Debarim Rabba/Parasche 3

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Inhalt Parasche 3

Abschnitt: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Auslegung von Dtn 7,12 - 7,13 - 7,14 - 9,1 - 10,1

Dazwischen Halachot: Halacha 10 - Halacha 11 - Halacha 12

[41]
סדר והיה עקב.
Parascha III.
[1] Halacha. Darf ein Israelit einen aus Gelenken zusammengesetzten Leuchter am Sabbath von einem Ort zum andern tragen (bewegen)? Die Weisen haben so gelehrt. Wer die Röhren eines Leuchters am Sabbath zusammensetzt, macht sich einer Sünde schuldig. Warum verschuldet er sich? R. Abuhu im Namen des R. Jochanan sagte: Wer am Sabbath einen Leuchter zusammensetzt, ist wie ein Mensch, der am Sabbath baut und wer am Sabbath baut, läd eine Schuld auf sich. R. Jose bar R. Chanina sagte: Wann haben die Israeliten den Sabbath so beobachtet (gehalten), wie sichs gehört? Als sie sich in Alusch befanden. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ex. 16, 30: „Das Volk ruhte am siebenten Tage.“ Glaubst du, dass ich dir den Sabbath vielleicht zu deinem Nachtheile gegeben habe? Nein, ich habe dir den Sabbath zu deinem Besten gegeben? Wie so? R. Chija bar R. Abba sagte: Du heiligst den Sabbath durch Speise und Trank, durch einen reinen Anzug und vergnügst deine Seele und ich gebe dir Lohn noch dafür, wie es heisst Jes. 58, 13: „Wenn du den Sabbath eine Ergötzung nennst“ u. s. w. Was folgt darauf? S. das. V. 14: „Dann findest du Lust am Ewigen, und er giebt dir was dein Herz begehrt.“ Wann giebst du uns den Lohn, fragten die Israeliten, für die von uns ausgeübten Gebote? Die Früchte der von euch geübten Gebote geniesst ihr jetzt schon, antwortete ihnen Gott, den Lohn aber gebe ich euch in der Folge (בעקב). Woher lässt sich das beweisen? Aus dem, was wir hier lesen.


[2] C. VII. V. 12. Und es geschieht, wenn ihr gehorchet.

Oder: „Und es geschieht“ u. s.w. In Verbindung mit Ps. 60, 9: „Mein ist Gilead, mein ist Manasse, auf Edom werfe ich meinen Schuh.“ Was heisst Gilead? Resch Lekisch sagte u. s. w. bis zu den [42] Worten עד שהן מבני יהודה (s. Bemidbar r. Par. 14, Anf.). Oder: „Moab ist mein Waschbecken“ (Ps. 60. 10), R. Simeon ben Chalaphtha sagte: Gott sprach: Ich setzte für Moab einen Regen von Strafen. Was heisst das: „Auf Edom werfe ich meinen Schuh?“ Gott sprach: Alles ist bereit, Busse zu thun, und ich trete die Kelter Edoms mit der Ferse meines Fusses. Wann? „Und es geschieht, wenn ihr gehorchet.“ Gott sprach zu den Israeliten: Meine Kinder! glaubet nicht, dass ich euch behandle wie einen Knecht, welchen sein Herr theuer (eig. zu einem Preise, den er nur finden kann) verkaufen möchte, ich bringe vielmehr Leiden über euch, bis ihr eure Herzen auf mich richtet. R. Acha sagte: Gott hat den Schwur gethan, dass er die Israeliten nie verlassen werde. Woher läast sich das beweisen? Aus Am. 4, 12: „Darum werde ich dir, Israel, also thun.“ Unter „לכן also“ ist nichts anders als Schwur (שׁבועה) zu verstehen vgl. 1 Sam. 3, 14: „Darum (ולכן) schwöre ich dem Hause Elis.“ Und bis wieweit werde ich euch züchtigen? Bis an die Ferse (עקב .(עד העקב, denn dies will ich dir thun, bis ihr beobachtet alle meine Gebote bis ans Ende (עד עקב).

[3] Oder was steht vorher? Deut. 7, 9: „Und du erkennest, dass der Ewige dein Gott ist, ein treuer Gott.“ Es verhält sich hiermit, sagte R. Chija bar Abba, wie mit dem Freunde eines Königs, welcher demselben ein Pfand zur Aufbewahrung übergeben halte und dann gestorben war. Da kam sein Sohn und verlangte das Pfand aus seiner Hand. Er sprach zu ihm (dem König): Gieb mir das Pfand, das dir mein Vater anvertraut hat. Hast du etwa, antwortete ihm der König, einen Bessern als ich, das Pfand, habe ich es nicht sorgfältig (eig. verdoppelt, zusammengerollt) bewahrt und in Ordnung gehalten? So auch, als die Israeliten zu Jeremias Zeit gesündigt hatten, da sprach Gott zu Jeremia: Geh, sage den Kindern Israel, Jerem. 2, 5: „Was haben eure Väter Unrechtes an mir gefunden?“ Habe ich nicht alles, was ich euern Vätern geschworen, gehalten? Ich habe ihnen geschworen, dass ich ihre Kinder segnen werde, wie es heisst Gen. 22, 17: „Ich werde dich segnen“, habe ich euch nicht durch Mose gesegnet, wie es heisst Deut. 1, 10: „Der Ewige, euer Gott, hat euch vermehrt?“ Ich habe ihm (dem Abraham) versprochen, dass ich euch mit grosser Habe (aus Aegypten) ausziehen lassen werde, wie es heisst Gen. 15, 14: „Und nachher werden sie ausziehen mit grosser „Habe“, habe ich nicht also gethan (habe ich es nicht gehalten)? Es heisst doch Ps. 105, 37: „Er liess sie ausziehen mit Silber und Gold, und kein Wankender war in seinen Stämmen,“ darum sagte Mose Deut. 7, 8: „Weil euch der Ewige liebte und den Schwur hielt, und er erlöste dich aus dem Hause der Knechtschaft, V. 9: und du erkennest, dass der Ewige ein treuer Gott ist.“

Oder: „Der Ewige, dein Gott, ist Gott.“ R. Levi sagte; Womit ist das zu vergleichen? Mit dem Freunde eines Königs. Er kam und gab demselben ein Pfand aufzubewahren und starb. Da kam sein Sohn und verlangte das Pfand zurück. Der König sprach [43] zu ihm: Bringe zwei Befehlshaber und zwölf Räthe, durch sie will ich dir das Pfand geben. So sprach auch Gott, als die Israeliten aus Aegypten zogen: Eure Väter haben mir ein Pfand anvertraut. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ex. 3, 16: „Ich habe euch als Pfand bekommen[1].“ Er sprach zu ihnen: Bringet zwei Befehlshaber und zwölf Räthe, nämlich Mose und Aaron und die zwölf Stammhäupter, wie es heisst Num. 1, 3, 4: „Ihr sollt sie mustern nach ihren Heeren, und bei euch sei je ein Mann vom Stamme.“

Oder: „Der treue Gott.“ Die Rabbinen sagen: Aus der Redlichkeit eines menschlichen Wesens kannst du auf die Redlichkeit Gottes schliessen. R. Pinchas ben Jair wohnte in einer Stadt im Süden und es kamen Leute dahin, um sich zu ernähren. Sie führten zwei Sea Gerste bei sich, welche sie ihm aufzuheben gaben, sie vergassen sie aber und reisten wieder ab. R. Pinchas ben Jair säete sie in jedem Jahr, brachte sie wieder auf die Tenne und sammelte sie. Nach Verlauf von sieben Jahren kamen die Handelsleute wieder dahin, um das Uebergebene in Empfang zu nehmen. R. Pinchas ben Jair erkannte sie sogleich und sprach zu ihnen: Kommt und nehmt eure Schätze in Empfang.[2] Siehe, das ist die Redlichkeit von Fleisch und Blut, wie gross ist erst die Redlichkeit Gottes (eig. daraus kannst du auf die Redlichkeit Gottes schliessen)!

Einstmals ging R. Pinchas ben Jair in eine Stadt, wo die Mäuse alles in dem Gebiete dieser Stadt frassen, die Einwohner kamen zu ihm und baten ihn um einen Rath. Was that R. Pinchas ben Jair? Er fragte sie: Warum sondert (entrichtet) ihr nicht eure Zehnten, wie sich’s geziemt? Wollt ihr, dass, wenn wir uns für euch verbürgen, und ihr eure Zehnten, wie sich’s geziemt, absondert, die Mäuse euch keinen Schaden mehr verursachen? Ja, antworteten sie. Er verbürgte sich für sie, und die Mäuse zogen ab und wurden nicht mehr gesehen.[3]

Oder: Ein Cisternengräber[4] war mit Cisternengraben zum allgemeinen Besten beschäftigt und seine Tochter war unterwegs und wollte durch einen Strom gehen, wurde aber von ihm fortgerissen. Man kam und meldete dem R. Pinchas: Das und das ist der (deiner) Tochter von dem und dem zugestossen. Er sprach zu ihnen: Es ist nicht möglich (dass das vorgefallen sein kann), da ihr Vater im Wasser Gottes Willen thut, so wird Gott seine Tochter nicht im Wasser umkommen lassen. Sofort verbreitete sich das Gerücht (Geschrei) in der Stadt, die Tochter jenes Mannes sei wiedergekommen. Unsere Rabbinen sagen: Als R. Pinchas ben Jair jene Worte sprach, da kam ein Engel herab und zog sie heraus.[5] [44] R. Simeon ben Schetach hatte von einem Ismaeliten einen Esel gekauft und seine Schüler fanden einen Edelstein an dem Halse desselben hängen. Rabbi! sagte einer derselben (s. Prov. 10, 22): „Der Segen des Ewigen macht reich.“ Ich habe nur den Esel gekauft, sagte R. Simeon ben Schelach, aber nicht den Edelstein. Er ging und gab ihn dem Ismaeliten zurück und dieser rief über ihn aus: Gelobt sei der Ewige, der Gott des Simeon ben Schetach. Von dieser Redlichkeit eines menschlichen Wesens kannst du auf die Redlichkeit Gottes schliessen, er ist treu und wird den Israeliten ihre guten Werke, welche sie thun, einst belohnen, wie es heisst Ex. 12, 17: „Und ihr beobachtet die Gebote.“ Aber was wird ihr Lohn sein? Und es geschieht, wenn ihr gehorcht u. s. w. In der Folge werde ich euch bezahlen.

[4] Oder: So bewahret der Ewige dein Gott dir. Was heisst ושמר? R. Samuel ben Nachman sagte: Alles, was die Israeliten in dieser Welt geniessen, rührt von der Kraft des Segens her, womit sie der ruchlose Bileam gesegnet hat, aber die Segnungen, womit die Väter sie gesegnet haben, sind noch für die Zukunft aufbewahrt, wie es heisst: „Der Ewige, dein Gott, wird dir bewahren“ u. s. w. Womit ist das zu vergleichen? Oder R. Chelbo sagte: Es verhält sich wie mit einer Waise, welche von einem Hausherrn auferzogen wurde, sie ass von dem Seinigen, trank von dem Seinigen und kleidete sich von dem Seinigen und erlernte ein Gewerbe. Für das alles, was ich esse, trinke und wovon ich mich kleide, dachte die Waise, wird er einst seine Rechnung machen (eig. ist mein Lohn die Rechnung). Da sprach der Hausherr zu ihr: Bei deinem Leben! alles was du isst und wovon du dich kleidest, empfängst du in Folge (in der Kraft) des Fasses Wasser, welches du mir schöpfst und in Folge (in der Kraft) des Holzes, welches du mir spaltest, dein Lohn aber bleibt dir noch für die Zukunft aufbewahrt. Ebenso alles, was die Israeliten in dieser Welt geniessen, geniessen sie in Folge (in Kraft) der Leiden, die über sie kommen, ihr Lohn aber verbleibt ihnen für die Zukunft aufbewahrt, wie es heisst: „Und der Ewige, dein Gott, wird dir bewahren“ u. s. w. Was heisst das: Der Bund und die Liebe, die er deinen Vätern zugeschworen? R. Chija sagte: Drei gute Eigenschaften finden sich im Besitze der Israeliten, sie sind schamhaftig, barmherzig und menschenfreundlich. Schamhaftig, woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ex. 20, 20; „Auf dass seine Furcht auf euern Gesichtern wäre;“ barmherzig (mitleidig), woher lässt sich das beweisen? Es heisst Deut. 13, 17: „Und dir Barmherzigkeit erweise und sich deiner erbarme;“ menschenfreundlich (mildthätig), woher lässt sich das beweisen? Es heisst Deut. 7, 12: „Und so bewahret dir der Ewige, dein Gott, den Bund und die Liebe.“


[5] V. 13. Er wird dich lieben, dich segnen und dich mehren u. s. w.

[45] Warum wird hier die Leibesfrucht der Erdfrucht gleichgestellt? Gott sprach: Sowie es unter deiner Erdfrucht Schlacken giebt, so giebt es auch unter deiner Leibesfrucht Schlacken; oder sowie es unter deiner Erdfrucht nicht Sünde und Schuld giebt, so sei auch unter deiner Leibesfrucht nicht Sünde und Schuld; oder sowie deine Erdfrucht verzehntet werden muss, so muss auch deine Leibesfrucht verzehntet werden d. i. die Beschneidung. Oder R. Jehnda bar R. Simon sagt: Warum hat er die Leibesfrucht der Erdfrucht gleichgestellt? Weil deine Erdfrüchte deine Leibesfrüchte sühnen. Woher lässt sich das beweisen? So heisst es Deut. 32, 43: „Und sein Boden sühnet sein Volk.“


[6] V. 14. Du wirst vor allen Völkern gesegnet sein. R. Chija bar Abba sagte: Eine Matrone fühlt sich nicht durch die Lobeserhebung ihrer Verwandten, sondern durch die ihrer Nebenbuhlerinnen geschmeichelt.[6]

Kein Unfruchtbarer noch Unfruchtbare wird unter dir sein d. i. es wird keine Verschnittene noch Unfruchtbare (Weiber) geben, nicht nur unter den Menschen, sondern auch nicht einmal unter dem Vieh. Woher lässt sich das beweisen? Weil es hier heisst: noch unter deinem Vieh. Siehe, das ist unter Menschen und unter Vieh. Und woher lässt sich beweisen, dass es auch im Lande nicht der Fall ist? Weil es heisst Ex. 23, 26: „Keine Fehlgebärende noch Unfruchtbare soll in deinem Lande sein.“ Siehe, das ist unter Menschen und unter Vieh und im Lande, woher lässt sich beweisen, dass das auch nicht unter den Bäumen stattfinden wird? S. Mal. 3, 11: „Und euch nicht unfruchtbar sei der Weinstock des Feldes.“

Oder: „Kein Unfruchtbarer noch Unfruchtbare wird unter dir sein.“ R. Chanin ben Levi sagte: Gott sprach: Dein Gebet wird nicht unfruchtbar sein, sondern es wird Früchte tragen. Oder R. Jonathan sagte: Es wird unter dir kein Unfruchtbarer und keine Unfruchtbare an Antworten sein. R. Jonathan ging nach Neapolis[7], und er ritt auf einem Esel und der Treiber (ging) hinter ihm her. Da schloss sich ihnen ein Cuthäer an. Als sie an den Berg Garizim kamen, sagte der Cuthäer zu R. Jonathan: Rabbi, sieh, dies ist hier der heilige Berg. Warum ist er heilig? fragte ihn R. Jonathan. Es antwortete ihm jener Cuthäer: Weil er von dem Wasser der Fluth nicht geschlagen worden (verschont geblieben) ist. R. Jonathan fragte ihn: Woher weisst du das? Jener antwortete: Aus Ezech. 22, 23: „Menschensohn, sprich zu ihr (der Stadt): Du bist ein Land, nicht gereinigt und ohne Regen am Tage des Zornes.“ R. Jonathan sprach zu ihm: Da hätte Gott nur dem Noah zu befehlen brauchen, hierher (diesen Berg) zu steigen und nicht [46] sich eine Arche zu erbauen. Der Cuthäer sprach zu ihm: Das hat er nur gethan, um ihn zu prüfen (versuchen). R. Jonathan schwieg hier. Da sprach zu ihm der Eseltreiber: Erlaubst du mir wohl, ihm ein Wort zu erwiedern? R. Jonathan sagte: Sprich! Ist dieser Berg, sagte nun der Treiber, nicht unter dem Himmel? Der Cuthäer sagte: Er ist ausser dem Himmel. Der Eseltreiber sagte: Heisst es nicht Gen. 7, 20: „Fünfzehn Ellen darüber stiegen die Wasser und es wurden alle hohen Berge bedeckt, die unter dem Himmel sind?“ R. Jonathan stieg sofort vom Esel und liess den Treiber vier Mil reiten und wandte auf ihn den Vers Jes. 54, 17 an: „Jegliche Zunge, die gegen dich sich erhebt vor Gericht, wirst du besiegen.“ Das wollen die Worte sagen: „Kein Unfruchtbarer und keine Unfruchtbare wird unter dir sein.“ Was heisst: „Und in deinem Vieh (ובבהמתך)?“ Unter deinen Viehtreibern (ובבהמין שלך).

[7] Oder: „Der Ewige, dein Gott, wird dir bewahren den Bund und die Liebe.“ R. Simeon ben Chalaphtha sagte: Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, welcher sich mit einer Matrone vermählte, welche ihm zwei Edelsteine (Diamanten) mitbrachte und der auch er zwei entgegenstellte. Als aber die Matrone die ihrigen verheimlichte (eig. um sie gekommen war), nahm auch der König die seinigen wieder. Nach einiger Zeit erhob sie sich und rechtfertigte sich und brachte jene zwei Edelsteine herbei, in Folge dessen brachte auch der König die seinigen wieder herbei und gab sie ihr. Der König sprach zu ihr: Diese und jene zusammen sollen zu einer Krone gemacht und auf das Haupt der Matrone gegeben werden. So findest du, dass Abraham seinen Kindern zwei Edelsteine gab, wie es heisst Gen. 18, 19: „Denn ich kenne ihn, dass er seinen Söhnen und seinem Hause nach ihm gebieten wird.“ Auch Gott stellte diesen zwei Edelsteine gegenüber, nämlich die Gnade und die Barmherzigkeit, wie es hier Deut. 7, 12 heisst: „Der Ewige, dein Gott, wird dir bewahren den Bund und die Liebe,“ und ferner heisst es das. 13, 17: „Und er dir Erbarmung erweise und sich deiner erbarme.“ Als die Israeliten um die ihrigen gekommen waren, wie es heisst Am. 6, 12: „Dass ihr in Galle verwandelt das Recht und der Gerechtigkeit Frucht in Wermuth?“ Da nahm auch Gott die seinigen wieder, wie es heisst Jerem. 16, 5: „Denn ich habe meinen Frieden von diesem Volke weggenommen, spricht der Ewige, meine Liebe und Erbarmen“ d. i. die Liebe und Barmherzigkeit. Die Israeliten erhoben sich sodann und rechtfertigten sich und brachten die zwei Edelsteine wieder herbei. Woher lässt sich das beweisen? So heisst es Jes. 1, 27: „Zion wird durch Recht erlöst werden und seine Bekehrten durch Gerechtigkeit;“ darum brachte auch Gott die seinigen wieder herbei. Woher lässt sich das beweisen? So heisst es Jes. 54, 10: „Wenn auch die Berge weichen und die Hügel wanken“ u. s. w. Als die Israeliten die ihrigen herbeigebracht hatten, gab Gott auch die seinigen wieder. Gott sprach: Diese und jene sollen zusammen zu einer Krone gemacht

[47] und auf das Haupt der Israeliten gesetzt werden, wie es heisst Hos. 2, 21: „Ich verlobe dich mir auf ewig, ich verlobe dich mir durch Recht und Gerechtigkeit, durch Liebe und Barmherzigkeit, und ich verlobe dich mir durch Treue (Redlichkeit) und Erkenntniss des Ewigen.“


[8] Cap. IX. V. 1. Höre, Israel! du ziehst heute über den Jordan. Halacha. Ein Israelit, der vor Durst Wasser trinken will, soll sagen: Gelobt sei der, durch dessen Wort alles geworden. R. Tarphon schlägt diesen Segen vor: Er erschafft viele Seelen und ihren Mangel (was ihnen fehlt). Die Rabbinen sagen: Komm und sieh!, alle Wunder, die Gott an den Israeliten gethan, geschahen nur am Wasser. Wie so? Als sie in Aegypten waren, geschahen ihnen Wunder am Flusse. R. Jizchak sagte: Wenn nämlich die Aegypter und Israeliten gingen, um Wasser aus dem Flusse zu trinken, trank der Aegypter Blut, aber der Israelit trank Wasser. Und so auch, als die Israeliten aus Aegypten zogen, da geschahen ihnen Wunder nur am Wasser. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ps. 114, 3: „Das Meer sah es und floh.“ Was sah es? R. Nehorai sagte: Es sah den Gottesnamen eingegraben auf Moses Stab und es wurde gespalten. Nach R. Nechemja sah es die Hand des Allmächtigen und es wurde gespalten, wie es heisst Ps. 77, 17: „Dich sahen die Wasser und bebten.“ Sie kamen nach Marah und als das Wasser aufstieg, war es bitter, da geschah ihnen wieder ein Wunder. Woher lässt sich das beweisen? Aus Ex. 15, 25: „Da zeigte er ihm ein Holz und er warf es ins Wasser, da wurde das Wasser süss.“ Beim Felsen that ihnen Gott auch mit Wasser Wunder. Woher lässt sich das beweisen? Aus Num. 20, 8: „Und redet zum Felsen vor ihren Augen.“ Auch am Brunnen that er ihnen Wunder, und sie sangen ein Lied, wie es heisst das. 21, 17: „Damals sang Israel dieses Lied.“ Mose sprach zu ihnen: Wisset, alle Wunder, welche Gott euch gethan, hat er am Wasser gethan, so wird er auch in der Stunde, wo ihr über den Jordan zieht, um das Land einzunehmen, euch Wunder an den Wassern des Jordans thun. [9] Oder: „Höre, Israel! du gehest heute über den Jordan“ in Verbindung mit Ps. 44, 2: „Gott! wir haben es mit unseren Ohren gehört, unsere Väter haben uns erzählt: Grossthaten thatest du in ihren Tagen.“ Was heisst das: „Mit unseren Ohren?“ Wir haben gehört, sagte R. Tanchuma, was du dem Mose am Dornbusch gesagt hast. Du hast nämlich dem Mose am Dornbusch gesagt: Es ist offenbar und erschaut vor mir, dass sie einst mich erzürnen werden, dennoch erlöse ich sie. Woher lässt sich das beweisen, dass Gott das zu ihm gesagt har? Weil es heisst Ex 3,7: „Ich habe das Elend meines Volkes gesehen, welches in Aegypten ist.“ Was heisst: „Denn ich kenne seine Leiden (Schmerzen)?“ Gott

[48] sprach zu Mose: Ich weiss, welches Weh (Leid) sie einst thun werden[8] (sie werden sagen:) Ex. 32, 4: „Das sind deine Götter, Israel!“ und dennoch werde ich mich herablassen, um sie aus der Gewalt der Aegypter zu erretten. Dies sind die Uebereinkünfte (תנאין), die du mit Mose getroffen hast und sowie du mit ihm übereingekommen bist, so haben es unsere Ohren gehört. Was heisst das: „Unsere Väter haben uns erzählt?“ Wer sind diese? Mose, welcher der Vater aller Propheten genannt wird. (Was haben sie uns erzählt?) S. Ps. 44, 3: „Du hast mit deiner Hand Völker vertrieben und hast sie gepflanzt.“ Er sprach zu ihnen: Von dem, was er an den beiden Königen Emoris, an Sichon und Og, die gross waren, gethan hat, könnt ihr erkennen, was er, wenn ihr über den Jordan zieht, an den 31 Königen thun wird. Das ist der Sinn der Worte: „Höre, Israel! du gehst heute über den Jordan.“

[10] Oder: „Höre, Israel“ u. s. w. Was brauchte er ihnen hier zu sagen: „Höre, Israel!“ Die Rabbinen sagen: Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, der eine Matrone sich mit zwei Perlen angetraut hatte, von welchen aber eine verloren gegangen war. Da sprach der König zu ihr: Du hast die eine verloren, nimm nur die zweite in Acht. So hat auch Gott sich den Israeliten durch die zwei Worte: נעשׂה ונשׁמע wir wollen thun und gehorchen, angetraut, sie verloren das נעשה wir wollen thun, dadurch, dass sie das Kalb gemacht hatten. Da sprach Mose zu ihnen: Ihr habt das נעשה wir wollen thun, verloren, beobachtet das נשמע wir wollen gehorchen. Das wollen die Worte sagen: „Höre, Israel!“ [11] Oder: „Du gehst heute über den Jordan.“ Er sprach nämlich zu ihnen: Wenn ihr über den Jordan zieht, werden sich andere Dinge erneuern. Ihr sollt nicht denken, sowie ihr in der Wüste waret und ihr sündigtet und ich für euch um Erbarmen flehte. Er sprach nämlich zu ihnen: Als ihr jene That begangen und Gott euch aufreiben wollte, habe ich da nicht für euch als Anwalt gebetet? Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Deut. 9, 26: „Ich betete zum Ewigen und sprach: Ewiger, Gott, verdirb nicht dein Volk!

R. Chija bar Abba sagte: Als Gott zu Mose in der Veste (im Himmel) sagte: „Auf! steige eilends hinab von diesem Berge,“ da hörten es die fünf Würgengel und wollten ihm Schaden zufügen, nämlich: אף der Zorn, וחימה der Grimm, קצף die Wuth, משהית das Verderben und ומכלה die Vertilgung. Als aber Mose das Verdienst (die Tugend) der drei Altväter erwähnte, wie es heisst Ex. 32, 13: „Gedenke an Abraham, Jizchak und Israel, deine Knechte,“ nahmen die Wuth, das Verderben und die Vertilgung die Flucht, und es blieben nur die zwei harten, der Zorn und der Grimm, übrig. Da sprach er vor Gott: Herr der Welt! ich habe drei erwähnt (in Erinnerung gebracht) und drei sind davongeflohen, beharrst du noch auf dem Zorne? Woher lässt sich das beweisen? Aus [49] Ps 7, 2: „Auf! Ewiger, mit deinem Zorn.“ Siehe, da stand Gott mit dem Zorn auf. Und woher lässt sich beweisen, dass Mose mit dem Grimm bestanden hat? Wie es heisst Ps. 106, 23: „Wenn nicht Mose, sein Erwählter, vor den Riss getreten wäre, um seinen Grimm zu wenden vom Verderben“. Mose stieg hierauf von der Veste (vom Himmel) herab mit den Bundestafeln in seiner Hand und er zerbrach sie nicht eher, als bis er mit seinen Augen (die That) gesehen. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ex. 32, 19: „Und es geschah, als er dem Lager nahte und das Kalb sah“ u. s. w. In dieser Stunde entbrannte der Zorn Moses und er warf die Tafeln aus seiner Hand. Gott sprach zu ihm: Mose, du wolltest mir nicht glauben, dass sie sich ein Kalb gefertigt hätten, wie es heisst das. V. 8: „Sie sind bald abgewichen von dem Wege, den ich ihnen geboten.“ Die Rabbinen sagen: Deshalb beeilte sich Mose, um etwas Verdienstliches für die Israeliten vorzubringen, weil Gott ihm gesagt hatte: „Den ich ihnen geboten.“ Herr der Welt! sprach er vor ihm, mir ist es geboten worden, habe ich vielleicht das Gebot übertreten? Ihnen ist es nicht geboten worden und sie haben es nicht gewusst. Mose, sprach Gott zu ihm, ihnen wäre es nicht geboten worden? Nein! antwortete Mose. Hast du denn auf dem Sinai etwa gesagt: Ich bin der Ewige, euer Gott! Das hast du nicht gesagt, sondern Ex. 20, 2: „Ich bin der Ewige, dein Gott.“ Hast du denn gesagt: Ihr sollt keine fremden Götter haben? Das hast du nicht gesagt, sondern: „Du sollst keine fremden Götter haben.“ Das ist der Sinn der Worte: „Ewiger Gott, verdirb nicht dein Volk und dein Erbtheil.“

Mose liess keinen Winkel im Himmel, sagte R. Chija bar Abba, in welchem er sich nicht hingeworfen hätte. Und was sprach er? Was kann der Mund noch vorbringen.

Oder: „Ewiger, Gott, verdirb nicht dein Volk und dein Erbtheil.“ R. Chija bar Abba sagte: Als der Fürsprecher aufgehört hatte, nahm der heilige Geist zu Gunsten der Israeliten das Wort und sprach so zu ihnen Prov. 24, 28: „Sei nicht ohne Ursache Zeuge wider deinen Nächsten, wolltest du überreden mit deinen Lippen?“ „Sei nicht ohne Ursache Zeuge wider deinen Nächsten“ d. s. die Israeliten, welche רעים Nächsten (Freunde) Gottes genannt werden, wie es heisst Ps. 122, 8: „Wegen meiner Brüder und Freunde.“ „Wolltest du überreden mit deinen Lippen?“ wie es heisst Ps. 78, 36: „Sie überredeten (täuschten) ihn mit ihrem Munde.“ Auch das, was ihr am Sinai gesagt habt: „Wir wollen thun und gehorchen!“ habt ihr nicht gehalten. Zu Gott sprach er (der heilige Geist) s. Prov. 24, 29: „Sprich nicht, ich will vergelten; wie er mir gethan, will ich ihm thun,“ sondern: „Ewiger, Gott, verdirb nicht dein Volk und dein Erbtheil.“ Darum erwähnte er, als sie über den Jordan gehen wollten, für sie alles, was er zu ihren Gunsten als Anwalt vorgebracht hatte, denn er dachte, sie würden nun auch für ihn um Erbarmung beten, dass er mit ihnen in das Land komme. Was [50] heisst das: אתה עובר wenn du über den Jordan gehest? R. Tanchuma sagte: Mose warf sich nieder vor ihnen und sprach zu ihnen: Ihr zieht hinüber, ich ziehe aber nicht hinüber. Er machte ihnen Gelegenheit (eig. er öffnete ihnen eine Thür), dass sie für ihn um Erbarmen flehen sollten, aber sie verstanden es nicht. Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, der viele Kinder von einer Matrone hatte, da sich aber dieselbe gegen ihn vergangen hatte, so wollte er sie entlassen. Er sprach zu ihr: Wisse, dass ich eine andere nehmen werde. Gut, antwortete sie, möchtest du mir nicht sagen, wer die ist, die du künftig nehmen willst? Die und die, antwortete er. Was that die Matrone? Sie rief ihre Kinder zusammen und sprach zu ihnen: Wisset, euer Vater will sich von mir scheiden und die und die (eine andere) heirathen. Könnt ihr wohl bewirken, dass er sie nicht sclavisch unterwirft? Ja, sagten sie. Wisset aber, was sie einst an euch thun wird? Sie dachte dabei: Vielleicht werden die Kinder es merken und eine Fürbitte für sie bei ihrem Vater thun, allein sie verstanden es (die Worte der Mutter) nicht. Als sie es nicht verstanden, sagte sie zu ihnen: Ich trage (befehle) es euch nur euretwegen auf, dass ihr auf die Ehre eures Vaters halten möget. So auch Mose. Als Gott zu ihm gesagt hatte Num. 27, 18: „Nimm dir den Josua, den Sohn Nun“ u. s. w., „denn du sollst nicht über diesen Jordan gehen,“ sprach er zu den Kindern Israel Deut. 11, 29: „Und es geschieht, wenn der Ewige, dein Gott, dich in das Land bringt, wohin du kommst, um einzunehmen.“ „Du gehst heute hinüber,“ ich aber ziehe nicht hinüber. Er dachte nämlich, sie würden es merken (den Wink verstehen) und für ihn um Erbarmen beten, sie merkten es aber nicht. Als das nicht der Fall war, sagte er: Ich befehle es nur euretwegen, dass ihr auf die Ehre eures himmlischen Vaters bedacht sein möget. Woher lässt sich das beweisen? Weil es heisst Deut. 6, 2: „Den Ewigen, deinen Gott, sollst du fürchten.“ Gott sprach: In dieser Welt wollten sie alle in das Land Israel, allein in Folge ihrer Sünden sind sie daraus verbannt worden, aber einst werdet ihr frei von Sünde und Schuld sein, dann pflanze ich euch in ungestörter Ruhe (eig. als ruhige Pflanzung) hinein, wie es heisst Am. 9, 15: „Ich pflanze sie fest in ihrem Lande, dass sie nicht mehr ausgerissen werden aus ihrem Lande.“


[12] Cap. X. V. 1. Zu derselben Zeit sprach Jehova zu mir: Haue dir aus.“ Halacha. Wenn ein Israelit sich vermählt (verlobt) hat, wer muss die Trauungskosten bezahlen? So haben die Weisen gelehrt: Man schreibt nicht eher die Trauungsurkunde, als bis beide (Verlobten) einverstanden sind, und der Bräutigam bezahlt die Kosten. Von wem haben wir das gelernt? Von Gott. Als Gott sich Israel am Sinai vermählte, da heisst es Ex. 19, 10: „Der Ewige sprach zu Mose: Gehe zu dem Volke und heilige (vermähle) es heute und

[51] morgen.“ Und wer hat die Urkunde (Ehevertrag) ausgefertigt? Mose, wie es heisst Deut. 31, 9: „Mose schrieb dieses Gesetz.“ Und welchen Lohn hat Gott ihm gegeben? Ein strahlendes Antlitz, wie es heisst Ex. 34, 29; „Mose wusste nicht, dass sein Antlitz Strahlen warf.“ Wann? Als er (Gott) mit ihm geredet hatte. Resch Lakisch sagte: Als Mose das Gesetz schrieb, empfing er ein glänzendes Antlitz. Wie so? Resch Lakisch sagte: Das Gesetz, was dem Mose gegeben wurde, befand sich auf einem Felle von weissem Feuer, und geschrieben war es mit schwarzem Feuer und untersiegelt mit Feuer und eingewickelt mit Feuer. Und als er schrieb, reinigte er den Kalamos an seinem Haare und daher kam der Glanz des Angesichts. Nach R. Samuel bar Nachman erhielt Mose den Glanz des Angesichts von den Tafeln. Als ihm die Tafeln von Gottes Händen in seine Hände gegeben wurden, empfing er von da den Glanz des Angesichts; als aber die Israeliten jene That begangen hatten, nahm Mose die Tafeln und zerbrach sie. Da sprach Gott zu ihm: Als du sie für Israel geordnet, gab ich dir ein glänzendes Antlitz zum Lohne, jetzt aber hast du die Tafeln zerbrochen. R. Jizchak sagte: Unsere Rabbinen haben gelehrt: Ist das Fass zerbrochen, so hat der Vermittler (Unterhändler) den Schaden. Du warst, sprach Gott zu Mose, der Vermittler zwischen mir und meinen Kindern, du hast die Tafeln zerbrochen, folglich hast du auch das Sachverhältniss (gewechselt) geändert. Woher lässt sich das beweisen? Weil es so heisst Ex. 31, 1-3: „Der Ewige sprach zu Mose: Haue dir zwei steinerne Tafeln, wie die ersten und ich will auf die Tafeln die Worte schreiben, welche auf den ersten Tafeln waren, die du zerbrochen. Und sei bereit auf morgen und steige am Morgen auf den Berg Sinai und stelle dich mir daselbst auf der Spitze des Berges. Und niemand soll mit dir hinaufsteigen und niemand soll sich sehen lassen auf dem ganzen Berge; auch kein Schaf noch Rind soll weiden gegen den Berg hin.“

[13] Oder: „Haue dir“ in Verbindung mit Koh. 3, 5: „Seine Zeit hat, Steine zu werfen und seine Zeit hat, Steine zu sammeln, seine Zeit hat, umarmen und seine Zeit hat, die Umarmung fliehen.“ R. Tanchuma fragte: Was heisst das: „Steine werfen hat seine Zeit?“ Es war die Zeit bestimmt, dass Hadrian, dessen Gebeine zermalmt werden mögen! die Steine des Heiligthums zerstören sollte. „Und Steine sammeln hat seine Zeit“ d. i. es wird eine Zeit kommen, wo Gott es (das Heiligthum) wieder aufbauen wird, wie es heisst Jes. 28,16-18: „Darum so spricht der Ewige, Gott: Siehe, ich lege einen Grundstein in Zion, einen bewährten, einen Eckstein, kostbar und fest gegründet, wer darauf vertraut, darf nicht fliehen. Und ich mache das Recht zur Richtschnur und die Gerechtigkeit zur Wage. Aber Hagel soll die Zuflucht der Lüge wegraffen, und Fluthen sollen ihren Schirm wegschwemmen.“

Oder: „Eine Zeit hat Steine werfen.“ Die Rabbinen sagen: Dieser Vers redet von Mose. Es war eine Zeit, dass Mose die [52] Tafeln wegwarf, wie es heisst Ex. 32, 19: „Und es geschah, als er dem Lager nahte und das Kalb und die Reigentänze sah, da entbrannte der Zorn Moses und er warf die Tafeln aus seinen Händen und er zerbrach sie unten am Fusse des Berges.“ „Und eine Zeit hat Steine sammeln“ d. i. es war eine Zeit bestimmt, dass er die Tafeln wieder an Israel zurückgeben sollte, wie es heisst: „Haue dir zwei steinerne Tafeln.“

[14] Oder: „Haue dir“ u. s. w. in Verbindung mit Koh. 7,9: „Uebereile dich nicht in deinem Gemüthe zum Zorn, denn Zorn ruht im Busen der Thoren.“ Wer war das, welcher in Zorn gerieth? Das war Mose, wie es heisst Ex. 32, 19: „Da entbrannte der Zorn Moses und er warf die Tafeln aus seinen Händen.“ Da sprach Gott zu ihm: Mose, du lässt deinen Zorn an den Bundestafeln aus, willst du, dass auch ich meinen Zorn auslasse? Da wirst du sehen, dass die Welt nicht einmal eine Stunde bestehen kann. Mose sprach: Was habe ich zu thun? Gott antwortete: Dich dem Urtheilsspruche zu unterwerfen (zu fügen), du hast sie zerbrochen, schaffe nun andere. Das ist der Sinn der Worte: „Haue dir zwei steinerne Tafeln.“ [15] Oder: „Haue dir.“ R. Jizchak sagte: Es heisst Lev. 5, 24: „Wenn er so gesündigt und sich verschuldet hat, so gebe er das Entwendete, das er entwendet, oder um was er bevortheilt hat, oder das Anvertraute, was man ihm anvertraut hat, oder das Verlorne, das er gefunden, zurück.“ Gott sprach zu ihm: Die Tafeln waren bei dir nicht aufbewahrt, du hast sie zerbrochen, schaffe für sie andere. R. Jizchak sagte ferner: Durch die zwei Tafeln söhnte Mose Gott mit Israel aus. Was that er? Er kam zornig zu Gott hinauf und sprach zu ihm: Deine Kinder sündigen und mir bürdest du die Strafe auf? Er stellte sich, als zürne er gegen Israel, wie es heisst Ex. 32, 31. 32: „Und so kehrte Mose zum Ewigen zurück und sprach: Ach, dieses Volk hat eine grosse Sünde gethan, dass sie sich einen Gott von Gold gemacht haben. Und nun vergieb ihre Sünde, und wo nicht, so lösche mich aus deinem Buche, das du geschrieben.“ Als Gott das sah, sprach er also zu Mose: Zwei sind in Zorn, ich und du zürnen über sie. Sogleich „redete der Ewige mit Mose von Angesicht zu Angesicht, sowie ein Mann redet mit seinem Freunde und er kehrte dann zum Lager zurück, aber sein Diener Josua, der Sohn Nuns, der Knappe wich nicht aus seinem Zelte.“ Gott sprach zu ihm: Zwei dürfen nicht im Zorne sein, sondern wenn du mich siehst, heisses (siedendes) Wasser geben, gieb du kaltes und wenn du mich kaltes geben siehst, gieb du heisses. Herr der Welt! sprach Mose, wie soll das geschehen? Gott sprach: Flehe für sie um Erbarmen. Was that er? Sofort „flehte Mose vor dem Ewigen, seinem Gott und sprach: Warum, Ewiger, soll dein Zorn gegen dein Volk entbrennen, welches du aus dem Lande Aegypten geführt hast mit grosser Kraft und starker Hand? Warum sollen die Aegypter sprechen: Zu ihrem Unglück hat er sie herausgeführt, um sie zu tödten im Gebirge und sie zu vertilgen vom Erdboden? Lass ab

[53] von dem Grimme deines Zornes und lass dich gereuen des Bösen wider dein Volk.“ Da sprach er: Siehe, deine Kinder sind bitter[9], mache sie süss.

Oder Mose sprach vor Gott: Herr der Welt! ich weiss, dass du deine Kinder liebst und nur einen verlangst, der für sie den Vertheidiger macht (der sich ihrer annimmt). R. Simon sprach: Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, welcher mit seinem Sohne im innersten Gemache war und der Erzieher desselben war im Vorsaal, der König schrie: Lasset mich, dass ich meinen Sohn erschlage. Hiermit wollte der König nur zu verstehen geben, dass er wünsche, jemand möchte für seinen Sohn den Vertheidiger machen. Ebenso sprach Gott zu Mose Ex. 32, 10: „Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und ich sie vertilge und ich will dich zu einem grossen Volke machen.“ Da sprach Mose: Halte ich denn Gott an der Hand? Er verlangt nur einen, der für sie den Vertheidiger macht. Und sogleich heisst es: „Mose flehte.“

Oder: „Nun lass mich.“ Mose sprach: Herr der Welten! wenn du sie vertilgen willst, so reisse erst die Oberen und die Unteren aus und dann erst reisse sie aus, wie es heisst Jes. 51, 6: „Erhebet gen Himmel eure Augen und schauet zur Erde unten, denn die Himmel vergehen wie Rauch und die Erde zerfallt wie ein Gewand und ihre Bewohner sollen auch so sterben; aber meine Hilfe wird ewig dauern und mein Heil wird nicht zerstört.“ Zuerst vergehen die Himmel wie Rauch und dann werden ihre Bewohner auch umkommen. Mose sprach zu Gott: Und wenn du auch Himmel und Erde ausreissest, Israel kannst du nicht ausreissen, denn du hast es ihren Vätern zugeschworen und du hast es ihnen nicht etwa bei Himmel und bei Erde, sondern bei deinem grossen Namen zugeschworen, denn es heisst: Du hast es ihnen bei dir geschworen, kannst du etwa deinen Namen vernichten? Mose sprach ferner vor Gott: Achte sie wie Sodom, von dem du zu Abraham gesagt hast Gen. 18, 26: „Wenn ich in Sodom fünfzig Gerechte finde in der Stadt, so vergebe ich dem ganzen Orte um ihretwillen.“ Und du gingst dann herab bis auf zehn, wie es heisst das. V. 32: „Und er (Abraham) sprach: Ach! möge doch der Herr nicht zürnen, wenn ich nur noch diesmal rede. Vielleicht werden daselbst zehn gefunden. Und er sprach: Ich will sie nicht verderben um der zehn willen.“ Ich will dir von diesen achtzig Gerechte stellen. Gott sprach: Stelle sie, Herr der Welt! fuhr Mose fort, siehe, die siebzig Aeltesten, wie es heisst Num. 18, 16. 17: „Da sprach der Ewige zu Mose: Versammle mir siebzig Männer von den Aeltesten Israels, welche du kennst, dass sie Aelteste des Volkes sind und seine Vorsteher und bringe sie vor das Versammlungszelt und lasse sie sich daselbst stellen neben dich. Und ich will herabkommen und mit [54] dir daselbst reden und will von dem Geiste nehmen, der auf dir ist und auf sie legen, dass sie mit dir an der Last des Volkes tragen und du sie nicht allein tragest.“ Aaron, Nadab und Abihu, Eleasar und Ithamar, Pinchas und Kaleb, das sind siebenundsiebzig. Gott sprach zu ihm: Siehe, Mose, wo sind die noch fehlenden drei Gerechten? Da er sie nicht fand, so sprach Mose vor ihm Herr der Welt! wenn diese unter den Lebenden nicht sind und sie für sie in diesen Riss treten können, so mögen die Todten erstehn. Er sprach vor ihm: Thue es im Verdienste der drei Väter, siehe, so sind es achtzig. „Denke an Abraham, Jizchak und Israel, deine Knechte.“ Als Mose das Verdienst der Väter erwähnte, sprach Gott sofort: Ich verzeihe, wie du geredet. Als nun Salomo aufstand und sah, dass Mose siebenundsiebzig lebende Gerechte erwähnt hatte, und es ihm nichts geholfen hätte, wenn er nicht das Verdienst der drei verstorbenen Väter erwähnt hätte, sagte er die Worte Koh. 4, 23: „Ich lobe mir die Todten, welche bereits gestorben sind, mehr als die Lebenden, welche jetzt noch am Leben sind. Und glücklicher als sie beide ist der, welcher noch nicht ist, der nicht gesehen die Uebelthaten, die unter der Sonne geschehen sind.“

Oder: „Gedenke an Abraham, Jizchak und Israel, deine Knechte, denen du geschworen bei dir und ihnen gesagt hast: Ich will euren Samen mehren wie die Sterne des Himmels, und dieses ganze Land, wovon ich geredet, will ich euerm Samen geben, dass sie es besitzen ewiglich. Da reuete Gott des Bösen, das er geredet, seinem Volke zu thun“ (Ex. 32, 13. 14). Nach R. Levi sprach Mose vor Gott: Herr der Welt! leben die Todten? und er erhielt darauf die Antwort: Mose, auch du irrst? Habe ich dir nicht gesagt: ich tödte und belebe? Da sprach Mose: Wenn die Todten am Leben sind, so erachte es, als wenn die Väter daständen und für ihre Kinder beteten, was würdest du ihnen antworten? Als Mose dieses Wort gesagt hatte, heisst es sogleich: „Da reuete dem Ewigen des Bösen.“

[16] Oder: „Haue dir zwei Tafeln.“ Warum zwei?[10] Die Rabbinen sagen: Gott sprach zu Mose: Diese (zwei Tafeln) sollen zeugen zwischen mir und meinen Kindern, wie zwei Zeugen, wie zwei Brautführer, wie Bräutigam und Braut, wie Himmel und Erde, wie diese und jene Welt. [17] Oder: „Haue dir.“ Man fragte den Rabban Jochanan ben Saccai: Warum waren die ersten Tafeln ein himmlisches und die zweiten ein menschliches Werk? Er antwortete ihnen: Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, der eine Gemahlin nahm und Papier und Schreiber von dem Seinigen nahm, sie von dem Seinigen krönte (schmückte) und sie in sein Haus führte. Als der König sie einmal mit einem seiner Diener scherzen sah, gerieth er über sie in Zorn und wollte sie entlassen. Da kam der Brautführer zu ihm und sprach: Mein Herr, weisst du nicht, woher du sie genommen

[55] hast, ist sie nicht unter Knechten aufgewachsen? Und da sie unter Knechten aufgewachsen ist, so ist ihr Herz durch sie stolz geworden. Der König antwortete: Was verlangst du, dass ich mit ihr ausgesöhnt werde? Bringe mir Papier und Schreiber von dem Deinigen, siehe, ich will es dann mit meiner Hand unterzeichnen. So sprach auch Mose zu Gott, als die Israeliten jene That begangen hatten. Er sprach nämlich zu ihm: Weisst du nicht, aus welchem Orte du sie herausgeführt hast, aus Aegypten, aus einem götzendienerischen Orte? Du willst, antwortete ihm Gott, dass ich mit ihnen ausgesöhnt (besänftigt) werde, bringe nun Tafeln von dem Deinigen, siehe, ich will sie mit meiner Hand schreiben, wie es heisst: „Ich will auf die Tafeln schreiben.“ Bei deinem Leben! sprach Gott zu Mose, sowie du dein Leben für sie in dieser Welt hingegeben hast, so sollt ihr einst, wenn ich ihnen den Propheten Elia bringe, beide zugleich kommen. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Nach. 1, 3. 4: „Der Ewige ist langmüthig und gross an Kraft und ungestraft lässet er nicht; der Ewige wandelt in Schilf und Wetter und Gewölk ist seiner Füsse Staub. Er schilt das Meer und trocknet es und alle Ströme lässt er versiegen, es welket Basan und Carmel und Libanons Blüthe verwelket.“ „In Schilf (בסופה‎)“ d. i. Mose, wie es heisst Ex. 2, 3: „Da sie ihn nicht länger verbergen konnte, so nahm sie für ihn einen Kasten von Binsen und verklebte ihn mit Harz und Pech und legte das Kind hinein und setzte ihn ins Schilf (בסוף‎) am Ufer des Nilstromes.“ „In Wetter“ d. i. Elia, wie es heisst 2 Reg. 2, 11. 12; „Und es geschah, als sie fortgingen und im Gehen redeten, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen und schied beide von einander und Elia fuhr im Wetter gen Himmel. Und Elisa sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter! und er sah ihn nicht mehr. Da fasste er seine Kleider und zerriss sie in zwei Stücke.“ In dieser Stunde kommt er und tröstet euch. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Mal. 3, 23: „Siehe, ich sende euch den Propheten Elia u.s.w., er wird der Väter Herz zu den Söhnen wenden.“


  1. So übersetzt der Midr.
  2. Vergl. Jerusch. Demai I, 3.
  3. Vergl. Jerusch. Demai I, 3.
  4. D. i. ein Mann, der Cisterernen grub, damit die Wallfahrer nach Jerusalem unterwegs Wasser fänden.
  5. Vgl. Jerusch. Demai I, 3.
  6. Der Midr. liest: Du wirst von allen Völkern gepriesen werden.
  7. Gemeint ist Flavia Neapolis, das alte Sichem, das heutige Nablus, Vergl. Jerusch. Aboda sara V, 4; Midr. Bemidbar r. Par. 23.
  8. Der Midr. theilt das Wort מכאוב in מה כאב.
  9. Ven. Ausg. liest מתים sie sterben.
  10. Es hätte doch auf eine Tafel geschrieben werden können.
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