Über mechanische Copieen von Inschriften
[II] [WS: Exlibris: ASHMOLEAN MUSEUM OXFORD/ EX LIBRIS F. LL. C[…]/ N. C. C. […]TITH/ 1937]
[III] Vor mehr als zehn Jahren erschien in den Jahrbüchern des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande (Heft XXXXIX S. 57 ff.) die kleine Abhandlung, welche in theilweis veränderter und vielfach erweiterter Gestalt mit freundlich ertheilter Erlaubniss der Redaction jener Zeitschrift auf den folgenden Blättern wieder abgedruckt worden ist. Eine größere Anzahl von Sonderabzügen derselben gelangte in Deutschland und ausserhalb der Grenzen desselben zur Verbreitung; auch einige ausländische Gelehrte, wie Herr G. Perrot in Paris, haben das darin Gebotene ihren Landsleuten zur Benutzung empfohlen (in der Revue archéologique Bd. 22, 1870, S. 134). Die kleine Schrift hat manchen Nutzen gestiftet; da die Nachfrage nach ihr unverändert fortdauert und das hauptsächlich in ihr empfohlene Verfahren des Papierabdrucks noch immer nicht allgemein genug zur Anwendung kommt, so darf man sich von einer neuen Veröffentlichung derselben, zu welcher der Verf. schon seit längerer Zeit von verschiedenen Seiten aufgefordert worden ist, vielleicht weiteren Nutzen für die Epigraphik versprechen. Obgleich die Erfahrungen des Verf. und mithin auch die nachfolgenden Ausführungen sich auf das Gebiet der classischen Epigraphik beschränken, so gelten dieselben doch auch für mittelalterliche, orientalische und alle übrigen Inschriften auf dem gewöhnlichen harten Material. Die im Anhang beigefügte französisch abgefasste Anweisung zum Herstellen von Papierabdrücken ist dazu bestimmt, die Bekanntschaft mit dem einfachen Verfahren möglichst weithin zu verbreiten.
Berlin, März 1881.
Seite | |
Einleitung | 1 |
I. Der Gipsabguss | 3 |
II. Die Photographie | 4 |
III. Der Papierabdruck | 5 |
IV. Der Stanniolabdruck | 11 |
V. Die Durchreibung | 12 |
VI. Die Durchzeichnung | 13 |
Schluss | 15 |
Anhang I. Zur Geschichte des Papierabdrucks | 18 |
Anhang II. Das Färben der Inschriftenschrift | 22 |
Anhang III. Instruction pour l’estampage des inscriptions (französische Bearbeitung des Abschnittes III) | 24 |
[1] Mit vollem Recht erwecken die epigraphischen Studien ein täglich sich steigerndes Interesse. Auch aus dem großen Schiffbruch der antiken Litteratur wird ja zwar hin und wieder noch manches werthvolle Stück zu Tage gefördert, aus Papyrosrollen aegyptischer Gräber oder aus zwei- oder auch dreimal beschriebenen Pergamenten; aber in weit ausgedehnterem Maß wird unsere Kenntniss der verschiedenartigsten Seiten des Alterthums durch die zahlreichen Funde griechischer oder lateinischer Inschriften fortgesetzt erweitert. Zum Theil ist es der pure Zufall, der sie zu Tage bringt. Der Aufschwung der modernen Cultur, selbst in bisher derselben noch wenig zugänglichen Ländern, und besonders die im Gefolge dieser modernen Cultur auftretenden Bauanlagen, wie die von Straßen, Brücken und Eisenbahnen, haben die zufälligen Funde in jüngster Zeit erheblich vermehrt; auch trägt die wenigstens extensiv im Steigen begriffene Bildung dazu bei, dass weniger Denkmäler, insbesondere weniger Bronzen, nach der Auffindung zerstört oder verbraucht werden. Zum Theil wird ihre Auffindung absichtlichen Nachgrabungen verdankt, wie sie nicht bloß in Athen und in Olympia, in Troia und in Mykenae, in Cypern und in Aegypten, in Jerusalem und in Rom, sondern ebenso auch an den verschiedensten weniger bedeutenden Plätzen antiker Cultur im Zuge sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht immer, bei den zufälligen Funden besonders, Gelehrte zur Hand sind, welche im Stande wären, die neu gefundenen Inschriften richtig zu lesen. Selbst im ganzen wohlerhaltene lateinische Inschriften, um von den zuweilen sehr umfangreichen griechischen Urkunden zu schweigen, welche das Fehlen der Interpunction und Accentuierung an sich schon schwer verständlich [2] macht, bieten dem ungeübten Leser mannigfache Schwierigkeiten. Es ist ja nicht von jedem im übrigen Gebildeten, ja nicht einmal von den classischen Philologen zu verlangen, dass sie, so wie die Sachen jetzt stehen, auch die griechische und römische Epigraphik, oder wenigstens eine von den beiden dieser technischen Disciplinen beherrschen; für die Philologen wird es freilich je mehr und mehr eine Notwendigkeit, dass sie, wie von der Palaeographie und Diplomatik, so auch von jenen Disciplinen sich einige Kenntniss verschaffen. Ohne solche Kenntniss ist es aber nicht möglich, selbst die besterhaltene Inschrift richtig zu verstehen, und ohne die Möglichkeit richtigen Verständnisses können schlechterhaltene, verwitterte, theilweis verstümmelte Inschriften überhaupt gar nicht befriedigend copiert werden.
Es ist ein längst widerlegter Irrthum, dass ein Ablesen und Copieren der Inschriften ohne alles Verständniss des Inhalts um der vermeinten Unbefangenheit willen zu besseren Resultaten führe, als ein mit dem Lesen verbundenes Deuten und Combinieren; das Inschriftenlesen ist vielmehr eine Kunst, die wie alle Künste und Fertigkeiten technische Vorkenntnisse und dauernde Uebung voraussetzt. Fortwährend aber geschieht es noch, dass Abschriften von Inschriften genommen werden von solchen, denen jene Vorbedingungen zum Inschriftenlesen gänzlich abgehn; bleiben die Originale unerreichbar oder gehn sie, wie so häufig, nach der Auffindung wieder verloren, so muss die Wissenschaft mit solchen unvollkommenen Copieen allein operieren. Keineswegs soll daraus den Männern ein Vorwurf gemacht werden, die mit Mühe und Fleiss Inschriften an entlegenen Orten abschreiben und abzeichnen, ohne der Aufgabe gewachsen zu sein. Sie verdienen im Gegentheil Dank und Anerkennung; doch lässt sich nicht immer sagen, dass eine unvollkommene Abschrift unter allen Umständen besser sei als keine.
Viel Zeit und unnütze Zweifel aber sind zu ersparen, wenn man sich entschliesst statt unvollkommener Abschriften überall, wo es irgend angeht, ausser den bloßen Abschriften mechanische Reproductionen der Texte herzustellen. Ist die Abschrift von einem geübten Kenner gemacht, so bietet sie in nicht seltenen Fällen mehr als die beste mechanische Copie; neben der mechanischen Copie ist aber auch die Abschrift eines Nichtkenners häufig von Nutzen, wie nachher gezeigt werden soll. Ueber die Vorzüge aber der mechanischen Copieen vor den Abschriften Ungeübter bedarf es keiner Worte; man ist sich längst darüber [3] einig. Allein es schien mir in Folge der eigenen Erfahrungen, die ich fortgesetzt mache, nicht unnütz über die verschiedenen Arten mechanischer Reproductionen von Inschriften und ihre Anwendbarkeit in verschiedenen Fällen die nachfolgenden, auf einiger Praxis beruhenden Mittheilungen zu veröffentlichen.
Für die vollkommenste Reproduction eines inschriftlichen Denkmals kann wohl der Gipsabguss gelten, sofern er dasselbe in seiner Gesammtheit (mit Ausschluss der Farbe) vollständig wiedergiebt. Allein die Herstellung der Formen für den Abguss ist kostspielig, zeitraubend und umständlich; Werth und Wichtigkeit der epigraphischen Monumente entspricht auch häufig kaum der auf die Herstellung von Formen und Abgüssen verwendeten Mühe. Zu solchen Ausnahmefällen rechne ich alle diejenigen, bei welchen die allgemeine tektonische Form des Denkmals oder künstlerische Zuthaten zu demselben, z. Β. Bildnissdarstellungen, Reliefs und dergleichen, für die Beurtheilung der Inschriften mit in Betracht kommen. Wo hierfür die Photographie, welche gleich nachher zu besprechen ist, nicht ausreicht (und dies ist nicht selten der Fall), kann man des Gipsabgusses nicht entrathen. Aber auch rein inschriftliche Denkmäler widersetzen sich in gewissen Zuständen der Verderbniss zuweilen jeder anderen Art von Reproduction ausser der durch den Abguss. Wenn z. Β. die Schrift durch Feuchtigkeit oder Abscheuerung fast alle Tiefe verloren hat, wie bei Inschriftplatten, die auf dem Boden gelegen haben und Jahrhunderte lang betreten worden sind, oder, was öfter vorgekommen ist, als Spülsteine für die Wäsche gedient haben, sodass also auch der Papierabdruck nicht möglich ist, und ferner wenn feine Algen die Oberfläche des Steins bedecken, deren dunkele Färbung die Photographie illusorisch macht, so ist ein Abguss oft allein möglich. Auch leistet ein solcher zuweilen vorzügliche Dienste, in dem er die falschen Vorstellungen, welche das Original in dergleichen Fällen nur zu leicht hervorbringt, corrigiert. Ein lehrreiches Beispiel dieser Art ist das venafranische Decret des Augustus und die Geschichte seiner Entzifferung (Henzen 6428, Wilmanns 784; C. I. L. X 4842). Es versteht sich also von selbst, dass Abgüsse, wenn sie zu haben, sehr nützlich sind. Der epigraphische Reisende aber, welchem meist nur kurz bemessene [4] Fristen zur Beschaffung von mechanischen Copieen zu Gebote stehen, wird fast durchgehends auf sie verzichten müssen.
Das heutzutage beliebteste und am weitesten verbreitete Mittel mechanisch hergestellter Abbildungen für jede Art von Gegenständen ist bekanntlich die Photographie. Für Inschriften ist dieselbe jedoch nicht in allen Fällen geeignet. Handelt es sich darum die äußere Erscheinung eines inschriftlichen Denkmals, architektonische oder plastische Ornamente desselben und ihren Stil, den ganzen Umfang einer größeren Urkunde auf kleinem Raum, und Aehnliches, zur Anschauung zu bringen, so leistet die Photographie auch der Epigraphik unverächtliche Dienste. Für die eigentlich epigraphische Interpretation aber, Lesung und Deutung der Schrift und schwieriger Einzelnheiten derselben, besonders bei mangelhafter Erhaltung, versagt die photographische Reproduction oft ganz (z. B. bei dunkelen Bronzetafeln) oder, was schlimmer ist, sie täuscht sogar, weil wirkliche Eindrücke der Schrift im Lichtbild häufig gar nicht zu unterscheiden sind von zufälligen Verschiedenheiten der Färbung, wie sie die Oberfläche der Stein- oder Erztafeln zu zeigen pflegt. Für auf sehr ausgedehnte Räume vertheilte Inschriften von guter Erhaltung auf großen architektonischen Werken ist die Photographie nützlich, besonders da sie unter die Loupe gebracht und auf mechanischem Wege vergrößert werden kann. Freilich ist sie auch den perspectivischen Verschiebungen aller photographischen Aufnahmen unterworfen und bedarf desshalb häufig für den Zweck der Reproduction einer Correctur durch den Zeichner. Für die großen Inschriften der stadtrömischen und ähnlicher Baudenkmäler, wie der Brücke von Alcántara in Spanien, reicht die Photographie allein nicht aus, bietet aber, da selbst mit bewaffnetem Auge oft nicht alle Theile hoch angebrachter Schrift von mäßiger Größe zu erkennen und hohe Gerüste selten zu beschaffen sind, die einzig erreichbare mechanische Grundlage der Abschrift. Was die Photographie zu leisten vermag, ist eigentlich nur die genaue Wiedergabe des palaeographischen Charakters der Schrift im Allgemeinen, während die Tiefe und die Art des Schnittes der Buchstaben meist aus ihr nicht gehörig erhellen oder durch falsche Lichtwirkung entstellt werden.
[5] Das kleine Buch von Prof. H. Vogel (die chemischen Wirkungen des Lichts und die Photographie in ihrer Anwendung in Kunst, Wissenschaft und Industrie u. s. w., Leipzig 1874 8.) giebt über die verschiedenen Arten photographischer Aufnahmen sowie über die oft durchaus nicht vollständige Correctheit derselben lehrreichen Aufschluß.
Beides, Eigenart und Tiefe der Schrift in den Inschriften, lässt in weit vollkommnerer Weise als die Photographie die dritte Art der mechanischen Reproduction von Inschriften erkennen, nämlich der Papierabdruck, gemeinhin der Abklatsch, von den Franzosen empreinte oder jetzt gewöhnlich estampage, uneigentlich auch calque, von den Engländern paper-impression squeeze oder rubbing genannt. Er ist das eigentlich adaequate, das weitaus beste mechanische Reproductionsmittel der Inschriften; überall anwendbar, ausser wo der zu große Umfang der Inschriftfläche, oder ihre Unerreichbarkeit für die Berührung mit den Händen, oder endlich Wassermangel hindern. In den seltenen Fällen ferner, in welchen die Inschriften erhabene Schrift zeigen (s. unten Abschnitt VI), ist er zwar meist auch anwendbar, aber nicht ganz ausreichend. In allen übrigen, also den weitaus meisten Fällen aber ist er in seinen Resultaten so vorzüglich, dass er das Studium der Originale nicht nur zumeist vollständig ersetzt, sondern oft noch überbietet, weil man mit allen Vortheilen günstiger Beleuchtung und auch mit der Rückseite des Abdrucks operieren kann. Diese Vorzüge sind längst erkannt, und z. Β. von den Aegyptologen für die Reproduction der Hieroglypheninschriften, die sich so leicht mit der Hand nicht abschreiben lassen, in ausgedehntem Maß verwerthet worden; auch griechische und lateinische Inschriften sind seit langer Zeit schon in Papier abgedruckt worden. Aber nicht bloß in Italien, in Spanien und England ist es mir passiert (und kann dort jedem täglich passieren), dass man die einfache Manipulation des Abklatschens nicht kannte und fast wie ein Wunder anstaunte, sondern auch bei uns in Deutschland ist sie noch lange nicht bekannt genug und wird daher noch viel zu selten angewendet.
[6] Schon im sechszehnten Jahrhundert scheint das Verfahren bekannt gewesen zu sein; Pighius hat bereits einen Papierabdruck benutzt[2]; nachher erwähnt seine Anwendung, freilich in etwas veränderter Methode Fabretti. Die letzte und ausführlichste Instruction für das Herstellen von Papierabdrücken ist meines Wissens für die im Jahr 1843 von dem damaligen französischen Unterrichtsminister Villemain eingesetzte Commission zur Herausgabe eines Corpus inscriptionum Latinarum, das bekanntlich unausgeführt geblieben ist, von Hrn. Tastu verfasst worden.
Vor allem empfiehlt den Papierabdruck die Leichtigkeit und Billigkeit seiner Herstellung; jeder Arbeiter, gleichviel welches Geschlechtes, ja jeder nicht ganz ungeschickte Lehrling oder Schüler kann ihn machen, selbst wenn der Gebrauch einer Leiter oder eines einfachen Gerüstes sich als nöthig herausstellt; es ist ganz überflüssig, Bildhauer, Gipsgiesser oder Maurer dazu anzustellen, welche sich die ungewohnte, obgleich leichte Arbeit unverhältnissmäßig theuer bezahlen zu lassen pflegen.
Man nimmt zum Papierabdruck ungeleimtes Papier, nicht zu schwaches Löschpapier, am besten nicht zu starkes Druckpapier; aber auch geleimte Papiere, Schreibpapier, schwaches Packpapier sind anwendbar. Die Papierhandlung der Gebrüder Ebart in Berlin, W., Mohrenstraße 13.14, liefert unter den Marken LMDII, EF, TG drei verschiedene Stärken weißes ungeleimtes Druckpapier, deren Verwendung ich empfehlen kann. Doch kommt natürlich auf die Farbe nichts an; fast alle Arten von ordinären Packpapieren lassen sich zu Abdrücken verwenden und reichen aus, wo bessere Sorten Papier fehlen. Zu dickes Papier ist ungeeignet, weil es die Schriftformen nicht scharf genug ausprägt. Stellt sich das angewendete Papier während des Gebrauchs als zu schwach heraus, so lege man zwei oder drei Blätter übereinander. Man kann auf diese Weise auch gleich auf einmal mehrere Abdrücke erzielen; der unterste wird freilich immer der schärfste sein, wie bei gepressten Stempeln. Aber je nach Tiefe und Schärfe der Schrift habe ich schon drei, auch vier gleich brauchbare Abdrücke in leichtem ungeleimtem Papier auf einmal erreicht. Man muss sie nach dem Trocknen nur recht sorgfaltig von einander lösen. Das Format des Papiers wird sich natürlich nach der Größe der Schriftfläche richten. Zu großes Format ist unbequem zu transportieren und [7] schwierig zu handhaben; der Druckbogen von ungefähr 43 zu 56 Centimetern ist im Allgemeinen am geeignetsten. Reicht bei sehr umfangreichen Denkmälern das angewendete Format nicht aus, so lege man einen Bogen neben den andern, so dass sich ihre Ränder decken, und bezeichne noch auf dem Stein selbst durch Striche und Kreuze (mit weicher Kreide, Tinte oder Farbe), wie und wo sie zusammen gehören. Mühseliges Zusammenkleben ist ganz unnöthig und erschwert den Transport; die einzelnen Theile können für das Lesen ja immer wieder zusammengelegt werden. Dieß zu erleichtern nützt in allen Fällen sehr die Abschrift auch eines Ungeübten, weil man auf ihr den Zusammenhang und die Vertheilung der Schrift im ganzen trotz einzelner Fehler leichter übersieht.
Nöthig ist hierzu ein Gefäß mit Wasser und ein tüchtiger Schwamm; in Ermangelung des letzteren kann auch ein nasses Tuch verwendet werden. Damit wasche man zunächst die Schriftfläche möglichst rein; aller Staub und der oft verhärtete Schmutz müssen aus den Vertiefungen der Schrift sorgfältig entfernt werden. Es kommt vor, dass sich selbst mit dem Messer oder der Spitzhacke nicht wegzubringender Schmutz, Thon- oder Kalkerde, Silicate und dergleichen auf oder in den Schriftflächen befinden. Dann kann ohne Gefahr Salzsäure angewendet werden, je nach der Festigkeit des Schmutzes entsprechend verdünnt. So geschah es mit dem Stein aus Kustendje im brittischen Museum C. I. L. III 6155 durch Hrn. Newtons Fürsorge. Ich hatte ihn im J. 1867 wegen der ihn bedeckenden Thonkruste nicht copieren können; im J. 1868 war er (durch Salzsäure) vollkommen gereinigt und lesbar; die Säuren hatten dem Stein nicht das geringste geschadet. Marmor wird allerdings durch Salzsäure afficiert; bei seiner Härte ist aber wohl nur selten zu befürchten, dass sich Kalk- oder Thonerde so unlöslich fest ansetzen, wie dies z. Β. bei den neu gefundenen pergamenischen Sculpturen der Fall ist. Es ist meiner Erfahrung nach gut, die Schriftfläche möglichst feucht zu machen; die verschiedenen Arten von Marmor und Sandstein machen dabei eine verschiedene Behandlung, seltenere oder öftere Benetzung oder Begiessung, nothwendig. Ist die Schriftfläche, wie gewöhnlich, eine verticale, so fließt von selbst das überflüssige Wasser ab; hat man eine horizontale Fläche vor sich, die Inschrift also auf den Rücken gelegt (was für die eigentliche Manipulation des [8] Abdruckens viel bequemer ist), so ist darauf zu sehen, dass nicht, wie man zu sagen pflegt, das klare Wasser auf ihr stehe.
Nun muss auch das Papier angefeuchtet werden. Dies kann auf verschiedene Weise, je nach der Qualität desselben, geschehen. Dickes geleimtes Papier muss man womöglich ganz durchs Wasser ziehen, dass es abtrieft; bei leichterem ungeleimtem Papier hat es sich mir bewährt, nur die eine Seite desselben mit dem (recht nassen) Schwamm (oder Tuch) möglichst gleichmäßig anzufeuchten, und diese dann auf die Schriftfläche zu bringen. Die andere Seite des Papiers behält so etwas mehr Korn, wie man sagt, und größere Widerstandsfähigkeit. Doch kommt es nicht selten vor, dass durch Sonnenhitze oder Wind das Papier auf der Schriftfläche an manchen Stellen zu früh trocknet, ehe der Abdruck fertig ist; da habe ich mich nie gescheut, das Papier mit dem Schwamm einfach von vorn neu zu benetzen, so lange bis es feucht genug war.
Das so angefeuchtete Papier wird nun (mit seiner nassen Seite natürlich) auf die noch nasse Schriftfläche sorgfältig aufgelegt und mit einem trocknen Tuch (ich habe nie etwas anderes als ein Schnupftuch dazu gehabt) oder auch mit dem möglichst trockenen Schwamm gleichmäßig fest aufgetupft. Tastu empfiehlt dafür auch einen tampon, einen ledergepolsterten oder leinenen Puffer; wer kann den aber immer mit sich führen? Schaden kann er übrigens nichts. Liegt die Schriftfläche horizontal, so ist das Auflegen des Papiers sehr leicht; etwas schwieriger, aber auch nicht sehr schwierig, ist es bei der verticalen Fläche oder bei der convexen (z. Β. bei Meilensäulen). Man suche das Papier zuerst mit beiden Händen an den oberen Ecken festzulegen und klopfe mit der (nachherzuerwähnenden) Bürste gleich den obersten Theil (die ersten Zeilen etwa) fest; dann legt sich der untere Theil des Papiers von selbst leicht an. Es bilden sich jedoch dabei, besonders wenn die Schriftfläche durch Löcher und Risse ungleich ist, Luftblasen, die man mit dem Tuch (oder Schwamm) sorgfältig nach den Seiten oder nach unten hin vertreiben muss; Tastu empfiehlt dieselben durch Nadelstiche zu entfernen. Auch Falten im Papier sind nicht immer ganz zu vermeiden, hindern aber auch gar nicht, wenn sie nur mit aller Rücksichtslosigkeit festgeklopft werden. Das Auflegen des Papiers auf die Schriftfläche ist bei hoch und unbequem angebrachten Steinen zuweilen schwierig, besonders [9] wenn der Wind weht. Ich habe an der der See zugekehrten offenen Loggia des Stadthauses von Cartagena oben auf der Leiter dieß Experiment ausgeführt, während zwei Männer mit langen Cannarohren (wie man sie im Süden statt unserer Bohnenstangen braucht) von unten das Papier festhielten, und ein dritter mir auf der Leiter den Eimer hielt, weil bei der frischen Brise fortwährendes Anfeuchten nöthig war.
Das Festklopfen des Papiers auf dem Stein ist die letzte und wichtigste Manipulation. Es gehört dazu eine tüchtige Bürste, welche nicht zu langhaarig und weich sein darf; die bekannte Construction der Pferdekartätsche ist empfehlenswerth, doch thut es auch jede tüchtige Kleiderbürste mit und ohne Stiel; am besten ist es wenn der Stiel in einer höheren Ebene liegt als der Rücken der Bürste; die Borsten dürfen nicht zu grob sein und müssen eine dichte, gleichmäßige Fläche bilden. Mit dieser Bürste klopfe man mit aller Kraft das Papier so fest und gleichmäßig als möglich auf die Schriftfläche auf, so dass es sich, vermöge seiner natürlichen Elasticität, in alle Vertiefungen der Schrift, sowie in alle zufälligen Löcher und Risse des Steines hineinlegt. Es schadet dabei nichts, wenn, was bei dünnem Papier und tiefer Schrift nicht immer vermieden werden kann, in den Tiefen der Schriftzüge das Papier hier und da durchreißt. Erweist sich das Papier durchgehends als zu dünn, so lege man, wie schon gesagt, schnell noch einen zweiten, ebenfalls vorschriftsmäßig angefeuchteten Bogen auf. Auch wenn der Abdruck hier und da zerrissen ist, in den Tiefen der Buchstaben, so kann man die Schrift desshalb doch immer noch ganz gut lesen; und darauf kommt es ja wesentlich an. Mit dem zu zimperlich ängstlichen Klopfen erhält man stets zu flache und daher für den Charakter des Schnittes der Schrift nicht ausreichende Abdrücke. Auch schadet das starke Klopfen den Steinen oder Erzen nichts: je härter und edler dieselben sind, desto weniger. Bei ganz dünnen Erzplatten (auch bei Gold-, Silber- und Bleiplättchen) und bei gewissen leicht bröckelnden Marmorbreccien oder durch Feuchtigkeit stark erweichtem Sandstein wird man natürlich vorsichtig sein müssen. On ne saurait prendre trop de précautions lorsqu’il s’agit de toucher à des monuments confiés à notre discrétion sagt Tastu, im Princip gewiss sehr richtig; doch lässt sich Vorsicht anwenden ohne den Erfolg des Verfahrens zu beeinträchtigen.
Ist das Festklopfen des Papiers auf der Schriftfläche ausgeführt, so kann man zweierlei Wege einschlagen. Entweder man [10] lässt das Papier auf dem Stein selbst trocknen und nimmt es dann erst fort – dieß lässt sich aber meist nur auf horizontalen Schriftflächen ausführen und bei vollkommener Freiheit über das Original zu verfügen sowie bei hinreichen der Muße dazu –, oder aber man löst sogleich, und das hat sich mir in allen Fällen als das empfehlenswertheste herausgestellt, das noch nasse Papier mit beiden Händen von den oberen Ecken beginnend sorgsam ab und legt es, womöglich auf Holz und in die Sonne, zum Trocknen hin. Tastu tränkt das Papier dann noch mit dünnem Mehl- oder Stärkekleister; ich habe gefunden, dass die einmal ausgedehnte Masse des Papiers an sich eine völlig ausreichende Dauerhaftigkeit besitzt und, wie meine seit Jahren vorhandene sehr große Sammlung solcher Abdrücke ausnahmslos zeigt, auch behält.
Ist der Abdruck vollkommen trocken, so kann er gerollt, zusammengefaltet (mit möglichster Schonung der Schrift) und versendet, oder aber ausgebreitet, und in Mappen oder Kästen aufbewahrt werden. In einer Blechrolle zum Verschließen habe ich an hundert Abdrücke, zusammengerollt, zu Pferd und Wagen weit transportiert, ohne dass es ihnen im geringsten geschadet hätte. Auch werden unter Kreuzband aus fernen Gegenden, aus Schottland, Spanien, Africa, Kleinasien, nicht selten Abdrücke gesendet, welche durch den Transport nicht leiden; man muss ihnen nur einen gehörig breiten und starken Papierumschlag geben. Doch soll damit nicht etwa behauptet werden, dass Papierabdrücke, auch gut gemachte, überhaupt nicht beschädigt werden könnten. Feuchtigkeit kann sie, wie begreiflich, ganz oder theilweis verderben, auch starker Druck mit Feuchtigkeit verbunden, oder Durchscheuerung. Dieß ist bei der Versendung zu berücksichtigen. Für die Aufbewahrung empfiehlt es sich, die Abdrücke ausgebreitet in feste Behälter von der Größe des gewöhnlich angewendeten Papiers (45 zu 56 Centimeter) zu legen. Sehr umfangreiche Papierabdrücke können durch Umkniffen in dieses handliche Format gebracht werden. Die wenigen Kniffe hindern die Benutzung nicht; unförmliche Papiermassen oder Rollen sind weit eher der Verletzung, besonders an den Rändern, ausgesetzt. Liegt eine Abschrift, wenn auch eines Ungeübten, dem Abdruck bei, so wird er in den meisten Fällen, auch wenn er beschädigt ist, noch nützen. Ausserdem empfiehlt es sich, die einzelnen Blätter des Abdrucks [11] einer Inschrift sämmtlich sogleich mit einer deutlichen Bezeichnung der Herkunft zu versehen.
Der Charakter einer unmittelbar mechanischen Copie, mit allen Zufälligkeiten und Undeutlichkeiten des Originals, wird aufgehoben, sobald man, wie Tastu empfiehlt, die Schriftzuge des Abdrucks mit Bleistift, Kreide oder Farbe nachzieht. On pourra passer dans le creux des lettres de l’empreinte un trait de crayon rouge ou noir, pourvu que cette opération ne soit pas faite sur le monument, qu’elle pourrait détériorer. Das letzte wird nur in den seltensten Fällen zu befürchten sein; aber vor dem Nachziehen der Abdrücke ist entschieden zu warnen. Die oft irrthümlich nachgezogenen Linien lassen sich vom Papier schwer wieder entfernen und sind im Stande, den Werth des ganzen Abdrucks illusorisch zu machen. Allen Epigraphikern ist bekannt, wie oft die Inschriften selbst durch unverständiges Nachmalen der Buchstaben mit Oelfarbe ganz oder stellenweis unleserlich gemacht worden sind. Im Alterthum füllte man allerdings die Vertiefungen der Schrift mit rother Farbe (Mennige) aus[3], wie man früher die Aufschriften nur damit malte; durch falsches Bemalen der Originale sind aber z. Β. eine Anzahl von Inschriften der bis jetzt größten Inschriftensammlung der Welt, der vaticanischen Galleria lapidaria, und ebenso viele in kleineren Sammlungen befindliche verdorben worden und daher zum Theil nur noch im Papierabdruck richtig zu lesen.
Bei sehr kleiner und wenig tief eingegrabener Schrift, z. Β. der großen Gesetzestafeln und vieler kleinerer Urkunden, wie der Militärdiplome und Patronatsdecrete, ebenso bei den Aufschriften auf Gold, Silber, sehr dünner Bronze und Blei, führt der Papierabdruck meistens zu ungenügenden Resultaten. Nur sehr dünnes Papier dringt in die Vertiefungen der Schrift hinreichend ein, und der so erzielte Abdruck bleibt immer schwer lesbar. Für diese Art von Inschriften, ebenso wie für in gebranntem Thon oder in den Kalkbewurf von Wänden eingeritzte Inschriften, so wie für die Aufschriften auf Knochen und Elfenbein, wird, abgesehn vom Gipsabguss, der Abdruck in Blei- oder Zinkpapier (Stanniol), [12] das vierte Reproductionsmittel, welches zu Münzabdrücken vielfach verwendet wird, anzuwenden sein. Er giebt ein ebenso treues Bild, wie der Papierabdruck, hat aber verschiedene Nachtheile demselben gegenüber. Erstens ist er sehr wenig dauerhaft; der geringste Druck richtet ihn, ganz im Gegensatz zu dem trocken gewordenen Papier, zu Grund. Man hat zwar versucht die Rückseite mit Wachs oder einer Guttaperchaauflösung auszugießen (ich habe beides selbst angewendet); allein dabei wird häufig der Abdruck selbst alteriert oder lädiert, und dauerhaft wird er auch so nicht. Mittelst einer Handpresse oder Schraube von Münzen genommene Stanniolabdrücke lassen sich mit geschmolzenem Schwefel auspinseln, welcher besser als Wachs und Guttapercha conserviert; bei größeren Inschriften ist das Verfahren jedoch nicht anwendbar, da der Stanniol sich sehr schnell verzieht. Man kann also den Abdruck nur zwischen Watte verpackt in festen Kästchen transportieren und muss ihn beim Lesen sehr sorgfältig behandeln. Zweitens ist der blanke Stanniol für größere Flächen sehr unbequem zu lesen und greift die Sehkraft an, worin ich bei der Collation großer Gesetzesfragmente Erfahrungen gemacht habe. Der Stanniolabdruck ist mithin immer nur ein unvollkommener Ersatz des Papierabdrucks und seine Anwendung wird sich meist auf die Reproduction kleiner, den Münzen verwandter Alterthümer mit Aufschriften beschränken. Für diese ist er jedoch nicht wohl zu entbehren.
Es kann aber, und zwar nicht bloß in der africanischen Wüste, wo diese Erfahrung oft gemacht worden ist, der Fall eintreten, dass das Haupterforderniss für den Papierabdruck, das Wasser, nicht zu beschaffen ist. In solchen Fällen giebt es ein Verfahren des trockenen Abdruckens oder farbigen Abreibens, die Durchreibung (dieß ist eigentlich das rubbing der Engländer), über welche ebenfalls hier ein paar Worte zu sagen sind, obgleich dieß Verfahren (das fünfte Reproductionsmittel) an sich bekannt ist und von den Künstlern in ziemlich analoger Weise vielfach angewendet wird. Es gehört dazu ein sehr dünnes und glattes Papier (nicht vollkommen durchsichtiges, geöltes oder Pflanzenpapier, sondern sogenanntes französisches Seidenpapier, oder auch leichtes Postpapier, wenn das Format ausreicht, von heller Farbe) [13] und ein farbiges Pulver, am besten wohl Graphitschwärze (mine de plomb), die man als solche kaufen oder auch von jedem weicheren Bleistift abschaben kann, oder auch geriebene Mennige (vom Rothstein abzuschaben); auch andere geriebene Kreiden, sowie Kohlenschwärze und Schusterpech, sind dafür zu verwenden. Das Papier wird auf die trockene Schriftfläche fest aufgelegt (womöglich an den Enden mit Wachs befestigt) und der Farbestoff (in geringer Quantität und ganz leicht) darauf gerieben, mit der Fingerspitze oder mit einem Lederpuffer (tampon) oder dem zusammengeballten Schnupftuch. Das Graphitpulver ist so fein, dass man es am besten in Säckchen von fester Leinwand, die nur wenig durchläßt, auflegt. Das geht ziemlich schnell; doch hat man bei Anwendung des Schusterpechs die Quantität der aufzulegenden Farbe mehr in der Gewalt. Die leinenen Tampons mit Graphitpulver nutzen sich außerdem sehr schnell ab. Das dünne Papier senkt sich bei jeder dieser Anwendungsarten von Farbstoffen über den Vertiefungen der Schrift unmerklich ein, und nimmt auf diesen nicht, sondern nur auf der festen Schriftfläche, die Farbe an. Der Grund des durchgeriebenen Abdrucks erscheint also dunkel, die Schrift hell. Je fester das Papier aufliegt, desto schärfer erscheinen die Umrisse der Schrift; auf rauhem, unebenem, verwittertem Gestein und bei roh und unregelmäßig eingehauener Schrift ist das Resultat selten befriedigend. Mit dem (feuchten) Papierabdruck kann die Durchreibung schon desshalb sich nicht messen, weil sie im besten Fall nur den Umriss der Schrift genau, nie aber die Tiefe des Schnittes derselben wiedergiebt; bei schwierig zu lesenden, sehr zerstörten Inschriften kommt man mit ihr überhaupt nicht weit. Doch empfiehlt sie sich für größere Urkunden auf Erz und überhaupt für solche Schrift, deren Kleinheit den Papierabdruck unanwendbar macht; auch erlangt man durch sie wenigstens eine Gesammtübersicht über die Vertheilung der Schrift im Raum und eine annähernd genaue Vorstellung vom Charakter derselben.
In den seltenen Fällen, wo die Schrift der Inschriften nicht vertieft ist, sondern entweder in gleicher Ebene mit der Schriftfläche liegt (z. Β. da wo eherne Buchstaben in Marmortafeln oder in Mosaikfußböden oder goldene oder silberne Buchstaben in Silber, [14] Gold oder Erz eingelegt sind, endlich bei allen gemalten und bei den Mosaikinschriften) oder gar wo sie erhaben ist (z. Β. auf Metallbarren, gegossenen Bleiröhren und in vielen Ziegelstempeln), kann der Papierabdruck entweder überhaupt nicht, oder darf er nur in anderer Weise als sonst zur Anwendung kommen. Auch die Durchreibung ist hier nur selten verwendbar. In den Fällen der ersten Art wird man als einzig bequemes, freilich dem Abdruck an Bequemlichkeit und Sicherheit weit nachstehendes Mittel der mechanischen Reproduction (das sechste) die Durchzeichnung (die Pause oder den calque, englisch tracing) betrachten müssen, zu deren Ausführung, außer dem nöthigen durchscheinenden Papier (oder transparentem Glanzcattun, wie ihn die Architekten anwenden) freilich einige Uebung im Zeichnen und wenigstens eine sichere Hand gehört. In den Fällen, wo die Schrift nicht allzu erhaben ist, gelingt der Papierabdruck meist ganz gut (so besitze ich zahlreiche Abdrücke von erhabenen Ziegelstempeln); ist sie sehr stark erhaben, so wird meist nur der Gipsabguss möglich sein.
Die Durchzeichnung ist nur ein halb und halb mechanisches Reproductionsmittel; sie führt uns gewissermaßen zurück zu dem Ausgangspunkt dieser Betrachtung, dass nämlich am Ende aller Enden in manchen Fällen doch auch beim Copieren der Inschriften jedes mechanische Verfahren seine Grenzen hat und daher die von einem Kenner gemachte Abschrift als bestes Reproductionsmittel in ihre unveräußerlichen Rechte tritt.
Es mag hierbei noch eines Hülfsmittels Erwähnung gethan werden, welches geeignet ist, die Lesung wenig tief eingegrabener oder durch irgendwelche Umstände sehr zerstörter Inschriften zu erleichtern. Dasselbe besteht darin, daß man die Schriftfläche von hellem Sonnenlicht oder von möglichst intensivem künstlichen Licht von der Seite her beleuchtet werden lässt. Auf diese Weise entstehen scharfe Schlagschatten auch in den schwächsten Vertiefungen, welche oft zu sicherer Lesung der Schrift führen. Beleuchtet man zuerst von der rechten, dann ebenso auch von der linken Seite, so erhält man sich ergänzende und höchst vollständige Schattenwirkungen, welche zu studieren und richtig zu schätzen auch für die Benutzung der Photographieen von Wichtigkeit ist. Selbstverständlich ist dieses Beleuchtungsverfahren auch bei Gipsabgüssen und Papierabdrücken anwendbar und meist erfolgreich.
Die Abschrift lässt sich ferner auch noch mit der Durchzeichnung der gut erhaltenen Theile oder mit der Durchreibung [15] schwierigerer Partieen verbinden; insbesondere dient die genaue Einhaltung der Maaße des Originals und der Schriftvertheilung auf demselben oft zu wesentlicher Unterstützung der bloßen Abschrift; sie giebt ihr den Charakter einer wirklichen Porträtierung des Denkmals. Eine passende Illustration für solches Verfahren giebt die Art, wie Hr. Perrot zu seiner Copie des Monumentum Ancyranum gelangt ist (C. I. L. III S. 772).
Durch die Anwendung eines der im vorhergehenden beschriebenen Mittel mechanischer Reproduction, besonders durch den Papierabdruck, ist ein Jeder in den Stand gesetzt, mit geringer Mühe und ohne irgend erhebliche Unkosten authentische Copieen von Inschriften zu erlangen und zu bewahren. Das Studium solcher Copieen ist für alle diejenigen, welchen die großen Sammlungen von originalen Inschriften nicht zugänglich sind, eine weit fruchtbringendere Einführung in die Epigraphik, als die Benutzung handschriftlicher oder gedruckter Inschriftentexte. Insbesondere können auf diese Weise sehr leicht in den verschiedenen Centren epigraphischer und antiquarischer Studien, wie in den Provinzialmuseen, durch Abdrücke die Gruppen der ortszugehörigen Inschriften in annähernder Vollständigkeit zusammengebracht werden. So hat Ferdinand Keller in Zürich, das Muster eines Localantiquars, seiner Zeit daran gearbeitet, Papierabdrücke aller noch vorhandenen Schweizer Inschriften zu beschaffen und diese, in Mappen geordnet, im Züricher Museum auszulegen. In Coeln, Bonn, Trier, Mainz u. s. w. wäre etwas ähnliches für die Rheinlande leicht ausführbar und von höchstem Nutzen. Größere Museen könnten in gleicher Weise nach verschiedenen wissenschaftlichen Gesichtspunkten Sammlungen von Papierabdrücken beschaffen; womit für weit weniger Geld viel mehr erreicht werden würde, als durch das Ankaufen einiger Specimina von zufällig sich darbietenden Inschriftsteinen. Schon Ritschl hat seiner Zeit den vortrefflichen Plan verfolgt, eine solche Sammlung von Abdrücken datierter Inschriften herzustellen; für Frankreich hat man in Paris ein reiches Material zusammengebracht. Für die Herstellung einer Palaeographie der lateinischen Inschriften von Caesar abwärts ist seit Jahren eine große Sammlung von Papierabdrücken aus allen Ländern, im Auftrage der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, angelegt worden. Nur in dem Studium solcher größerer Sammlungen findet die Kenntniss der chronologischen und der provinzialen Entwickelung der Schrift ein sicheres Fundament. Vor der [16] Hand sind wir noch genöthigt von solchen Dingen nach Vermuthungen zu urtheilen, welche sich an ein ganz unzureichendes Material knüpfen. Ein besonderer Vorzug der mechanischen Reproductionen von Inschriften, besonders des Papierabdrucks, besteht endlich darin, daß sie die sicherste Grundlage für die Facsimilierung der Inschriftentexte und die Herausgabe solcher facsimilierter Texte bieten. Zwar empfiehlt es sich nur in seltenen Fällen, die Papierabdrücke selbst einfach zu photographieren oder durch verwandte Arten der Vervielfältigung, wie die Phototypie, zu reproducieren. Denn selbst wenn die Abdrücke vollkommen gelungen sind, so erhält man doch nur ein Facsimile des Papiers, nicht des Steins; in dem gewöhnlicheren Falle, daß der Abdruck nicht ganz tadellos ausgefallen ist, giebt die photographische Fixierung aller seiner kleinen Gebrechen und Zufälligkeiten meist ein ungenügendes, nicht selten ein geradezu falsches Bild des Originals. Uebrigens verbietet sich die phototypische Reproduction ganzer Papierabdrücke meist schon durch ihre verhältnissmäßige Kostspieligkeit. Vorzüge und Schwächen des Verfahrens zeigen Beispiele, wie die in der Revue archéologique von 1876 (Bd. 31 S. 177. 185) sich findenden. Dagegen hätten die vorzüglichsten Reproductionen lateinischer Inschriften, welche wir besitzen, wie die fast unübertrefflichen einst für Hrn. Alphonse de Boissieu in seinen inscriptions de Lyon (Lyon 1846–54 4.) in Radierungen auf Stahl hergestellten, oder die zum großen Theil ebenfalls vorzüglichen Holzschnitte in Bruce’s Lapidarium septentrionale (Newscastle 1870–75 fol.), mit Hülfe von Papierabdrücken sicher weit wohlfeiler, die letztgenannten unzweifelhaft auch noch stilgetreuer hergestellt werden können. In Charles Robert’s épigraphie Gallo-Romaine de la Moselle (Paris 1873 4.) findet sich neben den vortrefflichen Photogravuren nach den Originalen (welche jedoch ziemlich kostspielig sind) auch der Versuch gemacht, die im Jahre 1750 in Metz gefundene und mit der Straßburger Bibliothek verbrannte Inschrift des Pertinax (Orelli 895) nach einem Papierabdruck zu reproducieren (Taf. V Fig. 3). Leider sind auf demselben die Buchstaben offenbar dunkel gefärbt worden, wodurch die Authentie der Reproduction beeinträchtigt wird. Eine Reihe von anderen epigraphischen Publicationen der Gegenwart, in welchen Werth und Wichtigkeit des Facsimiles mehr und mehr zur Anerkennung gelangt ist, braucht hier nicht besonders erwähnt zu werden. Ein Blick auf sie zeigt, daß die in ihnen gebotenen Abbildungen von Inschriften nur dann allen Anforderungen entsprechen, [17] wenn sie auf der Benutzung mechanischer Reproductionen beruhen. Denn der Papierabdruck ist das beste Hülfsmittel, um durch Pausen und Zeichnen und weiter durch mechanische Vervielfältigung der so gewonnenen Zeichnungen ein wirklich treues Abbild der Inschriftenschrift herzustellen. Die Art, wie in Ritschl’s priscae Latinitatis monumenta epigraphica in den in Kreidemanier ausgeführten Lithographieen Papierabdrücke der Inschriften reproduciert worden sind, giebt in vielen Fällen kein richtiges Bild von der Tiefe, Schärfe und Klarheit der Lapidarschrift der republicanischen Zeit. Hier hätte die Benutzung von Photographieen nach den Originalen oder wenigstens eine durch Anschauung gewonnene Vertrautheit mit denselben als Correctiv der Papierabdrücke verwendet werden sollen. Es ist bei den Inschriften genau so (und das ist kein Wunder) wie bei den photographischen Aufnahmen nach der Natur und bei der photographischen Vervielfältigung von Kunstwerken. Nur als Grundlage selbständiger künstlerischer Arbeit führt die mechanische Copie zur vollendeten Reproduction.
Wenn auf die oben bezeichnete Weise durch Sammlungen von Abdrücken und durch geeignete Vervielfältigung derselben der Sinn für den palaeographischen Charakter der Schrift in weiteren Kreisen sich ausbildet, so wird dadurch auch die Unterscheidung des ächten vom unächten erleichtert und vielleicht in Zukunft verhindert werden, dass plumpe Fälschungen immer noch, wenigstens eine Zeit lang, ernste und im Uebrigen mit den antiquarischen Studien vertraute Männer zu täuschen vermögen. Allein wenn auch diese Hoffnung sich als Täuschung erweisen sollte (was keineswegs unmöglich ist), so werden diese Zeilen doch vielleicht dazu beitragen, dass mechanische Copieen von Inschriften an Stelle unzulänglicher Abschriften, und unter den mechanischen Copieen als die weitaus empfehlenswertheste der Papierabdruck, künftig als die selbstverständliche Form der Inschriftencopie zu allgemeinster Anwendung kommen.
[18]
Von der Erztafel mit dem Decret der Decurionen von Peltuinum aus dem J. 242 (I. N. 6034 = C. I. L. IX 3429) besaß Pighius einen Papierabdruck, welcher das einst in Antonio Augustin’s Besitz befindliche Original, das in Tarragona zu Grunde gegangen ist, ersetzt. Er befindet sich in dem auf der Berliner Bibliothek aufbewahrten Codex des Pighius (fol. 187); die Buchstaben sind zwar mit Tinte nachgezogen, doch ist dies mit Geschick und Verständniss ausgeführt. Augustin selbst scheint die ausführliche Anweisung zu diesem Verfahren gegeben zu haben.
Ueber das Alter der Methode, von Inschriften Papierabdrücke zu nehmen, machte ferner Prof. Gildemeister folgende Mittheilung: „Die wahrscheinlich älteste Erwähnung findet sich um 1631 in den in Millins Magazin encyclopédique für das Jahr 1815 abgedruckten Briefen Peiresc’s an d’Arcos, einen gelehrten Provençalen spanischer Abkunft, der in Tunis zum Islam übergetreten war. D’Arcos hatte die berühmte phönicisch-libysche Inschrift von Thugga entdeckt und erbot sich, den Stein, der sie trug (einen Quader der zweituntersten Lage des Gebäudes), herausnehmen zu lassen und nach Frankreich zu senden. Dies verbat Peiresc, der voraussah, dass es nicht ohne Beschädigung des Ganzen auszuführen sei, mit der Pietät des ächten Gelehrten für ein geschichtliches Denkmal, das selbst vandalische und arabische Zerstörungen überdauert hatte, und weit entfernt von der Rohheit des Engländers Sir Thomas Reade, der in unseren Tagen, bloß um die Inschrift in ein englisches Museum zu schleppen, das solide, in seiner Art einzige, vollständig jetzt nur noch in Catherwood’s Zeichnung (Transactions of the American Ethnolog. Soc. Newyork 1845 Ipl. 9) existierende Mausoleum, dessen Bestande keine Gefahr drohte, in [19] plumpster Weise hat zerstören lassen (Guérin Voyage archéol. dans la régence de Tunis, 1862 II 120; Maltzan Reise in Tunis und Tripolis 1870 II 284). Er wünschte daher bloß einen genauen Abdruck der Inschrift und gab dazu Anleitung. Dieselbe findet sich in dem genannten Jahrgang des Magazin encyclopédique Band 3 S. 125 und wird danach von Quatremère im Journ. asiatique 1828 113 im Wesentlichen wörtlich folgendermaßen angeführt: Il proposait deux moyens: ou de prendre une empreinte en plâtre, ou d’employer un autre expedient, qui se recommande par son extrême simplicité. Il consistait à appliquer sur la pierre des feuilles de papier mouillé, simples ou doubles, suivant l’épaisseur du papier; puis de le presser légèrement avec le doigt et un linge de manière à y faire imprimer la figure des caractères, et d’attendre, pour le retirer, qu’il fut à-peu-près sec.
Der Zeit nach folgt hierauf Fabretti’s Notiz am Schluss der Vorrede seines bekannten Werks inscriptionum antiquarum quae in aedibus paternis asservantur explicatio et additamentum, Rom 1699 fol., wo er sagt er habe ausser den Abschriften gelehrter Freunde auch solche von ignari et indocti prorsus, und zwar tuto et fideliter gebraucht, da sie nämlich arte quadam facili et expedita nec quae sciatur inutili gemacht seien. Er beschreibt diese ars so: lapidibus quippe leviter in superficie emundatis, ita ut pulvis et situs in concavitate litterarum remaneat, chartam bene humentem applico et linteolo in globum circumvoluto sive arida spongia superposita ita comprimo, ut in vacuo elementorum spatio et sordibus ibi remansis tingatur, unde et litterarum color aliquis et profunditas impressa remaneat, sicque exsiccata colore non minus quam duritie litteras affabre sculptas ostendat. Hiernach war also die Absicht die, einen farbigen Abdruck der Schrift (durch den in ihr aufgesammelten Schmutz) zu erhalten; in der Praxis kommt dabei die richtige Methode heraus.
Zu derselben Zeit ungefähr hat, wie mir Mommsen mittheilt, der dänische Gelehrte Rostgaard ganz correcte Papierabdrücke stadtrömischer Inschriften hergestellt. Dieselben, an Zahl 28, in den Jahren 1691 bis 1699 in Italien von griechischen und römischen Inschriften genommen, befinden sich auf der Universitätsbibliothek zu Kopenhagen (ms. Rostgaardiana n. 378/117) mit der folgenden Aufschrift (von R.’s Hand): fasciculus chartarum varii moduli, inscriptiones Italiae non paucas continentium, quae postquam singula folia humectata in cavitates characterum impacta fuissent, totam inscriptionem inverso quidem ordine scripturae, sed plane ad vivum repraesentant.
[20] Ussing berichtet (in der Oversigt over det Kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger von 1866 S. 203, in dem französischen resumé S. 8), dass die Abdrücke vollkommen gut erhalten seien und, obgleich Rostgaard nur zu oft die Schrift mit der Feder oder dem Pinsel nachgezogen habe, so deutlich, dass man die beim Nachziehen gemachten Fehler ohne Mühe erkenne. Sie sind für Band VI des C. I. L. benutzt worden.
Das Verfahren des Abklatschens ist später, wie es scheint, für die aegyptischen und die griechischen inschriftlichen Denkmäler zuerst wieder in größerem Umfange in Aufnahme gekommen; was ich hier nicht weiter verfolge. Auch für lateinische Inschriften ist es wohl niemals ganz in Vergessenheit gerathen, aber zu systematischer Verwendung haben erst die auf Herstellung einer allgemeinen Sammlung aller lateinischen Inschriften gerichteten Bemühungen geführt, für welche seine Wichtigkeit nicht verkannt werden konnte. Mit praktischem Sinn haben daher die französischen Gelehrten, welche eine solche Sammlung unternahmen, dem Prospect ihres Unternehmens jene oben erwähnte Instruction für das Abklatschen beigegeben. Sie steht S. 33 ff. der von dem designierten Verleger des damals in Paris geplanten Corpus, Herrn Ambroise Firmin Didot, gedruckten aber nicht in den Buchhandel gegebenen Sammlung der projets et rapports relatifs à la publication d’un recueil général d’épigraphie Latine, einer Broschüre in 8. von 35 S., und ist verfasst von Hrn. Tastu, der eine Zeitlang französischer Consul in verschiedenen spanischen Häfen war und nachher in Narbonne gelebt hat. Sie ist im ganzen richtig und brauchbar, aber nicht vollständig und für alle Fälle ausreichend. In einigen Punkten weicht meine praktische Erfahrung von der des Hrn. Tastu ab; in einem besonderen, oben erwähnten Fall ist Hrn. Tastu’s Rath pervers und geradezu gefährlich.
Prof. Gildemeister verdanke ich ferner die Nachweisung eines Verfahrens, inschriftliche Denkmäler mechanisch zu reproducieren, welches der französische Orientalist Lottin de Laval sich rühmt, vor etwa fünfundzwanzig Jahren erfunden und zuerst angewendet zu haben. Eine kurze Notiz darüber wird hier am Platze sein. In seinem Reisewerk Voyage dans la Péninsule Arabique du Sinaï u. s. w. (Paris 1855–59, ein Bd. in 4. und einer, mit den Tafeln, in fol.) giebt der Verf. nur dunkele Andeutungen über sein Verfahren, welches die französische Regierung ihm abkaufte. Von den Tafeln sind weitaus die meisten einfache Lithographieen; [21] die siebzehn letzten jedoch sind phototypische Abbildungen von Gipsabgüssen aegyptischer und arabischer Stelen mit Inschriften. In dem Reisewerk wird eine weitere Inschriftensammlung, recueil de facsimiles d’inscriptions provenant de Ninive, Babylone, Schapour, Persépolis u. s. w., als demnächst erscheinend angekündigt (mir liegt sie nicht vor) und dabei bemerkt: les monuments, reproduits en plâtre par Mr. L. de L., seront photographiés et tirés par lui même d’après des procédés nouveaux aussi surs que puissants. Zugleich erschien die folgende Broschüre: Manuel complet de Lottinoplastique, l’art du moulage de la sculpture en bas-relief et en creux, mis à la portée de tout le monde, sans notices élémentaires, sans apprentissage d’art, précédé d’une histoire de cette découverte. Paris (Dusacq) 1857, 32mo (96 S.). Es handelt sich danach um ein umständliches Verfahren, Formen in Kleistermasse herzustellen, aus welchen Gipsabgüsse gewonnen werden. Die Ergebnisse sind, wie Levy in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft Bd. 14 (1860) S. 364 ff. hervorhebt, keineswegs der Art, dass eine weitere Verbreitung der ‚Lottinoplastik‘ empfohlen werden könnte. Versuche zur Herstellung von Abdrücken, auch in Papier, aus denen dann Gipsabgüsse hergestellt werden sollten, sind nicht selten gemacht worden. Man hat dazu das Papier mit Gallerten imprägniert oder auf geeignete Unterlagen gebracht; mir liegen Papierabdrücke vor, welche durch einfaches Bekleben mit stärkerem Papier (auf ihren Rückseiten) als freilich nur sehr unvollkommene Gussformen benutzt worden sind. Die weitere Verfolgung dieses Gebietes der Technik gehört jedoch nicht zu unserer Aufgabe.
Erwähnt kann noch werden, dass die erhabene Schrift bronzener römischer Stempel (der sogenannten Bäckerstempel) nicht selten geschwärzt zum unmittelbaren Abdruck benutzt worden ist, wie viele handschriftliche Inschriftensammlungen und einige gedruckte Abhandlungen des Neapolitaners Guarini zeigen.
[22]
Plinius schon berichtet (n. h. 33 § 122) minium in voluminum quoque scriptura usurpatur clarioresque litteras vel in auro vel in marmore etiam in sepulcris facit. Auf Gold hat man schwerlich rubriciert, Mommsen (C. I. L. I S. 16) vermuthete daher vel in muro vel in marmore, womit die Mauerfläche und die eingesetzten marmornen tituli unterschieden werden sollen. Aber murus und marmor scheinen mir nicht rechte Correlata zu sein; auch der murus kann ja marmorn sein und war es in den kostbaren Gräbern der Kaiserzeit häufig, und marmor wird zwar uneigentlich für Grabstein und Grabschrift gebraucht, ist aber doch nicht identisch mit titulus. Die tituli sepulcrales waren in republicanischer Zeit selten auf Marmortafeln eingegraben, sondern auf die landüblichen Steinsorten, und so sind auch in der Kaiserzeit noch Grabcippi aus anderen Steinsorten als Marmor häufig genug. Ich würde daher eher vermuthen vel in aere vel in marmore, das palaeographisch nicht viel ferner liegt wie in muro. Seit alter Zeit sind für die Verzeichnung der Gesetze und Urkunden in Rom Erztafeln gebraucht worden (vgl. Mommsen in den Annali acti Inst. 1858 S. 196 ff.); nie zwar ist bisher bemerkt worden, dass sich auf den erhaltenen Erztafeln Spuren von Farbe gefunden hätten, aber nie ist auch meines Wissens auf diesen geringfügig scheinenden und bei der Kleinheit der Schrift kaum bemerkbaren Umstand geachtet worden. Aber auch wenn constatiert wäre, dass nie auf solchen Tafeln Farbe gefunden worden ist, so bietet das immer noch keinen ausschliessenden Beweis bei der verhältnissmäßigen Seltenheit von Erztafeln und bei der geringen Fähigkeit des Metalls, die Farbe auf sich haften zu machen. Die Abschnitte der Urkunden (κῶλα und capita) wurden auf Erz so gut wie auf Marmor, auf geweißten Wänden oder anderem Schriftmaterial durch Absätze und größere Anfangsbuchstaben unterschieden. Warum die Ueberschriften der Absätze, die traditionell rubricae heißen und z. B. auf der Erztafel von Malaca (C. I. L. II 1964) mit dem vorgesetzten durchstrichenen R bezeichnet werden, nicht auch als ursprünglich roth gemalt gedacht werden sollen, vermag ich nicht einzusehn. Wie vielfach das Alterthum bemüht war, auch dem Erz durch Mischung und eingelegte Ornamente Färbung zu geben, [23] ist bekannt; so schwer zu übersehende Urkunden wie das Repetundengesetz und das Ackergesetz (C. I. L. I 198 und 200) müssen durch rothe Färbung der Ueberschriften oder Anfangsworte der capita einigermaßen an Deutlichkeit und Lesbarkeit gewonnen haben.
Auf Stein dagegen ist von jeher so gut wie auf dem weißen Kalkbewurf oder auf geweißten Holztafeln die Schrift mit rother oder schwarzer Farbe zunächst aufgemalt worden. Zahlreiche Gefäßaufschriften sind, ebenso wie die Ankündigungen auf den Wänden der Häuser, überhaupt nur gemalt worden. Meist aber ist die gemalte Aufschrift die Grundlage für die Arbeit des Steinmetzen gewesen, welcher sogar, wie längst bemerkt und zuletzt von H. Dressel des Näheren ausgeführt worden ist (in den commentationes Mommsenianae S. 386 ff.), in bestimmter Schriftart die Formen der Pinselführung nachahmte. So haben sich denn neben den eingehauenen auch bloß gemalte Aufschriften, z. B. auf den Sarkophagen der Scipionen und der Furier und auf den Aschenkrügen sehr alter Begräbnissstätten in Rom, sowie auf den marmi grezzi des Tiberemporiums erhalten. Von der großen Epistylinschrift des Chalcidicum der Eumachia in Pompeji sind eine Reihe von nur gemalten Fragmenten erhalten, welche später verworfen worden zu sein scheinen; die Steine, auf welchen diese großen gemalten Buchstaben stehen, sind theilweis nachher umgekehrt und zu der wirklich angewendeten Inschrift gebraucht worden; siehe Mommsens Inscr. Neap. 2205 und C. I. L. X 811. Eine Inschrift im Museum zu Pavia (C. I. L. III 6421) zeigt in den ersten drei eingemeisselten Zeilen deutlich die rothe Farbe, mit welcher sie schon im Alterthum gefärbt worden, während die beiden letzten bloß roth gemalt, nicht auch eingehauen waren; wahrscheinlich sind sie später hinzugefügt und die Ausmeißelung aus irgend einem Grunde nicht ausgeführt worden. Oder es wurde wohl auch von dem ursprünglichen Concept aus mancherlei Gründen abgewichen. Auf einer der kleinen Aschenkisten aus dem Grabmal einer Familie Pompeia bei Baëna in Spanien (C. I. L. II 1596) sind unter der eingemeißelten Schrift deutliche Reste einer verschiedenen Fassung der municipalen Ehrenämter des Verstorbenen in roth gemalter Schrift zu erkennen. Vortreffliche Beispiele noch wohl erhaltener rother Färbung der Buchstaben, und zwar, obgleich moderne Restaurationen hier oft nach kurzer Zeit nicht mehr zu unterscheiden sind, unzweifelhaft antiken Ursprungs, zeigen viele der großen monumentalen Inschriften an den öffentlichen Gebäuden Pompeji’s.
[24]
L’estampage en papier mouillé s’obtient par un procédé très-simple, qu’un ouvrier quelconque, homme ou femme, même un apprenti pas trop maladroit, pourra exécuter d’après une instruction très-courte. Le procédé ne peut être appliqué qu’aux inscriptions gravées sur pierre ou marbre, sur des plaques de bronze assez fortes, et sur des terres cuites d’une épaisseur suffisante. Pour les inscriptions des grandes tables de bronze à très-petite écriture (comme les lois, les diplômes militaires, les décrets de patronat, etc.), ainsi que pour celles gravées sur des plaques très-minces d’or, d’argent ou de plomb, le papier commun peut être remplacé par le papier d’étain ou de plomb, papier qui toutefois, outre d’autres défauts, a celui de se conserver très-mal. L’estampage ne se prête, d’ailleurs, qu’aux inscriptions gravées en creux. Cependant à peu près toutes les inscriptions antiques étant gravées de cette manière, on peut l’obtenir presque partout, à moins que le monument dont il s’agit ne soit d’une grandeur exceptionnelle, ou qu’il ne se trouve dans un endroit inaccessible, ou que l’on ne soit sans l’eau nécessaire. Dans ces cas-là, la photographie ou le calque en mine de plomb doivent remplacer l’estampage. Quand les lettres de l’inscription sont incrustées, comme dans les mosaïques, ou dans les vases d’argent et de bronze (à lettres d’or ou d’argent), il n’y a de possible, en dehors du plâtre, que la reproduction par un calque au crayon, qui, du reste, n’est pas une reproduction tout-à-fait mécanique. L’estampage est, sans doute, le moyen de reproduction le plus facile, et, en même temps, le plus scientifique de tous. Même le plâtre, quoiqu’il donne une reproduction plus complète des monuments avec tous leurs accessoires de sculpture et d’architecture, ne mérite point la préférence, parce qu’il ne peut être étudié aussi aisément que les estampages, que l’on peut tenir sur la table en nombre quelconque et mettre au jour le plus favorable. Souvent le déchiffrement d’un passage détérioré et difficile à lire n’est dû qu’à l’étude du revers de l’estampage. Du reste, le plâtre est, la plupart des fois, beaucoup plus difficile à obtenir et toujours bien plus cher que l’estampage en papier.
Voici la description du procédé de l’estampage.
[25]
Le papier non collé (ou très-peu collé) est préférable, pourvu qu’il soit assez fort; le format dit grand-raisin (d’environ 43 sur 56 centimètres) est le plus commode; les formats plus grands sont trop difficiles à manier et à conserver. Le papier employé en Allemagne, pour l’impression des livres, n’étant presque pas collé, est le meilleur de tous, à la condition toutefois que son épaisseur soit en rapport avec la profondeur des lettres à estamper. M. M. Ebart frères, à Berlin, W., Mohrenstraße 13.14, en fournissent trois sortes d’épaisseur différente (marquées LMDII, EF et TG), qui suffiront dans tous les cas.
S’il se trouve, en estampant, que le papier soit trop mince, on mettra une feuille nouvelle sur celle qu’on à déjà employée. On obtiendra de cette manière, deux ou trois estampages à la fois; toutefois le dernier, bien entendu, ne sera pas aussi net et profond que les autres. Si le format du papier ne suffit pas pour la grandeur des monuments, on mettra autant de feuilles l’une à côté de l’autre (marge sur marge), que l’étendue de l’inscription l’exigera, en n’oubliant pas de marquer, sur la pierre même, par des traits d’union ou des croix (avec du crayon tendre, ou de l’encre, ou de la couleur), comment les feuilles se suivent. Cela suffit pour qu’on puisse reconstituer l’ensemble au moment où l’on voudra lire l’inscription. Inutile de les coller l’une à l’autre, ce qui même en rendrait incommode le maniement. Il est bon, en tout cas, de faire une copie de l’inscription, en dehors de l’estampage, au lapis ou à la plume, fûtelle imparfaite dans les détails; elle aidera à comprendre l’ensemble de l’estampage.
On commence par brosser la pierre (ou le bronze) à sec et par la bien laver avec de l’eau. Tout ce qu’il y a d’ordure dans le creux des lettres, doit en être enlevé soigneusement. Sur le marbre et sur les pierres calcaires dures on peut employer, pour le nettoiement, une solution faible d’acide muriatique; quelquefois même des instruments d’acier ne suffisent pas pour éloigner toutes les matières dures fixées dans les creux. La pierre doit être bien mouillée; si l’inscription se trouve, comme à l’ordinaire, sur un plan vertical, le surplus de l’eau découlera très-vite. Si elle [26] occupe une position horizontale, l’eau ne doit pas y rester dans une quantité trop abondante.
Quand le papier n’est pas trop fort, on l'imbibe, à l’éponge, du côté qui doit être appliqué à la pierre; l’autre côté, de cette manière, conservera un peu plus de force. L’éponge doit être assez forte et consistante. Pour le papier très-fort, il vaudra mieux le tremper en pleine eau, afin de l’en bien saturer. Si, pendant l’opération, le papier devient trop sec (ce qui parfois arrive par l’effet du soleil et du vent), on peut le retremper sans crainte même du côté de face.
Application du papier mouillé à la pierre. Emploi de la brosse.
On applique le papier, de son côté mouillé, à la pierre, en commençant par le haut, surtout quand elle se trouve dans une position verticale, comme à l’ordinaire. Quand le plan de l’inscription est horizontal, il n’y a pas de difficulté; il faut un peu plus d’habileté, quand il est convexe, comme celui des colonnes milliaires. Si l’inscription se trouve dans une position très-haute, enchâssée, par exemple, dans une muraille, l’application du papier, à l’aide d'une échelle, offre, quelquefois, de sérieuses difficultés. Pour bien fixer le papier, un mouchoir ou l’éponge sèche suffit, pourvu que, quand le monument est en plein air, le vent ne souffle pas trop fort. Le tampon de linge, recommandé par Mr. Tastu, sera rarement à la disposition du voyageur épigraphiste; il ne pourra, du reste, qu’être utile. Les bulles d’air, qui pourraient demeurer sous le papier, doivent être chassées vers le bas ou vers les côtés de la feuille.
Vient ensuite l’emploi de la brosse, lequel est la partie essentielle de toute l’opération. La brosse (ou vergette plate), doit avoir des crins assez longs et serrés, comme les brosses moyennes à habits; elle sera plus facile à manier, si elle est faite à la manière des brosses pour chevaux, ou si elle a un manche ou une poignée qui se trouve dans un plan plus haut d’environ 5 à 8 centimètres que la brosse elle-même; on battra ainsi plus facilement le papier. On frappe donc avec la brosse, en commençant par le haut de la pierre, aussi fort que possible, afin que le papier entre dans chaque ciselure de l’inscription. Peu importe que le papier se brise çà et là dans les creux. En général, ces fissures n’empêchent pas l’usage de l’estampage; [27] on peut aussi y remédier en mettant une nouvelle feuille de papier, bien mouillée d'avance, sur les endroits où les fissures se sont produites. De même, les plis du papier, qui peuvent rester, ne nuisent en rien; il faut les frapper jusqu’à ce qu’ils disparaissent. Quand on ne frappe pas très-fort, l’estampage reste trop plat et ne donne pas une reproduction fidèle de l’original. Le frappement, à l’ordinaire, ne fait aucun dommage à la pierre ou au bronze; cependant, si la pierre est déjà détériorée ou si le métal est très-mince, il sera bon de frapper un peu moins fort. Quand tout le plan de l’inscription est bien pénétré par le papier, il y a, pour retirer l’estampage, deux méthodes différentes, applicables selon les circonstances. On peut laisser le papier sur l’inscription jusqu’à ce qu’il soit sec; mais cela n’est possible, en général, que sur des inscriptions posées horizontalement et quand on a du temps et pleine liberté de disposer du monument en question. La plupart des fois on sera obligé de retirer à l’instant le papier de la pierre; ce qu’on fait, sans aucun péril de gâter l’estampage, en le détachant soigneusement avec les deux mains, et de haut en bas. On le met de suite à sécher au soleil, ou, au moins, sur un plan quelconque de bois.
Le papier, une fois sec, conserve l’empreinte avec la plus grande stabilité; on n’a pas besoin de l’augmenter par un trempage à l’eau de colle de riz ou de farine, exécuté, à la fin de l’opération, encore sur la pierre, comme le recommande Mr. Tastu. On peut rouler le papier ou le plier (en se gardant de faire les plis au travers de l’écriture), pour lui donner un format plus commode. Dans ce format, on peut transporter (en porte-feuilles, caisses de bois, ou rouleaux de tôle, etc.) et envoyer les estampages sans le moindre péril de les endommager. En les mettant à la poste, sous bande (‘by bookpost’), on fera bien de les recouvrir d’une enveloppe assez grande d’un papier carton pas trop faible. Pour les conserver, on recommande de ne pas les laisser roulés, mais de les étaler dans des caisses de la grandeur du papier employé (45 sur 56 centimètres). On peut plier les estampages plus grands pour les réduire à ce format. Pour faciliter l’emploi des estampages, il est bon de noter le lieu de provenance sur chaque feuille (surtout quand une seule inscription en exige plusieures). Des rouleaux [28] volumineux ou des masses de papier d’un très-grand format se gâtent beaucoup plus facilement, surtout aux marges. Il n’y a que l’humidité, et une pression extraordinaire se joignant à l’humidité, qui puissent détruire les estampages.
Il ne faut jamais passer dans le creux des lettres de l’empreinte un trait de crayon rouge ou noir, ce que Mr. Tastu recommande. Car il est évident qu’en faisant cela, on détruit le caractère de copie purement mécanique, qui constitue le mérite de l’estampage. Il faut donc se garder d’altérer ce caractère, en ajoutant ou en ôtant le moindre trait.