Topographia Palatinatus Rheni: Neustadt an der Hart
Es ist diese Stadt ein Anfang deß zu unser Zeit genanten Westerreichs / als die an einem kleinen Gebürg / gegen Mitternacht deß Westerreichs Ende / gelegen / so man die Hart nennt / sonder Zweyfel / von dem Künhartsholtz / so allda in der Menge wächst; wiewol es theils anders woher / als von der Legione Hartensi, oder von einer Wart / herführen wollen. Dieses Gebürg vermeint einer ein Stuck deß Bergs Tauni zu seyn / dessen Tacitus gedenckt; so ohne Zweiffel der Dorßberg / oder Donnersperg / hinter Altzey seye / so herfür am Gebürg auff Neustadt / und weiters nach Landau streiche; es wäre dann Sach / daß einer ein Stuck vom Waßgöw darauß machen wolte / so von dem Trierisch- und Lothringischen herauß / durch das jetzige Westerreich / auff Weissenburg zu / sich ziehen thut. Es ligt Neustadt in dem Speyergöw / daher sie auch Neapolis Nemetum genant wird / ein hüpsche lustige Stadt / durch welche ein frisches Wasser fleust / und gleichsam die Stadt theilet / auch Fischreich ist / sonderlich von schönen Forellen / die gleichwol gehäget werden. Es ist hierumb ein sehr lustige Gelegenheit / von Krebsen / Grundeln / besagten Forellen / Holtz / Wasser / springenden Brunnen / und frischer gesunder Lufft. [66] Es ist vor Zeiten allhie ein Oberhoff / oder Landgericht gewesen / welches jährlich zu gewissen Zeiten etliche deß Speyergöws Ingesessene Adeliche / oder Ritterstandspersonen / als zugeordnete Richter / haben pflegen zu besitzen. Pfaltzgraf Churfürst Ruprecht der Aeltere / so An. 1390. gestorben / und mit seiner Gemahlin Beatrice, allhie begraben ligt / hat da eine Stifft-Kirch / zu Ehren deß H. Aegidii, auffgericht / und darzu geben die Baurenhöff / und Güter / zu Neuhofen / bey Altrip / mit sampt dem Platz / da vor Zeiten ein Schantz / oder Bollwerck gewesen / mit 4. eigenen Höffgütern / die Plitzgericht genennt / mit Aecker / Wiesen / Weid / Zinsen / und allem Zugehör / und Gerechtigkeiten / doch den Kirchenschatz außgenommen. Hat 16. Stiffts-Chorherren gehabt / darvon aber 4. Präbenden nacher Heydelberg / zu demselben Stifft / und zur Universität / gezogen worden. So hat Hertzog Johann Casimir Pfaltzgraf allda An. 1579. ein Schul / pro Humanitate, et Classicis Autoribus, und darneben ein Gymnasium von allen Faculteten, auffgericht / auß Ursach / weil sein Herr Bruder / Churfürst Ludwig / die Hohe Schul zu Heydelberg / auff die Lutherische Religion reformirt; Er aber / als der Calvinischen zugethan / sein Religion allhie erhalten wolte. Und war albereit ein feiner Anfang unter dem ersten Rect. Hier. Zanchio hierzu gemacht / und auch zu Prof. Zach. Ursinus, Henr. Smetius, und Fortun. Crellius, dahin beruffen / allda Ursinus gestorben / und in dem Chor deß gemelten Stiffts begraben worden. Als aber gedachter Churfürst Ludwig starb / und zu Heydelberg die Religion wieder geändert ward / so ist auch dieses Gymnasium zu Neustadt verfallen. Es sind 2. Nonnen Klöster allhie gewesen / deren das eine hart vor der Stadt zerstöret; das ander in der Vorstadt noch stehet / und jetzo zur Schulen gebraucht wird / die Clauß genant; da gegen über der neue Bau der neuen Schulen stehet. Anno 1525. haben sich die Burger von den Bauren schrecken lassen / und ihnen die Stadt gleich deß andern Tags übergeben / und haben selbiger Zeit die unsinnige Bauren in diesem Ampt Neustadt / die zwey Schlösser bey Neustadt / Wolffsberg / und Wintzingen / auch das Kloster Eusserthal eingenommen / verwüstet / verderbt / und geplündert; deßgleichen Diedesheim / Wachenheim / das Schloß Rupersberg zerstört; Item Löwenstein / Scharffeneck zu Landau / Neu-Castell / Treifels / eingenommen / aber die Neustädter seynd von Pfaltz / wegen ihrer Hoffart / ziemlich gestrafft worden. A. 1579. hat obgedachter Hertzog Johann Casimir diese Stadt mit List eingenommen / indem er sich bey dem Rath Abends zu Gast geladen / und etlich Stunden in die Nacht / deß Sommers lustig gemacht / und letztlich / daß man ihme die Thor öffnen solte / begehrt / und daß er einem grossen Hirschen draussen wüste / und demselben nachsetzen wolte / vermeldt. Als nun das Thor / wiewol nicht gern / geöffnet worden / so hat er mit etlich hundert in einem holen Weg verborgnen Soldaten in die Stadt geruckt / und solche / doch fast ohne Schaden / einbekommen. In diesem letzten Kriegswesen ist die Neustadt auch unterschiedlichmal / sonderlich A. 1633. und 39. von der einen und andern Partey überrumpelt / eingenommen / und verderbt worden / welches doch / ohne sonderlich denckwürdige Belagerungen / oder Gegenwehr / abgangen ist. Anno 1644. im Augusto ist sie von der Frantzösischen Armee eingenommen worden. Chur-Pfaltz hat allwegen einen Vicedom allhie gehalten.
Es ist aber in solches Ampt auch gezogen worden / das Ampt Sultzbach / und Neuenhain / nicht weit von Franckfurt gelegen / so der besagte Vicedom zu Neustadt verwaltet hat; weilen solches kleines Ampt / so unter sich groß / und klein Carben / und etlich wenig andere Ort hat / mit einander dem Closter Limpurg / bey Türckheim / in diesem Ampt Neustadt / gelegen / zustehet / und von solchem Kloster / dessen Castenvogt / Schutz- und Schirmherr / auch Administrator, Chur-Pfaltz seyn wollen / und gewest ist / etlich Adeliche Lehen / so die Klüppel / und Reiffenberger inngehabt / dependiren. Und ist / wegen deß juris praesentationis, zwischen Pfaltz / und den Burggrafen / und Adelichen Baumeistern zu Fiedberg / so an etlichen Orten jus territorii haben / Zweiffel entstanden. Es hat besagtes Kloster Limpurg das Klösterlein Neuenburg bey Hanau gehabt / so aber dem Grafen von Hanau Anno 1561. sampt etlichen Pfarrlehen / umb achtzehen tausend Gulden verkaufft worden.
[67] Es gehöret auch in das Ampt Neustadt die 2. Städtlein Lambsheim / und Frainsheim. Item das Dorff Neuhofen / ein Meil von Speyer / so vor Zeiten ein Burgk / und Raubschloß gehabt / vom Käyser Carolo IV. und den Speyerern / zerstört; so vielleicht gestanden / da jetzo die Rechhütt / und Rechmühl stehet. Hinter Neustadt stracks ligt das Schloß Wolffsberg / etwas erhöhet / so dieselbe gantze Straß bezwingen kan. Und ein Meilwegs darhinter / ein gleiches Schloß / aber von Einkommen besser / Neidefels genant / so beyde gedachter Pfaltzgraf Johann Casimir zu Lehen angesetzt hat. Ist daselbst herumb eine gute Forellen-Bach. Umbs Jahr 1283. hat die Stadt Speyer Albrechten von Liechtenstein / das Schloß Liechtenstein / so umb die Neustadt gestanden / verbrennt / die Mauren nidergerissen / und zu Grund verhergt / verschleifft / und hernach für erlittenen Schaden 100. Pfund Heller bezahlt / wie Caspar Lerch von Dürmstein de Ordine Equ. German. in fundam. 2. Summar. 3. num. 41. fol. 119. schreibet.
Es ligen in diesem Neustädter Ampt / auch Wachenheim / Dürckheim / und Franckenthal / davon anderswo gesagt worden. Und dann noch 2. vornehme Klöster / das eine zu S. Lamprecht / ein Meil hinter Neustadt / auff Lautern zu / so ein Jungfrauen Kloster Dominicaner Ordens; so Anno 1551. neben etlichen andern / vom Pabst / der Universität Heydelberg einverleibt / und eigenthumlich übergeben worden ist. Das ander Closter / auch ein Meil von Neustadt / aber auff Landau zu / nemlich zu Oedenkofen gelegen / wird Hailsbruck genant / so Anno 1331. zu einem Jungfrauen Kloster / in die Ehr der Jungfrauen Mariä / Bernharder Reguls / von Salomon / einem Domherrn zu Würtzburg / gestifftet worden ist. Romanus Hay, in Aula Eccles. p. 508. sagt / daß zu Auffrichtung deß Collegii, und Schulen / für die Jesuiten / in der Neustadt an der Hardt / des Casimirischen Collegii Einkommen alda / auß eines gewesten Klosters / und Collegial Kirchen / Gütern / Anno 1636. vom Käyser Ferdinando II. bewilligt worden seyen. Siehe unten Wormbs. Und dieses / was bißhero von Neustadt / und selbigem Ampt / gesagt / ist mehrerntheils auß eines offtgedachten / und gewesten Professoris zu Heydelberg hinterlassenen Schrifften genommen worden / deme wir unterdessen / biß wir eines andern berichtet werden / Glauben geben wollen.