als Himmelstor hat die Gegend beim Skorpion, d. h. doch wohl das spätere Sternbild der Wage, bereits Herakleides Ponticus in der Vision des Empedokles verwertet, hier mündet der Weg und steht das Tor, durch das Herakles zu den Göttern aufstieg: Varro bei Int. Serv. Georg. I 34. Rohde Psyche II⁶ 94f 320, 1. Diese Idee hängt sicher mit den Sonnentoren zusammen, die teils in den Zodiakalzeichen der Tag- und Nachtgleichen, teils in den Wenden lokalisiert werden: Numenius bei Porphyr. de antro nymph. cap. 21 p 71, 12 N. Macrob. Sat. I 21, 1ff. Proklos in Plat. remp. II 129, 16 Kr.; so erklärt sich wohl auch die porta vesperis, die nach arabischen Berichten Anaxagoras in die Nähe des Arcturus, und zwar unterhalb desselben gestellt haben soll: W. Schultz Archiv f. Philos. Abt. 1 Bd. 24 N. F. 17 (1911). 328. Diels Vors I³ 407. Boll Aus der Offenb. Joh. 34, 3 und 72. Dieselbe Vorstellung ist wohl auch plastisch in dem Diptychonrelief des 4. Jhdts. aus S. Gherardesca zu Florenz verwertet, auf dem Constantius Chlorus von Flügeldämonen gen Himmel getragen wird; dieser öffnet sich gerade an dem Wagehalter, dem nach unten rechts die Winterhälfte des Zodiakus bis zu den Fischen folgt. Graeven Mitt. d. arch. [129] Inst. Röm. Abt. XXVIII (1913) 294. Waser Art. Thanatos im Myth. Lex. IV 516, 28. Die Hadessternbilder, Hades, Styx, Acherusischer See und Fährmann mit dem Kahn, die wohl nach babylonischem Vorbild Teukros als Paranatellonta zur Wage aufzählt, bringen noch stärker die spätere Vorstellung zum Andruck, welche das himmlische Totenreich in die Winterhälfte des Tierkreises und den Eingang zu dieser himmlischen Unterwelt in die Wage lokalisieren, weiteres Boll Sphaera 246. Eisler II 480, 8. Boll Aus der Offenb. Joh. 34. 71. 143. Damit hängt auch zweifellos die Empfehlung der Wage zu den Totenbeschwörungen in dem κύκλος σελήνης zusammen, der sich in einem Zauberpapyrus findet: ed. Wessely Denkschr. AK. Wien LII (1893) 29v. 295, dazu Boll Aus der Offenb. Joh. 143. Im Johannesbuch der Mandäer ist die Wage selbst als Instrument personifiziert zur Seelenwage, ed. Lidzbarski p. 181, 4ff. 226, 5. 229. 232, oder es ist hier Abadur als Wagemann an die Wage gesetzt, der als Seelenrichter die Seelen auf der Wage wägt, ihm sind zwei oder mehrere Gehilfen als Beisitzer beigegeben, ebd. 14, 23. 15, 5. 197, 6. 209. 233. Hier mögen wohl die babylonischen Ideen weiterleben und weiter entwickelt sein, welche den Saturn als Vertreter des Richtergottes Schamasch mit dem Gestirn der Wage in näheren Einklang bringen: Jastrow II 681, 2. Wenn an einer andern Stelle Abadur sich in sein Ei zurückzieht (233), so könnte hier wohl die ägyptische Darstellung nachwirken, welche über der Wage in einem Kreis eine sitzende Figur darstellt. Weiter erinnern der Jordan, der Steg und das Schiff, das zum Hause des Wagemanns führt (198f.), an die oben erwähnten Hadessternbilder; die Person des Abadur selbst gemahnt an Hades oder Ophiuchos, eventuell wird man auch an den 1. Dekan der Wage (s. u.) denken dürfen; das scheint mir näher zu liegen, als mit Lidzbarski XXIX lediglich eine mittelpersische Herkunft der mandäischen Figur des Wagemanns anzunehmen, wenn auch der Name Abadur dahin führen mag.
Eine Reihe typischer Attribute suchen in der Astrologie den Charakter und die Wirkung des Sternbildes schärfer zu fassen, sie gehen zum großen Teil bereits auf das Werk des Nechepso-Petosiris zurück, vgl. Darmstadt 14ff. Dem ursprünglichen Bilde der Skorpionscheren sind die Attribute συριγγῶδες ὁμώζονον, μελοκοπούμενον und κοπτόμενον τοῖς μέλεσιν entnommen; dem Bilde der Scheren mit der Wage entsprechen die Epitheta δίσωμον, διφυές und ἄφωνον. Dem Bild des Wagemannes und seinem Wesen entsprechen die Beiworte: ἀνθρωποειδές, ἀρσενικόν, ἀρρέν, ἀγαθόν, δημόσιον, δίκαιον, καθάριον, πολιτικόν, πολύγονον bezw. ὀλιγόγονον, φωνῆεν und χερσαῖον. Der Lage im Tierkreis, der Sonnenbahn und der von dem Sternbild beherrschten Jahreszeit werden gerecht: ἰσημερινόν, μετοπωρινόν, ὀρθόν, ἀνώφερες, πολυανάφορον, τροπικόν, ἀπηλιωτικόν, αὐξομειωτικόν, εὐμετάβολον, εὔκρατον, ἀερῶδες und ἐκλειπτικόν. Das Gestirn ist geringer an Kraft, also παρηγεμονικόν, ὑποτακτικόν und ὑπαρχόντων μειώτικον, weil es zu Saturn und Merkur gehört, diese aber gehorchen der Sonne und dem Mond. Über die einzelnen Tabellen, die unter sich wieder differieren, und über die rivalisierenden Systeme, welche [130] dem Bilde einen weiblichen oder männlichen Charakter zuweisen und es unter die Tages- oder unter die Nachtgestirne rechnen, sei auf Darmstadt 17ff. und 22ff. verwiesen. Wie die einzelnen Stichworte von dem Astrologen als Richtlinien zu seinem Gutachten verwertet werden sollen, darüber orientieren die praktischen Ratgeber: Catal. cod. astr. I 165, 10. V 1. 187. Anon. Laur. p. 110 Ludw. Anonym. in Ptol. tetrab. Basil. 1559, 68. Heph. p 77f. E.
Als Regionalgestirn beherrscht die Wage nach dem einfachsten und wohl auch ältesten System, das nur ein Land den Tierkreisbildern gibt, Libyen, so noch in der Tabelle bei Paulus Alex. ed. Schato 1586 p. B 3, dazu Boll Sphaera 296f. Cumont Klio IX 271. Üblicher ist die Zuteilung von Libyen und Kyrene, die Paulus Alex. p. A 4 gibt, so auch bei Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 204, 28 am Anfang der erweiterten Liste, bei Hephaist. p. 57, 8 E. und Catal. cod. astr. VIII 2, 43, der den ‚Alten‘ dieses Regiment der Wage zuschreibt. Cumont 271 erkennt darin ein charakterisches Merkmal der Achämenidenzeit, da hier der persischen Provinz das nachfolgende freie Land sozusagen als Verlängerung zugefügt wird; er bringt es damit in Zusammenhang, daß die Wage die afrikanische Kaufmannschaft symbolisiere; ob diese Begründung denkbar ist, hängt allerdings ganz von der Frage ab, ob in dieser Zeit bereits die Wage in der Chorographie zur Verwendung kommen konnte und ob nicht vielmehr die Scheren des Skorpions die Herrschaft über das nördliche Afrika erhielten. Manil. IV 764 gibt der Wage die Herrschaft über Italien, Hesperien und Rom, es sind hierfür wohl die Genituren der Stadt Rom und des Augustus maßgebend gewesen, in denen die Wage eine dominierende Rolle hatte (s. u.), anders Bouché-Leclercq L’astrologie grecque 330. Beide Listen vereinigt Dorotheos Catal. VI 94, er gibt der Wage Kyrene und Italien. Eine Mischung der Ideen der astrologischen Geographie mit denen der Chronokratorie gibt die alte Finsternistabelle, die wohl auf Nechepso-Petosiris zurückgeht, hier wird die Wirkung der Finsternisse je nach der Trihorie auf Länder der verschiedensten Breiten verteilt: Catal. VII 137ff. = Hephaist. p. 85, 24 E. Inwieweit hierbei die Aufteilung der Länder an die Planeten mitspielt, bedarf noch ebenso der Aufklärung, wie die ebenfalls alte Liste des Odapsos Hephaist. p. 57. 11 E., dazu Catal. cod. astr. VIII 2, 43. Anon. Laur. p. 116 Ludw. und Bouché-Leclercq 333, welche den sieben Teilen des Sternbildes ganz verschiedene Länder zuweist. Am meisten Anklang hat die Liste des Ptolemaios (tetrab. p. 73) gefunden, welche sechs Länder der Wage unterstellt, sie geht auf ein System zurück, das die Erdquadranten in die Trigona des Zodiakus aufteilt. Auch hierbei kommt den Planeten eine besondere Bedeutung zu, der Wage speziell ist Venus beigegeben, Näheres p. 59. 66f. 72, die Liste wiederholen Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 204, 28. Hephaist. p. 57, 10 E. Lyd. de ostent. p. 61, 3 (Tonitr. Aeg.). 114, 1 (Vicellii Seismol.). 159, 3 Wa.² (Ethnogr. Astr.). Joh. Kamater 1002. dazu Boll Jahrb. f. klass. Philol. Suppl. XXI 204ff. 233. Bouché-Leclercq 342ff. Wittig Quaest. Lydian., Diss. Königsb. 1910, 71. 80. — [131] Außer spezielle Länder beherrscht das Gestirn allgemein solche Gegenden, die von Menschen bewohnt werden, die in der Ebene liegen, aber auch noch unbewohntes Gelände und Palmenwälder: Anecdot. astroL: p. 120, 5 Ludw. Catal. cod. astr. IV 151, 3 und die Varianten bei Hephaist. p. 85, 25 E. (Küstenstriche). 89, 19 (heilige und sumpfige Gegenden). In der Praxis sind derartige Tabellen für den Astrologen wichtig, um bei Finsternissen und anderen schreckhaften Phänomenen, die sich unter der Herrschaft der Wage abspielen, das bedrohte Land festzustellen oder bei Anfragen etwa den Aufenthalt des Flüchtlings U. a. erkennen zu können. Wie für die übrigen Tierkreisbilder, so sind auch für die Wage hierfür besondere Gutachten praktisch ausgearbeitet worden, s. Gundel Art. Krios o. Bd. XI S. 1882 und Leo Bd. XII S. 1973 Nr. 9.
In der Pflanzenwelt steht der σκορπίουρος mit dem Sternbilde in sympathischem Zusammenhang: Catal. cod. astr. VII 232. VIII 3. 145; das könnte auf das Bild des ungeteilten Skorpions zurückgehen, andererseits weist die Gleichsetzung dieser Pflanze mit dem Heliotrop bei Dioscorid. IV 190 ed. Wellmann II p. 338, 4 auf das Zeichen der Tag- und Nachtgleiche. Eine andere Tabelle stellt die Pflanze βελονίκη mit dem Bilde zusammen Catal. cod. astr. VIII 8. 160. Sonst wird die Wage als Beschützerin aller nicht wägbaren Erzeugnisse, besonders von Öl und Wein dargestellt, προεστὸς καρπῶν οἰνικῶν ἐλαικῶν μυρεψικῶν nennt das Zeichen Valens p. 10, 21 Kr., und von der Bacchum ministrans Libra spricht Manil. II 658, andere Pflanzen werden Catal. cod. astr. IV 94, 23ff. mit der Wage in Verbindung gestellt. In den Dodekaeteriden finden sich dementsprechend Prognosen, die für das Jahr der Wage reichliche Öl- und Weinernten, dagegen schlechte Getreideernten voraussagen, doch finden sich hier wie auch in anderen Texten solche Versionen, die gerade das Gegenteil besagen, z. B. Lyd. de ostent. p. 61. 7 Wa.² Catal. cod. astr. VII 166, 10 und Boll Aus der Offenb. Joh. 84ff. — Von der Tierwelt ist zu erwarten, daß die Skorpionscheren mit allen Kriechtieren, Schlangen und Skorpionen in freundlicher Beziehung stehen, daß also unter ihrem Regiment diese besonders gedeihen und den Menschen schaden, so z. B. Catal. cod. astr. III 27, 8, doch finden sich auch hierzu gegenteilige Äußerungen, die vom Gedeihen der Haustiere und dem Tode der giftigen Tiere reden, z. B. Catal. cod. astr. IV 130, 1. III 27, 13. — Von den Steinen wird der Dendritis der Wage zugewiesen: Mythogr. lat. III 8, 10. Martian. Cap. I 75. — Von sonstigen Kombinationen wäre noch die naheliegende Doktrin zu erwähnen, daß die Wage über Maße, Gewichte und Werkzeuge gebietet z. B. Valens p. 10, 21 Kr., ferner daß die Buchstaben ζ’ und σ’ oder η’ und τ’ mit ihr in geheimnisvoller Verbindung stehen, Catal. cod. astr. VII 161. 205. IV 146. Boll Sphaera 471. Dornseiff Das Alphabet in Mystik und Magie = Stoicheia ed. Boll VII 1922, 81ff. Cumont Zodiacus a. O. 1059 erklärt das wohl richtig aus der Verwendung der Tierkreisbilder im Würfelorakel; A. Warburg hat mir dieselbe Entdeckung mitgeteilt, ehe mir und ihm Cumonts Erklärungen bekannt waren.
[132] Bei der Aufteilung des menschlichen Körpers unter die Herrschaft der Tierkreisbilder hat die Wage das Regiment über die λαγόνες nach dem chaldäischen System, das Sext. Empir. adv. math. V 21 p. 732, 1 Bekk. mitteilt; das führen andere Tabellen näher aus, z. B. Valens p. 110, 33 Kr. Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 204, 29f. Joh. Kamat. 1005. Firm. II 24. Ein einfaches, ebenfalls altes System, das vielleicht bereits Hipparch gekannt hat, weist ihr das Gesäß zu: Maass Anal. Eratosth. 141, 6. Manil. II 462. Paul. Alex. p. B 3. Catal. cod. astr. VI 83. Porphyr. Isag. in Ptol. Basel. 1559, 198. Catal. of the Gr. Pap. Manchester II (1915) nr. 63 p. 2. Bouché-Leclercq 311. Boll Sphaera 471. Für sich steht die Liste Ekkehards, die der Wage die Herrschaft über die Arme und Hände gibt: Maass Comm. in Arat. 605 adn.; über das Fortleben dieser Varianten in den Bildern vom Aderlaßmännchen und Tierkreiszeichenmann vgl. Sudhoff Arch. f. Gesch. d. Mediz. I 273. 282. Stud. zur Gesch. d. Mediz. I 1907, 36. 42ff. Taf. 8-10 Boll Sternglaube² 66 Abb. 9. Cumont Revue Archéolog. 1916, 3. 7. 10 und Zodiacus a. O. 1054.
In der Wage hat Saturn seine Erhöhung und daher nach einer weitverbreiteten Anschauung sein Haus: Teukr.-Rhetor. Catal. cod. astr. VII 203 (11.°). Plin. nat. hist. II 65 (20.°). Ptol. tetrab. p. 41 mit der physikalischen Begründung, daß in der Wage das kalte Prinzip zur Herrschaft kommt, Dorotheos Catal. cod. astr. VI 95 (21.°) u. ö. Wie die Keilinschriften zeigen, ist Saturn bereits von den Babyloniern mit der Wage verbunden worden (s. o.). es ist damit die antike Überlieferung bestätigt, welche den Babyloniern diese Lehre zuweist, vgl. Firm. II 3, 6. Prob. Georg. I 32-35. Da die Sonne sich in diesem Zeichen der Winterhälfte des Zodiakus zuwendet, hat sie hier nach der überwiegenden Anschauung ihr ταπείνωμα, und zwar im 19.° nach Teukr.-Rhetor. a. o. Ptol. tetrab. p. 42. Firm. II 3, 5 u. ö. Andere Systeme geben der Venus die Wage als Haus: Valens p. 10, 18 Kr. Firm. II 2, 5. 6, 7. Hephaist. p. 57, 2 E.; Macrob. Somn. Scip. I 21, 24 begründet das damit, daß Venus bei Erschaffung der Welt in diesem Zeichen stand. Nach der üblichen ägyptischen Lehre beherrschen die verschiedenen Bezirke (ὁροι — fines) des Zeichens die Planeten Saturn, Merkur, Iupiter, Venus und Mars, z. B. Ptol. tetrab. p. 45. Valens p. 16, 16ff. Kr. Teukr.-Rhetor. a. o. Firm. II 6, 7; die anderen Verteilungen beleuchtet Ptol. a. o., dazu Bouché-Leclercq 207ff. Boll Ztschr. f. Assyriol. XXVIII (1913) 342ff.
Die universalen Wirkungen der Wage zeichnen die Tonitrualien, Lunare mit den Gutachten über Sonnen- und Mondfinsternisse, Seismologien u. a. m.; Texte derart finden sich in unermüdlichen Wiederholungen und Varianten. Den Charakter als Jahresherrscher lassen die Dodekaeteriden mehr oder weniger genau erkennen, es genügt hier auf die Ausführungen von Boll Aus der Offenbar. Joh. 84ff. zu verweisen; die übrigen Tabellen können auf Grund des in den Artikeln Leo und Krios Gesagten leicht aufgefunden werden. Auch hinsichtlich der Texte, die Richtlinien über Anfragen aus dem herrschenden Sternbild der Wage geben, sei dorthin verwiesen. In der überwiegenden [133] Zahl der Texte tritt die Auffassung der Wage als einer die Gerechtigkeit und rechtmäßige Handlungen unterstützenden Potenz in den Vordergrund, es werden also in dem Jahr der Wage die ungerechten Richter verschwinden und gerechte Richter erscheinen (Catal. cod astr. III 31), ihre Herrschaft wird zu gerechten Unternehmungen empfohlen, z. B. Maxim. v. 12f. und p. 83. 86. 91. 93 Ludw. Hephaist. ed. Olivieri Stud. Ital. di Filol. Class VI 15. 20 u. a. m.; doch finden sich auch hier gegenteilige Wahrsagungen, schlechte Könige und Richter werden ihre guten Untertanen bedrücken, Tempel werden entweiht, Weiber und Kinder geschändet, Maße und Gewichte nicht rechtmäßig gehandhabt, und die Herrschaft der Wage wird zu bösen und unrechtmäßigen Handlungen angeraten, z. B. Labeonis fulgur. = Lyd. de ostent. p. 105, 6 Wa.² Catal. cod. astr. III 27, 4ff. IV 171, 11ff. 140f. VIII 3. 196. X 67.
Nach einem einfachen Analogieschluß bringt die Wage als Geburtsgestirn - die Scheren kommen als solches in den Nativitätsgutachten nicht in Frage - Menschen hervor, die nach Manil. IV 205 es mit Maß und Gewichten im Leben zu tun haben nach Art des Palamedes Petron. cap. 35 nennt sie laniones et unguentarii et quicunque aliquid expediunt und Valens p. 10, 25 Kr. προϊστάμενοι ἐπὶ μέτρων ἢ σταθμῶν ἢ εὐθηνίας. Diese Angleichung dürfte auf der älteren Lehre basieren, wonach die ἰσημερινά besonders günstig sind für Leute, die mit der Wage hantieren, Catal. cod. astr. V 1. 187, 24. Die Prognose dehnt Manil. IV 205ff. auch auf Gesetzgeber, Rechtsgelehrte und Richter aus, die dank des Einflusses der Wage selbst in ganz verwickelten Fällen die richtige Entscheidung finden. Unter diesem Gestirn dürfte Servius geboren sein, qui leges Latio posuit, cum iura retexit; das scheint mir eher auf den König Servius Tullius, den sagenhaften Schöpfer der servianischen Verfassung und Erfinder der Wage (Mommsen R. G. I⁹ 150), zu passen als auf den berühmten Juristen Servius Sulpicius, wie es Scaliger, Breysig und van Wageningen in dem Kommentar fordern. Dieses königliche Horoskop ist dann von Manil. IV 548ff. sicher mit Berücksichtigung der Tatsache, daß Augustus am 23. September kurz vor Sonnenaufgang also nach seiner Lehre unter dem vollen Einfluß der Wage geboren wurde, weiter ausgeführt. Darauf spielt auch Vergil. Georg. I 32f. (ebenso Wissowa Herm. LII [1917] 103f.) an; wenn er sagt, der Skorpion ziehe schon die Scheren für das neue Gestirn des Augustus zusammen, so dürfte hier wohl mit besonderer Nüancierung - Vergil meidet hier absichtlich das Wort libra - an das neue Gestirn des Wagemanns mit der Wage zu denken sein, dessen Platz Augustus ausfüllen soll. Das scheint mir näherzuliegen, als mit Wissowa und Reitzenstein (Das iranische Erlösungsmysterium 224) den Augustus als 13. Sternbild in den Tierkreis einzureihen. Jedenfalls ist auch Manil. IV 776 auf Augustus zu deuten, ich glaube aber, daß dieser Vers erst später eingefügt ist, denn dieses Nativitätsthema paßt hier nicht in die Aufzählung der Länder hinein, die nach der astrologischen Geographie dem S. unterstellt sind: vgl. Prinz Ztschr. f. d. österr. Gymn. LXIII (1912) 689. [134] Daß hier Tiberius gemeint ist, scheint mir durch die vielbesprochene und keineswegs sicher geklärte Münze der Pythodoris, welche den Kopf des Tiberius auf der einen Seite, auf der Rückseite eine Wage mit einem Stern zwischen den Wagschalen zeigt, nicht eindeutig bewiesen werden zu können, vgl. v. Voigt Philol. LVIII (189) 175. Prinz 688; anders Bickel Rh. Mus. LXV (1910) 236. Housman Class. Quart. VII (1913) 112f., dessen Bemerkung, daß der Mond am 16. November 42 v. Chr., dem Geburtstage des Tiberius, in der Wage stand, allerdings sehr beachtenswert ist. Übrigens könnte die Wage auch als Horoskop für Tiberius in Betracht kommen, wenn dieser kurz vor Sonnenaufgang auf die Welt kam, doch ist seine Geburtsstunde so wenig bekannt, wie seine Nativität. Die Geburtsprognosen, die in den astrologischen Wahrsagetexten mit der Wage verbunden werden, sind wenig berührt von der Behauptung des Manilius, daß mächtige Könige unter ihr geboren wurden, die ihr Joch der ganzen Welt auferlegen, vgl. Valens p. 10, 22 110. 84 Kr. Teukr.-Rhetor. 205. Hippolyt. Refut. omn. haeres. IV 21 p. 52, 7 We. Firm. V 1, 19. Heph. II 2 Catal. cod. astr. VIII 2, 59 und ebd. IV 163, ferner die jüngeren Texte X 112. 171, 216. 224. 225. Auch in den äußeren Merkmalen, die einige dieser Texte an dem Körperbau der unter der Wage Geborenen hervorheben, ist kaum eine Nachwirkung in dieser Hinsicht erkennbar; v. Voigt 191f. hat sich wohl bemüht, bei Firmicus bestimmte Indizien hervorzuholen, die auf Tiberius passen sollen; doch scheinen mir seine Argumente wenig stichhaltig, zumal sie die Postulate der gelehrten Astrologie überhaupt nicht in Rechnung stellen. Eher ließe sich in der Schilderung bei Hippolytos an eine bestimmte Persönlichkeit denken: nach seinem Berichte haben die unter der Wage Geborenen dünnes, vornüberhängendes Haar von rötlich-gelber Farbe, ein längliches scharfes Gesicht, schöne zusammengewachsene Augenbrauen, schöne Augen mit schwarzen Pupillen, große dünne Ohren, geneigten Kopf und großen Mund. - Von den Tabellen, welche die einzelnen Teile des Sternbildes zu genaueren Sonderurteilen verwerten, sei hier auf Valens p. 16, 16 Kr. gewiesen, wo die ersten 6° der Wage, über welche Saturn herrscht, als βασιλικαὶ ὑψηλαὶ πρακτικαί hervorgehoben werden, und auf Firm. VIII 28, 5, der dem 15.° und 23.° der Wage eine königliche, aber unglückliche Genitur gibt. Von den einzelnen Fixsternen wird nur der helle auf der nördlichen Schere von dem Anonymus vom J. 379 und seinen Nachtretern zur Geburtsprognose verwertet: Catal. cod. astr. V 1. 201, 9ff. 216, 1ff. 223. 3ff., irgendeine Anspielung auf ein königliches Schicksal findet sich hier nicht. Zu erwähnen wäre noch, daß die Wage als Geburtsgestirn der Stadt Rom galt: Cic. de div. II 98. Manil. IV 773ff. Solin. I 18. Lyd. de mens. I 14 p. 8, 5ff. Wü.; sie spielte ferner im Thema des Maecenas und des mit diesem durch Sternenfreundschaft verbundenen Horaz eine Rolle Horat. carm. II 17, 17, dazu Boll Sokrates V (1917) 7ff. Arabische Astrologen geben später dem Muhamet die Wage als Geburtsgestirn Catal. cod. astr. V 1. 146. In dem ausführlichen Horoskop desselben bei Stephanus von Alexandria (ed Usener XI. Schr. III 273) steht die Wage im Ascendenten. [135] Das Gutachten verheißt dem Neugeborenen ein königliches Schicksal und begründet es vor anderem damit: ζυγὸς γὰρ ἀνατέλλων δουλείας ἐπιφέρει πᾶσιν ἀνθρώποις.
Als Teile des Gestirnes gelten in der griechischen Astrologie die Dekane, obwohl sie ursprünglich nichts mit dem Zodiakus zu tun hatten, sondern Sternbilder in der Nähe des Äquators waren (Boll 11 Sphaera. 316. 336. 2). Manilius gibt der Wage selbst die Herrschaft über ihren 1. und 2. Dekan, im dritten regiert der Schütze (IV 338ff.). Sie hat andrerseits die Führung im 1. Dekan der Zwillinge und des Wassermanns (IV 320) und verleiht ihre Fähigkeiten, wenn diese Dekane im Horoskop stehen. Weit mehr Anklang als dieses isolierte System haben die Dekanlisten gefunden, welche besondere Gottheiten und Sternbilder als Dekane aufzählen. Zu den Varianten der Namen, welche für die Dekane der Wage Bouché-Leclercq 232 und Wallis Budge The Gods in the Egyptians II 305, 10-12 geben, sind noch folgende Listen zu berücksichtigen: Hermes an Asklepios ed. Ruelle Revue de Phil XXXII (1908) 264. 144ff. die Dekanliste Catal. cod. astr. VI 76, 10ff. 78 die Varianten zu Hephaest. p. 57, 24 E. in der adn. Catal. cod. astr. VIII 2, 43 unten, Testam. Salomon. ed. Mc Cown p. 56* 2ff. Job. Kamater. 901ff. und endlich die für sich stehende Reihe bei Cosmas Hierosol. in Catal. cod. astr. VIII 3, 122.
Die älteren ägyptischen Texte verteilen das Sternbild Khentet über sämtliche Dekane der Wage, es füllt noch den ersten Dekan des Skorpions und kommt dann noch einmal in den Dekanen der Fische und des Widders vor. Brugsch Thesaur. I 155 erklärt die Namen als: Spitze des Khentet, oberer und unterer Khentet. Die Abbildungen zeigen aber in jedem Dekan einen aufrecht in der Barke stehenden Gott mit Zepter: Budge a. a. O. Ebenso geben die griechischen Texte jedem Dekan eine besondere Gestalt, über die Herkunft dieser Bilder und die Nachwirkung des Teukros, der wahrscheinlich von babylonischen Vorbildern (Berossos) abhängig ist: Boll Sphaera 177. 416, 2 und Boll-Bezold Aufsätze ... Ernst Kuhn zum 70. Geburtstage gewidmet 1916, 226ff.
Der erste Dekan ist nach der Mehrzahl der Texte ein Mann mit Wage und Scheffel; also der Wagehalter. Er wird bald stehend, bald in einer Werkstatt sitzend genannt, Näheres: Herm. Trism. p. 264, 144 Ruelle. Achmet Catal. cod. astr. II 155, ferner die indische Liste bei Apomasar ebd. V 1. 164 und ed. Dyroff in Boll Sphaera 517f. Sein Augenmerk ist auf Maße, Gewichte und Kaufmannsgeschäfte gerichtet. Die Abbildung auf dem sog. Planisphär des Bianchini, vgl. Boll Sphaera Taf. V und Sternglaube und Sterndeutung² 76 Abb. 14, zeigt einen bis auf die Füße bekleideten schreitenden Mann mit ausgestrecktem rechten Arm und nach oben geöffneter Hand, der linke Arm hängt herab und trägt einen ovalen kleineren Gegenstand (nicht die Wage). Dem entspricht mit einer geringen Abweichung hinsichtlich der Armhaltung die Schilderung des hermetischen Traktates p. 264, 144ff. Ruelle: ἄνθρωπός ἐστι προβεβηκὼς περιεζωμένος τὴν εὐώνυμον χεῖρα ἄνω ἔχων ἐπηρμένην ὡσανεὶ δεχόμενός τι, τὴν δὲ δεξιὰν κεχαλασμένην, ἔχουσαν ὑδρίσκην. Den zweiten [136] Dekan zeichnet der hermetische Traktat als aufrecht stehenden Mann über einer Quelle, die zwei Strömungen hat, welche sich wieder vereinigen, die Füße sind dicht geschlossen, er ist bekleidet von der Brust bis zu den Knöcheln, in der rechten Hand trägt er einen Wasserkrug, in seinem Bart eine Haarlocke. Achmet und Apomasar dagegen haben hier einen nackten Menschen, der die Gestalt (Kopf?) eines Adlers hat und gen Himmel zu fliegen sucht. Das sind vielleicht Nachklänge des vogelköpfigen Dekangottes, wie er sich auf dem runden Zodiakus von Dendera (Boll Sphaera Taf. III) unter der Wage findet; vogelköpfig ist übrigens auch der menschengestaltige 1. Dekangott bei Budge 305, 10. Auf der Marmortafel des Bianchini erscheint dieser Dekan in derselben Tracht, Haltung und Armbewegung wie der 1. Dekan, er ist vielleicht in dem zugrunde liegenden System ein und derselbe Gott; wie es scheint hat Manilius in seinem Dekansystem, das der Wage selbst den 1. und 2. Dekan zuweist, dieselbe Vorlage benutzt und nach seiner Theorie abgeändert. Der 3. Dekan hat nach der hermetischen Darstellung das Gesicht einer Schlange, der Körper ist menschenartig, er trägt eine Königskrone auf dem Kopf, steht aufrecht da in einer Umhüllung (Schürze? Gurt?). Achmet und Apomasar geben ihm einen Pferdekopf und Menschenleib, er hat Bogen und Pfeil in der Hand, einen Ranzen (dazu Dyroff 520, 5), ist bekleidet und steht in einem Sumpf. Während hier wohl der Kentaur gemeint ist, zeigt die Tafel des Bianchini einen stierköpfigen Mann mit Zepter, der an den ochsenköpfigen Planeten Saturn erinnert, wie ihn der runde Zodiakus von Dendera zwischen Jungfrau und Wage abbildet, und der ja in der Wage ein besonderes Heimatsrecht hat.
Von den Planeten haben nach den meisten Zeugnissen hier Mond, Saturn und Iupiter ihr πρόσωπον: Teukr.-Rhetor. a. O. Catal. cod. astr. VI 76. Firm. II 4, 3, dazu die Abbildung auf der Tafel des Bianchini. Nur Achmet hat eine andere Planetenverteilung, nämlich Venus, Saturn und Merkur. Inwiefern oder besser ob mit dieser Herrschaft der Planeten die Namen der den Dekanen feindlichen Engelmächte im Testam. Salomon. zusammenhängen, bedarf noch der Aufklärung. Die Herrschaft der Dekane über einzelne Länder ist wohl in einzelnen Systemen näher ausgebaut worden (Euseb. praep. ev. VI 10, 37. Bouché-Leclercq 333), sie hat aber in den erhaltenen Texten keinen Nachhall zurückgelassen. Die Herrschaft über den Körper ist in der hermetischen Liste näher ausgeführt, der 1. Dekan herrscht über das Gesäß, der 2. über den Uringang, die Harnröhre und Harnblase, der 3. über den After, über Hämorrhoiden, Risse und Geschwüre, eine ersichtliche Weiterführung der Körperteile, welche der Wage unterstehen. Dagegen nimmt das Testam. Salem. auf diese Lehre keine Rücksicht, die Dekane verursachen hier unerträgliche Fieber, Knieschmerzen und Engbrüstigkeit den Säuglingen; über die grobsinnliche Anschauung von der persönlichen Nahewirkung dieser Sternwesen vgl. die Antwort des Dekans: εἰς γόνατα καθέζομαι τῶν ἀνθρώπων p. 56 Mc Cown, dazu Gundel Sterne und Sternbilder im Glauben des Altertums und der Neuzeit 1922, 278, 284.
[137] Von den ihnen unterstellten Metallen und Steinen nennt eine ägyptische Liste bei Brugsch Thes. I 24 den Alabaster, Rubin und Gold, Hermes weist ihnen den Jaspachat, Sardon und Smaragd an und von Kräutern das Polium und das Taubenkraut, dazu Béjottes Le livre sacré d’Hermès Trism., Thèse Bordeaux 1911, 99ff., weitere mit den Wagedekanen sympathisch zusammengehörige Stoffe, die für magische Handlungen neben dem heiligen Namen vorgeschrieben werden : Catal. cod. astr. VI 76.
Die Wirkungen der einzelnen Dekane als Geburtsgestirne auf Charakter, Beruf und Körper zeichnen mehr oder weniger ausführlich die Listen bei Teukr.-Rhetor. a. O. Heliodor. Catal. cod. astr. IV 153. Hephaest. p. 57f. E. und Joh. Kamater. 923ff. p. 32 Weigl. Den Einfluß auf bestimmte Unternehmungen u. ä. berücksichtigen die erhaltenen astrologischen Texte nicht; in dem Traktat des Antiochos περὶ δεκανῶν ἀσελγοποιῶν Catal. cod. astr. VII 115, der die Wirkung der Planeten in verschiedenen Dekanen mitteilt, kommt den Dekanen der Wage eine größere Bedeutung zu.
An Stelle der Wage stellt die Liste der Dodekaoros einen Bock. Dieses Gebilde hat in der Astrologie des Abendlandes nur geringe Anerkennung gefunden. Es wird erwähnt und in seiner Wirkung im Horoskop beleuchtet von Manil. V 312-324, und von seinem Nachbeter Firm. VIII 12, 3; dazu noch Teukr.-Rhetor. a. O. 204, 7. 10. 15. 205, 2. Joh. Kamater. 940. 959. 984 sowie Boll Sphaera 295. 386 und Tʿoung Pao XVII (1912) 700ff.
Anmerkungen Wikisource