ADB:Meier, Georg Friedrich
Christoph Semmler, der besonders in der Mathematik, Astronomie, Physik und Mechanik viele, theoretische wie praktische, Kenntnisse besaß. Die humanistischen Wissenschaften mußte sich M. großentheils durch Privatfleiß aneignen. Bereits seit 1732 besuchte er daneben an der Universität das eine oder andere Colleg; seine eigentliche akademische Studienzeit begann aber erst zu Ostern 1735. Er hörte theologische und philosophische Vorlesungen, namentlich bei den Brüdern Siegmund Jakob und Alexander Gottlieb Baumgarten. Außerdem übte er sich im Predigen und ertheilte auf seiner Stube und in der Schule des Waisenhauses regelmäßige Unterrichtsstunden. Im April 1739 wurde er zum Magister der Philosophie promovirt; um Michaelis desselben Jahres habilitirte er sich mit einer Schrift „De nonnullis abstractis mathematicis“ und las den Winter hindurch über reine Mathematik und hebräische Grammatik. Zu Ostern 1740 übernahm er die Collegien und die zahlreiche Zuhörerschaft seines nach Frankfurt a. O. berufenen Lehrers A. G. Baumgarten. Er las von nun an regelmäßig Logik, Metaphysik, Naturrecht und philosophische Ethik, außerdem öfters allgemeine Hermeneutik, allgemeine Einleitung in die ganze Weltweisheit, Socialphilosophie, Aesthetik, Theorie aller schönen Künste und Wissenschaften, ästhetische Homiletik, auf Friedrichs II. speciellen Befehl auch einmal über Locke’s „Essay concerning human understanding“. Mehrere Rufe nach auswärtigen Universitäten lehnte er ab, obwohl er erst im November 1746 zum außerordentlichen und im December 1748 zum ordentlichen Professor der Philosophie mit kärglichem Anfangsgehalte befördert wurde. Frühzeitig ernannten ihn die deutschen Gesellschaften in Greifswald (1744), Jena (1748), Göttingen (1753) und die Berliner Akademie der Wissenschaften (1751) zu ihrem Mitglied. Im Kriegsjahr 1759/60 und wieder 1768/69 bekleidete er das Prorectorat der Universität Halle. Im Juni 1750 hatte er sich mit Johanna Concordia geb. Hermann, Tochter eines Dorfpastors aus der Umgegend, verheirathet. Durch ihre sorgsame Pflege und Meier’s correcte Lebensweise und häufigen Landaufenthalt wurde die Gefahr, die ihm seine Kränklichkeit immer drohte, trotz seiner unermüdlichen Berufsthätigkeit lange genug hinausgezögert. Am 21. Juni 1777 erlag er endlich seinem Leiden.
Meier: Georg Friedrich M. wurde am 29. März 1718 zu Ammendorf bei Halle a. S. geboren. Den ersten Unterricht empfing der schwächliche Knabe, den die Eltern zärtlich pflegten und vor dem Verkehr mit den Bauernkindern ängstlich behüteten, von seinem Vater, dem Dorfpastor zu Ammendorf. 1727 kam er in die Schule des Waisenhauses nach Halle. Krankheit zwang ihn schon nach wenigen Monaten zur Heimkehr. Erst vom Mai 1729 an konnte er den Unterricht in Halle wieder aufnehmen, jetzt im Hause des Archidiakons M.Als Ehrenmann, Freund und Wohlthäter war er allgemein geachtet und geliebt. Als Lehrer und Schriftsteller wirkte er mit außerordentlichem Erfolge. Seine Zuhörer zählten gewöhnlich nach einigen hunderten. So trug er ungemein dazu bei, die Leibnizisch-Wolffische Lehre, zu der er sich als Schüler Baumgarten’s bekannte, weithin durch Deutschland zu verbreiten. Aber er gehörte schon nicht mehr zu den Wolffianern von strictester Observanz, sondern leitete nebst andern zu dem Eklekticismus der Aufklärer hinüber. Denn auch der Empirismus Locke’s gewann Einfluß auf seine Anschauung, namentlich in der Psychologie. Auch durch die Form seiner Schriften war M. den Aufklärern verwandt. Er schrieb populär, verständlich für ein allgemeines Publikum, welches keine philosophischen Vorkenntnisse ihm entgegenbrachte, vermied die fremden Ausdrücke und die äußere (mathematische) Methode der Schule so viel als möglich und erläuterte seine Lehrsätze durch zahlreiche Beispiele. Wiederholt wandte er sich direct gegen die hochmüthigen „Schulfüchsereien“ gelehrter Pedanten. [194] Freilich wurde seine Darstellung der Deutlichkeit zu Liebe meist übermäßig breit; sein Deutsch blieb bei aller Klarheit und natürlichen Einfalt doch oft marklos und ermüdend eintönig. Die deutschen Begriffsbezeichnungen aber, die er anwandte, sind namentlich auf dem Gebiete der Psychologie zum Theil bis auf den heutigen Tag geblieben, da Kant sich in seiner ersten Zeit mit Vorliebe an ihn anschloß. Meier’s Hauptabsicht war immer auf den praktischen Nutzen gerichtet; auf principielle Untersuchungen, die zunächst nur einen theoretischen Werth zu haben schienen, ließ er sich selten ein. Am ersten noch beim Beginn seiner schriftstellerischen Thätigkeit, als er es noch vorzog, kritisch und polemisch gegen die Arbeiten anderer Verfasser aufzutreten, statt die Anzahl der Autoren zu vermehren, welche in selbständigen Büchern philosophische Lehrgebäude aufführten.
Mit zwei Schriften, welche alsbald lauten Beifall und noch lauteren Widerspruch fanden und gleich vielen seiner älteren Werke eine zweite Auflage erlebten, „Beweis, daß keine Materie denken könne“ und „Beweis der vorherbestimmten Uebereinstimmung“, trat M. 1743 als unverkennbarer Leibnizianer zum ersten Mal vor das lesende Publikum Deutschlands. 1744 ließ er, um den pöbelhaften Geschmack der Deutschen zu verbessern, „Gedanken von Scherzen“ folgen, bisweilen freilich prüde und religiös engherzig. Wieder ging er von der Wolffischen Philosophie aus; die zweite, vollkommen umgearbeitete und beträchtlich vermehrte Auflage (1754) war durchweg auf die Baumgarten’sche Aesthetik gegründet. Daran schlossen sich ebenfalls 1744 „Theoretische Lehre von den Gemüthsbewegungen überhaupt“, 1745 „Abbildung eines wahren Weltweisen“ (auf Grund von Baumgarten’s Ethik), „Abbildung eines Kunstrichters“ und so fort in jedem der nächsten Jahre einige Schriften praktisch-philosophischen Charakters. Zum Theil waren es nur gemeinverständliche deutsche Bearbeitungen von Werken A. G. Baumgarten’s oder von einzelnen Capiteln aus denselben. So war M. in seinen „Gedanken von der Ehre“ (1746), einer Apologie der Ehre und des Strebens darnach, vornehmlich von Baumgarten’s Ethik abhängig. Baumgarten’s Erklärung eines Gedichts als einer oratio perfecta sensitiva vertheidigte er 1746 gegen den Gottschedianer Quistorp und stand von nun an unter den Vorkämpfern für die Theorien der Schweizer und ihrer Anhänger in Deutschland gegen Gottsched, zu dem er früher freundliche Beziehungen gehabt hatte. Ebenso beruhten Meier’s „Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften“ (3 Bände, Halle 1748–1750), das erste umfassende, systematische Werk über theoretische Aesthetik, welches im Druck erschien, nach ihrem wesentlichen Inhalt auf Baumgarten’s noch ungedrucktem lateinischen Colleg über Aesthetik, dessen Mängel auch M. nicht auszufüllen vermochte. Auch ihm galt die Aesthetik als eine „Logik der untern Erkenntnißkräfte“, welche als niedrigere Disciplin, die nur auf das sinnliche, undeutliche und verworrene Erkennen abzielt, der höheren Logik vorausgeht und ihr den Stoff zubereitet. Auch er nahm an der Schönheit der Natur wenig Antheil und wandte sich sogleich zum Kunstschönen. Von dem Princip der Naturnachahmung, auf welches Batteux die sämmtlichen Künste zurückführte, wollte er nichts wissen. Aber auch von den Künsten erregten nur die sogenannten „schönen Wissenschaften“, die Poesie und die Rhetorik, nicht aber die bildenden Künste und die Musik, sein näheres Interesse. Weil er die Rede als das vornehmste Zeichen schöner Gedanken erkannte, so hielt er es für seine nächste Aufgabe, die Grundregeln festzusetzen, nach denen die Schönheit der Reden bestimmt werde. So lief seine Aesthetik in eine Art von Stilistik aus, wie sie ja schon von Anfang an mit zahlreichen Citaten aus älteren und neueren Dichtern geschmückt war. Weitere populäre Bearbeitungen Baumgarten’scher Werke waren Meier’s „Philosophische Sittenlehre“ in 5 Bänden, 1753–1761, [195] neu aufgelegt 1762–1764, seine „Metaphysik“ in 4 Bänden (Ontologie, Kosmologie, Psychologie und natürliche Theologie), 1755–1759, wieder aufgelegt 1765, sein „Recht der Natur“ (1767), theilweise auch seine „Vernunftlehre“ (1752) und seine „Allgemeine praktische Weltweisheit“ (1764), welche gleichmäßig auf Wolff’s „Philosophia practica universalis“, auf Baumgarten’s „Initia philosophiae practicae primae“ und auf Köhler’s „Exercitationes juris naturalis“ gegründet war. Als Docent wie als Schriftsteller verdankte somit M. seinem Lehrer Baumgarten den größten Theil seines Ruhms, und er erfüllte daher nur eine schuldige Pflicht, als er 1763 ein kurzes, aber liebevoll gezeichnetes Lebensbild des früh Verstorbenen entwarf.
Freilich zog M., noch umfassender als Baumgarten, auch die Theile der Philosophie, über welche dieser nicht speciell geschrieben oder gelesen hatte, in den Kreis seiner Darstellung. So veröffentlichte er z. B. 1749 seinen „Versuch eines neuen Lehrgebäudes von den Seelen der Thiere“, der bereits ein Jahr darnach durch C. F. Helwing ins Französische übersetzt wurde. An Leibniz knüpfte M. auch hier an, stützte sich dabei aber auf die Autoren, welche früher dasselbe Thema behandelt hatten, namentlich auf Hieronymus Rorarius „Quod animalia bruta saepe ratione utantur melius homine“ und auf die „Dissertatio historicophilosophica de anima brutorum“ von dessen Herausgeber Georg Heinrich Ribov (Helmstedt 1728), zog auch überall eigne Experimentalbeobachtungen bei. Entschieden wandte er sich gegen die Ansicht des Cartesius, daß die Thiere nur belebte Maschinen seien. Vielmehr urtheilte er von den geistigen Fähigkeiten der Thiere optimistisch bis zur Albernheit. Der „beinahe poetische Eingang“ des Schriftchens erinnert leise an Voltaire’s gleichzeitigen „Micromégas“. 1770 bis 1773 gab M. die „Lehre von den natürlichen gesellschaftlichen Rechten und Pflichten der Menschen“ in 2 Theilen heraus, an deren Fortsetzung ihn der Tod verhinderte.
Dazu gesellten sich kurze Abrisse der verschiedenen philosophischen Disciplinen, welche er als Leitfaden seinen akademischen Vorlesungen zu Grunde legte. So erschien 1752 ein „Auszug aus der Vernuftlehre“, 1757 „Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst“, 1758 „Auszug aus den Anfangsgründen aller schönen Künste und Wissenschaften“, die Quintessenz der Regeln und Lehrsätze aus dem ersten und dritten Bande des größeren ästhetischen Werkes, aber theilweise anders geordnet, 1769 „Auszug aus dem Rechte der Natur“, mit dem ein Abriß der allgemein praktischen Weltweisheit verbunden war.
Zahlreiche Schriften Meier’s bewegten sich auf dem Grenzrain zwischen dem philosophischen und dem moralisch-didaktischen Gebiete. Unter andern gehörten hieher „Gedanken von Gespenstern“ 1748), öfter aufgelegt, auch ins Französische übersetzt; ferner „Gedanken vom Glück und Unglück“ (1753); „Betrachtung über die Schranken der menschlichen Erkenntniß“ (1755), gleichmäßig gegen den Dünkel der Gelehrten, der alles erreichen zu können glaubt, und gegen den absoluten Skepticismus gerichtet, ein Zeugniß für den optimistisch-frommen Sinn des Verfassers; „Betrachtung über die Fehler der menschlichen Tugenden“ (1755); „Betrachtung über die Trostgründe in Kriegszeiten“ (1760); „Betrachtung über die menschliche Glückseligkeit“ (1764), veranlaßt durch Gedanken, welche M. in freigeisterischen Schriften gefunden hatte, bei aller echt frommen und streng sittlichen Gesinnung doch von theologischen Begriffen und Anschauungen möglichst frei; „Gedanken von dem unschuldigen Gebrauche der Welt“ (1765), eine heitere, von finsterer Ascese ferne Auffassung des Lebens predigend mit specieller Rücksicht auf die höheren Stände, welche ihr Rang zur Theilnahme an dem gesellschaftlichen Treiben der großen Welt verpflichtet; endlich „Beiträge zu der Lehre von den Vorurtheilen des menschlichen Geschlechts“ [196] (1766), welche gegenüber dem Dünkel des menschlichen Geistes die Befreiung von den uns allerwärts und unvermeidlich umgebenden Vorurtheilen als reines Glück bezeichneten. 1768–1771 veröffentlichte M. als treuer Anhänger des Leibnizischen Systems „Untersuchung verschiedener Materien aus der Weltweisheit“ in 4 Theilen.
Andere seiner Arbeiten gehörten eben so gut in den Bereich der Theologie wie der Philosophie oder streiften doch weit in jenen hinüber. Das Gebiet der specifisch theologischen Dogmatik zwar vermied M. in allen seinen religionsphilosophischen Studien zu betreten. Durchaus schrieb er „als ein bloßer Weltweiser“, und als solcher bemühte er sich redlich, die Grundlehren der Leibnizisch-Wolffischen Philosophie mit der christlichen Offenbarung in Einklang zu bringen, eventuell Wissen und Glauben als völlig verschiedene, doch nicht einander entgegengesetzte Seiten der menschlichen Geistesthätigkeit streng zu sondern. So verfaßte er 1746 „Gedanken von dem Zustande der Seele nach dem Tode“. Großentheils wiederum auf Grund der Baumgarten’schen Metaphysik suchte er darin vornehmlich gegen Johann Gustav Reinbeck und Israel Gottlieb Canz nachzuweisen, daß wir aus der Vernunft über den Zustand der Seele nach dem Tode nichts wissen, und daß der Tod der Seele allerdings möglich sei, aber nur durch den allmächtigen Willen Gottes. Indem er so als ein particulärer Skeptiker auch hier dem Wahne von dem unbeschränkten Wissen und Können der menschlichen Vernunft entgegentrat, wandte er sich zugleich gegen die Freigeister oder Religionsspötter und beugte sich selbst gläubig vor der christlichen Offenbarung. Gleichwohl konnte er den heftigen Angriffen zahlreicher philosophischer oder theologischer Gegner nicht entgehen. Gegen drei von ihnen vertheidigte er sich 1748 umständlich, ohne nachzugeben. Als aber sein Freund Samuel Gotthold Lange 1749 gegen ihn einen mathematischen Erweis der Unsterblichkeit der Seele veröffentlichte, gab sich M. überwunden und versuchte nun selbst 1751 einen „Beweis, daß die menschliche Seele ewig lebt“, den er 1753 gegen neue Einwände kräftig vertheidigte. Direct zum Verfechter der christlichen Religion warf sich M. 1747 in seiner „Rettung der Ehre der Vernunft wider die Freigeister“ auf (speciell gegen Varenne’s unter täuschendem Titel publicirte Schrift „La vraie religion démontrée par l’écriture sainte traduite de l’anglois de Gilbert Burnet“). Die Denkfreiheit erkannte er dabei zwar als uneinschränkbar an, wünschte aber ängstlich und engherzig die Freiheit der Rede den Freigeistern gegenüber auf ein möglichst kleines Maß begrenzt. Aehnlich vertheidigte er 1748 das Christenthum gegen den Spinozisten Johann Christian Edelmann. 1747 veröffentlichte er noch „Beurtheilung des abermaligen Versuchs einer Theodicee“ (gegen Joachim Böldicke), 1749 „Gedanken von der Religion“, die neben echter Religiosität auch eine heitere, liberale Ansicht vom Leben und von der Welt bekundeten. Als ein Vorläufer Lessing’s auf die Trennung von Speculation und Religion dringend, eiferte er 1754 in den „Gedanken vom philosophischen Predigen“ gegen die für Weltweisheit und Christenthum gleich schädliche Thorheit gewisser Theologen aus Wolff’s Schule, auf der Kanzel zu philosophiren. 1759 veröffentlichte er „Gedanken von dem Verhältniß der Philosophie gegen die geoffenbarte Theologie“, 1760 „Philosophische Gedanken von den Wirkungen des Teufels auf dem Erdboden“ (in aufklärerischem Geiste gegen den durch Propst Gottlieb Müller frischbelebten Wunder- und Teufelsglauben wie überhaupt gegen den volksmäßigen Aberglauben, Hexenwahn und dergleichen), 1763 „Gedanken von dem Einflusse der göttlichen Vorsehung in die freien Handlungen der Menschen“, 1764 „Beurtheilung der Betrachtungen des Herrn Marquis von Argens über den Kaiser Julian“, eine Art von Vertheidigung der christlichen Grundsätze gegen d’Argens’ nicht eben christenfreundliche Rettung Julians, später [197] eine vielgerühmte „Kunst zu predigen“, 1774 inhaltsreiche „Betrachtungen über die wirkliche Religion des menschlichen Geschlechts“, 1775 die bei aller Polemik tolerante und freisinnige „Betrachtung über das Bemühen, der christlichen Religion ihre erste Einfalt und Reinigkeit wiederherzustellen“, endlich „Betrachtungen über die natürliche Anlage zur Tugend und zum Laster“. Vor allem aber gab er 1761–1767 in 8 Theilen 26 „Philosophische Betrachtungen über die christliche Religion“ heraus (1763 von Johann Wilhelm van Haar ins Holländische übersetzt). Von dem kirchlichen Glauben seiner Zeit zeigte er sich hier oft noch eng befangen; gegen die verschiedenen christlichen Confessionen erwies er sich jedoch im allgemeinen duldsam. Gegenüber seinen älteren Schriften (etwa der „Rettung der Ehre der Vernunft“), bezeichneten einzelne der „Philosophischen Betrachtungen“ einen bedeutsamen Fortschritt. In manchen nahm er schon Gedanken vorweg, welche Lessing erst Jahrzehnte später in der „Erziehung des Menschengeschlechts“ aussprach.
Aber auch auf die litterarische Bewegung in Deutschland suchte M. durch eine Reihe von kleineren Schriften Einfluß zu gewinnen. Zunächst veröffentlichte er 1746 seine schon scharf gegen Gottsched polemisirende „Untersuchung einiger Ursachen des verdorbenen Geschmacks der Deutschen in Absicht auf die schönen Wissenschaften“. Richtig betonte er als solche Ursachen die trockene Schreibart unserer Philosophen, das Ueberwuchern der Gelegenheitsdichtung, die elenden Romane, die verkommene Schaubühne, die poesielosen Kirchenlieder und schlechten Predigten, den ungenügenden Schulunterricht, die allgemeine Geringschätzung der Dichter und der Dichtkunst, die Erbärmlichkeit der deutschen Kritik. Noch entschiedner trat er das Jahr darnach auf die Seite der Schweizer durch seine Vorrede vor S. G. Lange’s „Horazischen Oden“ (von der Entbehrlichkeit, ja Schädlichkeit der Reime) und durch seine bei aller äußeren Ruhe und Höflichkeit doch sehr herbe „Beurtheilung der Gottschedischen Dichtkunst“ (in 6 Stücken, 1747–1748). M. drang tiefer auf das Wesen als Gottsched, an dessen Werk er alles, Vollständigkeit in den nothwendigen und weise Beschränkung in den überflüssigen Dingen, namentlich aber systematische Ordnung und Methode vermißte. 1749 gab er, durch Bodmer dazu aufgemuntert, seine „Beurtheilung des Heldengedichts: der Messias“ heraus (1752 fortgesetzt), eine maßlos bewundernde Inhaltsangabe der ersten fünf Gesänge des Klopstockischen Werkes, gut gemeint und auch nicht erfolglos, aber doch gedankenarm und oft geradezu albern, so daß Lessing’s Spott vollauf berechtigt war. Besser machte sich M. um Wieland verdient, den er 1752 durch Herausgabe seines Erstlingswerkes „Die Natur der Dinge“ mit einer empfehlenden Vorrede ganz eigentlich in die litterarische Welt einführte. Gegen Gottsched, der ihn von nun an nicht minder heftig als den Messiassänger verfolgte, wehrte er sich noch einmal energisch 1754 in seiner „Vorstellung der Ursachen, warum es unmöglich zu sein scheint, mit Herrn Professor Gottsched eine nützliche und vernünftige Streitigkeit zu führen“. Auch für mehrere Zeitschriften, die meist schönwissenschaftlichen, oft aber auch ästhetischen oder sonst philosophischen Zwecken dienten, war er lange Zeit thätig. So lieferte er zahlreiche Beiträge zu den Greifswalder kritischen Versuchen, den Halleschen Intelligenzblättern (seit 1750) und besonders zu den moralischen Wochenschriften „Der Gesellige“ und „Der Mensch“. –
- Leben Georg Friedrich Meier’s von Samuel Gotthold Langen, Halle 1778. Hauptquelle; doch Meier’s Verdienste lächerlich überschätzend. – Johann Gottlieb Buhle, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie und einer kritischen Litteratur derselben, Bd. VII, S. 298–312, Göttingen 1802. – Johann Eduard Erdmann, Grundriß der Geschichte der Philosophie, Bd. II, S. 208 ff., Berlin 1866. – Eduard Zeller, Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz, 2.Aufl., München 1875. S. 237.