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ADB:Zimmer, Johann Georg

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Artikel „Zimmer, Johann Georg“ von Heinrich Zimmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 233–242, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zimmer,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 21:33 Uhr UTC)
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Zimmer: Johann Georg Z., geboren am 11. Januar 1777 in der Untermühle bei Homburg v. d. Höhe. Sein Großvater stammte aus Lich in der Wetterau. Durch seine fromme Mutter ward er im Glauben der Väter erzogen. Nachdem er die Volksschule besucht und auch etwas französisch gelernt hatte, trat er auf den Rath seines Lehrers am 16. October 1791 in Frankfurt a. M. in die Lehre bei Buchhändler Heßler, der aber, wie Z. später erst inne ward, weniger den Buchhandel als vielmehr eine Leihbibliothek betrieb, sodaß er wol Gelegenheit zu unterhaltender Lectüre, aber nicht zum Erlernen des Buchhandels fand. Nach fünfjähriger Lehrzeit übernahm er eine Stelle in der Dieterich’schen Buchhandlung in Göttingen, und hörte auf der Wanderung dahin in Weimar Herder am Charfreitag predigen. Das belebte Dieterich’sche Haus, in welchem Bouterwek und Lichtenberg wohnten; der Verkehr mit einigen Studenten, sowie das Hospitieren bei einigen der altberühmten Professoren, namentlich bei Planck, regte ihn an und gab seiner Wißbegierde Nahrung. Im Herbst 1799 verließ er Göttingen und brachte den Winter über in seiner Heimath zu. Durch Vermittlung von H. Besser, den er in Göttingen, wo er studirte, als künftigen Associé von Fr. Perthes kennen gelernt hatte, erhielt er eine Stelle bei diesem in Hamburg. Nachdem er Besser in Leipzig bei den Meßgeschäften geholfen hatte, kam er am 1. Juni nach Hamburg. Z. fand während seines fünfjährigen Aufenthaltes im Perthes’schen Hause, was er suchte und bedurfte. „Der Aufenthalt in Hamburg“, schrieb er, „ist mir in mehr als einer Beziehung sehr nützlich gewesen. Einmal hat Hamburg als Weltstadt auf meine ganze Lebensanschauung einen sehr wichtigen Einfluß gehabt, dann war die Buchhandlung von Perthes für mich eine Schule für meinen nächsten Beruf, wie ich sie wol nicht besser hätte finden können, und endlich gereichte das Leben in der Familie Perthes und die mannichfaltigen Bekanntschaften, die ich in derselben machte, mir zur Entwicklung und Förderung des geistigen Lebens. An Perthes und sein Haus knüpfen sich meine theuersten Erinnerungen aus der reifern Jugend“. Die Männer, die Z. durch Perthes kennen lernte, waren namentlich M. Claudius in Wandsbeck, F. H. Jacobi und dessen Sohn Maximilian, Daniel und Otto Runge, Speckter u. a. Er ist auch später mit Perthes und seiner Familie in Verbindung geblieben. So schrieb ihm Perthes, nachdem Z. Hamburg verlassen hatte, nach Heidelberg: „Es ist nicht nöthig, daß ich, daß Besser, daß Caroline Ihnen noch sagen, wie sehr Sie uns fehlen, wie sehr Sie uns angehören. Ich hatte außer des innern Bandes, was uns knüpfte, im täglichen Umgang mich sehr an Sie gewöhnt, und Sie fehlen mir für tausend Mittheilungen, für tausend Fragen. Dies kommt nicht wieder und thut mir weh. Behalten Sie lieb Ihren treuen [234] Freund Fr. P.“ Bis an sein Ende blieb Perthes im Briefwechsel mit Z. Sein Sohn Clemens, der erst nach vier Jahren nach Zimmer’s Weggang von Hamburg geboren wurde, besuchte ihn in Frankfurt 1848 und brachte ihm die ersten Aushängebogen vom Leben seines Vaters. Auch Perthes’ ältesten Sohn Matthias sah Z. in Frankfurt, als sein Vater mit ihm nach Tübingen reiste, wo er Theologie studiren sollte. Später schickte ihm Perthes die Antrittspredigt seines Sohnes in Wilhelmsburg. Auch Perthes’ älteste Tochter, Agnes, die den Buchhändler Wilhelm Perthes in Gotha 1818 geheirathet hatte, schrieb ihm nach Frankfurt den 29./4.41: „Ich freue mich herzlich, eine Gelegenheit zu haben, Sie begrüßen zu können; einen lebendigen Gruß habe ich Ihnen schon vor einigen Jahren durch meinen Mann und durch meine Kinder gesandt. Wie würde ich mich freuen, wenn ich Sie noch einmal in dieser Welt mit eignen Augen sehen könnte. Wir sind jetzt beide alt geworden, und es ist wohl meine früheste Rückerinnerung aus der Kindheit, wie Sie von uns Abschied nahmen, den „Breitengiebel“ hinunter gingen und sich immer noch einmal wehmüthig umsahen, um uns Kindern und unsrer nun seligen Mutter noch einmal Lebewohl zu sagen“. Die dritte Tochter, Mathilde, welche erst ein Jahr alt war, als Z. Hamburg verließ, sah er im J. 1848 mit ihrem Mann, dem Hofrath Becker, in Frankfurt.

Buchhändler Mohr aus Frankfurt a. M., den Z. schon aus seiner Lehrzeit in Frankfurt kannte, und mit dem er auch in Göttingen und Hamburg zusammen conditionirte und näher mit ihm befreundet worden war, hatte sich 1804 in Frankfurt etablirt, und kam nun auf den Gedanken, mit Z. in Heidelberg eine Filialbuchhandlung zu errichten, wozu die Erneuerung der Universität 1803 durch den Kurfürsten Karl Friedrich sehr ermunterte. Z. war in Heidelberg schon bekannt geworden, als er im J. 1803 auf Perthes’ Wunsch die Institutsvorsteherin Caroline Rudolphi bei ihrer Uebersiedelung nach Heidelberg begleitete. So kam es, daß man sich in Heidelberg für Z. interessirte und es Mohr zur Pflicht machte, das Heidelberger Geschäft ganz Zimmer’s persönlicher Leitung zu übergeben. So verließ Z. Anfang Juni 1805 Hamburg, um in Heidelberg sich niederzulassen. Nachdem er dort seine Angelegenheit mit dem Prorector der Universität geordnet hatte, eröffnete er das Geschäft unter der Firma: „Akademische Buchhandlung von Mohr & Zimmer“. Vom ersten Anfang schon hatte sich Z. der freundlichsten Aufnahme und Unterstützung zu erfreuen, besonders bei den neu berufenen Docenten: Creuzer, Daub, Heise, Martin, Schwartz und Kastner, mit dem er näher befreundet wurde, sowie später auch bei den hinzugekommenen: Aug. Böckh, Marheineke und de Wette. Am Schluß des ersten Jahres fügte er zu dem Sortiment die Anfänge des Verlags. Es gaben dazu die erste Veranlassung zwei junge Dichter: Clemens Brentano und Achim v. Arnim. Von ihnen übernahm er „Des Knaben Wunderhorn“, dessen erster Band mit einer Dedication an Goethe 1806 erschien, dem Goethe alsbald in der Jenaer Lit. Zeitung eine charakteristische Anzeige widmete. „So waren wir, schreibt Z., auf eine glänzende Weise in den Kreis der Förderer der romantischen Schule eingeführt, die kaum begonnen auf geraume Zeit zur Herrschaft in unserer Litteratur gelangte. In diesem Geiste fuhren wir nachher fort, mehrere Werke von Aug. Wilh. und Friedr. Schlegel, Görres, Jean Paul u. a. zu verlegen. In alle diese Unternehmungen wurde ich zwar zunächst durch meine persönliche Bekanntschaft geführt, aber mein lieber College Mohr in Frankfurt gab gern seine Einwilligung dazu, wie er denn an den Lasten und Sorgen, in die sie uns brachten, seinen Antheil reichlich mit zu tragen hatte“. Zimmer’s Leben in Heidelberg hatte in den ersten Jahren etwas ungemein Frisches und Angenehmes. Mit den meisten jüngern Professoren stand er in freundschaftlichem, zum Theil innigem Verhältniß, und fühlte sich ihnen angehörig. „Ein neues Band umschloß uns, [235] sagte Z., „durch die Heidelberger Jahrbücher, an deren Redaction viele der Docenten theilnahmen, und deren gemeinschaftlichen Sitzungen ich auch beiwohnte“. Er hatte im zweiten Jahre ein größeres Local, im König von Portugal, bezogen, darin eine Lesegesellschaft errichtet, und mit Hülfe seiner Schwester eine eigene Haushaltung gegründet, die sich bald durch mehrere junge Männer erweiterte, welche an seinem Tisch theilnahmen. „Ein seltner Kreis ausgezeichneter vorwärts strebender und in einfacher offener Geselligkeit lebender Männer war damals in Heidelberg vereint, in deren Mitte 1807 Aug. Böckh, der 22jährige Docent, trat. Er war der tägliche Tischgenosse eines engeren Kreises der eigentlichen Romantiker geworden“. So schreibt Bernhard Stark, ohne den Namen dessen zu nennen, an dessen Tisch Böckh theilnahm. Ein Brief Böckh’s an Z., vom 1. Mai 1811 aus Berlin, läßt es aber nicht bezweifeln, daß Böckh einer der Tischgenossen Zimmer’s war. „Schon längst, schreibt B., hatte ich mir vorgenommen, aus meiner hiesigen Heimath Dir einmal in das liebe Heidelberg zu schreiben. – Brentano und Arnim gefallen sich ganz ausnehmend. Arnim ist der Stifter einer Eßgesellschaft, welche sich die christlich-deutsche nennt, und keine Juden, keine Franzosen und keine Philister duldet. Ich habe neulich auch darin gegessen, und es geht recht Arnimisch darin zu“. Im J. 1807 trat Z. in die Ehe mit der 19jährigen Tochter des Pfarrers Bender in Rohrbach, Marie Charlotte. „Vierundvierzig Jahre, schreibt Z. 1851, haben es nun bereits bezeugt, daß diese Ehe im Himmel geschlossen ist. Gott hat mich unbeschreiblich in derselben gesegnet in allerlei Weise“.

Die Romantiker hielten sich nur ab und zu länger in Heidelberg auf. Brentano kam zum ersten Male Ende Juli 1804 dahin und lebte mit Unterbrechungen bis Ende 1808 dort. Arnim kam im Frühjahr 1805, wechselte wie Brentano seinen Aufenthalt öfters, am längsten war er auch 1808 dort. Unter den geplanten Berufungen an die Universität befand sich auch L. Tieck, aber ohne Erfolg. Er kam zum ersten Male 1803 und noch einmal 1806 nach Heidelberg. Mit Brentano und Arnim gleichzeitig hielt sich auch J. Görres dort auf. Er suchte an der Universität eine Thätigkeit und hielt vom 14. November 1806 bis 1808 verschiedene Vorlesungen, eine über Aesthetik, bei der auch Brentano und Z. seine Zuhörer waren.

So kam es, daß Z. zeitweise auch in Briefwechsel mit den Männern kam, mit denen er in Heidelberg verkehrte. Brentano schrieb ihm 1807 von Kassel (29. Nov.): „Es ist bereits so lange, daß wir nichts von einander gehört, daß es wenigstens nach meiner gründlichen Freundschaft eine Arbeit, wie ein chinesisches Wörterbuch erforderte, Ihre Wißbegierde über mein Geschick zu befriedigen; ich unterdrücke daher lieber das Detail und melde Ihnen nur, daß ich zu Giebichenstein 14 Tage bei Arnim im Reichardt’schen Hause war, sodann mit ihm nach Weimar gereist bin, wo sich Savigny mit Familie und Bettine und Welline befanden. Dort sind wir täglich bei Goethe und er bei uns gewesen, und haben uns gegenseitig lieb gehabt; sodann ist die ganze Karawane in drei Kutschen nach Kassel gefahren, von wo Savigny nächster Tage nach Frankfurt geht, den Winter dort zu bleiben. Arnim bleibt einige Wochen hier, um den 2. Band des Wunderhorns mit mir zu arrangiren, über dessen Herausgabe ich nun sobald als möglich Ihre Erklärung erwarte. Jetzt noch einiges Private, ich kann nur mit Ihnen in Heidelberg gern vertraut sein. – Mit Savigny habe ich sehr zu Ihren Gunsten gesprochen, und er ist Ihnen bereits sehr geneigt. Ich wünschte, daß Sie, wenn es Ihnen möglich ist, nicht versäumten, ihn in Frankfurt diesen Winter zu besuchen; ich glaube, daß Sie durch vertrauliche persönliche Berührung ihn sich gewiß zum Freunde gewinnen werden; er hat wirklich das Bedürfniß, mit einem honetten Buchhändler in Bekanntschaft zu treten, dem er seine Arbeiten [236] gern anvertrauen kann. – Daß ich wieder verheirathet, haben Sie gehört; wie mir zu Muthe, darüber werde ich Ihnen einst mündlich mein Herz ergießen, theurer Freund; mögen Sie so wohl in Ihrer Ehe leben, als Sie es verdienen. (Nachschrift) Savigny läßt Sie bitten, meine Aufforderung an Sie, ihn in Frankfurt zu besuchen, ja nicht in den Wind zu schlagen, er wünscht es sehr, Sie kennen zu lernen“. Im Herbst 1808 schrieb Brentano aus Landshut an Z.: „Mein Glückwunsch zur Geburt des Knaben. Lebt er? so gebe er Ihnen Freude, stirbt er, so gebe Ihnen Gott Trost“.

Am 6. Juni 1811 aus Berlin: „Wenn ich zu irgend einem Menschen in der Welt eine aufrichtige Liebe habe, so sind Sie es; denn ich habe auch keinen Moment in Ihnen gefunden, wo ich Sie nicht rechtschaffen, edel und liebenswürdig erkannt, und meine Erinnerung an Sie ist immer mit dem Wunsch, Sie freundlich zu umarmen, verknüpft“.

Arnim schreibt aus Cassel den 28. November 1807: „Ich grüße Sie herzlich, werther Freund, in meinem Namen, auch im Namen meiner Freundschaft zu Clemens, dessen Sie sich in Zeiten des Unglücks so liebreich angenommen. – Ich mag Sie nicht bemühen mit allen einzelnen Grüßen und Erinnerungen, die mir bei dem Gedanken an Heidelberg lebendig werden; manches hat sich wol auch da geändert, was ich noch mit frischem Schimmer sah; ich bin so treu, daß ich mir noch gar nicht denken darf, daß die gute Brentano in dem Häuschen am Neckar fehlt, bis ich es leer oder geschlossen gefunden habe. Grüßen Sie alle meine Bekannten, sowie es Jeder gerne hat, denn ich möchte Jedem etwas Liebes zum Willkomm sagen; das Beste aber sagen Sie sich selbst im Namen Ihres ergebenen Wunderhornisten Achim Arnim“.

Berlin, den 25. März 1808: „Ich habe Ihnen Unrecht gethan, insofern ich argwöhnte, Sie wollten mir nie wieder schreiben. Es ist die Zeit des Unrechts, nach Fichte, doch nicht der Undankbarkeit, so danke ich denn herzlich für jedes Zeichen guter Erinnerung. Es ist hier fürchterlich knappe Zeit; die mit Frankreich abgeschlossene Convention vernichtet uns mehr als irgend ein Krieg. – Nehmen Sie sich in Acht mit allem neuen Verlag, so wenig ich es glauben möchte, so gewiß ist es doch, daß wenig Leute mehr im Stande sind, Bücher zu kaufen. Sie werden den Unterschied hart genug auf der Messe fühlen. Die bekanntesten Bücher, die Jeder lesen möchte, sind hier oft gar nicht aufzutreiben. Ich wünschte blos darum ein beliebter Schriftsteller zu sein, Sie reich zu schreiben“.

Berlin, den 25. Januar 1809: „Ich wollte es wäre alles Gute in der Welt schon ausgegoren und wir tränken zusammen vom besten und Ihr Kleiner rückte auch schon sein Glas heran und Ihnen fielen bei der Gesundheit die harten Thaler zur Tasche hinaus“.

Berlin, den 1. März 1812: „Seit drei Wochen bin ich wieder in mein Museum zurückgekehrt, meiner Frau hat die Reise nicht geschadet, und mir hat sie viel Vergnügen gemacht. Savigny fand ich wohl und in seinem Litteraturwerke (Gesch. des röm. Rechts) weit fortgerückt; ich erinnerte ihn an sein Versprechen, es Ihnen zum Verlag zu geben, wenn Sie noch Lust dazu hätten. Ob Sie dazu geneigt sind, möchte ich recht bald von Ihnen erfahren“.

J. Görres, Coblenz, den 11. Mai 1811: „Sie finden hier den Schluß von Jean Paul’s Recension, der vermuthlich an Kürze wieder einbringt, was der Anfang an Länge verbrochen hat. Der Mann hat zu großen Fuß, als daß Aschenbrödels Pantoffeln, wie sie Wilken (a. Redacteur d. Jahrb.) mir zugemessen, ihm passen sollten. Ich glaube, mein werther Herr Verleger, daß die Recension Ihre vortrefflichen Jahrbücher nicht verunzieren werde. Dann finden Sie die Recension über den Meteor-Cultus auch in aller lobenswerthen Kürze, doch glaube [237] ich, daß beinahe soviel darin ist wie im Buche. Beides besorgen Sie mir nun bald möglichst zum Druck, damit die Sachen nicht wie früher wieder schimmlich werden und modern. Dann sorgen Sie mir aber auch vor Allem für die Correctur. Ich weiß nicht, welcher Teufel immer Unkraut in meinen guten Weizen sät. – Was macht denn Ihre gesammte Angehörigkeit und Descendenz, zuerst das Frauen Zimmer, dann die kleinen Zimmer, das sind Cabinette, und wieviel Nebenzimmer haben Sie denn seither dem Audienzzimmer angebaut, Sie werden es wol hoffentlich zu einem schönen siebenstöckigen geräumigen Wohnhaus bringen, wo Ihr Verlagsspital und Armenhaus unten im Erdgeschoß schönen Platz hat. – Leben Sie wohl und verzehren Sie in Friede und Freude Ihre Martinsgans, aber nicht den Herr Rector Sogenannt, sondern eine rechte fette. Grüßen Sie mir Ihre Frau“.

L. Tieck, Zickingen den 20. Juni 1807: „Sie müssen nicht etwa glauben, als ob ich so wohl wäre, als Sie mich in Heidelberg im vorigen Herbste gesehen haben. Wie oft habe ich seitdem an die schönen Tage in Heidelberg gedacht, die ich auch zum Theil in Ihrer Gesellschaft verlebte. Ich kann nie ohne eine gewisse Rührung an Heidelberg denken, und ich fühle mich immer gezwungen, die dortige Gegend als mein Vaterland anzusehen. Sollte ich Sie in diesem Jahr nicht noch mündlich sprechen, so schreiben wir uns nun wol öfters“.

Derselbe, den 20. December 1807: „Vor allem wünsche ich Ihnen zu Ihrer Verbindung alles Glück; ich freue mich darauf, Sie vielleicht im Sommer in Ihrem häuslichen Glücke zu sehen. Ich sage Ihnen für Ihr freundliches Anerbieten, daß ich, im Falle ich nach Heidelberg käme, in Ihrem Hause abtreten könne, meinen Dank und nehme es insofern an, als ich mich dann in Ihrem Hause und dem der Mlle. Rudolphi theile, der ich schon früher versprechen mußte, bei ihr zu wohnen. Heidelberg wäre gewiß der Ort, der mich am ersten dazu verleiten könnte, den Docenten spielen zu wollen; aber in diesem Jahre würde es mir meine Gesundheit auf keinen Fall erlauben. Ich müßte das Reisen und Baden aufgeben, und um nicht als Improvisatore zu agieren, erst lernen, was ich lehren wollte, und vielleicht nicht lesen, aber umso mehr denken, um lesen zu können“.

Jean Paul Friedrich Richter schreibt von Bayreuth, den 28. März 1809: „Haben Sie Dank für die sehr prompte Bezahlung. Wie könnte ich mit Männern, wie Sie und Ihr Handelsbunds-Genosse sind, die schöne Verbindung nicht fortzusetzen wünschen, solange Sie meinen Wunsch auch theilen? Z. B. diese vermischten Schriften können, wenn sie vom Publicum so behandelt werden, als ich von Ihnen, lange fortdauern, in beständiger Vermischung des Neuen mit Altem. Aber auch ohne vermischte Schriften können wir beisammen arbeiten. – Gehe es Ihnen wohl in dieser Sturm-Zeit, worin man leichter Gutes thun als erleben kann! Möglich wär’ es wol, daß der Kriegssturm mir nichts zuweht als sein Gegentheil: einen schönen Frühlingsfrieden in Heidelberg, nämlich die Beschleunigung meines Vorsatzes, Heidelberg zu sehen; ich sehne mich ebenso sehr nach den Heidelberger Menschen, als Bergen und Strom und Lichtern“.

F. Carl v. Savigny, Berlin, den 16. October 1812: „Der Grund, warum ich mit Ihrer Handlung lieber als mit jeder andern contrahiere, ist das große persönliche Zutrauen, das ich gegen Sie hege. Aus demselben Grunde aber wünschte ich auch das Verlagsrecht gänzlich auf Ihre Person beschränkt, und zwar so, daß es 1) auf keinen Fall an eine fremde Handlung veräußert werden kann; 2) daß es bei einer möglichen Trennung Ihrer Societät ausschließlich Ihnen bleibt; 3) daß es unmittelbar auf mich zurückfällt, wenn Sie keinen Gebrauch [238] mehr davon machen wollen oder können, indem Sie z. B. dem Buchhandel gänzlich entsagten“.

Wir wenden uns nun wieder zur Erzählung von Zimmer’s fernerem Leben. Er schreibt darüber selbst: „Mein äußeres Schicksal schien nun ganz fixirt zu sein; ich fühlte mich wohl in meinem Haus, geehrt und glücklich in meinem Beruf, war von allen Seiten von lieben Freunden umgeben, und genoß den Umgang der geachtetsten Männer der Universität. Es schien zu einem glücklichen Leben nichts zu fehlen; gleichwol fühlte ich mich innerlich keineswegs zufrieden. Ich kam allerdings bald in drückende äußere Sorgen; aber waren auch diese Sorgen es nicht allein und nicht vornehmlich, die mich nicht zur Zufriedenheit kommen ließen, so mußten sie doch das Mittel werden, diesen Grund mir offenbar werden zu lassen, indem Gott auf diesem Wege mich dem Berufe entgegen führte, für den er nach meiner Ueberzeugung von Anfang an mich bestimmt hatte“. Auf einer Geschäftsreise nach Karlsruhe im Januar 1811 kam ihm zum ersten Male der Gedanke nahe: Pfarrer zu werden. Er hatte eine Pfarrerstochter geheirathet, ging viel mit Pfarrern um, viele seiner liebsten Freunde waren Pfarrer oder Professoren der Theologie, das mag wol den Gedanken in ihm hervorgerufen haben, Theologie zu studiren. Auch hat der Umstand dazu mitgewirkt, daß sein Associé Mohr in diesem Jahr sein Frankfurter Geschäft aufgab und nach Heidelberg zog. Denn dadurch wurde jetzt erst ihm die Möglichkeit gegeben, an etwas Anderes noch zu denken als an den Buchhandel.

Nachdem Z. noch die Ostermesse 1811 in Leipzig besucht hatte, nahm er lateinischen, griechischen und hebräischen Unterricht bei Professor Kayser, und mit Beginn des Wintersemesters fing er zugleich an, Vorlesungen an der Universität zu hören; zuerst ein lateinisches Stilisticum bei Creuzer und eine dogmenhistorische Vorlesung bei Daub. Weitere Vorlesungen, die er noch hörte, waren Dogmatik bei Daub, Exegese bei Schwarz, Wilken, Lewald, Paulus u. A. Moral hat er nicht gehört, ebensowenig Pastoraltheologie. Im Herbst 1814 schloß er seinen Cursus, nachdem er drei Jahre unter furchtbarer Anstrengung bei Tag und bei Nacht gearbeitet hatte. Er meldete sich alsbald in Karlsruhe zum Examen und reichte mit seinem Gesuch zugleich eine kleine Schrift ein: „Der Beruf des evangelischen Geistlichen“, die er verfaßt hatte. Das Büchlein wurde ungemein günstig aufgenommen und durch einen Beschluß des Oberkirchenraths der evangelischen Geistlichkeit des Landes empfohlen. Sein Examen wurde ihm sehr erleichtert, indem ihm die mündliche Prüfung in Karlsruhe ganz erlassen wurde und er die ihm vorgelegten Fragen nur schriftlich zu beantworten hatte. Auf dieses Examen folgte nicht allein seine sofortige Aufnahme unter die Candidaten der lutherischen Kirche, sondern es wurde ihm zugleich die Verwaltung des lutherischen Pfarramtes in Schriesheim übertragen, welche er im Januar 1815 antrat, indem er die ersten Monate noch von Heidelberg aus dieselbe versah. So arbeitete Z. nun die Woche über noch in der Buchhandlung, und Sonntags früh wanderte er nach dem zwei Stunden entfernten Schriesheim, um seiner Gemeinde zu predigen. „Es waren dies selige Monate für mich“, schreibt er. Auf Palmsonntag wurde er ordinirt, und im April zog er mit seiner Frau und drei Kindern nach Schriesheim. Das Leben in Schriesheim war noch ein Stück Heidelberger Romantik: die schöne Lage des Orts an der „Bergstraße“, mit der alten Burg, zu welcher Z. nach vormittägigem Studium hinaufwanderte, oben Rundschau hielt, und wenn seine Frau mit dem Tuch ihm das Zeichen gab, daß der Tisch zum Mittagessen bereit sei, zu den Seinigen wieder hinunter stieg. „Die äußeren Verhältnisse, schreibt er, meiner neuen Lage waren natürlich nicht brillant, aber darum hatte ich ja auch diese Lage nicht erwählt“. Die Besoldung betrug nicht viel mehr als 300 Gulden, doch litt er und die Seinigen keinen [239] Mangel, da Mehl, Butter und Eier, auch Würste, Gemeindeglieder ins Pfarrhaus brachten. Zum Gedächtniß des Sieges bei Belle-Alliance hielt Z. ein Dankfest in der Kirche und ließ seine Predigt zum besten eines neuen Schulhauses drucken, da das alte verfallen war, und die Schule im Pfarrhaus gehalten werden mußte. Diese Predigt erschien noch unter der alten Firma „Mohr & Zimmer“ und wurde von ihm auch an den König Friedrich Wilhelm III. ins Hauptquartier nach Paris geschickt. Die beiden Associés hatten in dieser denkwürdigen Zeit ihren langjährigen Arbeiter im Geschäft, namens Bethmann, als Freiwilligen ausgerüstet, daß er mit gegen den Erbfeind zöge. Der glücklich aus dem Kriege Zurückgekehrte wurde dann Quästor an der Universität. – Im Frühjahr 1816 erhielt Z. eine Berufung an die zweite lutherische Pfarrstelle in Worms. So gut es seine Schriesheimer Gemeinde mit ihm meinte, so entzog sie ihm doch ihre Liebe nicht wegen der Annahme der Stelle, da sie wol einsah, daß bei der Vermehrung seiner Familie (es ward das vierte Kind in Schriesheim geboren) und seinen beschränkten Verhältnissen seines Bleibens bei ihr nicht lange sein konnte. Am 6. Mai, dem Geburtstage seiner Frau, verließ er Schriesheim und zog nach Worms. Seine äußere Lage hatte sich in Worms etwas verbessert, doch mußte er dort im Hungerjahr 1817 den ersten Mantel, den er sich in Heidelberg angeschafft hatte, verkaufen, um Brod und Kartoffeln dafür anzuschaffen. In die Zeit seines siebenjährigen Wirkens in Worms fiel 1817 die Feier des 300jährigen Reformationsfestes. In der Betstunde, die er am Abende dieses Tages hielt, waren 5–6000 Menschen anwesend. Im J. 1818 besuchte ihn Görres und hörte ihn predigen – „es war recht brav“, äußerte sich Görres in einem Brief an seine Frau. Auch Brentano hatte ihn in Worms besucht und äußerte auf die Frage des Collegen Zimmer’s, ob er ein Buchhändler sei: „nein, ich bin einer von den Leuten, die die Buchhändler zu Grunde richten“. Ins Jahr 1821 fiel das Gedächtnißfest der Verantwortung Luthers auf dem Reichstag 1521. Bei dieser Gelegenheit gab Z. eine Schrift: „Luther auf dem Reichstag zu Worms“ heraus. Man forderte ihn auf, Vorlesungen über Geschichte zu halten, was er zwei Winter hindurch that. Auch wurde ihm der Unterricht in der griechischen Sprache am Gymnasium übertragen. Nachdem auf Weihnachten 1822 das Vereinigungsfest der beiden protestantischen Gemeinden gefeiert worden war, wurde seine äußere Lage unsicher, da er als der Jüngste der drei Geistlichen durch die nunmehrige Verschmelzung der beiden Gemeinden entbehrlich geworden war. Durch die Berufung zum Dechant des Marienstifts zu Lich von Seiten der Fürstin-Vormünderin von Hohen Solms-Lich[WS 1] ward er dieser Sorge enthoben. Nach schwerem Abschied von Worms übersiedelte Z. im November 1823 mit Frau und sechs Kindern nach Lich bei Gießen.

Im J. 1826 wählte ihn die dankbare Stadt Worms zum Deputirten auf dem Landtag in Darmstadt. Dadurch wurde er fast für ein ganzes Jahr seinem Pfarramt entzogen; doch ward ihm diese Zeit für sein inneres Leben zum Segen, indem er beim Rückblick auf die seitherige Führung seines Amtes keine innere Befriedigung empfand, und fühlte, daß ihm dazu erst noch etwas Wesentliches von Gott gegeben werden müßte. Dies erlangte er aber erst auf der letzten Station seines Lebens. Er erhielt nämlich während seines Aufenthaltes in Darmstadt die Aufforderung zu einer Gastpredigt in Frankfurt a. M., wo durch den Tod Passavant’s eine Pfarrstelle an der deutschen reformirten Kirche zu besetzen war. Obgleich der so häufige Wechsel nicht nach seinem Sinn war und ihm das persönliche Verhältniß in Lich durch das Vertrauen der Fürstin Angenehmes bot, so waren doch die übrigen Verhältnisse dort keine befriedigende, er fand sich daher bewogen, den Frankfurter Antrag nicht abzuweisen. Er predigte am letzten noch für ihn freien Sonntagnachmittag vor der Wahl, und wurde gewählt. [240] Am 31. Juli wurde seine Wahl vom Senat bestätigt; am 26. September 1827 traf er in Frankfurt ein und hielt am 7. October seine Antrittspredigt.

So war Z. auf der letzten Station seines Lebens und pfarramtlichen Wirkens angelangt, in der Stadt, in welcher er 36 Jahre früher den Beruf als Buchhändler begonnen hatte.

Ein Jude, den Z. in Worms kennen gelernt hatte, und der seitdem sich hatte taufen lassen, begrüßte ihn, als er von seiner Wahl zum Pfarrer an der reformirten Kirche in Frankfurt gehört, in einem Schreiben in hebräischer Sprache; das deutsch also lautet: „Am 12. Tage des Monats Juli im J. 1827 nach der Geburt Jesu Christi des Messias. Viel Frieden meinem Herrn, der seiner Gemeinde Wahrheit lehrt! „„Darum freut sich mein Herz und jubelt meine Seele““ (Psalm 16, 91). So sprach ich mit dem heiligen Jünger in meinem Ergriffensein bei meinem Hören, daß Du zum treuen Hirt und Lehrer der hochgeehrten deutschen reformirten Gemeinde in dieser Stadt erwählt wurdest. Du kennst mich aus der Zeit, da ich unter dem Namen Joseph Bamberger in der Stadt Worms war und unter Deinem Schatten und Deiner Güte Zuflucht fand, und Du den Anfang dazu machtest, mir den Weg der Wahrheit und das Licht des Heils zu zeigen. Nun aber ist es mir, gesegnet sei Jehova, in Aufrichtigkeit und Fülle zu unserm Heil geworden. Sei nur stark und fest, daß das Gefäß des Evangeliums nicht von Deinem Munde weiche! Dann wirst Du geliebt sein von Gott und den Menschen. Dies ist das Gebet Deines gehorsamen Dieners Johann Joseph Bergmann“.

Auch seine Heidelberger Freunde hatten Z. nach dem Wechsel seines Berufes nicht vergessen. Savigny schrieb ihm von Berlin am 30. April 1815: „Erst jetzt, l. Z., kann ich Ihnen über Ihre Standesänderung meinen herzlichen Glückwunsch sagen, womit Sie ja gar heimlich gegen mich gewesen sind“. Am 26. Juli desselben Jahres schrieb er: „Sie wünschen, daß die früher verabredete Sicherheit wegen ihrer Inconvenienzen nicht verlangt werde. Ich bin weit entfernt, etwas, das dem Credit der Handlung nachtheilig sein könnte, bloß meines Rechts wegen, zu verlangen. – Es scheint mir der Lage der Sache angemessen, daß das Contractrecht vor der Hand zwar nicht ausgeübt, aber auch nicht aufgegeben werde, daß wir Ihren Austritt aus der Handlung vorläufig ignoriren und eine Aenderung in diesem Theil des Contracts künftiger Zeit vorbehalten. Bis dahin erlauben Sie mir, daß ich mich auch fernerhin in allem, was nicht die mechanische Leitung des Geschäfts betrifft, sondern wobei es auf persönliches Zutrauen und freundschaftliches Benehmen ankommt, persönlich an Sie wende. Mit herzlichen Wünschen für Ihr Wohlergehen der Ihrige Savigny“.

de Wette, Berlin, den 28. April 1815: „Habe Dank für Dein schönes Büchlein (Bestimmung d. Evang. Geistl.). Ich darf Dir gar nicht sagen, wie sehr es mir gefallen hat, ich würde sonst meiner Würde als Professor und Dr. der Theologie gegen einen bloßen cand. theol. und gewesenen Buchhändler vergeben. Wir sind Brüder im Geist und in Christo! – Ich meine, ich müßte das Büchlein geschrieben haben oder Du hättest mir die Gedanken gestohlen aus meinem neuesten Buch, das noch im Manuscript bei mir liegt. Soll ich Dir sagen, was mir vorzüglich gefallen hat? die klare historische Ansicht darin. Du hast gezeigt, und mit der That, was ich eigentlich mit meiner Dogmatik will“. Am 5. September 1815: „Zu Deiner Stelle an der Bergstraße wünsche ich Dir Glück. Ich möchte jetzt ein paar Tage dort in eurer Gegend zubringen“. Den 10. Februar 1817: „Zu der Verbesserung Deiner Lage wünsche ich Dir Glück; aber ich kann mir wohl denken, daß es Dir in Worms nicht so gefällt wie an der Bergstraße. – Heidelberg wird mir immer fremder. Es war eine [241] schöne Zeit der aufblühenden Universität, als Du mit Deiner Regsamkeit und Deinem wissenschaftlich-kaufmännischen Streben so schön mit eingriffst“.

Marheineke, Berlin, den 24. September 1815: „Meinen innigsten Glückwunsch, theurer Freund, zu dem veränderten Leben, in welches Sie übergegangen sind, und wovon mir Ihre schöne Predigt die erste Kunde gab. Ich kann Ihnen aufrichtig bezeugen, daß sie mich lebhaft und erbaulich angesprochen hat. Das selbe gilt bei mir von der Schrift „über die Bestimmung des evangelischen Geistlichen“. – Die deutsche reformirte Gemeinde, von welcher Z. zum Pfarrer gewählt wurde neben Consistorialrath Spieß, ist aus fremden Einwanderern, hauptsächlich aus den Niederlanden, hervorgegangen, die um ihres Glaubens willen ihren heimathlichen Herd verlassen hatten, und hier im Jahre 1554 eine Zufluchtstätte fanden. Es wurde ihnen jedoch nur kurze Zeit der öffentliche Gottesdienst in Frankfurt gestattet, den deshalb ein Theil von ihnen vom Jahre 1595 an im benachbarten Bockenheim halten mußte, während ein anderer Theil nach Hanau auswanderte. Die Gemeinde ergänzte und erweiterte sich allmählich durch Mitglieder aus der Pfalz, Hessen und anderen Gegenden. Im J. 1789 wurde ihr endlich gestattet, ein eigenes Gotteshaus in Frankfurt zu bauen, in welchem sie am 14. März 1793 den ersten Gottesdienst feierte.

Zimmer’s Wirksamkeit in dieser Stadt und an dieser Gemeinde war der Höhepunkt seines Lebens und pfarramtlichen Berufes. Am 13. October 1829 war er, nach dem Tode seines Collegen Spieß, Mitglied des Consistoriums geworden, an Spieß Stelle Schrader gewählt. Fast 25 Jahre währte seine reich gesegnete Thätigkeit. Er predigte das Evangelium von Jesu Christo in schlichter Weise; seine Lauterkeit und Wahrhaftigkeit öffnete ihm die Herzen, sodaß er meist bei gefüllter Kirche predigte. Er übte eine ausgedehnte Seelsorge und war ein treuer Berather der Kranken, Armen und Hülfsbedürftigen. Nicht minder war er eifrig und gründlich in der Unterweisung der Jugend der Gemeinde, indem er ihr in Geschichte und Lehre des Christenthums den ganzen Heilsrathschluß Gottes darlegte und so ein Fundament legte für seine Predigten. Groß ward der Freundeskreis, der sich allmählich um ihn aus Stadt und Land sammelte, mannichfach waren die Besuche, die er auch aus weiterer Ferne erhielt. Das Pfarrhaus war oft überfüllt von Gästen. An kirchlichen Festen und christlichen Vereinen hat er sich vielfach betheiligt. Am 17. März 1843 feierte die Gemeinde den Jahrestag der Einweihung der Kirche; Z. hielt die Predigt, sein College Schrader trug Mittheilungen aus der Geschichte der Gemeinde vor. In demselben Jahre gab er auch eine Sammlung „Predigten auf alle Sonn- und Festtage des Kirchenjahres“ heraus. Wir lassen hier noch einige Stellen aus Briefen seiner alten Heidelberger Freunde folgen, die er in Frankfurt von ihnen empfing. Creuzer schrieb ihm aus Heidelberg am 23. März 1828: „Sie sind nun in Ihren neuen Wohnort und Wirkungskreis hoffentlich ganz eingewöhnt. Ich möchte mich am liebsten persönlich davon überzeugen, in diesen Osterferien habe ich aber keine Aussicht dazu“. Aug. Böckh, Berlin, den 23. September 1828: „Wie wol es mir leid thut, theurer Z., daß wir uns jetzt vor der Hand nicht wiedersehen, und vorzüglich, daß der Grund davon die Krankheit eines Deiner Kinder ist, so danke ich Dir doch recht sehr dafür, daß Du mir die Krankheit Deines Kindes gemeldet hast. Ueberzeugt davon, daß Du uns mit großer Güte würdest aufgenommen haben, muß ich es natürlich jetzt vorziehen, nicht zu Euch zu kommen. Grüße Deine Frau und Kinder herzlich von Deinem getreuen Freunde Böckh“.

Brentano, München, den 11. März 1840: „Ihr Andenken ist mir unbefleckt lieb und theuer. Ein Buchhändler, wie Sie es waren, ist so ehrwürdig [242] wie eine unschuldige Magd im Wirthshaus. Gott lohne Ihnen in Ihren Kindern, Er mache alle seine Gnade an Ihnen voll. Grüßen Sie alle die lieben Ihrigen, die von mir wissen. Görres gedenkt Ihrer oft mit herzlicher Verehrung und grüßt Sie. Gott nehme alle die Seinen in seine väterliche Hut, wir gehen schwerer Zeit entgegen. Adieu, liebste Seele. Ihr alter Clemens Brentano“.

Die letzten Lebensjahre Zimmer’s waren getrübt durch körperliche Leiden, namentlich litt er seit einer schweren Krankheit, die er im Winter 1850–51 zu bestehen hatte, an großer Schwäche, so daß er seine Amtsgeschäfte nur noch mit Unterbrechungen versehen konnte und deshalb von da an einen Vicar nöthig hatte. Am Ende des Jahres 1851 wurde er auf seinen Wunsch in Ruhestand versetzt. Den stillen Lebensabend im Kreis seiner Familie zu verbringen, war ihm eine Erquickung. Seinen letzten Geburtstag feierte er noch bei vollem Bewußtsein. Am 6. Februar 1853 rief ihn Gott aus diesem Leben ab.

Er hinterließ seine Wittwe mit acht Kindern.

Quelle: Zimmersches Familien-Archiv.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Henriette Fürstin von Solms-Hohensolms-Lich, geb. Gräfin von Bentheim-Steinfurt (1777–1851) war seit dem Tode von Fürst Karl Ludwig (1807) Vormünderin von Fürst Ferdinand (1806–1876)