RE:Valerius 266

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Messalla Niger, M. cos. 61 v. Chr.
Band VIII A,1 (1955) S. 162165
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266) M. Valerius Messalla Niger. Eine Hauptquelle für seine Laufbahn ist die Unterschrift seiner Statue von einem Ehrendenkmal, auf dem er anscheinend neben seinem Sohne Corvinus (Nr. 261), vielleicht zwischen diesem und dem andern Sohne Potitus (Nr. 267), dargestellt war (Elog. XL CIL I² p. 201 mit Mommsens Kommentar = VI 3826 = Dess. 46). Er war Sohn eines M. und Enkel eines M.’ (Inschriften der Terminalcippen [s. u.] M. f. M[.’ n.] Elog. M. υἱ Dio XXXVII ind.) und sicherlich Urenkel des M. Nr. 253 (vgl. Nr. 248). Den zweiten Beinamen Niger legen ihm Hydat. Dio a. O. Ascon. Scaur. 18 Kießl. = 23 Stangl bei, nicht die Steininschriften; es war also eine Art Spitzname, zur Unterscheidung des V. von seinem gleichnamigen, etwas jüngeren Vetter Nr. 268 dienend. V. war jünger als Cicero (Brut. 246; s. dazu Cichorius Röm. Stud. 234, 1), aber nur um zwei Jahre, weil der Abstand zwischen ihren Consulaten 691 = 63 und 693 = 61 nicht größer ist, also geboren [163] 650 = 104. Anderseits war er auch nur um zwei Jahre älter als sein Vetter, denn dieser bewarb sich für dasselbe J. 693 = 61 um die Praetur wie er selbst um das Consulat (Cic. Sulla 42, dazu richtig Halm, auch Hölzl Fasti praet. 47). Deswegen kann man zweifeln, welcher von beiden Vettern der M. Messalla war, der nach Cic. Rosc. Am. 149 im J. 674 = 80 den Sex. Roscius aus Ameria nachdrücklich unterstützte, aber sich noch zu jung und unerfahren fühlte, um seine Verteidigung zu übernehmen, und sie deshalb dem Cicero übertrug. Drumann (GR² V 252, 3) hat wegen des geringeren Altersunterschieds zwischen Cicero und dem späteren Consul von 693 = 61 bestritten, daß dieser gemeint sein könne, hat aber bei der Berechnung des Alters des von ihm vorgezogenen Consuls von 701 = 53 nur dessen Consulat und nicht seine Bewerbung um die Praetur beachtet und dadurch den Altersunterschied der beiden Vettern fälschlich von zwei auf acht Jahre erhöht. Daher kann man an der schon von Schol. Gronov. Rosc. 426 Or. = 303 St. angedeuteten Beziehung auf den älteren Vetter festhalten (so auch Hölzl 43f.) und für Ciceros übertriebene Betonung der Jugend des ihm selbst wenig nachstehenden Mannes die Erklärung finden, daß es in Wahrheit mehr politische Gründe als aetas et pudor waren, die dem Sprößling eines alten, mit Sulla nahe verbundenen (s. Nr. 389) Geschlechtes größere Zurückhaltung auferlegten, als einem aufstrebenden Neuling. Nach Ciceros weiteren Ausführungen scheint V. durch Sullas Sieg in die ihm gebührende Stellung gekommen zu sein. Dazu paßt Folgendes: An der Spitze seiner Ämter steht das Pontificat, nicht aus den weltlichen herausgehoben, sondern als das älteste, schon in jungen Jahren empfangene (Elog. mit Komm.). Cichorius a. O. hat überzeugend dargelegt, daß Sulla um und nach 673 = 81 eine Reihe junger Adliger in die großen Priesterkollegien, deren Stellenzahl er vermehrte, aufnahm, unter anderen Patriciern den jüngeren Messalla, Bruder seiner Gattin (Nr. 268), in das der Auguren. Da wird gleichzeitig auch dessen Vetter unter die Pontifices aufgenommen worden sein, unter deren angesehensten er 697 = 57 erscheint (Cic. har. resp. 12). Die im Elog. folgenden Ämter sind: tr. mil. II, q., pr. urb. Zu dem zweimaligen Kriegstribunat boten die großen Kriege des nächsten Jahrzehnts genug Gelegenheiten. Wenn V. Quaestur und Praetur in dem damals zulässigen Mindestaltersjahr bekleidete, so führte er diese sicherlich 690 = 64, während für jene der Spielraum von 681 = 73 bis 687 = 67 bleibt (s. Mommsen Komm. und St.-R. I 570ff.). Vielleicht gehört in die Zwischenzeit ein anderes Ereignis aus seinem Leben: Val. Max. II 9, 9 bringt zwei gleichartige Fälle, in denen von Censoren bestrafte Männer später selbst Censoren wurden, erstens den des C. Licinius Geta, aus dem Senat gestoßen durch die Censoren von 639 = 115 und zur Censur befördert 646 = 108 (o. Bd. XIII S. 370), zweitens den eines M. Valerius Messalla censoria nota perstrictus und postmodum Censor geworden, quorum ignominia virtutem acuit. Der Censor M. Messalla ist öfter in dem von 600 = 154 gesehen worden, aber Val. Max. reiht seinen Fall ersichtlich als den späteren an den des Geta an, [164] und dann muß es sich um den Censor von 699 = 55 handeln. Im J. 684 = 70 strichen die strengen Censoren nicht weniger als 64 Senatoren von der Liste (Liv. ep. XCVIII. o. Bd. IV S. 1381), was aber beispielsweise für den mitbetroffenen C. Antonius kein Hindernis war, schon für 691 = 63 mit Cicero das Consulat zu erhalten. So kann damals auch V. von diesen Censoren bestraft worden sein, ohne besonderen Schaden zu erleiden, zumal da er nur die mildere Strafe einer Rüge empfing. Die Zwischenstufen zwischen Quaestur und Praetur kamen für ihn als Patricier nicht in Betracht. Daß seine Praetur 690 = 64 die städtische war, erwähnt das Elogium, weil diese immer die angesehenste war (s. Mommsen St.-R. II 195). 692 = 62 legte V. dem Cicero die Verteidigung des P. Sulla nahe (Cic. Sulla 20: neque huius [anwesend!] M. Messallae, hominis necessarii, preces sustinere potui, verschieden von dem ebd. 42 genannten s. o.). 693 = 61 war er Consul mit M. Pupius Piso (Elog. Fasti Amitern. CIL I² p. 61. Tesseren ebd. 912—914 = Herzog o. Bd. XVII S. 1425f. Nr. 41—43. Chronogr. Hydat. Chron. Pasch. Cassiod. Cic. Att. I 12, 4. 13, 6. Caes. bell. Gall. I 2, 1. 35, 4. Plin. n. h. VII 98. VIII 131. XXXVII 13. Dio XXXVII ind. 46, 1. Kastor bei Euseb. chron. I 295, 30 Schoene = FGrH 250 F 5). Piso war Günstling und Anhänger des Pompeius, führte im ersten Monat die Fasces, benahm sich von Anfang an unfreundlich gegen Cicero und zeigte bald in der alle Welt aufregenden Angelegenheit des Religionsfrevels des P. Clodius eine mehr als zweideutige Haltung, indem er selbst den Antrag bekämpfte, den er und V. auf Senatsbeschluß zur Einsetzung eines Sondergerichtshofs beim Volke einbrachten. Dagegen handelte V. durchaus nach den Wünschen der Senatsmehrheit und erwarb sich so den lebhaften Beifall Ciceros; s. Att. I 13, 2 vom 25. Jan.: et in me perhonorificus et partium studiosus ac defensor bonorum (vgl. 3) und ebd. 14, 6 vom 13. Febr.: Messalla consul est egregius, fortis, constans, diligens, nostri laudator, amator, imitator (vgl. 2. 4). Im weiteren Verlauf des Jahres, das namentlich den Triumph des Pompeius brachte, ist V. nicht besonders hervorgetreten. 695 = 59 gehörte er trotz seiner politischen Stellungnahme im Consulat zu der Kommission für die Ausführung von Caesars Ackeranweisungsgesetz, und zwar zu einem Fünferausschuß der Zwanzigmänner, dem besonders die Entscheidung der Rechtsfragen oblag (Elog.: V vir a. d. a. i. Mommsen Komm.; St.-R. II 628, 4). 696 = 58 schrieb Cicero an seinen Bruder Q. wegen der diesem drohenden Repetundenklage, daß er mehr auf V. als auf Hortensius und Pompeius rechne (ad. Q. fr. I 3, 9: Messallam tui studiosum esse arbitror); vielleicht dachte er bei seiner eigenen Abwesenheit und bei der Zurückhaltung des Hortensius an V. als etwaigen Verteidiger vor Gericht (vgl. Brut. 246). 697 = 57 nahm V. im Senat an der Sitzung des 7. Sept. (Att. IV 1, 6) und im Pontificalkollegium an der Verhandlung über Ciceros Hausbau teil (har. resp. 12). Vor seiner Censur verzeichnet das Elog., daß er dreimal Interrex war, und wegen der zeitlichen Anordnung der Ämter (s. o.) setzt Mommsen mit Recht das erste Interregnum in den Januar 699 = 55, [165] vor die erst damals stattfindende Wahl des Pompeius und Crassus zum zweiten Consulat (s. Gelzer o. Bd. XIII S. 318, 28). Nach und nach wurden die übrigen Beamten gewählt und vor Anfang Mai auch Censoren (vgl. Cic. Att. IV 9, 1. 11, 2), und zwar als patricischer V. (Elog. censorius Val. Max. IX 14, 5. Plin. n. h. VII 55) und als plebeischer sein langjähriger Kollege im Pontificat, der um dreißig Jahre ältere P. Servilius Vatia Isauricus (o. Bd. IIA S. 1816). Ihre Amtszeit von 18 Monaten erstreckte sich bis zum Herbst 700 = 54; in diesem Jahre veranlaßte die große Tiberüberschwemmung (Dio XXXLX 61, 1f.) die von ihnen auf Senatsbeschluß (s. dazu Mommsen St.-R. II 425, 4. 435, 2. III 1114, 1) vorgenommene Stromregulierung, von der noch zahlreiche Grenzsteine mit den verschieden angeordneten Namen beider Censoren Zeugnis geben (CIL I² 766 a—t; vgl. Dess. 5922 a—c. o. Bd. II A a. O.). Ein Lustrum kam aber nicht zustande (Cic. Att. IV 16, 14 = 17, 7 vom 1. Okt. 700 = 54. Berve o. Bd. XIII S. 2052). Im Hochsommer 700 = 54 war V. mit Cicero, Hortensius, aber auch Clodius, unter den sechs Anwälten des M. Aemilius Scaurus (Ascon. 18 Kießl. = 23 St.), mit dem er wieder als Kollege im Pontificat und noch dazu als patricischer nahe zusammenhing. Die beiden folgenden J. 701 = 53 und 702 = 52 begannen mit Interregnen; in sie ist daher die zweite und dritte Führung dieses Amtes durch V. zu setzen (Elog. mit Komm.). Damals, wo er als Censorier allgemein bekannt geworden war, wurde er wegen seiner Ähnlichkeit mit einem (unmaskiert auftretenden komischen?) Schauspieler Menogenes spottweise mit dessen Namen belegt (Val. Max. IX 14, 5. Plin. n. h. VII 55. o. Bd. XV S. 917). Bald darauf, vielleicht noch vor Ausbruch des Bürgerkrieges, ist er gestorben (wie die bei Vell. II 48, 6 verzeichneten Männer?); denn Cic. Brut. 246 charakterisiert ihn unter den Rednern, von denen er ja die lebenden beiseite ließ. Er schildert ihn so, als ob die Vorzüge des V. in seiner Sachlichkeit gelegen hätten, nicht in der von ihm selbst hochgeschätzten Form. Von den ,vielen Prozessen‘, in denen V. demnach als geschickter Anwalt tätig war, ist nur der des Scaurus bekannt. Wo später ein Messalla als Redner erwähnt wird, ist sein als solcher fast sprichwörtlich gewordener Sohn gemeint, Messalla Corvinus Nr. 261. Seine übrigen Kinder sind Nr. 267. 390. 392.