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BLKÖ:Szögyényi, Ladislaus von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Szodtfried, Ferdinand
Band: 42 (1880), ab Seite: 231. (Quelle)
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Szögyényi, Ladislaus v. (Staatsmann, geb. zu Pesth 2. Jänner 1806). Der Sproß einer angesehenen ungarischen Adelsfamilie. Als Sohn des Vicekanzlers Sigmund Szögyényi (geb. 1775, gest. 1826) aus dessen Ehe mit Julie Pászthory genoß er eine vortrefflich geleitete Erziehung. Dem Staatsdienste in politischer Sphäre sich widmend, bekleidete er vor 1848 der Reihe nach die verschiedenen Rangstufen bei der ungarischen Hofkanzlei in Wien. Lange vor der Bewegung, die zuletzt alle Dämme überspringend das Land in unübersehbares Elend stürzte, stand er in steter Verbindung mit der Partei der Altconservativen in Ungarn, welche zuerst unter Aurel Dessewffy’s Führung, dann unter jener Samuel Baron Jósika’s, Männer wie Georg Grafen Apponyi, Emil Dessewffy, Anton Szécsen, Niklas Baron Vay, Duschek, Zsedényi, Wirkner u. A. vereinigte. Im Jahre 1844, mit der Erhebung des Barons Niklas Vay zum Präsidenten des königlich ungarischen Ober-Provinzialcommissariates, erfolgte Szögyényi’s Ernennung zum Chef der neu eingesetzten Studien- und Censur-Commission in Ofen. Das Sturmjahr 1848 sah ihn als Hofrath bei der ungarischen Hofkanzlei, und als mit allerhöchstem Handbillet ddo. 5. December 1850 Baron Kübeck zum Präsidenten des in der Verfassung gegründeten Reichsrathes berufen worden war, zählte zu den am 13. April 1851 ernannten Reichsräthen Baron Buol, Hugo Fürsten Salm, Baron Krieg, [BLKÖ:Zichy-Vásonykeő, Franz Graf (Staatsmann)|Franz Grafen Zichy]], Baron Purkhardt, Andreas Baumgartner und v. Salvotti auch Ladislaus von Szögyényi. Daß dieser Reichsrath nie zu. einer ostensiblen Thätigkeit gelangte, ist bekannt. Als im Jahre 1853 die Conferenzen wegen neuer politisch-gerichtlicher Organisation und Eintheilung der österreichischen Kronländer tagten, gehörte der für Ungarn unter dem Vorsitze des Erzherzogs Albrecht berathenden Conferenz als Beisitzer neben Grafen Apponyi, Baron Geringer und Baron Hauer auch Ladislaus von Szögyényi an. Nach dem unglücklichen italienischen Feldzuge 1859 wurde mit kaiserlichem Patent vom 5. März 1860 der bereits seit 1850 bestandene Reichsrath verstärkt, und der in Rede Stehende, welcher mittlerweile die geheime Rathswürde erhalten hatte, blieb auch Mitglied dieses verstärkten Reichsrathes. Bei der bald darauf erfolgten Wiedererrichtung der seit 1848 aufgelösten ungarischen Hofkanzlei wurde er zum zweiten Hofkanzler an derselben ernannt. An den Berathungen des verstärkten Reichsrathes nahm er stets regen Antheil, so sprach er sich schon in der vierten Sitzung (vom 8. Juni 1860), in welcher die Frage der Grundbuchsordnung zur Berathung gelangte, entschieden dahin aus, daß die Behandlung dieses Gegenstandes besser jenen Organen überlassen sei, welche für die Landesangelegenheiten ins Leben gerufen worden. Er äußerte dann im ferneren Verlaufe der Verhandlungen seine Ansichten über Administrativjustiz, über Landesfonde, erklärte sich für die Berechtigung einzelner Kronländer auf Anspruch einer Subvention aus Staatsmitteln und für Ausdehnung derselben auf Wohlthätigkeits- und andere Landesanstalten. In der so wichtigen Concordatsfrage, in welcher Graf Apponyi in der Sitzung vom 17. September 1860 mit aller Reserve, aber zugleich mit aller Entschiedenheit gegen eine Schädigung [232] des ungarischen Clerus durch das Concordat protestirte, schloß sich Szögyényi dem Grafen an, und besonders was die Stellung der Protestanten in Ungarn betrifft, fand er dieselbe durch Verträge und positive Landesgesetze, namentlich Artikel XXVI des Jahres 1790 und Artikel III des Jahres 1844, so erschöpfend geregelt, daß er jeden weiteren Eingriff in diese die Interessen der Protestanten Ungarns völlig befriedigende Ordnung für unzeitgemäß und bedenklich erklärte. In der Sitzung vom 22. September 1860 beleuchtete er in keineswegs freundlicher Weise die damaligen Preßzustande und sprach den Wunsch aus, daß man die Schranken und Fesseln fallen lasse, welche factisch die Presse belasteten, und betonte, daß der Zustand derselben kein gesetzlich geregelter sei. Daß sich Szögyényi als Ungar in der Frage der zukünftigen Constituirung Oesterreichs [vergleiche zum Verständniß der Sache die Biographien Hein [Bd. VIII, S. 215] und Maager [Bd. XVI, S. 185] dem Antrage der Majorität, welche ein dualistisches Oesterreich forderte, anschloß, kann nicht befremden. Auf das ausführlichste begründete er seinen Antrag in der Sitzung vom 25. September 1860 in längerer Rede, welche den gewiegten Politiker, den mit der Verwaltung der Monarchie gründlich vertrauten Beamten erkennen läßt, der in erster Linie Ungar, in zweiter Oesterreicher ist. Aranyos Kákay charakterisirt in seinen „Licht- und Schattenbildern“ den in Rede Stehenden treffend als einen modernen – Alten. Achtundvierziger mit dem Kopf, Siebenundvierziger mit dem Herzen. Er nennt ihn ferner einen in allen Regierungs- und Administrationszweigen heimischen, überaus thätigen und geübt dirigirenden Beamten; einen tüchtigen, ja hervorragenden Redner, doch auch einen bis zur Furchtsamkeit vorsichtigen Diplomaten, denn wie wäre es ihm sonst möglich gewesen, aus den Fluthen wechselnder Systeme und Minister, Revolutionen und Reactionen mit heiler Haut davonzukommen, und zwar so rein, als es eben möglich auf der politischen Laufbahn. In der That können Alle von ihm lernen, die so gern mit dem Kopf gegen die Wand rennen und diejenigen vergöttern, die es thun. Szögyényi ist zur Zeit k. k. geheimer Rath und Kämmerer, Oberstkämmerer (Magister cubiculariorum) des Königreichs Ungarn, Obergespan der königlichen Freistadt Stuhlweißenburg, Mitglied der Magnatentafel des ungarischen Reichstages, Mitglied des dirigirenden Senates der königlich ungarischen Akademie der Wissenschaften und von der Magnatentafel delegirtes Mitglied des obersten Disciplinargerichtes über die Präsidenten und Vice-Präsidenten der königlichen Tafeln, der Curie, und der Kronanwalte in Pesth. Seine Verdienste wurden von Sr. Majestät dem Kaiser am 22. April 1854 mit dem Commandeurkreuze des St. Stephan- und am 5. Jänner 1875 mit dem Großkreuze des Leopold-Ordens ausgezeichnet. Aus seiner Ehe mit Maria geborenen Marich, seit 1842 Sternkreuzordensdame, sind drei Söhne Ladislaus, Gejza und Franz und vier Töchter Rosa, Juliane, Francisca und Marie am Leben. Ein Sohn Julius starb 1862.

Verhandlungen des österreichischen verstärkten Reichsrathes 1860. Nach den stenographischen Berichten (Wien 1860, Manz, 8°.) Bd. r, S. 60, 145, 256, 282, 479, 556, 612, 646; Bd. II, S. 10, 28, 174, 225 und 355. – Friedenfels (Eugen von), Joseph Bedeus von Scharberg. Beiträge zur Zeitgeschichte [233] Siebenbürgens im 19. Jahrhundert (Wien 1877, Braumüller, 8°.) Bd. I, S. 156 und 158; Bd. II, S. 191 und 246. – Aranyos Kákay, Licht- und Schattenbilder zur Charakteristik des ungarischen Landtags (Pesth 1867, Lauffer, gr. 8°.) S. 117. – Magyarország és nagyvilág, d. i. Ungarn und die große Welt (Pesther illustr. Blatt) 8. October 1865, Nr. 2.
Porträt. Lithographie von J. Marastoni, 1865, im vorbenannten Blatte.