BLKÖ:Kreutzer, Conradin

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kreuzer, Conrad
Band: 13 (1865), ab Seite: 207. (Quelle)
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Kreutzer, auch Kreuzer, Conradin (Tondichter, geb. zu Mößkirch, einem fürstlich Fürstenberg’schen Städtchen im Großherzogthume Baden, 22. November 1782, gest. zu Riga 14. December 1849). Der Kaiserstadt gehört sein bestes Wirken, die blühendste und schöpferisch längste Zeit seines Lebens an. Als junger Mann (erst 21 Jahre alt) betrat er dieselbe und nahm alle Keime der damals in Wien herrschenden echten Kunstbildung in sich auf, und eben sollte er wieder nach Wien zurückkehren, als ihn der Tod seiner Kunst und seiner Familie entriß. Daß ihm also der Herausgeber einen Ehrenplatz in seinem Werke nicht vorenthalten könne, wenn auch seine Wiege nicht in Oesterreich stand und sein Grab in fremder Erde liegt, versteht sich wohl von selbst. Sein Vater war Mühlenbesitzer zu Mößkirch und schon der siebenjährige Knabe, als dessen musikalisches Talent die Eltern erkannten, ließen ihn durch den tüchtigen Organisten und Chorregenten Joh. Bapt. Rieger in der Tonkunst unterrichten. Der Studien wegen kam er später in die bei Riedlingen an der Donau gelegene Abtei Zwiefalten, wo er bei dem dortigen Ordensgeistlichen Ernst Weinrauch, der aber ein berühmter Contrapunctist war, seine musikalische Ausbildung vervollkommnete und selbst Unterricht in der Composition erhielt. Nach Weinrauch’s Tode, 1796, ging K. in das Kloster Scheußenried, wo er die Orgel in der Kirche spielte und seine musikalischen Studien fortsetzte. Im Jahre 1799 ging er, dem Willen seines Oheims folgend, da Kreutzer seinen Vater 1797 durch den Tod verloren hatte, nach Freiburg im Breisgau, um dort die Medicin zu studiren. Er begann auch bereits deren Studium, aber ließ nicht nach, zu bitten, ihn bei der Musik und aus diesem Grunde nach Wien zu lassen. Endlich gelang es ihm, seinen Willen durchzusetzen und nach einem längeren Aufenthalte in Constanz am Bodensee traf er 1804 in Wien ein. Da machte er bald Schuppanzigh’s Bekanntschaft, wurde von ihm an Albrechtsberger [Bd. I, S. 12] empfohlen, dessen Unterricht K. zwei Jahre genoß. K. blieb nun mehrere Jahre in Wien, componirte fleißig Kirchen- und weltliche Sachen, Quartette, Clavierstücke u. dgl. m. und auch mehrere Opern (die mit einem Stern [*] bezeichneten sind gedruckt erschienen), als: „Aesop in Phrygien“ (1808); – *„Alimon und Zaide“ (Mainz, Schott); – „Zwei Worte“; – *„Der Taucher“ (Wien, Diabelli); – „Jery und Bätteli“. Nach siebenjährigen Künstlerstudien in Wien, wo damals viel und gute Musik gemacht und diese Kunst von dem hohen Adel mit besonderer Vorliebe gepflegt, geschirmt und gefördert wurde, verließ er im Jahre 1811 die Residenz, machte dann zwei Jahre lang Reisen durch Deutschland und kam nach Stuttgart, wo ihn nach Aufführung einer seiner Opern der König von Württemberg zum Capellmeister ernannte. Um diese Zeit schrieb er „Die Insulanerin“; – *„Feodora“ (Leipzig, Hoffmeister); – *„Die Alpenhütte“ (Augsburg, Gombart). Er behielt auch nach des Königs Tode, 1816, seine Stelle[WS 1], legte sie aber nach kurzer Zeit selbst nieder und machte wieder Kunstreisen, indem er als Clavierspieler auftrat, vornehmlich aber als Liedercomponist Ruhm erntete; denn nicht allein, daß er Lieder und überhaupt seine eigenen vortrefflich sang, sondern als Liedercomponist [208] nimmt er tatsächlich die hervorragendste Stufe auf dem deutschen Musikparnaß ein. Als er während seiner Künstlerfahrt auch Prag berührte, brachte er daselbst seine Oper „Orestes“ zur Aufführung. Im Jahre 1817 folgte er einem Rufe des Fürsten von Fürstenberg und wurde Capellmeister in Donaueschingen; hier schrieb er das später auch in Wien gegebene Melodrama mit Chören *„Cordelia“ (Wien, Diabelli). Diese Stelle behielt K. bis zum Jahre 1821; die beschränkten Verhältnisse an dem kleinen Orte sagten ihm für die Dauer nicht zu und noch im November g. J. begab er sich nach Wien, wo er im folgenden Jahre seine Oper *„Libussa“ (Wien, Diabelli) mit Erfolg zur Aufführung brachte und darauf als Capellmeister am Kärnthnerthor-Theater – damals unter Barbaja’s Direction – angestellt wurde. Sechs Jahre bekleidete K. diese Stelle und schrieb während dieser Periode die Musik zu dem nordischen Märchen, betitelt *„Siguna“ (Wien, Diabelli), zur ländlichen Scene „Erfüllte Hoffnung“ und die komische Oper: „Die lustige Werbung“, außerdem aber viele andere Instrumental- und Vocalcompositionen. Im Jahre 1827 war Barbaja’s Pacht zu Ende und das Kärnthnerthor-Theater blieb für einige Zeit geschlossen. K. begab sich nun nach Paris, wo er seine komische Oper „L’eau de la Jouvence“ zur Aufführung brachte, welche jedoch nicht durchzudringen vermochte. Als Graf Gallenberg [Bd. V, S. 68] im Jahre 1828 die Leitung des Kärnthnerthor-Theaters übernahm, trat K. wieder in seinen Posten als Capellmeister ein und behielt ihn bis zum Jahre 1833, in welchem er die Capellmeisterstelle des Josephstädter Theaters übernahm und diese durch sieben Jahre, bis 1840, behielt. In diese dritte zwölfjährige Periode seines Wiener Aufenthaltes, die erste fiel in die Jahre 1807–1811, die zweite 1821 bis 1827, fallen außer vielen Lieder- und Instrumental-Compositionen folgende Opern und Singspiele: „Baron Luft“; – „Denise, das Milchmädchen von Montfermeil“ (1829); – „Die Jungfrau“; – „Der Lastenträger an der Themse“ (1830–1831); diese und die vorigen zuerst in Prag gegeben; – *„Melusine“ (Wien, Witzendorf), Text von Grillparzer, ursprünglich von diesem zur Composition für Beethoven bestimmt und zuerst in Berlin im Königstädter Theater gegeben; – „Das Nachtlager in Granada“ (1833, Wien, Witzendorf), welche zündende größere[WS 2] Schöpfung des damals bereits 52jährigen Meisters die Runde durch alle Bühnen und den Namen des bis dahin bekannten, beliebten, in Musikkreisen geschätzten Meisters eigentlich erst allgemein berühmt machte; – „Der Bräutigam in der Klemme“, Singspiel; – „Traumleben“, dramatisches Märchen; – „Die Höhle von Waverley“; – *„Fridolin oder der Gang nach dem Eisenhammer“ (Braunschweig, Mayer); – *„Die beiden Figaro“ (Braunschweig, Meyer); – und die *„Gesänge zu Göthe’s Faust“ (Wien, Witzendorf); die Musik zu dem Singspiele „Tom Rick“ und zu Raymund’s *„Verschwender“ (Wien, Witzendorf), von welcher Riehl bemerkt, daß in dieser der Genius Kreutzer’s am liebenswürdigsten erscheine. Hier erhebt er sich in dem Liede des Bettlers in der einfachsten Sangesweise zu wahrhaft erschütterndem tragischen Ausdruck, wie ihm derselbe nirgends so tief gelungen. Da mag man wohl merken, daß nicht die vielen Noten, nicht die fette Instrumentirung die höchste Macht der Töne in sich schließen, sondern daß eben der schlichte Liedesklang die größten [209] Wunder wirkt. Im Jahre 1840 begleitete K. seine Tochter, die er zur Sängerin herangebildet hatte, auf ihrer Gastspielreise durch Deutschland und nahm noch im selben Jahre die angebotene Musikdirectorsstelle in Cöln an. Im Jahre 1846 erhielt er von Neuem den Ruf als Capellmeister des Wiener Hof-Operntheaters an Nicolai’s Stelle, der nach Berlin gegangen. Im nämlichen Jahre dirigirte er persönlich mehrere seiner Opern in Gratz, Hamburg, wo „Die Hochländerin“ am 16. November zum ersten Male in die Scene ging. Zuletzt begab er sich nach Riga als Capellmeister des dortigen Theaters, von wo im December 1849 plötzlich die Trauerkunde kam, daß der „Lyriker der deutschen Operncomponisten, der sinnigedle schwäbische Frühlingssänger Conradin K.“, wie Riehl ihn nennt, dort gestorben sei. „König Conradin“ wäre, wie die Hamburger „Jahreszeiten“ schreiben, das letzte Werk, welches K. componirte, gewesen und im Winter 1848 vollendet worden; denn die gewöhnlich als letztes Opus angesehene „Aurelia“, mit dem Texte von Gollmick, welche erst mehrere Jahre nach Kreutzer’s Tode in Cassel und Darmstadt und mit Beifall gegeben wurde, war bereits im Jahre 1843 während einer wiederholten Anwesenheit des Componisten in Paris entstanden, aber erst 1847 ausgearbeitet worden. Herausgeber dieses Lexikons meint aber, dieser Ansicht, als wäre „Conradin“ unseres Meisters letzte Operncomposition gewesen, entgegentreten zu dürfen. Die Oper „Conradin“ mochte K. sehr früh und zwar im Jahre 1811 bereits componirt haben, denn diese Oper war es, welche auf seiner im genannten Jahre durch Deutschland gemachten Kunstreise in Stuttgart aufgeführt wurde und seine Ernennung zum Capellmeister durch den König von Württemberg zur Folge hatte. Ja diese Oper war bereits früher noch in Wien zur Aufführung vorbereitet, aber Censurhindernisse vereitelten dieselbe. Eine zweite Oper desselben Titels von K. ist aber nicht bekannt und es müßte denn nur eine völlige Umarbeitung derselben als letztes Opus angesehen werden. – Wohl fehlte es nicht an Ehren, welche den Manen des Verewigten um das deutsche Lied so vielverdienten Tondichters erwiesen wurden; in Riga selbst wurde ihm eine erhebende Todtenfeier bereitet; aber damit war der drückenden Lage, in welcher er seine Familie zurückließ, nicht abgeholfen. Seine Tochter hatte aus Gram und Schmerz über den Tod des Vaters in Riga die Stimme verloren. Als sie sich nun dem recitirenden Schauspiele zuwendete, für das sie in Wien die tüchtigsten Studien gemacht, nöthigte sie eine durch den Tod des Vaters veranlaßte Nervenkrankheit, auch dieser Laufbahn zu entsagen. So waren Witwe und Tochter des um den deutschen Gesang hochverdienten Meisters bitteren Sorgen Preis gegeben. Späterhin geschah einiges zur Linderung ihrer Noth; mehrere Liedertafeln veranstalteten Concerte, ein paar Theater, darunter jenes von Hamburg, gaben Benefiz-Vorstellungen zur Gründung eines kleinen Fonds; auch die Oper „Aurelia“ wurde von einigen Directionen aufgeführt, und so erwuchs durch das dafür gezahlte Honorar der Witwe ein kleiner Vortheil. Ausgiebiges, Hinreichendes, im Ganzen und Großen, eines Volkes wie des deutschen Würdiges, ist, so weit bekannt, nicht geschehen. Eine Charakteristik Kreutzer’s vom Standpuncte seiner musikalischen Bedeutsamkeit gibt Riehl, der ihn schon treffend in der Aufschrift: „Zwei kleine Meister“, [210] einen Meister, wenngleich einen kleinen, aber doch einen Meister, nennt.

Neue illustrirte Zeitschrift. Illustrirtes Volksblatt, II. Bd. (1846), Nr. 21: „Charaktere der Gegenwart. Deutsche Musiker. 11. Conradin Kreutzer“ [mit Holzschnitt, von Mauch]. – Riehl (W. H.), Musikalische Charakterköpfe (Stuttgart und Tübingen 1853, Cotta, 8°.) S. 239–250: „Zwei kleine Meister. 1. Conradin Kreutzer“. – Allgemeine Zeitung 1850, Beilage Nr. 49; 1853, Beilage Nr. 8. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Eduard Bernsdorf (Dresden, Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 659. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex. 8°.) S. 510. – Schilling (G. Dr.), Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 197. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abthlg. 1, S. 138, Nr. 2. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, gr. 8°.) Bd. VII, S. 698. – BrockhausConversations-Lexikon, 10. Auflage, Bd. IX, S. 214. – Die Hamburger „Jahreszeiten“ enthalten im Jahrgange 1850 und auch in den folgenden wiederholte größere und kleinere Mittheilungen über diesen, auch in der Erinnerung der Hamburger fortlebenden deutschen Tondichter; unter ersteren sind besonders hervorzuheben eine Folge von vier aus Hamburg im Jahre 1846 datirten Briefen Kreutzer’s und ein Aufsatz des Dr. Ignaz Hub: „Die Quelle zu Kreutzer’s „Nachtlager bei Granada“; leider kann ich die Jahrgänge nicht mit Bestimmtheit angeben. – Das Frankfurter Konversationsblatt 1851 enthält in einer der ersten 10 Nummern des Monats Jänner ein schwungvolles Gedicht: „Den Manen Conradin Kreutzer’s“, von J. G. Fischer, in welchem es mit sinniger Anspielung auf mehrere in der Gesangswelt so beliebt gewordene Lieder-Compositionen Kreutzer’s von ihm heißt: „Der durch sein Lied die süßen Bande | Der Liebe schlingt, so himmlisch weiht, | Begeistert singt vom Vaterlande | So oft bedroht, so oft befreit | Der mit der „Siegesbotschaft“ Zuge | Die „Wolken über’m Rhein durchbricht“ | Und singt „im Aar- und Schwanenfluge“: | „Der Herr verläßt die Seinen nicht“. | Du, der vom Thal „bei Wies’ und Quelle“ | Mit Hirten sang zum Berg empor, | Und zu dem „Glöcklein der Capelle“ | Den „schauerlichen Leichenchor“ | Du tönereicher „Hirtenknabe“, | Der singend sich „gefreut im Thal“. | Auch du bist „dort gebracht zu Grabe“ | Und „dir auch sang man dort einmal“. | Doch über deinem Leichenhügel | Ging auf ein ew’ger „Tag des Herrn“ | Unsterblich rauscht mit lichtem Flügel | Dein Genius auf unsrem Stern | u. s. w. – Porträte. 1) Unterschrift: Conradin Kreutzer. Auguste Hüssener sc. [wohl das ähnlichste Bildniß K.’s]; – 2) Facsimile der Unterschrift: Conradin Kreutzer. Ohne Angabe des Zeichners und Lithographen. Gedr. bei Jos. Stoufs in Wien (gr. 4°.); – 3) lithogr. von Eybl (Wien, Witzendorff, Qu. 4°.); – 4) lithogr. von Kriehuber (Wien, bei Haslinger, Fol.); – 2) nach Schubert gest. von C. Mayer, mit Facsimile (Stuttgart, Göpel, 4°.); – 6) Stahlstich von Weger und Singer (Leipzig, G. Mayer, 4°.); – 7) ohne Ang. des Zeichners u. Lithographen (Mainz, Schott Söhne, kl. Fol.). [Das von Hillemacher gestochene (gravé à l’eau forte) in der Serie: „10 Portraits de musiciens“, und das von Quenedey gestochene (dessiné et gravé au physionotrace) in der Serie: „20 Portraits de musiciens“ befindliche Porträt stellt nicht ihn, wie das Register zu Heitzmann’s Porträt-Katalog angibt, sondern den berühmten französischen Violin-Virtuosen und Compositeur Rudolph Kreutzer dar.] – Kreutzer’s Charakteristik als Tondichter. Riehl in seinen „Musikalischen Charakterköpfen“ führt ein Wort Gutzkow’s über Uhland an und schreibt: „Was Gutzkow von Uhland gesagt hat. das gilt in diesem Sinne auch von Kreutzer: Er zog die Glocken der Capellen, stellte Hirtenknaben auf die Bergesgipfel und legte ihnen selige Lieder in den Mund. Er zauberte die Vergangenheit in verklärter Gestalt aus den Keimen wieder auf, ließ noch einmal die alten Falken der Jagden steigen – ließ Sänger an die Pforten der Burgen um Einlaß klopfen, zauberte uns Jungfrauen auf den grünen Plan und Königssöhne, die vorüberzogen und sie liebten.“ Ueberhaupt muß auf die streng kritische, aber nichtsdestoweniger liebe und pietätvolle wie geistvolle Charakteristik Kreutzer’s durch Riehl um so mehr aufmerksam[WS 3] gemacht werden, als es gilt, das leichtfertige und dabei so apodictisch klingende Urtheil in Schladebach-Bernsdorf’s „Universal-Lexikon der [211] Tonkunst“ in seine gehörigen Schranken zu weisen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Selle.
  2. Vorlage: größerere.
  3. Vorlage: aufmersam.